WIESBADEN (DTZ/da). Vor gut einem Jahr ist der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft getreten, der im Sportwettenbereich eine Liberalisierung mit sich gebracht hat. Im Zuge der Marktöffnung ist die Vergabe von bundesweit 20 Konzessionen vorgesehen, auf die sich auch private Wettanbieter bewerben können. DTZ sprach mit Dr. Heinz-Georg Sundermann, dem Geschäftsführer von Lotto Hessen, über das bundesweite Vergabeverfahren, das in den Händen des hessischen Ministerium für Inneres und Sport in Wiesbaden liegt.[p][/p]
Mehr als 100 Sportwettenanbieter haben sich um eine Konzession beworben. Diese große Zahl hat auch Sundermann überrascht. Nach den Lotto Hessen vorliegenden Informationen, die jedoch nicht offiziell vom hessischen Ministerium für Inneres und Sport bestätigt sind, sollen es anfangs mehr als 100 Bewerber gewesen sein. 84 davon sollen in die zweite Runde gekommen sein. Und davon sollen wiederum maximal 15 zur Anhörung eingeladen worden sein. „Die anderen fragen sich natürlich, wieso sie keine Konzession erhalten. Im Innenministerium schließt man wohl juristische Auseinandersetzungen mit den Abgelehnten nicht aus, denn das Ministerium soll eine Ausschreibung gemacht haben, um Rechtsunterstützung in der Angelegenheit zu erhalten“, sagte Sundermann und er berichtete weiter, dass als ursprünglicher Termin für den Abschluss des Vergabeverfahrens der 1. November 2012 ins Auge gefasst gewesen sei, dann Mai 2013 und schließlich der 1. Juli.[p][/p] Nun gebe es ein Schreiben des Innenministeriums, dem zufolge im August jene Wettanbieter informiert würden, die abgelehnt würden. Diese hätten dann 14 Tage Zeit zu reagieren. „Gut möglich, dass danach die Juristen viel zu tun haben werden“, schloss Sundermann nicht aus und fügte erläuternd hinzu: „Grundsätzlich ist mit zwei Alternativen zu rechnen: Entweder die Konzessionen werden an die 15 Bewerber erteilt oder die Gerichte entscheiden, dass keine einzige Lizenz vergeben werden darf.“ Er prophezeit: „Wenn die Gerichte eingeschaltet werden, dann haben wir die Hängepartie. Sollte das Ganze hochgehen bis zum Europäischen Gerichtshof, vergehen Jahre bis zu einer Entscheidung. Dann schreiben wir ganz schnell 2017.“[p][/p]
Der hessische Lottochef fordert deshalb ganz schnell Regeln, die für alle gelten. „Da es derzeit außer für uns, die staatlichen Anbieter und ihren Vertrieb, für alle anderen keine einschränkenden Vorschriften gibt, kann jede private Wettfirma Sportwetten einführen.“ Das habe auch keine negativen Auswirkungen auf ihre Konzessionsanträge. Letzteres könne er sogar nachvollziehen, denn die Entwicklung eines Sportwettenangebots sei aufwändig und könne nicht von heute auf morgen auf den Markt gebracht werden. Da brauche es eine längere Vorlaufzeit. [p][/p]Kein Verständnis hat Sundermann jedoch dafür, dass die staatlichen Lotteriegesellschaften erst mit neuen attraktiven Sportwetten an den Start gehen dürfen, wenn die Oddset Deutschland Sportwetten GmbH (ODS), die derzeit von acht Gesellschaften unterhalten wird, eine Konzession in ihren Händen hat. „Bis dahin dürfen wir nur unser derzeitiges Oddset am Markt anbieten, das aufgrund der Abgabenlast keine wettbewerbsfähigen Quoten bieten kann und beständig an Umsatz verliert, während die Privaten ungehindert und ohne reglementiert zu sein, Boden gutmachen.“[p][/p]
Lotto Hessen hat die ODS GmbH im Juli 2011 gegründet. In der Folgezeit sind die Lotteriegesellschaften von Baden-Württemberg, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz dazu gekommen. Zwischenzeitlich war auch Niedersachsen dabei, ist aber wieder ausgestiegen.[p][/p]
Die acht Gesellschaften haben beschlossen, ein ODS-Team aufzubauen und geeignete wettbewerbsfähige Spiele zu entwickeln. Denn sobald die ODS GmbH eine Konzession erhält, muss sie auch direkt mit einem Sportwettenangebot an den Markt gehen. Sundermann: „Auch das wird uns vorgeschrieben, genauso, wie wir bis zu diesem Zeitpunkt nur mit unserem nicht mehr wettbewerbsfähigen Oddset am Markt operieren dürfen. Die privaten Sportwettanbieter hingegen unterliegen keiner Beschränkung.“ [p][/p]Die ODS GmbH hatte sich darauf eingestellt, dass sie spätestens im Mai 2013 mit einem attraktiven Spielangebot starten könne. Doch dem war nicht so. Die Folge: Die staatlichen Lotteriegesellschaften verlieren mit dem bisherigen Oddset nicht nur beständig Marktanteile und Umsatz an die private Konkurrenz, jeder Monat, den ODS nicht am Markt verkaufen kann, kostet sie auch noch zusätzlich sehr viel Geld. Sundermann: „Mit anderen Worten: Uns laufen die Umsätze und die Kosten davon.“[p][/p]
Ordnung in die derzeitige chaotische Gemengelage kann man nach seiner Ansicht bringen, wenn man nicht nur 20 Konzessionen vergibt, sondern Lizenzen an alle verteilt, die die im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehenen Voraussetzungen erfüllen. Selbst wenn dann eine große Zahl von Bewerbern eine Konzession erhalten sollte, werden sich nach Einschätzung von Sundermann in zwei, drei oder vier Jahren der Markt bereinigen und nur noch wenige Anbieter übrig bleiben. Er ist fest davon überzeugt, dass ODS einer davon sein wird. „Wir glauben, dass wir einen wahrnehmbaren Marktanteil erzielen werden. In fünf bis zehn Jahren könnten wir sogar die Marktführerschaft erringen. Dank unseres über Jahrzehnte gewachsenen Vertriebs mit leistungsfähigen Lottoverkaufsstellen haben wir eine sehr gute Ausgangsposition.“[p][/p]
DTZ 31/13
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