Schlagwort: Gastronomie

  • Rauchverbote bald auch in Biergärten?

    HANNOVER / BERLIN // Deutschland 2007: Rauchverbote in Gaststätten sorgen für einen Aufschrei, man sorgt sich um das Überleben der Eckkneipe. Mittlerweile herrscht in allen Bundesländern ein mehr oder weniger strikter Tabakbann in Kneipen. Doch was wäre, wenn man künftig nicht einmal mehr im Biergarten rauchen dürfte?

    Ein unwahrscheinliches Szenario, doch in anderen Ländern wird genau in diese Richtung gedacht. So planen einige englische Städte, Rauchen auch aus der Außengastronomie zu verbannen. Laut der britischen Zeitung „Guardian“ haben beispielsweise Manchester, Newcastle und mehrere andere Kommunen Lizenzen für erweiterte Sitzflächen auf Bürgersteigen nur unter der Auflage vergeben, dass diese rauchfrei gestaltet werden. Und die Grafschaft Oxfordshire kündigte kürzlich an, schon bis 2025 rauchfrei werden zu wollen. Auch anderswo sind die Pläne ambitioniert. So will ganz Neuseeland laut „Guardian“ ebenfalls bis 2025 rauchfrei sein. Die dortige Regierung hat sich dafür unter anderem ein Verkaufsverbot für alle ausgedacht, die nach 2004 geboren sind.

    Keine massiven Schäden für Gastronomen
    Und hierzulande? Im Vorfeld der Nichtraucherschutzgesetze gab es massive Sorgen, die Gastronomie könne massiv Schaden nehmen. Letztendlich sei dies nicht wahr geworden und man habe sich „in Windeseile daran gewöhnt“, zitiert das Redaktionsnetzwerk Deutschland den Psychologen und Soziologen Reiner Hanewinkel. Der Leiter des Kieler Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung sieht die Gesellschaft darüber hinaus für weitere einschneidende Schritte noch nicht bereit: „Das würde großes Geschrei geben.“

    Schnell an Verbote gewöhnt Draußen gar nicht mehr zu rauchen wäre daher ein weiterer Schritt eines Prozesses, bei dem man die Menschen mitnehmen müsse, meint Hanewinkel. Zuerst brauche es allerdings ein komplettes Rauchverbot in Gasträumen, was es bislang nur in Bayern, Nordrhein-Westfalen sowie im Saarland gibt. Auch an Bushaltestellen solle das Rauchen verboten werden, schlägt der Wissenschaftler vor: „Da würden viele mitgehen.“ Und was ist im Stadion? Oder im Auto? Fest steht aus seiner Sicht: „Wir haben uns an Verbote sehr schnell gewöhnt.“

    red

  • Rekordzahl bei Jobs

    NÜRNBERG // „Nachdem sich die Erholung im vierten Quartal 2021 abschwächt, wird die deutsche Wirtschaft 2022 wieder stärker wachsen“, erklärt IAB-Forschungsbereichsleiter Enzo Weber in der jüngst veröffentlichten IAB-Prognose für die Jahre 2021 und 2022. Insgesamt erwarten die Forscher für 2021 ein Jahreswachstum des realen Bruttoinlandsprodukts von 2,2 Prozent, für 2022 ein Wachstum von 3,8 Prozent. Die Zahl der Arbeitslosen sinkt laut der IAB-Prognose im Jahresdurchschnitt 2022 um 290 000 Personen.

    Zahl der Erwerbstätigen
    Die Zahl der Erwerbstätigen wird laut IAB 2021 um rund 20 000 Personen sinken. Im Frühjahr 2022 wird sie aber das Vorkrisenniveau erreichen und im Jahresdurchschnitt um 560 000 Personen höher liegen als im laufenden Jahr. Bei der Zahl sozialversicherungspflichtig Beschäftigter rechnen die Forscher für 2022 mit einer Zunahme um 550 000 auf 34,4 Millionen. „Damit werden neue Rekordstände erreicht“, berichtet Weber, „allerdings ist die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung noch deutlich von dem Wachstumspfad entfernt, der ohne die Krise erwartbar gewesen wäre.“


