Volksentscheid in Bayern

Tabakbranche kämpft um ihre Existenz

ULM (DTZ/fh). Der 4. Juli wird zum Schicksalstag für bayerische Tabakfachhändler und die Gastronomie. An diesem Tag ist die gesamte wahlberechtigte Bevölkerung in Bayern aufgerufen, über das Nichtraucherschutzgesetz abzustimmen.

Bereits diese einleitenden Sätze enthalten für den Bürger auf der Straße so viele Unklarheiten, dass DTZ erneut den Sachverhalt darstellen und damit auf die Gefahren, die aus der Wahl entstehen können, hinweisen will.

Unwissende Bürger
Laut einer Studie der Bamberger Universität wissen 80 Prozent der Bürger überhaupt nicht, dass es diesen Wahltermin gibt und daraus resultierend auch nicht, worum es geht. Gleichzeitig gilt es festzuhalten, dass die ÖDP als Initiatorin des Volksentscheids (zurückgehend auf ein Volksbegehren im Dezember 2009), bewusst und penetrierend vom Nichtraucherschutz spricht.

Damit wird suggeriert, und Umfragen zu Folge glauben dies viele Wähler auch, dass die Gegner, sprich das Aktionsbündnis für Freiheit und Toleranz – Bayern sagt Nein (www.bayern-sagt-nein.de) das grenzenlose Rauchen immer und überall fordern würde.

Mit dieser Taktik hat die ÖDP bereits im genannten Dezember 1,3 Millionen Stimmen auf ihre Seite gebracht, höchstwahrscheinlich sogar viele tolerante Raucher, die eben diese Grenzenlosigkeit nicht befürworten. Warum geht es wirklich?

Die Wahl und ihre Inhalte
Nachdem der VEBWK (Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur) unter der Leitung von Franz Bergmüller mit Unterstützung von MUT (Mittelständische Unternehmen der Tabakwirtschaft) im Vorfeld der letzten bayerischen Landtagswahlen eine Kampagne für ein tolerantes Nichtraucherschutzgesetz erfolgreich durchgezogen hatte, brach die alleinregierende CSU vollkommen ein, die FDP wurde als Koalitionspartner aufgenommen und das existierende Gesetz auf deren Betreiben hin mit folgenden Inhalten installiert. Alleinige Ausnahmen für das Rauchen in der Gastronomie sind:•Lokale bis 75 qm, Nebenräume und Festzelte.

Die ÖDP spricht taktisch klug nie von diesen minimalen Ausnahmen. Akzeptiert auch nicht eine Statistik des Münchener Kreisverwaltungsreferats vom Februar 2010, wonach 89 Prozent (!) der Münchener Gastronomie rauchfrei ist.

Unfairen Wahlkampf der ÖDP
Vielmehr stellt sie eine keineswegs repräsentative Umfrage von wenigen punktuell ausgesuchten Betrieben gegenüber, wonach kaum ein Lokal rauchfrei sei. Franz Bergmüller, Sprecher des Aktionsbündnisses beklagt einen unfairen Wahlkampf: „Die ÖDP arbeitet mit unseriösen Argumenten, bezieht sich beispielsweise auf 9 000 gastronomische Betriebe, die man im Mai nach ihren Erfahrungen mit dem Gesetz befragt habe. Erfahrungsgemäß, solche Umfragen haben wir vom VEBWK in der Vergangenheit auch schon durchgeführt, ist das logistisch kaum machbar, zumal sich die Gastronomie zur Handhabung von Gesetzen am Telefon nur sehr ungern äußert.“

Ein anderer Punkt seien die Kommunen, die die Arbeit des Aktionsbündnisses behindern. Aktuell, aber keinesfalls alleine, davon betroffen ist Christine Klever von der Nürnberger Casa del Habano, die vor ihrem Gebäude Straßenplakate aufgestellt hatte und der nun eine hohe Ordnungsstrafe droht.

Plakate einkassiert
Claus Fleischmann, Chef des Liegenschaftsamts, ließ die Plakate einkassieren und verwies auf ein Gesetz, wonach nur die Initiatoren des Volksentscheids, also die ÖDP oder andere politische Parteien dies tun dürften.

Franz Bergmüller will dies verfassungsrechtlich prüfen lassen, denn hierdurch werde die Arbeit des Aktionsbündnisses gravierend behindert, zumal die CSU als Regierungspartei und Mitinitiatorin des existierenden, zur Wahl stehenden Gesetzes ihr Gesetz in keiner Weise verteidige. „Wenn das existierende Gesetz durch den Volksentscheid kippt, sehe ich in Bayern 10.000 Arbeitsplätze und Existenzen in der Gastronomie als stark gefährdet an. Vor allem in Kleinwirtschaften“, so Bergmüller.

