Herausforderungen 2011: Was kommt auf Tabakbranche zu?

MAINZ (DTZ/fok). Die politischen Rahmenbedingungen wie auch die fiskalischen Änderungen stehen für das Jahr 2011 im Fokus der Beobachtungen seitens der Tabakbranche. Mit Sorge sehen die Unternehmen vor allem den Aktivitäten der EU-Kommission bei der Überarbeitung der Tabakproduktrichtlinie entgegen.

Das am 17. Dezember 2010 abgeschlossene Konsultationsverfahren, an dem sich Bürger, Unternehmen, Verbände und andere Institutionen zu den von der Kommission vorgelegten Vorschlagsalternativen äußern konnten, wird in denn nächsten Monaten ausgewertet werden. Wann und in welcher Form die Kommission die dabei getätigten insgesamt rund 84 000 Stellungnahmen und Einwendungen veröffentlicht und inwieweit sie diese bei dem Entwurf einer überarbeiteten Richtlinie berücksichtigt, ist noch völlig offen.

Tatsache ist, dass die Entscheidung über die Ausgestaltung des Richtlinienentwurfs bei der Kommission liegt und der Ministerrat in Abstimmung mit dem Europäischen Parlament die endgültige Entscheidung hierüber trifft.

Kommissionsvorschläge: Gespanntes WartenNachdem zahlreiche Unternehmen aus der Tabakbranche sich bei ihren Stellungnahmen energisch gegen etliche Extremforderungen der Kommissionsvorschläge aussprachen – vor allem gegen Pläne für Einheitspackungen, Werbe- und Präsentationsverbot am POS, Automatenverbot und hierüber hinaus Beschränkungen bzw. Verbote für die Verwendung von Zusatzstoffen bei der Tabakwarenproduktion, darf man gespannt sein, ob diese gut begründeten Argumente von der Kommission beim Richtlinienentwurf berücksichtigt werden.

Im Auge behalten muss die Branche jedoch nicht nur diese Extremvorschläge, sondern auch auf den ersten Blick nicht ganz so weit gehende Pläne, die gleichwohl massiv in den Wettbewerb eingreifen, obwohl bisherige Erfahrungen dagegen sprechen, dass sie tatsächlich zu der beabsichtigten Reduzierung des Tabakkonsums führen, wie etwa groß dimensionierte Bildwarnhinweise, die letztlich dieselbe egalisierende Wirkung auf die Packungsgestaltung haben können wie Einheitspackungen, oder massive Werbebeschränkungen am POS, die die Kommunikation mit den erwachsenen Rauchern unverhältnismäßig erschweren.

Das Thema Tabakproduktrichtlinie wird keine aktuellen Auswirkungen auf den Markt 2011 haben. Aber die Weichen, die hier gestellt werden, sind entscheidend für die mittel- und längerfristige Zukunft der Tabakbranche. Deshalb wird es von großer Bedeutung sein, auch und gerade den nationalen politischen Entscheidungsträgern die Reichweite der Entscheidungen bei der Tabakproduktrichtlinie zu verdeutlichen und argumentativ zu untermauern. Schließlich ist langfristig damit zu rechnen, dass wie beim Thema Tabakwerbung Dominoeffekte auf andere Konsumgüterbereiche entstehen.

Mit Blick auf das zeitliche Procedere bei der Richtlinienüberarbeitung ist die Abstimmung mit anderen Kommissionsbereichen, wie etwa dem für Steuern und Zölle, der nächste Schritt. Der Vorschlag der EU-Kommission für den Richtlinienentwurf dürfte voraussichtlich im 3. Quartal 2011 vorgelegt werden. Darauf folgen die Mitentscheidungsverfahren von EU-Ministerrat und EU-Parlament, die im Jahre 2013 abgeschlossen sein dürften. Danach besteht eine Umsetzungsfrist für die einzelnen Mitgliedstaaten von zwei Jahren, also bis in die Jahre 2014/15.

Überwälzung der SteuererhöhungDie zweite große Herausforderung in 2011 für die Tabakbranche ist die kürzlich verabschiedete Anhebung der Tabaksteuer in fünf Schritten, beginnend am 1. Mai 2011 und dann in vier Folgeschritten bis 2015, jeweils zum 1. Januar. Noch haben sich die Hersteller nicht angegeben, wie die neuen Preisstellungen im Mai 2011 konkret aussehen werden, um die vor allem für die unteren Preislagen deutlich spürbaren Mehrbelastungen aus der Tabaksteuer sowie die zwischenzeitlich gestiegenen Produktionskosten aufzufangen.

