BERLIN (DTZ/vi/da). Nach den Butterbergen und Milchseen ist die EU nun dabei, mit der Tabakproduktrichtlinie (TPD) ein „Bürokratiemonster“ zu verabschieden.
„Das ist ein Vorschriftenkatalog zu Lasten der Wirtschaft. Damit wird den Unternehmen der Tabakbranche massiv geschadet, ohne dass ein Mehrwert für den Gesundheitsschutz erkennbar ist“, kritisieren der Geschäftsführer und der Referent Industriepolitik des Deutschen Zigarettenverbandes (DZV), Dr. Dirk Pangritz und Matthias Heddenhausen, das EU-Vorhaben. Die Umsetzung der TPD in deutsches Recht werde die Branche über das Jahr 2014 hinaus begleiten.
Insgesamt beinhalte der Richtlinientext so viele Widersprüche und komplizierte, kaum nachvollziehbare Regelungen für Industrie und Handel, dass man die kommenden Monate für eine erneute gründliche Analyse nutzen müsse. „Wir werden uns als Branche gemeinsam dafür einsetzen, dass im Zuge der Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht zum einen eine operable Umstellung der Produktion für die Hersteller und ein reibungsloser Abverkauf im Handel gewährleistet wird. Zum anderen muss angesichts der absehbaren enormen Herausforderung für sämtliche Wirtschaftsteilnehmer nicht nur von weitergehenden Regelungen abgesehen, sondern vielmehr die verbleibenden Umsetzungsspielräume in der Richtlinie für wirtschafts- und verbraucherfreundliche Lösungen auf dem deutschen Markt genutzt werden“, sagt Pangritz.
Wie schwierig dies werden dürfte, zeige ein Blick auf die Vorgaben der Richtlinie zu Umsetzungs- und Übergangsfristen. Diese verdeutlichten exemplarisch, von welch realitätsfernen Vorstellungen sich die Entscheidungsträger in Brüssel und Straßburg in ihren Beratungen über die TPD haben leiten lassen. Dazu erklärt Heddenhausen: „Sah die 2001 verabschiedete erste TPD noch eine Umsetzungsfrist in nationales Recht von zwei Jahren und eine zusätzliche Frist von ebenfalls zwei Jahren für die anschließende Umstellung der Produktion und die Marktbereinigung von Altware vor, so sind die Fristen diesmal viel kürzer. In den Verhandlungen über die neue, deutlich komplexere Richtlinie einigte man sich darauf, den Zeitraum für Produktionsanpassung und Abverkauf auf zwölf Monate zu halbieren. Die Herstellung von Waren mit den bislang vorgeschriebenen Warnhinweisen soll sogar nur in den ersten 24 Monaten nach Inkrafttreten der Richtlinie möglich sein.“ Danach dürften ausschließlich Packungen mit den neuen großflächigen Bildwarnhinweisen produziert und in Verkehr gebracht werden.
Praxis- und realitätsfernWelche Folgen dies in der Praxis haben wird, erläutert Dirk Pangritz: „Die Mitgliedsunternehmen des DZV sehen sich, genauso wie die übrigen Hersteller von Tabakerzeugnissen und deren Zulieferer, mit dem alles andere als unwahrscheinlichen Szenario konfrontiert, dass erst kurz vor Ablauf der zweijährigen Umsetzungsfrist vom Gesetzgeber Rechtssicherheit geschaffen wird.“ Erst dann sei mit präzisen und verlässlichen Regelungen – unter anderem zum künftigen Warnhinweisaufdruck – zu rechnen. Um nicht gegen die EU-Vorgaben zu verstoßen, müsste anschließend quasi „über Nacht“ die Produktion umgestellt werden. Das heißt konkret: Es müssen neue Maschinen beziehungsweise Maschinenkomponenten bestellt und installiert, vorhandene Maschinen modifiziert sowie die erforderlichen Materialien bereitgestellt werden. Man müsse nicht selbst in der Produktion arbeiten, um zu begreifen, dass ein solch weitreichender Eingriff in den Fertigungsprozess eine entsprechend lange Vorlaufzeit von mehreren Monaten erfordere.
Dass Realitätsverweigerung und Wirtschaftsfeindlichkeit auch die inhaltlichen Regelungen des TPD-Kompromisses geprägt hätten, sei keine neue Erkenntnis. Bei der bald anstehenden Umsetzung dieser Inhalte in nationales Recht komme somit dem deutschen Gesetzgeber die besondere Verantwortung und Herausforderung zu, den „miserablen EU-Rechtsakt“ in ein operables Regelwerk für den deutschen Markt zu übertragen. „Hier wollen wir, die Verbände und Unternehmen der Tabakwirtschaft, der Politik und Verwaltung mit unserer Expertise beratend zur Seite stehen“, betont Pangritz, und er ergänzt: „Es ist jedoch allen Wirtschaftsteilnehmern bewusst, dass die Spielräume für die nationalen Gesetzgeber eng begrenzt sind. Die neue TPD wird die Herstellung und den Handel mit Tabakerzeugnissen nachhaltig verändern.“
„Unterm Strich wird den Unternehmen der Tabakwirtschaft mit dem neuen Regelwerk massiv geschadet – ohne dass beim besten Willen ein Mehrwert für den Gesundheitsschutz erkennbar ist.“
Die Branche erhalte mit der neuen TPD einen Regulierungsrahmen, der den Handel im EU-Binnenmarkt, eigentlich das primäre Ziel der Richtlinie, nicht fördere, sondern ganz eindeutig erschwere und zum Teil sogar gänzlich verhindern werde.
Ausführlicher Bericht in der DTZ-Printausgabe 6/2014 vom 7. Februar.
(DTZ 06/14)
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