Nach wie vor keine Entwarnung in Sachen Zigarettenschmuggel

BERLIN (DTZ/vi/fok). Einer Hydra macht man nicht so schnell den Garaus. So wie der Wasserschlange aus der griechischen Sage, der für jeden abgeschlagenen Kopf zwei neue nachwuchsen, so ist der Zigarettenschmuggel trotz vieler Bemühungen seitens der Zoll- und Polizeibehörden auf nationaler und internationaler Ebene kaum einzudämmen. Die enormen Gewinnmöglichkeiten und die meist relativ geringen Strafen für ertappte Täter machen den Zigarettenschwarzmarkt zum Eldorado für die organisierte Kriminalität. Und immer, wenn es durch Großaufgriffe gelingt, für einige Wochen oder Monate einen Rückgang des Schmuggels zu erzwingen, bilden sich kurz danach wieder neue Vertriebskanäle für die häufig aus gefälschten Markenzigaretten bestehende Schwarzmarktware.[p][/p]
Das zeigt sich nur allzu gut auch an den aktuellen Ergebnissen der seit 2004 vom Marktforschungsinstitut Ipsos im Auftrag der deutschen Zigarettenhersteller durchgeführten repräsentativen Entsorgungsstudie. Durch sie werden Zigarettenpackungen, die von den Konsumenten über das duale System entsorgt worden waren, auf ihre Herkunft überprüft. Dabei wird der Anteil nicht in Deutschland versteuerter Zigaretten am hiesigen Konsum ermittelt. Dieser setzt sich sowohl aus legal im Rahmen privater Importe eingeführten Zigaretten wie auch aus illegal eingeführter Ware zusammen. Letztere besteht sowohl aus klassischer Schmuggelware, die zum größten Teil durch gut organisierte Banden vor allem via Osteuropa eingeschleust werden. Bei einem großen Teil dieser Bandenschmuggelware handelt es sich um Fälschungen bekannter Markenzigaretten oder um Produkte, die überwiegend oder nur für den Schmuggel hergestellt werde. Hinzu kommt aber auch der Ameisenschmuggel an die jeweiligen Grenzen, bei dem die zulässigen zollfreien Höchstmengen durch die schmuggelnden Privatpersonen überschritten werden. Auch wenn es sich im Einzelfall meist nicht um Großmengen handelt, summieren sich auch diese illegal eingeführten Zigaretten gewaltig. [p][/p]
Im ersten Quartal 2012 hatte es gegenüber dem 4. Quartal des Vorjahres einen spürbaren Rückgang des Anteils nicht in Deutschland versteuerter Zigaretten am deutschen Zigarettenkonsum gegeben. Der ermittelte Wert lag noch bei 19,1 Prozent. [p][/p]
Der relative niedrige Anteil der „Nichtversteuerten“ im ersten Quartal 2012 erklärt sich zum einen daraus, dass im ersten Quartal eigentlich jeden Jahres relativ niedrige Schmuggelanteile gemessen werden. Möglicherweise spielt hier auch die Witterung eine Rolle. Hinzu kamen in 2012 einige spektakuläre Großaufgriffe, wie z.B. ein Fall in Antwerpen, bei dem rund 150 Millionen gefälschte Zigarette mit Warnhinweisen auch in deutscher Sprache beschlagnahmt werden konnten. Das führte dann in der Folge auch zu niedrigeren Anteilen „Nichtversteuerter“ in der Entsorgungsstudie. Aktuelle Zahlen belegen aber, dass dieser Anteil schon wieder ansteigt: Im 2. Quartal kletterte er um eine Prozentpunkt auf jetzt wieder 20,1 Prozent nach oben. Der Anteil illegaler Ware an den nicht in Deutschland versteuerten Zigaretten ist hoch: Für das Jahr 2011 hatte eine seit etlichen Jahren im Auftrag von Philip Morris durchgeführte umfangreiche Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG ermittelt, dass schätzungsweise 60 Prozent der „Nichtversteuerten“ illegal ins Land kamen. [p][/p]
Besonders hoch ist der Anteil der Schwarzmarktware in den neuen Bundesländern und in Berlin. Aufgrund der Grenznähe zu Polen und Tschechien, die zum einen eine immer noch deutlich niedrigere Zigarettenbesteuerung haben und zum andern auch die Einfallstore für Falsifikate und Schmuggelzigaretten aus Russland und Ostasien sind, ist hier fast jede zweite gerauchte Zigarette nicht in Deutschland versteuert. Besonders hoch ist der Anteil in Mecklenburg-Vorpommern (2. Quartal 2012: 48,2 Prozent). Aber auch in Berlin, sozusagen vor der Haustür unserer Parlamentarier, ist der Anteil von Schmuggel & Co.- mit 44,3 Prozent erschreckend hoch. Jährlich entgehen dem Bund hier rund vier Milliarden Euro. Und die legale deutsche Tabakwirtschaft muss auf Umsätze verzichten, die ebenfalls an die Milliardengrenze heranreichen. Vor allem der Handel ist betroffen, davon können besonders die grenznahen Geschäfte in den neuen Bundesländern ein Lied singen, wenn sie denn überhaupt noch existieren. Aber auch im Westen gibt es Regionen, die stark unter der kriminellen Konkurrenz leiden müssen. So etwa in einigen Regionen des Ruhrgebietes, wo zeitweise die Schmuggelmarke Jin Ling die meistverkaufte Zigarette war. Entwarnung in Sachen Zigarettenschmuggel ist jedenfalls nicht angesagt. [p][/p]
DTZ 32/12

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