    Höchster Beschäftigungsaufbau

    Die IAB-Forscher gehen für fast alle Wirtschaftszweige von einem Beschäftigungsaufbau aus. Besonders für die Geschäftsfelder Gastronomie und Tourismus, Luft- und Landverkehr sowie Kultur-, Sport- und Messeveranstalter erwarten sie in der zweiten Jahreshälfte eine Erholung. Den höchsten Beschäftigungsaufbau wird demnach der Sektor Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit erreichen. Für 2021 erwarten die Forscher hier eine Zunahme von rund 240.000 Personen und für 2022 eine Zunahme von rund 230.000 Personen.

    Mit der im Zuge der Erholung steigenden Nachfrage nach Arbeitskräften werden Engpässe am Arbeitsmarkt wieder relevanter. „Das betrifft derzeit in Teilen auch Segmente wie das Gastgewerbe, die während der Lockdowns viel an Arbeitsaufkommen verloren haben und nun in kurzer Zeit wieder aufstocken müssen“, erklärt Weber, „es zeigen sich wieder deutlich mehr Schwierigkeiten beim Besetzen offener Stellen als noch bis Anfang des Jahres, allerdings weniger als vor der Krise.“

    Laut Prognose sinkt das Erwerbspersonenpotenzial 2021 mit 120 000 Personen das zweite Mal hintereinander. 2022 dürfte es bei einem kurzfristigen Nachholeffekt um 140 000 Arbeitskräfte zulegen.

    pi

  • Betriebe vor dem Aus

    NÜRNBERG // Etwa 23 Prozent aller Betriebe sind aktuell nach den Regelungen des Lockdowns in ihrer Geschäftstätigkeit eingeschränkt. Sie mussten ihre Geschäftstätigkeit vorübergehend ganz oder teilweise einstellen.

    Befragung
    Sechs Prozent der Firmen geben an, vollständig geschlossen zu haben. Im Januar berichteten die Betriebe noch zu 28 Prozent, ganz oder teilweise geschlossen zu haben. Das geht aus einer zwischen dem 22.  März und 8. April durchgeführten repräsentativen Befragung von Betrieben durch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.

    Branchen
    Allerdings sind die einzelnen Branchen unterschiedlich betroffen: Im Groß- und Einzelhandel sind 27 Prozent der Betriebe nach den Regelungen des Lockdowns in ihrer Geschäftstätigkeit eingeschränkt. Bei den sonstigen Serviceleistungen – dazu zählen beispielsweise personennahe Dienstleistungen oder solche der Unterhaltung und Erholung – gilt dies für 20 Prozent. Von diesen berichten acht Prozent von vollständigen Schließungen, im Groß- und Einzelhandel sind es drei Prozent. Mit Abstand am stärksten ist das Gastgewerbe betroffen: 87 Prozent der Gastro-Unternehmen sind aktuell von den angeordneten Schließungen betroffen. Rund ein Drittel der Betriebe im Gastgewerbe gibt an, ihre Geschäftstätigkeit ganz eingestellt zu haben.

    Existenz bedroht
    Insgesamt sehen sich zwölf Prozent aller Unternehmen akut in ihrer Existenz bedroht. Dabei sind insbesondere kleinere Firmen mit zehn bis 49 Beschäftigten und Kleinstbetriebe mit einem bis neun Beschäftigten betroffen: Neun beziehungsweise 13 Prozent sehen sich aktuell existenzgefährdet. In der Gastronomie betrachten 41 Prozent der Unternehmen ihre Situation als existenzbedrohend, im Groß- und Einzelhandel sind es 13 Prozent.


    red

  • Liebe Leserinnen, liebe Leser,

    es ist schon erstaunlich, wie sich die Argumentation manchmal umkehrt. Wir hatten das ja an dieser Stelle schon: Jeder, der „an oder mit“ dem Virus stirbt, ist ein Corona-Toter, und das auch, wenn etwa der Nachweis der Virus-DNA bereits Wochen oder gar Monate zurückliegt. Jeder, der nach einer Impfung stirbt, war ohnehin in einem Alter, in dem man schon mal sterben darf. Übrigens sind das die gleichen Experten, die nun sagen, Nebenwirkungen seien gering, das müsse man in Kauf nehmen. Ob sie das den Angehörigen der Verstorbenen ins Gesicht sagen?