Folgen für die Tabakbranche
Sollte das existierende Nichtraucherschutzgesetz in Bayern durch den Volksentscheid in Bayern am 4. Juli kippen, sind die Folgen für die Tabakbranche vielfältig.

Nachdem am Arbeitsplatz vielfach nicht mehr geraucht werden darf, was bereits zu gravierenden Einbußen geführt hat, würde nun auch in der Gastronomie nicht mehr geraucht werden. Weder in Nebenräumen, noch in kleinen Wirtschaften oder in Festzelten. Keine Ausnahmen wären mehr möglich.

Zigarettenautomaten in der Gastronomie erübrigen sich damit, das Rauchen in der Öffentlichkeit als normale alltägliche Erscheinung verschwindet noch mehr.

Folgen für Deutschland
Und schließlich die Folgen für ganz Deutschland? Bayern als Vorzeigebundesland hätte eine Signalwirkung im Dominostil. Beispielsweise auf das andere große Flächenland Nordrhein-Westfalen, wo mit den Grünen, Linken oder der SPD jederzeit noch Parteien in die Regierung einziehen können, die vehement gegen das Rauchen eingestellt sind und wie beispielsweise die Grünen dies auch im Parteiprogramm verankert haben.

Die Grünen sprechen dort sogar davon, gegebenenfalls ein Volksbegehren wie in Bayern anzustrengen, was aber nicht notwendig wäre, wenn sie es innerhalb einer Koalition, wie im Saarland geschehen, als unbedingte Voraussetzung für eine Koalition fordern würden.

Was kann der Fachhändler tun
MUT hat sich als Mitglied des Aktionsbündnisses an der Finanzierung und Verteilung von Millionen von Flyern und Aufklärungsbroschüren sowie Werbemitteln wie Feuerzeugen beteiligt. Hierzu wurde die Firma Plattner beauftragt, 1,65 Millionen Feuerzeuge zu produzieren, welche die Fachhändler kostenlos an ihre Kunden verteilen sollen.

Stellvertretend für viele engagierte Tätige sei die Firma Ostermeier in Ottobrunn genannt, die als MUT-Mitglied und mit Inhaber Rudolf Ostermeier im Lenkungsausschuss des Aktionsbündnisses vertreten, mit einem hohen logistischen Aufwand für die Verteilung von Flyern und sonstigen Werbemitteln sorgt.

Material bestellen
Auf der Internet-Seite www.bayern-sagt-nein.de kann jeder Fachhändler entsprechendes Material bestellen (Rubrik Mitmachen & Aktionen, dort Aktionsflyer anklicken). Die dort angegebenen unter Umständen recht hohen, im Übrigen kostenfreien Abnahmemengen sollten nicht abschrecken. Dies ist in einem persönlichen Gespräch unter der Telefonnummer 089 / 216 666 99 abzuklären.

Anzusprechen sind dabei jede Art von Kunden. Raucher, aber auch Nichtraucher, die keinen Verbotsstaat Bayern wollen. In jedem Fall eine große Gruppe von Menschen, die noch nicht aufgeklärt sind darüber, was die Wahl zum Inhalt hat.

Neben den Aufklärungsflyern und kostenlosen Feuerzeugen können dabei für den Innenraum oder das Schaufenster auch Plakate verwendet werden. Stellvertretend hierfür sei der Fachhändler Stephani in Passau genannt, der in der Heimat von Sebastian Frankenberger, dem Sprecher des ÖDP-Bündnisses, an der vordersten Front kämpft. Aber auch Harald Sommer, Vorstandsmitglied bei MUT, der seine Internet-Seite und seine Räumlichkeiten großflächig nutzt, um seine Kunden aufzuklären.

Briefwahlunterlagen eingetroffen
Mittlerweile sind in jedem bayerischen Haushalt übrigens die Wahlunterlagen eingetroffen. Sie enthalten wie üblich auch die Möglichkeit zur Briefwahl, die man allerdings gesondert anfordern muss.

Die Wahl entscheidet sich über eine einfache Mehrheit. Gehen also nur drei Bürger zu Wahl, ist das Ergebnis entschieden. Auch wenn so manche Umfrage einen für die Tabakbranche negativen Ausgang vermuten lässt, sei dies laut Bergmüller keineswegs ein Signal aufzugeben.

Das frühere CSU-Mitglied ist seit vielen Jahren in der Politik aktiv und weiß daher, dass jede Wahl erst in der letzten Woche entschieden wird und so mancher Bürger sogar noch auf dem Weg zur Wahlurne überlegt, was er wählen wird.

(DTZ 24/10)

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