Aktionsbündnis macht sich für bestehendes Gesetz stark
MÜNCHEN (DTZ/fh). Kleine Partei mit großen Folgen: Die ÖDP (Ökologische Demokratische Partei) hat es mit dem Volksbegehren im Dezember 2009 geschafft, dass das bayerische Wahlvolk am 4. Juli über das Rauchen oder Nichtrauchen in der bajuwarischen Gastronomie abstimmt.
Im Gegenzug initiierte der VEBWK (Verein zum Erhalt der bayerischen Wirthauskultur) im Vorfeld der Wahl ein Bündnis, das für ein tolerantes Miteinander eintritt. Das „Aktionsbündnis für Freiheit & Toleranz – Bayern sagt nein!“ unter Vorsitz von Franz Bergmüller wurde letzte Woche ins Leben gerufen.
Der VEBWK hatte sich bereits bei der letzten Landtagswahl für ein tolerantes Nichtraucherschutzgesetz eingesetzt und maßgeblich für den Einzug der FDP und damit für das existierende Gesetz gesorgt. Die Regelung garantiere bereits eine gute Balance zwischen Nichtraucherschutz und individueller Entscheidungsfreiheit, erklärte Bergmüller. „Deshalb wollen wir, dass es in Bayern so bleibt wie es ist. Somit sprechen wir für all die Menschen, denen immer mehr Bevormundung ein Dorn im Auge ist.“
Viele kennen sich im Nichtraucherschutzgesetz nicht aus
Der 1. Vorstand spielt auf eine Umfrage an, bei der ein großer Prozentsatz der Befragten das Nichtraucherschutzgesetz mit seinen wenigen Ausnahmen für Raucher nicht kennt. Vielmehr gingen viele Bayern davon aus, mit ihrer Stimme beim Volksbegehren über eine komplette Raucherlaubnis zu entscheiden.
Die Folge ist jetzt der Volksentscheid. Das bayerische Wahlvolk stimmt im Sommer daüber ab, ob ein Totalrauchverbot in der Gastronomie ohne jegliche Ausnahme kommt oder das existierende Gesetz bleibt.
Betroffene Interessengruppen
Im Aktionsbündnis vereint ist eine Vielzahl von in Bayern betroffenen Interessengruppen, unter anderem MUT (Mittelständische Unternehmen der Tabakwirtschaft) sowie die Verbände der Zigarettenindustrie, des Hotel- und Gaststättengebwerbes, der Wiesnwirte, der Schausteller und der Privatbrauereien.
Für alle Bündnispartner hat der Nichtraucherschutz oberste Priorität. So sollen Kinder und Jugendliche auch weiterhin geschützt werden. Das Rauchverbot auf Bahnhöfen und an Schulen soll bleiben: „Mehr als 85 Prozent in der Gastronomie in Bayern sind bereits rauchfreie Zonen. Wir kämpfen nur für die letzten 15 Prozent um mehr Toleranz, Freiheit und Selbstbestimmung“, betonte das Bündnismitglied Birgit Netzle-Piechotka.
Investitionen der Wiesnwirte
Michael Hahn von der Vereinigung der Bayerischen Festwirte ergänzte: „Die Bierzeltkultur in Bayern ist weltweit einmalig. Wir nehmen den Nichtraucherschutz sehr ernst und haben deshalb in moderne Lüftungsanlagen investiert, um eine erstklassige Luftqualität zu garantieren.“
Mit der Gründung des Aktionsbündnisses laufen umfangreiche Werbemaßnahmen an. Im Fokus: die Aufklärung der Bürger über die Inhalte der Wahl bzw. des existierenden Gesetzes sowie die Darstellung der Begriffe Toleranz und Freiheit.
Die bayerischen Parteien reagierten unterschiedlich. Für die regierende CSU äußerte Ministerpräsident Horst Seehofer bereits Ende 2009, dass er dem Wähler in der Volksabstimmung am 4. Juli die Entscheidung überlassen werde. Insidern zufolge ein in Bayern einmaliger Vorgang, dass die Regierungspartei zwar das Gesetz erlässt, es dann aber nicht verteidigt.
Nur FDP macht sich stark
Anders die Landtagsfraktion der FDP, die für das von ihr beschlossene Gesetz eintreten will. Die Bayernpartei ist Mitglied des Aktionsbündnisses, während die Freien Wähler nicht mehr zu ihren früheren toleranten Aussagen stehen; SPD und Grüne sympathisieren mit der ÖDP.
Im Übrigen wird es kein Quorum geben, das in Bayern nur für verfassungsrelevante Fragen bzw. auf kommunaler Ebene gilt. Das heißt, allein Kreuzchen zählen, nicht abgegebene Stimmen werden nicht gewertet.
Während der Verband der deutschen Rauchtabakindustrie (VdR) und der Deutsche Zigarettenverband (DZV) das Bündnis finanziell unterstützen, haben sich die bayerischen Gastronomen und Wiesnwirte sowie MUT zur Finanzierung und Verteilung von Flyern verpflichtet.
Gut organisierte MUT-Mitglieder
MUT-Vorstand Oliver Kopp zeigt sich optimistisch: „Wir haben damit in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht. Unsere Mitglieder verfügen über eine hervorragende Logistik, um den Fachhandel zu erreichen. Dieser wiederum hat täglich viele tausend Konsumentenkontakte, um sie über den Inhalt der Wahl aufzuklären.“
Kopp, der auf große Unterstützung der Tabakfachhändler hofft, hebt warnend den Zeigefinger: „Wenn Bayern fällt, fällt nicht nur ein großer Konsumentenmarkt, sondern es kann Signalwirkung auf das gesamte Bundesgebiet haben. Die Grünen in NRW haben bereits erklärt, dass sie ebenfalls einen Volksentscheid anstreben.“ Raucher wie Nichtraucher stünden im Fokus. Mit Genussrauchern alleine könne man die Wahl nicht gewinnen.
(DTZ 13/10)