MÜNCHEN (DTZ/pnf/fok). Eigentlich schien das Dauerthema Rauchen in der Gastronomie schon weitgehend abgehakt: Die meisten Bundesländer haben sich inzwischen für gesetzliche Regelungen entschieden, die Rauchverbote in der Gastronomie aussprechen, Ausnahmen jedoch für Nebenräume in der Mehrraumgastronomie und für die getränkeorientierte Kleingastronomie sowie für Festzelte und private Gesellschaften vorsehen. Das hatte auch die bayerische CSU/FDP-Regierung in einem Gesetz beschlossen, das im August 2009 verabschiedet worden war.
Die Zwergpartei ÖDP nahm die Chance wahr, sich mit einem Volksbegehren für ein absolutes Rauchverbot in der Gastronomie mal so richtig in die Schlagzeilen zu bringen. Unterstützt von SPD und Grünen hat sie den ersten Schritt ihrer Initiative erreicht. Nach zweiwöchiger Stimmensammlung, begleitet von massiver Werbeplakatierung und unterstützt von zahlreichen Medien, hatten 13,9 Prozent der wahlberechtigten Bürger die ÖDP-Initiative unterschrieben, und damit deutlich mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen 10 Prozent für das Verlangen nach einer Volksabstimmung.
Voraussichtlich am 21. Dezember wird das endgültige amtliche Ergebnis festgestellt. Innerhalb der folgenden vier Wochen muss der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer das Volksbegehren mit einer Stellungnahme an den Landtag weiterleiten. Und der hat dann bis 18. April 2010 zu entscheiden, ob er entweder dem Volksbegehren zustimmt, und damit das totale Gastrorauchverbot als Gesetz übernimmt, oder sich hinter sein parlamentarisch mit Mehrheit angenommenes moderateres Gesetz stellt und damit eine Volksabstimmung innerhalb der nächsten drei Monate durchführen lässt.
Während die Befürworter eines totalen Gastrorauchverbotes nach dem Abschluss des Volksbegehrens jubilierten, erheben sich gleichzeitig die Gegenstimmen. An vorderster Stelle stehen dabei die Wirte, die bei Totalrauchverboten um ihre Existenz bangen. Der Verein zum Erhalt der Bayerischen Wirtshauskultur (VEBWK), der mit seinen über 80 000 Mitgliedern bereits gegen das erste strikte Gastrorauchverbot der CSU erfolgreich Sturm gelaufen war, stellt fest, dass es sich bei den Unterzeichnern der ÖDP-Initiative eben gerade nicht um die typischen Gäste der bayerischen Gastronomie handelt, sondern die, die selten ausgehen. Daher befürchtet der VEBWK ein Ansteigen des Kneipensterbens, wenn das derzeitige Gesetz wieder per Volksentscheid geändert würde.
Auch innerhalb der Tabakbranche gibt es viele, die den Rauchern und den Wirten aktiv den Rücken stärken wollen. Peter Dersche, Geschäftsführer der John Aylesbury-Gruppe, begrüßt die Aussicht auf eine Volksabstimmung in Bayern. „Die ÖDP glaubt, sie führt 1:0 und wird im Juli feststellen, dass sie ein Eigentor geschossen hat“, so Dersche. Er sieht für die Tabakbranche mit dem Volksentscheid die einmalige Chance, den Wind zu drehen. „Jetzt müssen wir alle Flagge für die Freiheit zeigen und den kleinen Mann auf der Straße für Toleranz gegenüber Rauchern gewinnen.“
Für konsequentes gemeinsames Agieren plädiert Ulrich Kotschenreuther, Vorstandssprecher der Mittelstandsvereinigung MUT. Dabei sei keine Zeit zu verlieren, denn „wenn Bayern fällt, fällt Deutschland“.
(DTZ 50/09)