LEIPZIG // Klassische Lotto-Verkaufsstellen haben es immer schwerer, sich am Markt zu behaupten. Dennoch bleiben die Annahmestellen noch lange das Herzstück des sächsischen Lotto-Vertriebsnetzes. Davon ist Siegfried Bohring überzeugt. Der stellvertretende Geschäftsführer von Sachsenlotto hält die Aufrechterhaltung und Stärkung des terrestrischen Vertriebs für dringend notwendig, parallel zum Internet.
Wie viele Lotto-Annahmestellen hat Sachsenlotto derzeit?
Siegfried Bohring: Zum Jahresende 2017 waren es 1260 Annahmestellen mit rund 4200 Mitarbeitern.
Wird damit die vom Land Sachsen erlaubte Höchstanzahl an Annahmestellen ausgeschöpft?
Bohring: Knapp. Die Höchstgrenze liegt in Sachsen bei 1300. Demnach sind wir natürlich an weiteren engagierten Vertragspartnern interessiert.
Welche Struktur haben die Lotto-Verkaufsstellen in Sachsen?
Bohring: Lotto-Annahmestellen befinden sich immer noch in starkem Maße in Tabakwaren-, Zeitschriften- und Schreibwarenläden. Diese klassischen Annahmestellen haben es aber seit Jahren schwer, sich gegen den demografischen Wandel in den Regionen, gegen das Ausdehnen der großen Handelsketten und gegen die Konkurrenz des Online-Handels zu behaupten. Der Strukturwandel schreitet voran, und besonders in ländlichen Gegenden ist es schwieriger geworden, geeignete neue Bewerber beziehungsweise klassische Läden für unsere Lotterie-Angebote zu finden.
Wie reagieren Sie auf diese Entwicklung?
Bohring: Wir verfügen über eine gute interne und externe Vertriebsorganisation, welche die Akquise und Betreuung unserer Vertragspartner realisiert. Mittels verschiedener Programme – so zum Beispiel die Aktion „ProVisionplus“, versuchen wir auch, die Annahmestellen weiter zu stärken. Eine Neuerung wurde sehr gut aufgenommen: die Verkürzung der Erstschulung für neue Mitarbeiter auf zwei Tage. Dies kommt unseren Vertragspartnern sehr entgegen. Besonders wichtig ist jedoch das Produktangebot. Wir müssen Glücksspiele anbieten, die der Markt verlangt und die unsere Vertragspartner gut und sicher verkaufen können.
Welche zum Beispiel?
Bohring: Rubbellose zum Beispiel. Aus Kundensicht bieten sie sehr gute Gewinnchancen und sind auch als Geschenk hervorragend geeignet. Man kann sie anfassen, sie sehen hübsch aus und es gibt die Lose in verschiedenen Preislagen und Motiven. Damit haben die Annahmestellenleiter tolle Anknüpfungspunkte für Gespräche mit den Kunden. Außerdem sind Rubbellose die Glücksspielprodukte, die man im Geschäft sehr gut präsentieren kann. Sachsenlotto hat gerade allen interessierten Annahmestellen eine größere Losbox für eine optimale Präsentation der Lose zur Verfügung gestellt.
Apropos Rubbellose: Wie hoch ist der Pro-Kopf-Einsatz bei Sofortlotterien in Deutschland?
Bohring: Der Markt hat sich in den letzten Jahren zugunsten der Jackpot-Lotterien, zum Beispiel Eurojackpot, und den Rubbellosen entwickelt. Bei den Rubbellosen hat sich der Pro-Kopf-Einsatz in den vergangenen Jahren verdoppelt. Wurden 2007 noch 0,05 Euro pro Kopf und Woche ausgegeben, so betrug der Wert 2017 bereits 0,10 Euro. Diese sogenannten Sofortlotterien haben 2017 einen Umsatzanteil von über sechs Prozent erreicht. Sie sind nach Eurojackpot das Produkt mit wachsendem Marktanteil.
Sachsenlotto ist Federführer des Projekts „Bundesweite Sofortlotterien“ (BSL) des Deutschen Lotto- und Toto-Blocks. Als Vorsitzender der BSL-Arbeitsgruppe haben Sie maßgeblich das Projekt „Bundesweite Sofortlotterie“ mitgestaltet. Auftrag von BSL ist es, die Möglichkeiten deutschlandweiter Sofortlotterien auszuloten. Wie ist bei diesem Thema der Stand der Dinge?
Bohring: Wir sind sehr gut vorangekommen. Dies betrifft sowohl das Vertriebsgebiet der teilnehmenden Länder als auch die Anzahl der Kooperationslose. Besonders bemerkenswert finde ich, dass die Einführung eines Zehn-Euro-Loses sowohl in den westlichen Bundesländern als auch in Ostdeutschland gelungen ist.
Im Januar 2016 hat Sachsenlotto die Sofortlotterie „Platin 7“ zum Los-Preis von zehn Euro eingeführt und damit ein neues Premiumpreis-Segment geschaffen. Wie hat sich Platin 7 seitdem entwickelt?
