Einzelhandel digitalisiert sich zunehmend

BERLIN / REGENSBURG // Bereits jeder zweite Einzelhändler in Deutschland nutzt Online-Vertriebskanäle. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Der deutsche Einzelhandel 2020„ des Forschungsinstituts Ibi Research an der Universität Regensburg, die zusammen mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und 46 Industrie- und Handelskammern durchgeführt wurde.

Einzelhandel gefragt
Deutschlandweit wurden Einzelhändler zum Einfluss der Digitalisierung befragt. Die Ergebnisse beleuchten den digitalen Status quo des deutschen Handels, Entwicklungen seit 2017 und die Bedeutung der Themen Produktdatenmanagement und IT-Sicherheit. An dem Forschungsprojekt beteiligten sich mehr als 1400 Einzelhändler.

Bedeutung des Online-Handels
Trotz der zunehmenden Bedeutung des Online-Handels ist das stationäre Ladengeschäft nach wie vor der wichtigste Vertriebskanal des deutschen Einzelhandels: 49 Prozent der befragten Händler verkaufen ihre Produkte stationär. 37 Prozent sind sowohl stationär als auch online unterwegs und 14 Prozent sind als reine Online-Händler aktiv. Vor allem mittlere und große Händler nutzen digitale Möglichkeiten. Dabei zeigen sich bei Anwendung und Know-how deutliche Unterschiede zwischen kleinen und großen Betrieben. So stufen beispielsweise kleine Handelsunternehmen ihr Wissen in Bezug auf die Digitalisierung schlechter ein als größere Firmen.

Technologienutzung
Das spiegelt sich auch in der Technologienutzung wider, weiß Georg Wittmann, Geschäftsführer bei Ibi Research und verantwortlich für die Studie: „Auffällig ist, dass es viele kleine Händler sind, die auf digitale Lösungen verzichten. Bei großen und mittleren Händlern sind digitale Helfer fester Bestandteil im Front- und Back-Office.“ Bei der Kundenkommunikation gehören die eigene Website, der Facebook-Auftritt oder der Google-My-Business-Eintrag für viele Einzelhändler zum Standard. Allerdings: Je größer der Betrieb, desto mehr digitale Programme werden genutzt. Das gilt auch für Anwendungen hinter den Kulissen, wie Warenwirtschaftssysteme oder Personalverwaltung.

Wichtigster Treiber des Handels
Die Digitalisierung bleibt – gerade in der Corona-Zeit – eine der wichtigsten Treiber im Einzelhandel. Für die befragten Händler zeigt sich das vor allem im Entstehen neuer Geschäftszweige. „Die Studie zeigt, dass der stationäre deutsche Einzelhandel sein klassisches Geschäftsmodell weiterentwickelt und die begonnene Digitalisierungsstrategie mit Hochdruck fortsetzen sollte. Die Corona-Krise hat den E-Commerce gestärkt“, sagt Ilja Nothnagel, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Deutschen Industrie und Handelskammertags (DIHK).

Kleine Handelsfirmen
Aber besonders für kleine Handelsfirmen ist das praktische Umsetzen nicht immer einfach. Häufig fehlen Zeit und Geld für den Wandel. Zudem sind rechtliche Unsicherheiten wie Datenschutz oder Informationspflichten ein großes Hindernis. Auch in weiteren anstehenden Regularien sowie der Marktposition globaler Marktplätze sehen zwei Drittel der befragten Händler einen negativen Einfluss auf ihr Unternehmen.

Breitbandanbindung
„Beim Start in den Online-Handel unterstützen die Industrie- und Handelskammern die Betriebe mit vielen Angeboten. Aber das allein reicht nicht. Es geht um Breitbandanbindung, aber auch um gesetzliche Regelungen. So sollte zum Beispiel das geplante pauschale Verbot von Retourenvernichtungen, vermieden werden“, erklärt Nothnagel.

Gute Produktdaten
Wichtiger Bestandteil einer erfolgreichen Digitalisierung sind gute Produktdaten. Das Management der Daten ist arbeitsaufwendig und zeitintensiv. Dennoch sind lediglich zwei Drittel der Firmen mit der Qualität ihrer Produktdaten zufrieden. Die Ibi-Studie belegt auch die hohe Bedeutung der IT-Sicherheit für deutsche Handelsunternehmen. Allerdings haben nur 28 Prozent der kleinen Betriebe bislang eine systematische IT-Sicherheitsanalyse durchgeführt. „In beiden Segmenten herrscht ein hoher Nachholbedarf. Die Anforderungen an die IT-Sicherheit und das Produktdaten-Management werden immer höher, je mehr sich unsere Gesellschaft digitalisiert“, informiert Wittmann.

Fazit der Forscher
Das Fazit der Forscher lautet: Der Handel sollte sich der Digitalisierung stellen und deren Chancen offensiv nutzen. „Die Firmen müssen jetzt handeln. Nie wieder wird die Digitalisierung so langsam sein wie heute. Das Aufzeigen von Handlungsoptionen und Hilfe beim konkreten Umsetzen sollten erste Ansatzpunkte sein. Besonders kleine Betriebe benötigen angesichts fehlender Ressourcen – bezahlbare – fachliche Unterstützung und externes Know-how“, sagt Georg Wittmann. Hier können die bestehenden Förderprogramme für den Mittelstand helfen. Die IHKs stehen bundesweit mit Beratung und Informationen als Ansprechpartner zur Verfügung.

pi

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