    Impfen
    Und während hierzulande noch rumgedruckst wird, ob denn wirklich der AstraZeneca-Impfstoff schuld sei, sagen zum Beispiel norwegische Ärzte, die „Impf-Tote“ untersucht haben: „Ja, es war das Vakzin!“ Wir dürfen gespannt sein auf weitere Enthüllungen (und ich behellige Sie hier nicht mit weiteren Sterbezahlen), die Impfstoffe auch anderer Hersteller betreffend. (Und ich bin gewiss kein Impfgegner!)

    Pharma-Konzerne
    Eine Zahl möchte ich Ihnen aber dennoch nennen: 200 Milliarden US-Dollar (das entspricht etwa dem Bruttoinlandsprodukt von Griechenland). Das ist die Summe, die die Pharma-Konzerne im laufenden Jahr mit Impfstoffen umsetzen werden. Und bei einer guten Skalierbarkeit der Produktion dürfte die Gewinnspanne auch ganz ansehnlich sein. Reicht aber nicht. So kündigte Pfizer-Finanzchef Frank D’Amelio vor einigen Tagen an, der gemeinsam mit Biontech entwickelte und vertriebene Impfstoff werde teurer.

    Schnelltests
    Und noch ein Aspekt ist mir wichtig: die Tests. Jetzt sollen die Schnelltests ja dabei helfen, die Pandemie in den Griff zu bekommen. In der Talk-Sendung „Anne Will“ erklärte der omnipräsente Heilsbringer Karl Lauterbach (SPD), mit einem Antigen-Tests am gleichen Tag könne man die Außengastronomie besuchen. Auf die Nachfrage einer Gastwirtin, warum man die Menschen nicht auch in Innenräumen bewirten könne, wenn sie doch getestet seien, stammelte Lauterbach etwas herum und erklärte dann, der Test sei zwar sehr gut, aber in sechs von zehn Negativ-Fällen liege trotzdem eine Infektion vor. Im Klartext: Zehn Gesunde gehen ein Bier trinken, sechs gaben hinterher Covid-19! Großes Kino!

    Laborbefunde
    Wer Spaß am Bewerten von Zahlenreihen hat, sollte sich mittwochs den Lagebericht des Robert-Koch-Instituts vornehmen. Dann sind nämlich auch Teststatistiken (nur PCR) enthalten. Aktuell steigt vor allem die Zahl der Tests, die Positivenquote zieht nur langsam an. Und ich – zugegeben medizinischer Laie – frage mich, wie eine ungleich infektiösere Variante wie die berüchtigte B.1.1.7 es bereits auf einen Anteil von 72,2 Prozent in den Laborbefunden gebracht hat, die Zahl der „Neuinfektionen“ jedoch trotzdem nur langsam steigt. Und vergessen wir nicht: Je mehr getestet wird, desto mehr findet man.

    Betroffene
    Ach ja: Derzeit hören wir ja, dass immer mehr Kinder – auch schwer – erkranken. Auch das lässt sich aus den offiziellen Daten des RKI nicht ablesen. Offenbar handelt es sich hier wieder einmal um einen Versuch, die Panik in weiten Teilen der Bevölkerung (und Eltern haben naturgemäß Sorge um das Wohlergehen ihrer Kinder) aufrecht zu erhalten.

    Ältere sind übrigens ebenfalls nur noch in geringem Umfang betroffen. Kein Wunder, sie sind ja auch geimpft. Was schwer nachvollziehbar ist, sind verschiedene Klagen, etwa eines bayerischen Pflegeheimbetreibers, der sich dagegen auflehnt, dass seine Patienten trotz Impfung immer noch nicht wieder im Speisesaal zusammen essen dürfen. Oder das – ebenfalls zweimal geimpfte – Ärztepaar, das für 14 Tage in Quarantäne geschickt wurde, weil die Tochter positiv getestet worden war.

