GENF // Tabakwerbeverbote und Warnhinweise sind zunehmend erfolgreich im Kampf gegen das Rauchen. Das erklärt Tedros ‧Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die Sonderorganisation der UN veröffentlicht im Rahmen ihrer MPOWER-Kampagne alle zwei Jahre einen Bericht dazu, wie die Staaten rund um den Globus die ihrerseits geforderten Maßnahmen umsetzen. Wirksamste Waffe im Kampf gegen den Tabak seien hohe Steuern.
Der Begriff MPOWER leitet sich aus den Anfangsbuchstaben (in englischer Sprach) jener sechs Maßnahmen ab, mit denen die WHO (World Health Organisation) seit 2003 versucht, Menschen besser vor negativen Folgen des Tabakkonsums zu schützen. Einer von zehn Todesfälle weltweit werde durch Rauchen verursacht, behauptet der frühere New Yorker Bürgermeister und Tabakgegner Michael Bloomberg. Das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg spricht von jährlich rund 120 000 Toten. Es wird jedoch nicht erläutert, wie man ausgerechnet auf diese Zahlen kommt.
Dem aktuellen WHO-Bericht zufolge würden 63 Prozent der Weltbevölkerung in einem Land leben, das mindestens eine WHO-Maßnahme vollumfänglich umgesetzt habe. Außerdem sei der Zigarettenkonsum seither um 2,5 Prozent gesunken.
Nach Ansicht der in starkem Maße von der Pharmaindustrie finanzierten WHO sei es wichtig, den Tabakkonsum zu überwachen. So könne etwa erkannt werden, welche Bevölkerungsgruppe gezielt mit Anti-Tabakkampagnen angesprochen werden sollten. Im vergangenen Jahr hätten 76 der 194 Staaten diese MPOWER-Maßnahme befolgt. 55 Länder hätten vollumfängliche Gesetze zum Schutz der Menschen vor Tabakrauch erlassen. Deutschland ist der WHO-Forderung zum Beispiel durch Rauchverbote in öffentlichen Gebäuden und durch einschneidende Maßnahmen am Arbeitsplatz nachgekommen. Außerdem haben die Bundesländer komplette oder teilweise Rauchverbote in der Gastronomie verhängt.
Nach Angaben der WHO soll es bereits in zahlreichen Ländern Schockbilder auf den Packungen geben, mit denen die Raucher vor dem Kauf abgeschreckt werden sollen. In Deutschland wurden die Bildwarnhinweise auf Zigaretten, Feinschnitt und Wasserpfeifentabak im Mai 2016 im Zuge der nationalen Umsetzung der EU-Tabakproduktrichtlinie (TPD 2) eingeführt.
Handlungsbedarf sieht die WHO noch in vielen Ländern, so auch in Deutschland, beim Thema Werbung und Sponsoring. Hier schlägt sie umfängliche Verbote vor.
Tedros Adhanom Ghebreyesus fordert eindringlich, den illegalen Tabakhandel einzudämmen, der „die globale Tabak-Epidemie und ihre gesundheitlichen und wirtschaftlich-sozialen Konsequenzen verschlimmert“, so seine Worte. Gleichzeitig bezeichnet er aber Steuer-Erhöhungen als effektivste Maßnahme, um den Tabakkonsum zurückzudrängen. Im vergangenen Jahr hätten die Regierungen rund 240 Milliarden Tabaksteuern eingenommen. Allein in Deutschland waren es knapp 14,2 Milliarden Euro.
Gerade beim Thema Steuererhöhung kann der Schuss jedoch ganz schnell nach hinten losgehen, geben Fachleute zu bedenken: Werde die Tabaksteuer überdreht, drohe nicht nur ein zu starker Rückgang des legalen Konsums und der Staat nehme unter Umständen weniger statt mehr ein. Ganz übel werde die Sache dann, wenn durch überzogene Steuer-Anhebungen der Kauf illegaler Zigaretten weiter belebt würde, warnen Experten. Schon heute seien Schwarzmarkt und Schmuggel in vielen Ländern für die Mafia und Terroristen ein lukratives Geschäft, das es ohne zu hohe Tabaksteuern kaum oder zumindest in deutlich geringerem Ausmaß gäbe. Illegale Zigaretten halten einen Marktanteil von 9,1 Prozent am gesamten europäischen Zigarettenkonsum. Allein dem deutschen Staat entgehen jährlich 1,5 Milliarden Euro durch den Schwarzmarkt.
Aber auch andere Vorschläge des WHO-Maßnahmepakets sollten kritisch hinterfragt werden, meinen Branchenkenner. Denn durch eine Überregulierung der Märkte werde letztlich nur der legale Handel begrenzt und behindert, nicht aber die Mafia und Terroristen. Kriminelle würden sich schließlich nicht nur einen Teufel um das scheren, was die WHO wolle, sondern könnten sogar von überzogenen Maßnahmen gegen den rechtmäßigen Handel profitieren. Und am Ende würden die Staaten die Geister, die sie (indirekt) riefen, nicht mehr los.
red
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