Wo alles ständig in Bewegung ist

RÖSRATH (DTZ/da). Die zunehmenden Restriktionen gegen das Rauchen standen zwar inhaltlich im Mittelpunkt des diesjährigen Branchendialogs des Bundesverbands des Tabakwaren-Einzelhandels (BTWE) in Rösrath (siehe auch DTZ-Ausgaben 22 und 23/2011). Darüber hinaus wurden aber auch weitere Themen behandelt. Social Networking war eines dieser Themen, ein anderes ging auf den Standort Bahnhof ein.

„Die Bahn als Vermieter – Lage top, Marge flop?“ hieß der Titel einer Präsentation von Horst Mutsch. Er ist Leiter Vermietung/Marketing/ServiceStore der DB Station & Service AG, die nach seinen Angaben Europas führender Betreiber von Verkehrsimmobilien ist und in Deutschland über 30 Bahnhöfe mit jeweils 3000 Quadratmeter oder mehr Handelsfläche betreibt.

[pic|309|l|||Der diesjährige BTWE-Branchendialog in Rösrath bei Köln war ebenso gut besucht wie informativ. Vorträge und Präsentationen der Referenten stießen beim Publikum aur ein lebhaftes Interesse. |||]

Mutsch präsentierte Zahlen, Daten und Fakten. So erfuhren die Teilnehmer des BTWE-Branchendialogs, dass es derzeit bundesweit 5 400 „aktive Bahnhöfe“ und davon 1 500 mit Empfangsgebäude gibt. An deutschen Bahnhöfen werden täglich 14 Millionen Ein- und Aussteiger gezählt.

Die durchschnittliche Verweildauer beträgt bei:

[bul]Pendlern: 15 Minuten
[bul]Geschäftsreisenden: 32 Minuten
[bul]Besuchern: 29 Minuten
[bul]Begleitpersonen: 27 Minuten
[bul]Privat- und Urlaubsreisenden: 29 Minuten.

Nach Angaben des Referenten konnte der Einzelhandelsumsatz in den Bahnhöfen 2010 wesentlich höhere Zuwächse verzeichnen als die Einzelhandelsumsatzentwicklung generell. Hierzu hätten insbesondere die Bereiche Non Food (plus 13 Prozent), Körperpflege/Gesundheit (plus 11 Prozent) und Food (plus 7,5 Prozent) beigetragen.

Als positiv stellte Mutsch auch die Tabakwaren-Umsatzentwicklung in den Bahnhöfen dar. Demnach sei der kumulierte Umsatz mit Tabakprodukten im Jahr 2009 gegenüber 2008 um 25,1 Prozent gestiegen und 2010 im Vergleich zum Vorjahr um weitere 8,7 Prozent. Basis der Auswertung waren fünf regionale und zentrale Filialisten.

Im ersten Quartal 2011 habe man ebenfalls ein deutliches Absatzplus bei Tabakwaren registriert. Den Tabakwarenhändlern in Bahnhöfen empfahl Mutsch, Vielfalt und Qualität der Angebote sicherzustellen, gemeinsam an der Zufriedenheit der Kunden zu arbeiten und die Initiative des BTWE für das Konzept „Tabak Spezialist“ zu unterstützen.

Rückläufig sei hingegen die Automaten-Umsatzentwicklung. „In den vergangenen fünf Jahren reduzierte sich der Umsatz aus Zigarettenautomaten annähernd um drei Viertel des ursprünglichen Wertes“, sagte Mutsch und fügte hinzu: „Seit der Ausweitung des Jugendschutzes auf die Automaten im Jahr 2007 kommt die Branche nicht zur Ruhe.

Auch in 2010 brach der Umsatz im Bereich der Zigarettenautomaten erneut stark ein. Sowohl Kälte und Eis als auch der für den Verbraucher deutlich bequemere Kauf im Fachgeschäft beziehungsweise am Kiosk hinterlassen deutliche Spuren.“ Für den Tabakwaren-Fachhandel aber seien Bahnhöfe sehr interessante Standorte. Mutsch zählte u. a. folgende Vorteile auf:

[bul]hohe und stetige Kundenfrequenz

[bul]heterogene Kundengruppen (Pendler, internationale Kunden, Geschäftskunden, Sammler)
[bul]Bahnhofsstandorte sind für Kunden erste Anlaufpunkte bei Spezialitäten im Tabakwaren-Fachgeschäft.

[pic|310|l|||Die BTWE-Geschäftsführer Dieter C. Rangol (l.) und Willy Fischel (r.) sowie Christoph Schmidt (m.), Geschäftsführer von Konradin Selection, wozu auch DTZ gehört, im Gespräch.|||]

Der Referent kommt zu dem Schluss, dass der Standort Bahnhof für Tabakwarenhändler ausgesprochen attraktiv ist. Umgekehrt sehe aber auch die Bahn als Vermieter in Tabakwaren mehr als nur eine Ergänzung zum Sortimentsmix und setze daher auch mittel- bis längerfristig auf den Tabakwarenverkauf in Bahnhöfen. Sein Fazit: „Die Bahn als Vermieter – Lage top, Marge top!“

Netzwerkkultur mit Mehrwertpotenzial

BTWE-Geschäftsführer Dieter C. Rangol und der Freiburger Fachhändler Stefan Huber beschäftigten sich beim BTWE-Branchendialog mit einem Phänomen, das ungeheuer schnell Verbreitung findet. Die Rede ist von Social Networking über Xing, Facebook, Twitter und Co.. Dazu stellte Rangol nicht nur dar, was die Web 2.0 Nutzer so alles tun, sondern erläuterte auch anschaulich, was sich hinter Begriffen wie Facebook, Xing, Wikis, Twitter, Groupon, RSS, Widgets etc. versteckt.