    Einschätzung
    Lassen Sie mich mit einer pessimistischen Einschätzung schließen: Genausowenig, wie das politische Berlin die Corona-Krise in den Griff bekommt, genauso wenig wird sie die finanziellen und wirtschaftlichen Folgen bewältigen. Da werden Bürger und Unternehmen gefragt sind. Keine erfreulichen Aussichten!

    Ich wünsche Ihnen dennoch ein wunderbares Frühlingswochenende.

    Herzlich,
    Marc Reisner,
    Chefredakteur DTZ

  • Liebe Leserinnen, liebe Leser,

    es ist ein Armutszeugnis, das sich Kanzlerin und Ministerpräsidenten da in Sachen „Öffnungen“ zurechtgestoppelt haben. Macht aber nichts, weil es ohnehin kaum noch jemand überblickt. Zwei Schritte vor, einen zurück. Und im Falle des Falles sowieso alles kehrt.


    Testergebnisse

    Wir haben ja die Testergebnisse, die sich quasi nach Belieben in kritische Werte wandeln lassen. Evidenzbasierte Wissenschaft findet offenbar keine Berücksichtigung mehr. Dafür entscheidet weiter ein Gremium, das sich durch Erfolge bislang nicht ausgezeichnet hat: fast ein Jahr Maskenpflicht ohne relevante Auswirkungen auf die Testergebnisse, vier Monate Corona-Lockdown ohne nennenswerte Wirkung, völlig realitätsferner Umgang mit Kindern und Bildungseinrichtungen vom Kindergarten bis zur Uni, Milliardenhilfen, die nicht ankommen, Apps und Tools, die entweder nicht richtig funktionieren oder gar nicht erst genutzt werden, den für viele offenbar völlig überraschenden Impfbeginn zum Jahresbeginn und das Chaos um Hersteller und Dosen (nimm 5, zahl‘ 6 – oder andersrum?), der Irrsinn um Selbsttests, die sogar Deutschlands unermüdlichster Mahner Karl Lauterbach für unzuverlässig hält …. Hinzu kommt eine Inzidenzfixierung, die ihresgleichen sucht.


    Corona-Hammer

    Ich frage mich inzwischen, was an unserem Land so schlecht war, dass es jetzt mit dem Corona-Hammer zertrümmert werden muss – zumal Wiederaufbauprojekte dieser Größenordnung nicht so leicht zu bewältigen sind, wie manche anscheinend immer noch glauben.

    Handel, Gastronomie, Event-Branche, Hotellerie – sie sind die großen Verlierer dieser neuerlichen Verlängerungsorgie. Und es sind längst nicht mehr nur die Kleinen, die betroffen sind.

    Zum Schluss
    Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal eine Zahl ins Spiel bringen – und wie immer weise ich ausdrücklich darauf hin, dass jeder Todesfall neben dem individuellen Schicksal auch eine gesellschaftliche Komponente hat: Jedes Jahr sterben in Deutschland etwa 90 000 bis 95 000 Menschen im Alter unter 60 Jahren; in den vergangenen zwölf Monaten waren es nicht einmal 2500, die offiziell mit oder an Corona starben. Vermutlich muss man von denen auch noch eine ganze Reihe abziehen, weil es keinen ursächlichen Zusammenhang mit der Krankheit gab, weil Sterbeurkunden falsch ausgestellt wurden, weil fehlerhafte Testergebnisse vorlagen. Wir sprechen – wohlgemerkt – überwiegend von der arbeitenden Bevölkerung.

