Stationärer Handel bleibt Spitze

BERLIN // Läden sterben, Innenstädte veröden – und schuld ist das Internet. Seit Jahren warnen Handelsexperten vor den Folgen unseres digitaler werdenden Konsumverhaltens.

Dabei sind klassische Einzelhändler noch klar im Vorteil: Für 262,78 Euro kaufen Verbraucher jeden Monat im klassischen Handel ein. Nur 93,83 Euro geben sie online aus. Dies zeigt eine repräsentative Umfrage des Verbraucherforums „mydealz“. Grund zur Hoffnung haben klassische Händler dennoch wenig: Jeder fünfte Verbraucher lässt heute weniger Geld im klassischen Handel als noch vor einem Jahr.

Klassischer Handel und Internet
Für 298,07 Euro kaufen Verbraucher im Alter von 55 bis 64 Jahren jeden Monat im klassischen Handel ein. 104,05 Euro sind es für Bestellungen im Internet. Gemessen an ihren Ausgaben sind die zwischen 1955 und 1964 geborenen für klassische Händler damit so wichtig wie keine andere Altersgruppe. Und doch trügt der Schein: Verbraucher im Alter von 55 bis 64 Jahren wenden sich nämlich so stark vom sprichwörtlichen „Laden um die Ecke“ ab wie keine andere Altersgruppe: Nur knapp jeder zehnte von ihnen (9,8 Prozent) steigerte seine Ausgaben im klassischen Handel im Vergleich zum Vorjahr. Gut jeder vierte (25,6 Prozent) hat seine Ausgaben hingegen reduziert. Profiteur dieser Entwicklung ist der Online-Handel. Im Internet geben heute 26,3 Prozent der 55- bis 64-Jährigen nun mehr, nur 13,8 Prozent hingegen weniger Geld aus als noch im Vorjahr.

Vergleicht man nur die Ausgaben, fällt es schwer, den Klagen des Einzelhandels zu folgen. Klassische Händler stehen nicht etwa schlechter da als ihre digitalen Konkurrenten, sondern deutlich besser: Für 356,61 Euro kaufen wir Deutschen jeden Monat ein; 262,78 Euro (73,7 Prozent) entfallen dabei auf terrestrische Geschäfte, aber nur 93,83 Euro (26,3 Prozent) auf Bestellungen im Internet.

Nur jeder vierte Euro im Internet
Sowohl Frauen und Männer als auch die einzelnen Altersgruppen gleichen sich zwar nicht in der Höhe ihrer Ausgaben. Sie gleichen sich aber darin, dass sie ihr Geld vor allem im klassischen Handel lassen und jeweils nur rund jeden vierten Euro im Internet.

Wenig überraschend steht Verbrauchern im Alter von 45 bis 54 Jahren (404,33 Euro) und 55 bis 64 Jahren (402,12 Euro) monatlich deutlich mehr Geld für Konsumausgaben zur Verfügung als den 16- bis 24-Jährigen (212,66 Euro), 25- bis 34-Jährigen (328,88 Euro) und Konsumenten im Alter von 65 und mehr Jahren (356,95 Euro). Einzig die 35- bis 44-Jährigen verfügen mit 388,67 Euro über ein ähnlich hohes Budget.

Je älter Verbraucher sind, desto stärker bevorzugen sie den klassischen Handel: 78,3 Prozent (279,62 Euro) ihres Budgets für Einkäufe von monatlich 356,95 Euro geben die über 65-Jährigen im Laden aus, aber nur 21,7 Prozent (77,33 Euro) online. Am stärksten bevorzugen die ganz jungen Verbraucher den Online-Handel: 31,5 Prozent (67,03 Euro) ihres monatlichen Etats entfallen auf Bestellungen im Internet. Allerdings lassen auch sie mit 145,63 Euro den größten Teil ihres Budgets (68,5 Prozent) im Laden.

Diffizile Situation für Einzelhändler
Wie diffizil die Situation für Einzelhändler ist, wird erst deutlich, wenn man sich ansieht, wie stark sich die Konsumausgaben verändert haben. 1000 Verbraucher hat Statista im Auftrag von mydealz in einer repräsentativen Umfrage befragt, ob sie im Vergleich zum Vorjahr für ihre Einkäufe nun weniger, mehr oder genauso viel ausgeben. Insgesamt fielen die Antworten positiv aus: Bei 23,3 Prozent der Verbraucher war es mehr Geld als im Vorjahr und nur bei 12,9 Prozent weniger, während sich die Ausgaben bei sechs von zehn Konsumenten (63,8 Prozent) nicht verändert haben.

Während Online-Händler von dieser Entwicklung profitieren, stehen klassische Händler auf der Verliererseite. Online geben nun 27,5 Prozent der Verbraucher mehr und nur 15,6 Prozent weniger aus als noch vor einem Jahr. Im stationären Handel steigerten indes „nur“ 14,8 Prozent ihre Ausgaben. Vor allem ältere Verbraucher sind hier etwas zurückhaltender geworden und wenden sich allmählich stärker dem Online-Handel zu.

Wichtig: Bequemlichkeit, Verfügbarkeit und Auswahl
Fragt man Verbraucher, wieso sie im Internet bestellen, fallen vor allem drei Worte: Bequemlichkeit, Verfügbarkeit und Auswahl. 73,8 Prozent der Befragten erklärten, für sie sei die Bequemlichkeit das größte Plus beim Online-Shopping. Knapp sieben von zehn Konsumenten (68,3 Prozent) – Mehrfachantworten waren bei dieser Frage möglich – finden es vorteilhaft, dass sie keine Ladenöffnungszeiten beachten müssen, und 62,5 Prozent bestellen wegen der – im Vergleich zum klassischen Handel – „größeren Auswahl“ im Internet. Ähnlich viele Verbraucher, nämlich 60,5 Prozent, erklärten, die „besseren Vergleichsmöglichkeiten“ seien für sie ein Vorteil beim Online-Shopping. Und tatsächlich sucht knapp jeder zweite Verbraucher (49,2 Prozent) wenigstens einmal die Woche und 8,6 Prozent sogar jeden Tag im Internet nach Angeboten.

Besonders jüngere Verbraucher nutzen das Internet dabei für die Suche nach Angeboten. Jeder neunte Verbraucher im Alter von 16 bis 24 Jahren (11,1 Prozent) und sogar jeder siebte 25- bis 34-Jährige (13,9 Prozent) sucht mindestens einmal pro Tag im Internet nach Angeboten. Weniger intensiv tun dies ältere Verbraucher.

Dass die Service-Offensive mancher Einzelhändler ins Leere laufen könnte, macht ein anderer Teil der Umfrage deutlich. Denn an der fehlenden Beratung beim Online-Shopping störten sich nur 43,8 Prozent der Konsumenten. Sechs von zehn Verbrauchern (61,6 Prozent) erklärten, sie ärgerten sich über (hohe) Versandkosten, und 78,6 Prozent beklagten, sie könnten die Ware vor dem Kauf nicht an- beziehungsweise ausprobieren.

pnf

(DTZ 45/19)

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