Als Beispiel eines Unternehmens aus der Branche, das Xing nutze, nannte er Dannemann, während etwa die La Galana Zigarrenmanufaktur im Web 2.0 günstige Zigarrenseminare über Groupon angeboten habe.

Rangol zählte nachfolgend die Aktivitäten von Profis im Web 2.0 auf:

[bul]Screening: Unternehmen müssen die für sie relevanten Schauplätze und das Surfverhalten ihrer Zielgruppe im Internet kennen.
[bul]Monitoring: Wer seine Schauplätze kennt, der muss sie auch regelmäßig beobachten.
[bul]Analyse: Unternehmen müssen ihrer Zielgruppe zuhören und verstehen, was sie ihnen zu sagen hat.
[bul]Interaktion: Wer strategisch kommunizieren möchte, nutzt sein Hintergrundwissen aus Screening, Monitoring und Analyse und geht dann mit seiner Zielgruppe über den passenden Kanal sensibel in den Dialog.

Fachhändlern, die geschäftliche Aktivitäten im Web 2.0 starten möchten, empfahl Rangol sich zuvor selbst folgende Fragen zu beantworten:

[bul]Was sind meine Ziele?
[bul]Wofür sind meine Kunden bereit (B to B, B to C)?
[bul]Welche Web 2.0 Tools sind geeignet?
[bul]Wie kann ich dauerhaft Web 2.0 Aktivitäten abarbeiten?

Der BTWE-Geschäftsführer zog das Fazit: „Der Trend zum Web 2.0 lässt sich nicht aufhalten, und unsere Kunden sind dort. Man kann sich etwas langsamer oder etwas schneller dorthin bewegen, doch man muss sich vorwärts bewegen. Es gibt kein Zurück.“ Aus der Praxis für die Praxis berichtete Fachhändler Stefan Huber über seine Erfahrungen mit Social Networking.

Der Juniorchef des Freiburger Fachgeschäfts „Stefan Meier Tabakwaren“ informierte über seine Erfahrungen mit Facebook, Twitter und Qype sowie über den Webshop des Fachhandelsunternehmens. Bei Facebook sei man seit Juni 2010 vertreten. Kosten entstünden hier keine und auch der Arbeitsaufwand sei gering.

Als mögliche Posts nannte Huber Branchennews, den Hinweis auf Aktionen und die Vorstellung neuer Artikel oder der „Zigarre des Monats“. Ebenfalls seit Juni vergangenen Jahres präsentiert sich „Tabak Meier“ bei Twitter. Auch dieses Engagement sei mit niedrigem Aufwand und ohne Kosten verbunden. Da hier nur kurze Mitteilungen möglich seien, eigne sich Twitter eher für News als für Artikel. Empfehlenswert sei eine Verlinkung zur Website und/oder zu Facebook.

Bei Qype hat das Freiburger Fachgeschäft seit Februar 2011 einen Auftritt. Auch hier ist der Arbeitsaufwand den Ausführungen Hubers zufolge gering, während auf der Kostenseite 300 Euro für ein sechsmonatiges Werbepaket anfielen. Qype biete sich als Werbeauftritt für den Standort an. Auch Gutscheine könnten gut als Lockmittel eingesetzt werden. Bereits vor zehn Jahren stellte die Freiburger Fachhandelsfamilie ihren ersten Webshop ins Netz, der 2006 und nochmals 2010 überarbeitet wurde.

Den Webshop bezeichnete Huber als das Schaufenster für die Kunden im Internet. Fast 1.000 Produkte aus acht Kategorien umfasst dieser Webshop aktuell. Monatlicher Umsatz: 700 bis 1000 Euro. Demgegenüber stehen ein hoher Arbeitsaufwand und Kosten von 60 Euro im Monat für Hosting. „Als Fachhändler braucht man einen Webshop, ohne geht es nicht mehr!“, betonte Huber.

Aus seiner jahrelangen Erfahrung mit dem Webshop gab er u. a. folgende Empfehlungen:

[bul]Einfache Navigation;
[bul]Shop muss im Vordergrund stehen, damit der Kunde sieht, dass er hier etwas kaufen kann;
[bul]Viel Aktivität zeigen; Produktdatenbank pflegen;
[bul]Software muss passen.

Gütesiegel "Trusted Shops"
Als neuestes Tool führt „Tabak Meier“ das Gütesiegel „Trusted Shops“ für seinen Webshop. Die Zertifizierung sei zwar kein einfacher Vorgang, gab Huber zu bedenken, aber „Trusted Shops“ werde von allen großen Anbietern verwendet, sei eines der bekanntesten Gütesiegel und zudem relativ kostengünstig. Außerdem sei „Trusted Shops“ vor allem eine gute Möglichkeit, bei den Kunden Vertrauen zu gewinnen.

Mit den Worten „E-Marketing braucht Grundverständnis, Begeisterung, das Beobachten Anderer und immer mehrere Tools. – E-Marketing ist unverzichtbar!“, beendete Stefan Huber seine Präsentation. Der diesjährige BTWE-Branchendialog in Rösrath bei Köln war ebenso gut besucht wie informativ. Vorträge und Präsentationen der Referenten stießen beim zahlreich erschienenen Publikum auf ein lebhaftes Interesse.

(DTZ 24/11)

Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert