Wirtschaft braucht jetzt 500 Milliarden

HAMBURG // Die Corona-Krise zeigt erste Turbulenzen in der Wirtschaft, die Politik verspricht großzügige Unterstützung. „Zu wenig, zu langsam“, sagt der Hamburger Wirtschafts- und Fördermittelexperte Kai Schimmelfeder. Er sieht einen Finanzbedarf von rund 500 Milliarden Euro für die deutsche Wirtschaft.

„Dieses Geld muss der Staat als nicht-rückzahlbare Zuschüsse an die Unternehmen ausschütten“, so Schimmelfeder. Der aktuell politisch favorisierte Weg über Liquiditätshilfen in Form von rückzahlbaren Sonderkrediten sei falsch. „Es kann nur über geschenktes Geld laufen“, betont Schimmelfeder.

Geld wird in jedem Fall fehlen
„Die Höhe des Betrages mag gigantisch sein, wäre aber ein großer Wurf.“ Schimmelfeder ist sich sicher, dass es nur zwei Wege gibt: Jetzt das Geld an die Wirtschaft ausschütten und von erfolgreichen Unternehmen in Form von Steuerzahlungen in der Zukunft wieder zurückbekommen oder in der Zukunft mit Steuerausfällen, Insolvenzen und einer hohen Arbeitslosigkeit kämpfen. „Das Geld wird dem Staat in jedem Fall fehlen“, ist sich der Wirtschaftsexperte sicher.

Er macht seine Einschätzung fest an Zahlen aus der Finanzkrise von 2008/2009: In deren Folge gingen 255.000 mehr Unternehmen in Insolvenz als normal. Bei durchschnittlich 5,5 Beschäftigten betraf das allein 1,4 Millionen Arbeitsplätze. Bei durchschnittlich ca. zwei Millionen Umsatz pro Unternehmen ergeben sich 511 Milliarden Umsatzausfall, also 511 Milliarden Kaufkraftverlust und 51 Milliarden Ausfall an Ertragssteuern. „Die Folgen für die Banken durch ausfallende Unternehmenskredite sind da noch gar nicht einmal berücksichtigt“, ergänzt Kai Schimmelfeder.

Psychologischer Effekt

Einen großen Vorteil im geschenkten Geld sieht er in der Ruhe, die dadurch schnell entsteht – sowohl in der Wirtschaft als auch in der Gesellschaft. Wer weiß, dass er abgesichert ist, werde auch alle Maßnahmen leichter über sich ergehen lassen. „Das ist ein psychologischer Effekt.“

Wichtig sei aus seiner Sicht auch, die Unterstützung so unbürokratisch und schnell wie möglich zu machen. „Wir sehen bei vielen Fördermittelberatungen, dass Anforderungen zu hoch und Prozesse zu kompliziert sind. Viele Unternehmen steigen deshalb aus den Förderprogrammen aus und verlieren viel Geld, wenn sie nicht professionell unterstützt werden.“

Unternehmer in der Pflicht
Die Unternehmer sieht Kai Schimmelfeder allerdings auch in der Pflicht, jetzt zu handeln. Zum einen geht es um die schnelle und qualifizierte Aufbereitung der aktuellen Unternehmensdaten, damit Förderanträge schnell und unbürokratisch bearbeitet werden können, zum anderen um eine Planung für die Zukunft mit einer Überprüfung der Geschäftsmodelle, der Liquidität sowie einer Verstärkung der Innovation. „Wir dürfen jetzt nicht stehen bleiben wie die Kaninchen vor der Schlange“, rät Schimmelfeder, „sondern müssen uns Gedanken über die Zeit nach der Krise machen. Bis dahin sei allerdings die Politik gefordert.

pi

(DTZ 13/20)

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