Umfrage unter Filialbetrieben: Hohe Kundenfrequenz im Fokus
MAINZ (DTZ/fok). Der Einzelhandel mit Tabakwaren, Presse und Toto/Lotto steht massiv unter Druck: Alle drei Ertragssäulen weisen im Marktdurchschnitt rückläufige Umsatztendenzen aus, teilweise nagt zusätzlich noch der Billigtrend an den Margen. Um die Existenzfähigkeit zu sichern, gehören alle Parameter auf den Prüfstand. Zu den klassischen Erfolgsfaktoren zählen: Unternehmerisch denkender Inhaber, hohe Verkaufs- und Beratungskompetenz bei ihm und seinem Verkaufspersonal, standort- und nachfrageorientierte Sortimentsgestaltung, attraktive Ladeneinrichtung und – last but not least – ein guter Standort.
In schrumpfenden Märkten nimmt die Bedeutung der Standortfrage deutlich zu. Zumindest dann, wenn man mit Sortimenten handelt, die nahezu nahtlos distribuiert sind. Gut sortierte und kompetente Zigarren- und Pfeifenfachgeschäfte mögen ausreichend „Zielkundschaft“ haben. Etliche Ladeninhaber haben es auch geschafft, durch persönliche Kundenbindung und gezielte Angebotserweiterungen Standortnachteile aufzuwiegen.
Das Gros der Tabakwarengeschäfte lebt jedoch von einer Mischung aus Stamm- und Laufkundschaft und ist dringend auf hohe Kundenfrequenz angewiesen. Trendsetter beim Thema Standortoptimierung sind die größeren Filialbetriebe, weil sie durch ihre spezifischen Kostenstrukturen und die geringere Vor-Ort-Flexibilität gegenüber inhabergeführten Betrieben zur „Flucht nach vorn“, nämlich in den relativ teuren, aber stark frequentierten Standort gezwungen werden. Neben den klassischen Hochfrequenzstandorten an Flughäfen, Bahnhöfen und anderen Verkehrsbetrieben werden vor allem Einkaufszentren, Kaufhäuser und die Vorkassenzonen von Supermärkten, als Standorte ausgewählt.
„Neben der in unserer Gruppe hoch angesiedelten Mitarbeiterqualität steht die Standortqualität für uns an vorderster Stelle“, betont Dr. Adam-Claus Eckert, geschäftsführender Gesellschafter der Dr. Eckert Gruppe. Angebote neuer Standorte gibt es reichlich, die Vorauswahl beurteilt zunächst die regionale Qualität, erst danach wird der Standort gründlich auf seine individuellen Erfolgschancen unter die Lupe genommen. Die Miethöhe müsse sich natürlich rechnen, in der Praxis spiele sie gegenüber anderen Kostenfaktoren (bauliche Investitionen, Anlauf- und Personalkosten) oft nur die „zweite Geige“. Den unterschiedlichen Standortvorausetzungen wird die Dr. Eckert Gruppe mit einer großen Bandbreite von Geschäftstypen gerecht. In Berlin plant das Unternehmen seinen ersten Convenience-Pilotladen.
Auch für Mathias Gehle, Geschäftsführer der Valora Retail Services GmbH, sind frequenzstarke Standorte das A & O. „Bei relativ geringen Durchschnittsbonbeträgen und von den Laufwegen geprägtem Einkaufsverhalten sind wir zwingend auf hohe Frequenz angewiesen. Die Standortentscheidung ist ganz klar von der realistisch prognostizierten Rentabilität abhängig“, so Gehle, „unter diesem Aspekt wird auch die Miethöhe gesehen.“ Valora fährt ein klares Pressefachgeschäftskonzept, in den Einkaufszentren wird auch die Tabakwarenkompetenz herausgestellt. Auch Valora wird im 2. Quartal erstmals ein Conveniencegeschäft in Deutschland als Pilot testen.
„Der Standort muss sich an erster Stelle rechnen, unter diesem Aspekt fließt die Miethöhe natürlich in die Entscheidung ein“, sagt Horst Goetschel, Geschäftsführer von tabacon Franchise. Einkaufszentren und SB-Warenhäuser sind die bevorzugten Standorte, bestehende Kontakte, aber auch die Auswertung z.B. von Immobilienzeitungen helfen bei der Standortsuche.
„Die gute Lage ist zu 80 Prozent am Geschäftserfolg beteiligt“, stellt Hermann Teckenburg, Inhaber mehrerer Fachgeschäfte im Raum Schleswig/Flensburg heraus. Er relativiert auch den -Aspekt hoher Mieten: „Wenn ich an einem Topstandort in einem frequenzstarken Center 80 Euro pro qm bezahle, an einem Einzelstandort nur 45 Euro, dann kann ich die Differenz sehr wohl auch als gezielte Marketingmaßnahme ansehen. Center-Werbung und die hohe Kundenfrequenz wiegen die Mietdifferenz schnell auf.“
Entscheidend für die Standortwahl sei, zunächst den eigenen Geschäftstyp und dessen Positionierung festzulegen und dann realistisch zu rechnen. „Ein schlüssiges Konzept und gute Referenzen sind für die meisten Vermieter entscheidend. Und das Konzept muss individuell auf die Chancen am jeweiligen Standort ausgerichtet sein. Ich kann mir auch Convenience vorstellen, eine Art Tankstellentresen mit jeder Menge Impulsartikeln. Zusatzartikel wie Taschenmesser, Geldbörsen entwickeln sich mit geeigneter Präsentation zu renditestarken Umsatzbringern.
Ein Standort- und Geschäftkonzept ganz eigener Art setzt Fachhändler Bernhard Faas mit fünf Filialen im Saarland durch. Er setzt bewusst auf bezahlbare 1-B-Lagen, die an Verkehrsknotenpunkten liegen. Und er holt sich die Frequenz über Dienstleistungen, allen voran durch Postagenturen. 1-A-Lagen sind ihm zu teuer, die hohen Investitionen zu riskant. Er schaut sich vor allem das Umfeld an, die Durchmischung von Wohngebiet und Gewerbebetrieben/Behörden. Postdienstleistung als Frequenzbringer: Bei einer Filiale kommen täglich 900 bis 1000 Kunden zur Post, 400 bis 600 kaufen dann auch andere Produkte und Dienstleistungen ein.
Lotto, Büromaterial, Fahrkarten, Kohlensäurepatronen etc. ergänzen das Kernsortiment Tabakwaren und Pressel. „Die Lage ist wichtig, sie muss aber integrativer Teil des persönlichen Geschäftskonzepts sein“, stellt Faas fest.
(DTZ 14/09)