    Einzelschicksale
    Jedes Einzelschicksal ist traurig und zu bedauern. Aber offenbar geht jedes vernünftige Maß verloren. Stattdessen jagen Polizisten Rodler ohne Mundschutz, stürmen Einsatztrupps die Wohnung kochender Freunde, schleudern Streifenwagen rallyelike durch Parks, während sie Jugendliche verfolgen, die ein paar Freunde mundschutzlos umarmt haben. Genug Denunzianten gibt es ja, die hinter den Fenstern ihrer verbarrikadierten Wohnungen sitzen und die Nachbarn melden. Wie wollen wir denn nach Corona miteinander leben?!

    „Wir werden belogen“, schreiben mir immer häufiger Leserinnen und Leser. Ich bin nicht sicher. Nach meinem Eindruck steuern uns eher einige Politiker ahnungslos und mit engen Scheuklappen in dieser Krise – und nicht hinaus. Und ich weiß nicht, was schlimmer ist.

    Herzlich,
    Marc Reisner,
    Chefredakteur DTZ

  • Finanzielle Hilfen

    BERLIN // Der Bund kann „nicht den ganzen Winter“ Finanzhilfen im zuletzt gewährten Umfang leisten. Das erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Immerhin: In der Verlängerung des „Lockdown light“ will der Staat weiter Umsatzeinbußen betroffener Unternehmen ausgleichen. Das machte Finanzminister Olaf Scholz deutlich.

    „Dezemberhilfe“
    Für die „Dezemberhilfe“ stehen demnach 16,5 Milliarden Euro zur Verfügung – deutlich mehr als die für den November eingeplanten 14 Milliarden. Grund: Im Dezember machen viele Firmen, insbesondere aus Gastronomie und Handel, einen Großteil ihres Jahresgeschäftes.

    In diesen Tagen hat die Antragsfrist für die „Novemberhilfe“ begonnen. Erste Gelder sollen in Form von Abschlagszahlungen bis Monatsende an Firmen sowie an Soloselbstständige fließen. Das Geld soll aus einem Topf für laufende Überbrückungshilfen kommen.

    Angespannte Lage
    Angesichts der angespannten Lage bei vielen Einzelhändlern hofft Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier auf mehr Verkaufstage 2021: „Ich würde mir wünschen, dass das, was an Umsatzausfällen in diesem Jahr angefallen ist, über weitere verkaufsoffene Sonntage im nächsten Jahr wieder reingeholt werden kann.“ Altmaier weiter: „Die Überbrückungshilfe III kommt und gibt Sicherheit für Unternehmen und Beschäftige auch im kommenden Jahr. Von Januar bis Ende 2021 gibt es weitere verbesserte Betriebskostenzuschüsse.“

    max

  • Wieder steht Deutschland still

    BERLIN // Zum zweiten Mal in diesem Jahr geht die Bundesrepublik in den Lockdown – vorerst für vier Wochen. So will das Kabinett um Kanzlerin Angela Merkel zumindest Weihnachten retten. Manchen Branchen wird das nicht helfen.

    Gastronomie und Veranstaltungsbranche
    Die Gastronomie und die Veranstaltungsbranche sind von den neuen Maßnahmen besonders hart betroffen. Kein Wunder, dass die Restaurant-Betreiber angekündigt haben, rechtliche Schritte zu gehen. Begründung: Gerade drei Prozent der positiven Tests werden als Folge von auswärtigen Essen ermittelt.

    Obergrenze in Quadratmeter
    Ob der Handel tatsächlich uneingeschränkt geöffnet bleiben darf, ist aktuell noch nicht abzusehen. Merkel, Spahn, Söder und Co. werden darüber in gut zwei Wochen das nächste Mal beraten. Sind die Zahlen dann nicht auf dem absteigenden Ast, drohen weitere Einschnitte. Vorläufig – und das gilt ab 2. November – dürfen Geschäfte offenbleiben, die Hygieneauflagen beachten, den Zutritt steuern und Warteschlangen vermeiden. Obergrenze: Pro zehn Quadratmeter Verkaufsfläche darf sich nur ein Kunde im Laden aufhalten.