Bohring: Die Platin 7 ist das erfolgreichste Los der BSL-Kooperation. Wir konnten hier von den Erfahrungen der hessischen Lotteriegesellschaft profitieren und dieses Los dank der Zusammenarbeit vieler Länder weiterentwickeln. Die Nachfrage nach diesem Los ist auch in der vierten Serienauflage weiter ungebrochen, und die fünfte Auflage kommt demnächst in die Annahmestellen. Wir planen bereits die nächste Auflage und überlegen dabei, wie wir noch weitere Verbesserungen am Gewinnplan erreichen können. Dies wird dann bei der siebten Auflage möglich werden.
Wie viele Bundesländer bieten ‧Platin 7 an?
Bohring: Die Kooperation ist mittlerweile auf 13 Bundesländer gewachsen; ein sehr großer Erfolg.
Ein weiteres BSL-Premiumprodukt zum Los-Preis von fünf Euro ist die „Goldene 7“. Wie ist bei dieser Sofortlotterie die Nachfrage?
Bohring: Ähnlich wie bei der Platin 7 haben wir auch hier eine sehr gute Nachfragesituation. Gegenwärtig bereiten wir die vierte Auflage vor. An diesem Los beteiligen sich voraussichtlich sieben Lotteriegesellschaften.
Wie lässt sich auf diesem Erfolg weiter aufbauen?
Bohring: Ich denke, dass der nächste Schritt die Gründung einer sogenannten Produktfamilie sein könnte: also unter der Zahl 7 verschiedene Lose zu unterschiedlichen Verkaufspreisen anzubieten. Diese würden sich natürlich von der Größe und Qualität her unterscheiden. Derartige Entwicklungen sind international bereits üblich.
Werden weitere BSL-Lose folgen?
Bohring: Eindeutig ja. Wir haben im August 2018 erfolgreich ein zweites Zehn-Euro-Los eingeführt an dem sich bereits fünf Bundesländer beteiligen: die „Magic Pearl“. Auch hier besteht der Wunsch nach einer zweiten Serie an der sich dann bereits sieben Länder beteiligen wollen. Übrigens: Auch dieses Los eignet sich für den Aufbau einer Produktfamilie.
Als Vorsitzender der BSL-Arbeitsgruppe stehen Sie im Dialog mit den Produktverantwortlichen für Sofortlotterien im Deutschen Lotto- und Toto-Block. Gibt es hier Neues zu berichten?
Bohring: Wir hatten im Oktober ein großes Treffen aller Produktverantwortlichen für Sofortlotterien und konnten uns umfassend über die Entwicklungsmöglichkeiten weiterer gemeinsamer Losangebote austauschen. Ich bin davon überzeugt, dass die eingeschlagene Richtung letztlich alle Gesellschaften überzeugen wird und vor allem unseren Annahmestellen nützt. Mit den Kooperationslosen können wir nicht nur bessere Gewinnpläne abbilden, sondern auch das Angebot in den Annahmestellen attraktiver gestalten. Natürlich kommt es letztlich auf jede Verkaufskraft an, ob und wie sie die Lose anbietet. Hier gibt es tolle Beispiele in den Annahmestellen, die andere nur nachzuahmen bräuchten.
Gibt es bei Sachsenlotto Überlegungen, die Struktur des Vertriebsnetzes mittelfristig zu ändern?
Bohring: Die Annahmestellen bilden das Hauptgerüst unseres Vertriebsnetzes, und wir versuchen, über vielfältige Maßnahmen dieses Netz zu erhalten und weiterzuentwickeln. So haben wir zum Beispiel im vergangenen Jahr für einen erheblichen Millionenbetrag die IT-Ausstattung in allen Annahmestellen auf den neuesten Stand gebracht. Und wir investieren weiter in den stationären Vertrieb. Auch ist das Thema des Einsatzes von Rubbellos-Automaten in unseren Annahmestellen zu prüfen. Hierzu liegen interessante internationale Erfahrungen vor.
Gleichzeitig wächst aber der Internetvertrieb.
Bohring: Strukturveränderungen im Vertriebsnetz bestimmt der Markt. Vor diesem Hintergrund ist klar, dass das Internet an Bedeutung gewinnen wird. Dennoch sind wir überzeugt, dass unsere Lotto-Annahmestellen noch sehr lange den bedeutendsten Anteil unseres Geschäfts bestimmen werden. Und das schon allein deshalb, weil die Mehrheit der Kunden ihren Lotto-Schein in der Annahmestelle ihres Vertrauens abgeben will und: Über „Glück“ möchte doch jeder gerne sprechen.
Welchen Marktanteil hat das Internetspiel inzwischen am Gesamtumsatz von Sachsenlotto?
Bohring: Der Umsatzanteil ist noch gering, steigt aber kontinuierlich und lag am Jahresende 2017 bereits bei vier Prozent. Von 2006 bis 2012 war der Internetvertrieb für Lotto rechtlich untersagt. Seit 2012 dürfen wir diesen Vertriebsweg wieder nutzen und bauen den Bereich stetig aus. Für viele Kunden gehört der Gang in die Annahmestelle jedoch zum Lotto spielen einfach dazu. Und das ist gut so. Und es gibt auch eine weitere Tatsache: Kunden spielen vertriebswegübergreifend – sind also nicht nur auf einen Kanal festgelegt. Auch hier sehe ich Chancen für unsere Vertragspartner.
da
(DTZ 47/18)
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