Handelsseitig wird immer wieder betont, dass sich die Margensituation deutlich verbessern muss, um die Ertragseinbußen der vergangenen Jahre wieder auszugleichen. Gleichzeitig wird auch der kurze Zeitabstand bis zum nächsten Steuerschritt per 1. Januar 2012 in die Diskussion mit einbezogen, was sicher Fragen über die Verbraucherakzeptanz bei den neuen Preisstellungen aufwirft.

In diesen Zeitraum fällt auch ein weiteres neues Regulativ, denn voraussichtlich ab Mitte November 2011 wird eine neue CEN-Norm verbindlich werden, die bei der Herstellung von Zigaretten die Verwendung von Zigarettenpapier vorschreibt, welches ein selbständiges Weiterglimmen der Zigaretten nach dem Anzünden an bestimmten Stellen unterbrechen kann, wenn nicht an der Zigarette gezogen wird. Die Umstellung auf Zigaretten mit verringertem Zündpotenzial erfordert den Einsatz neuer Technologien, deren Einführung erheblichen zeitlichen und finanziellen Mehraufwand verlangt.

Schmuggelbekämpfung
Ein Dauerthema für die Branche bleibt der hohe Anteil von Schmuggelzigaretten und privaten Grenzeinfuhren, der aktuell bei über 20 Prozent des Gesamtkonsums liegt, mit steigender Tendenz. Hier stellt sich die Frage, ob die steuerbedingten Preiserhöhungen zu einem weiteren Wachstum des Schwarzmarktes führen, und wie die Bundesregierung, unterstützt von den Tabakwarenherstellern, diese Entwicklung hemmen kann.

Bedauerlicherweise greift die vorgesehene 300-Stück-Grenze bei Privateinfuhren aus einigen EU-Ländern mit Niedrigpreisniveau erst ab 2014. In diesem Zusammenhang ist auch von Interesse, dass gerade auf Druck der EU die Thematik eines weltweiten Schmuggelprotokolls vorangetrieben werden soll, wobei darauf hingewirkt werden muss, dass die vorgesehenen Maßnahmen tatsächlich dem Schmuggel Einhalt gebieten und nicht als bürokratische Hemmnisse gerade den legal arbeitenden Unternehmen Steine in den Weg legen.

Weitere Verschärfung der Rauchverbote?Nach dem für die Raucher ernüchternd ausgefallenen Volksentscheid über das Gastrorauchverbot in Bayern muss damit gerechnet werden, dass auch in anderen Bundesländern die Verschärfung der Regelungen politisch angeschoben wird. Immerhin stehen in 2011 Landtagswahlen in sieben Bundesländern an, und das Thema Rauchverbote wird leider von einigen politischen Kräften mangels anderer Konzepte als geeignetes Mittel angesehen, sich zu profilieren.

Schaut man sich die Rahmenbedingungen und die reale Geschäftsentwicklung in dem umkämpften Markt an, wird das Leben in der Tabakwarenbranche auch 2011 nicht leichter. Speziell der Fachgroß- und -einzelhandel hat unter dem Rückgang der Renditen enorm zu leiden und hofft auf eine Verbesserung. Aus dem Großhandel ist zu hören, dass man mit einer Fortsetzung des schon weit fortgeschrittenen Konsolidierungsprozesses rechnet.

Hart umkämpftes RechnungsgeschäftEinerseits arbeitet man dort mit erheblichen Investitionen daran, die Automaten durch Banknotenleser/Geldwechsler sowie Maßnahmen zur verbesserten Funktionstüchtigkeit der Geräte wieder attraktiver zu machen. Andererseits ist man im hart umkämpften Rechnungsgeschäft aktiv, um die Einzelhandelskunden noch intensiver zu beraten und deren Zukunftssicherung zu verbessern.

Im Facheinzelhandel setzt ein zunehmender Kreis von Betrieben auf Genusskonzepte, die, vor allem mit Wein, Spirituosen und Süßwaren, ihre Tabakkompetenz erfolgreich ergänzen. Für das Gros der Einzelhandelsunternehmen wird die Luft angesichts rückläufiger Erträge aus den Kernbereichen Tabak, Presse und Lotto aber immer enger.

Hinzu kommt die Unsicherheit über den Weiterbestand des staatlichen Glücksspielmonopols. Im Wettbewerb spielen bei den auf Schnelldreher und Convenience ausgerichteten Geschäftstypen die geeigneten Standorte eine sehr wichtige Rolle. Hier ist festzustellen, dass filialisierte und franchisierte Unternehmen bei der Standortgewinnung oft Vorteile genießen.

(DTZ 1/11)

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