    Entschädigung für Betroffene
    Immerhin, heißt es aus Berlin, würden besonders betroffene Firmen entschädigt. Dabei könnten kleine Betriebe bis zu 75 Prozent ihrer Umsatzausfälle erstattet bekommen, größere Betriebe bis zu 70 Prozent. Vergleichsmaßstab sind die Umsätze des Vorjahresmonats, also zunächst von November 2019. Kleiner Haken: Bereits gewährte Zahlungen wie Überbrückungshilfen oder Kurzarbeitergeld von den Nothilfen abgezogen werden. Es gehe vor allem um Betriebe in der Gastronomie oder im Tourismus.

    Überbrückungshilfen
    Für den Fall eines – wie angedacht – vierwöchigen Lockdowns bezifferte Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz die Kosten auf sieben bis zehn Milliarden Euro. Dies sei auch abhängig davon, welchen Branchen die Nothilfen gewährt würden. Ein dritter Nachtragshaushalt sei jedoch nicht notwendig, vielmehr könnten die Gelder aus dem bereits existierenden Topf für Überbrückungshilfen stammen. Von den dafür vorgesehen 25 Milliarden Euro wurden bislang erst rund zwei Milliarden Euro abgerufen. Der Bund plant, die Überbrückungshilfen, Zuschüsse für kleine und mittlere Firmen, bis Mitte 2021 zu verlängern. Ursprünglich sollten sie zum Jahresende auslaufen.

    Im Einzelnen
    Im Einzelnen stehen auf der Anti-Corona-Agenda:

    [bul]erhebliche Kontaktbeschränkungen auf privater Ebene,
    [bul]De-facto-Verbot privater Reisen,
    [bul]Verbot von Unterhaltungsveranstaltungen, ausgenommen ist der – dann zuschauerfreie – Profisport,
    [bul]Verbot von Freizeit- und Amateursport mit geringen Ausnahmen,
    [bul]Schließen aller Freizeiteinrichtungen wie Konzerthäuser, Theater, Spielhallen, Bordellen, Schwimmbädern, Saunen sowie Fitnessstudios,
    [bul]Schließen aller Gastronomie-Betriebe,
    [bul]Schließen von Kosmetikstudios, Massagepraxen und ähnlichen Dienstleistern,
    [bul]Auflagen für den Handel und
    [bul]Offenhalten von Schulen sowie Kindergärten.

    max

  • „Erste Hilfe“ für die gebeutelte Zigarrengastronomie

    BAD WIMPFEN // Hotels und Gaststätten wurden vom Lockdown im Frühjahr besonders hart getroffen. Einen kleinen Beitrag zur Unterstützung leistete das Bad Wimpfener Fachgeschäft Zigarren Klenk.

    Nur wenige Branche litten unter der Corona-Krise so stark wie die Gastronomie. Ab Mitte März ging nichts mehr – Kneipen und Restaurants mussten von heute auf morgen schließen, um dort die Ausbreitung des Virus zu unterbinden. Mit katastrophalen wirtschaftlichen Folgen: Selbst Restaurants mit drei Michelin-Sternen baten ihre Gäste um Spenden, da ihre Finanzdecke wegen geringer Gewinnmargen häufig extrem dünn ist. Bis heute sind Kurzarbeit, Entlassungen und Insolvenzen in dieser Branche an der Tagesordnung.

    Schwerpunkt "Braunes Gold"
    Durch den Shutdown flammten auch im Einzelhandel Existenzängste auf: Wie geht es weiter? Wie stark werden die Umsätze einbrechen? Wann darf wieder geöffnet werden? Bei Zigarren Klenk in Bad Wimpfen hatte man plötzlich Zeit, die Dinge zu erledigen, die sonst im Tagesgeschäft immer hinten anstehen. Und es blieb Zeit zum Nachdenken.
    Seit vielen Jahren betreut Inhaber Jochen Klenk die zigarrenfreundliche Gastronomie, beliefert sie mit dem „braunen Gold“, bietet Crashkurse an und organisiert Events. Dafür investiert er rund die Hälfte seines Wochenpensums. Die Achillesferse an diesem Geschäftszweig ist aber die korrekte Lagerung der Zigarren. Denn wird sie vom Gastronomen vernachlässigt, ist die ganze Mühe umsonst. „In diesen schweren Zeiten kämpft die Gastronomie um ihr Überleben. Das Letzte woran man dabei denkt, ist sicher die Zigarre“, macht sich Klenk berechtigte Sorgen. Sein Horrorszenario: „Wenn nach einiger Zeit die Menschen wieder ins Restaurant gehen, um bei schönem Wetter auf der Terrasse zu sitzen, zu essen und zu trinken und sich zum Abschluss eine gute Zigarre zu bestellen – und dann wird ihnen ein vertrocknetes Produkt gereicht.“

