es wird immer toller. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder fordert, dass in den nächsten Wochen auch Politiker unter 60 Jahren geimpft werden. Der Grund: „Nach meiner Überzeugung müssen die Parlamente in dieser Situation absolut handlungsfähig sein.“ Fragt sich, ob sie das sein müssen, denn Bundeskanzlerin Angela Merkel möchte ja am liebsten an den Ländern – und offenbar auch am Bundestag – vorbei regieren. Anders kann ihr Vorstoß in Sachen Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes nicht verstanden werden.
Chaos in den Ländern
Nun gut, wenn man sich das Chaos in den Ländern anschaut, möchte man ihr fast zustimmen. Zwei Beispiele: Wie „Bild“ genüsslich ausbreitete, dürfen Wohnmobile tagsüber auf rheinland-pfälzische Campingplätze fahren. Um 21 Uhr müssen sie jedoch wieder runter sein. Dann übernachten die Anhänger des mobilen Freizeitens auf öffentlichen Stellplätzen oder auf Waldparkplätzen. Damit sie dort kein Ticket bekommen, sollten sie aber zuvor etwas Alkohol trinken – dann nämlich gilt das Übernachten dort als „Wiederherstellung der Fahrtauglichkeit“. Im Klartext: Rausch ausschlafen und am nächsten Morgen zurück auf den Campingplatz zum Duschen. Zweites Beispiel: In Leipzig durften ab Dienstag nach Ostern der Einzelhandel, Museen und Galerien – unter Auflagen – wieder öffnen. Auch Sport und die sogenannten körpernahen Dienstleistungen sind teils wieder möglich. Zugleich verschärfte die Stadt einen Tag später die Corona-Regeln und verhängte ganztägige Ausgangsbeschränkungen. Vom „Gaga-Lockdown“ sprach „RTL“ treffend.
Zahlen und spannende Studie
Und was war sonst? Das Münchner ifo-Institut freut sich über die leichten Lockerungen der Corona-Beschränkungen im März. Sie hätten zu einem Rückgang der Kurzarbeiter von 2,9 auf 2,7 Millionen geführt.
Spannend fand ich folgende Studie: Corona-Patienten haben demnach häufiger neurologische oder psychische Probleme als Menschen mit anderen Atemwegserkrankungen. Das Risiko für Angststörungen oder Stimmungsschwankungen liege um 44 Prozent höher als nach einer Grippe, hieß es. Welch Wunder! Den Menschen wird seit einem Jahr eingeredet, wird würden hunderttausende Tote allein in Deutschland zählen, und dann zeigt man sich überrascht, wenn jemand, der nach einem positiven Test um sein Leben bangt, mental angeschlagen ist?!
Politische Schritte
Noch ein kurzes Wort zu den Zahlen, mit denen derzeit die politischen Schritte begründet werden. Das Robert-Koch-Institut rechnet die Sieben-Tage-Inzidenzen recht großzügig aus. Denn nicht nur positive Testergebnisse der zurückliegenden Woche fließen in die Berechnung ein, sondern eine ganze Menge Daten mehr, die manchmal viele Monate alt sind. Das gilt übrigens auch für die Zahl der Verstorbenen.
Im Schatten der Pandemie
Im Schatten der Pandemie geht fast unter, dass die Bundesregierung am Eiltempo in Sachen Tabaksteuer festhält. Offenbar soll das Tabaksteuermodernisierungsgesetz tatsächlich noch in der laufenden Legislaturperiode verabschiedet werden. Das drückt die Stimmung vor allem der Hersteller neuartiger Produkte wie E-Zigaretten und Tabakerhitzer zusätzlich. Aber bestimmt macht Bundesfinanzminister Olaf Scholz noch ein paar Milliarden locker, um auch diese Unternehmen zu retten.
Ich wünsche Ihnen ein wunderbares Wochenende.
Herzlich,
Marc Reisner,
Chefredakteur DTZ
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