Tabakwerbeverbot ab 2022

BERLIN // Was schrieb „Der Spiegel“ in seiner Ausgabe 10 / 2020? „In Deutschland sind Verkaufsbeschränkungen für Zigaretten ein unpopuläres Thema. Im Bundestag haben Abgeordnete der CDU, aber auch der SPD lange für das Gegenteil gekämpft: dafür, dass Tabakwerbung auf Plakaten und im Kino legal bleibt. <…> Und obwohl die CDU / CSU-Bundestagsfraktion jüngst Besserung gelobte, ist das entsprechende Gesetz nicht in Sicht.“

„Formulierungshilfe“
Allerdings lagen die Hamburger Journalisten falsch. Aus Sicht der Tabakbranche muss festgestellt werden: Das zuständige Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hatte bereits zwei Tage vor Erscheinen des Magazin-Beitrags seine „Formulierungshilfe“ zum „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes“ in Umlauf gebracht.

Der Kern der neuen Vorschriften: Neben Werbeverboten für klassische Tabakerzeugnisse sollen voraussichtlich ab 1. Januar 2021 auch elektronische Zigaretten sowie nikotinfreie Liquids stärker reglementiert werden.

Stellungnahmen von Fachorganisationen
Im Wesentlichen sieht der Entwurf vor, nikotinfreie Liquids den nikotinhaltigen gleichzustellen. In der Begründung heißt es, mehrere Stellungnahmen von Fachorganisationen hätten belegt, dass die verdampften Aerosole gesundheitsschädliche Substanzen enthielten. Genannt wird unter anderem Formaldehyd, das allerdings nach gegenwärtigem Kenntnisstand fast ausschließlich beim Trockendampfen offener Systeme entsteht.

Wenig überraschend soll Außenwerbung für Tabakerzeugnisse verboten werden – wobei das Verbot für Tabakwaren zum Jahresbeginn 2022 in Kraft treten soll, für Tabakerhitzer ein Jahr später und für E-Zigaretten ein weiteres Jahr danach. Im Kino soll Werbung für Tabakwaren und E-Zigaretten künftig erst bei Filmen möglich sein, die ab 18 („keine Jugendfreigabe“) eingestuft sind.

Abgabe von Warenmustern
Immerhin: Die Abgabe von Warenmustern an Konsumenten bleibt innerhalb von „Geschäftsräumen des einschlägigen Fachhandels“ erlaubt, wird sonst – etwa auf Festivals – jedoch ebenfalls untersagt.

Schräg wirkt im Entwurf die Anwendung der sogenannten „One in, one out“-Regel. Konkret heißt es in der Begründung: „Eine Kompensation des laufenden Erfüllungsaufwands für die Wirtschaft kann innerhalb des vorliegenden Rechtsetzungsvorhabens nicht realisiert werden. Die Belastung wird aber über die Verordnung zur Durchführung der Narkose mit Isofluran bei der Ferkelkastration durch sachkundige Personen kompensiert. Bei diesem Regelungsvorhaben wird eine Entlastung der Wirtschaft von 27 Millionen Euro jährlich erreicht.“

Kritik aus der E-Zigarettenbranche
Kritik kommt aus der E-Zigarettenbranche. Beanstandet werden zum Beispiel Formulierungen zu den Fristen: „Werbung auf Außenplakaten soll verboten werden. Die Übergangsregelung gilt in diesem Entwurf nicht für Nachfüllbehälter (Liquids), sondern nur für E-Zigaretten. Wir gehen aber bisher davon aus, dass hier Nachfüllbehälter schlichtweg vergessen worden sind.“

Dustin Dahlmann, Vorsitzender beim Bündnis für Tabakfreien Genuss (BfTG), zeigt sich enttäuscht: „Die für unsere Branche deutlichste Einschränkung ist unserer Meinung nach, dass der Paragraf 19 im Tabakerzeugnisgesetz auch für nikotinfreie Produkte gelten würde. Dieser Paragraf verbietet die Werbung in den Diensten der Informationsgesellschaft, womit das Internet gemeint ist. Das schließt auch die bislang gängige Werbung für ‚Shake & Vape‘-Hersteller auf Instagram, Facebook und anderen Plattformen ein. Dieses Verbot würde Anfang des nächsten Jahres in Kraft treten.“

E-Branche nicht zufrieden
Ob und welche betroffenen Unternehmen und Verbände bis zum Fristablauf am 6. März (nach Redaktionsschluss) dargelegt haben, mit welchen „Einnahmeeinbußen aufgrund der vorgesehenen Ausweitung der Werbebeschränkungen voraussichtlich zu rechnen ist“, wie es das Begleitschreiben zum vorliegenden Entwurf vorsieht, ist nicht bekannt. Klar ist, dass insbesondere die E-Branche nicht zufrieden sein kann.
red
(DTZ 11/20)

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