    Unkomplizierte Unterstützung
    Um das zu vermeiden, stellten er und sein Team „Erste-Hilfe-Pakete“ zusammen: „Im Keller hatten wir noch sehr viele leere Flor-de-Copan-Toro-Kisten, weil das unsere meistverkaufte Nichtkubanische ist“, berichtet der Händler. In die Kisten wurden Boveda Befeuchtungspacks, lange Streichhölzer und ein Cutter gelegt. Dann wurden die Pakete zusammen mit einem freundlichen Anschreiben nach dem Motto: „Wir vergessen Dich nicht“, verschickt. Jochen Klenk: „Wir wollten unsere Gastronomen einfach aufmuntern und moralisch unterstützen, damit sie wissen, dass wir da sind, wenn sie uns brauchen.“ Unterstützt wurde die Aktion von der Firma Kohlhase & Kopp.

    Positive Rückmeldungen
    „Das Feedback war sehr positiv, die Geschichte wurde von vielen Menschen im sozialen Netzwerk verbreitet“, erklärt der Einzelhändler. Schmunzelnd denkt Klenk an die erstaunten Reaktionen der Postmitarbeiter, als die etwa 120 frankierten Zigarrenkisten in die DHL-Filiale gebracht wurden. Aber mit seinem Anliegen meinte er es ernst: „Es ist einfach wichtig, dass die Zigarre nicht vergessen wird. Letztlich ist es egal, welcher Händler nun die Gastronomie beliefert – das Produkt muss gepflegt werden.“ Als angenehmer Nebeneffekt gingen bei dem Fachgeschäft nach kurzer Zeit auch Bestellungen ein. Doch wie viele seiner Gastrokunden die Corona-Krise überleben werden, kann Jochen Klenk bislang nicht abschätzen: „Seit Covid-19 ist unsere Kundenbetreuung um zwei Drittel zurückgegangen.“

    esa

  • Liebe Leserin, lieber Leser,

    es ist nicht leicht, dieser Tage den Überblick zu behalten. Folgt nach dem harten Lockdown und der neuen Normalität jetzt also die föderale Lässigkeit?

    Maskenpflicht
    Beim Besuch einer Straußwirtschaft fiel mir diese Woche buchstäblich die Maske aus dem Gesicht. Wir hatten einen Tisch für zwei Personen auf der Terrasse reserviert. Den Mund- Nase-Schutz aufgesetzt, waren wir schon auf dem Weg zu unseren Plätzen, als die freundliche Servicekraft uns augenzwinkernd stoppte: „Die Maske können Sie abnehmen. Seit heute gilt das nicht mehr.“

    Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, hat am 24. Juni die Maskenpflicht für die Außenbereiche der Gastronomie aufgehoben.

    Neue Lockerungen
    Die Chefs der Bundesländer beschließen gefühlt fast täglich neue Lockerungen. Natürlich in bewährter föderaler Tradition und in 16 unterschiedlichen Varianten. Wer da noch durchblicken und die Übersicht behalten möchte, hat es schwer.

    Sortieren wir uns neu. Genießen wir den Sommer und halten Abstand. Da herrscht ausnahmsweise mal Konsens. Doch unabhängig davon, ob im Freien 50 (Bremen) oder 150 Menschen (Mecklenburg-Vorpommern) zusammenkommen dürfen: Abstand muss sein. Daran ändert sich nichts!

    Relative Sicherheit
    Soweit zur gefühlten Lässigkeit. Sie ist relativ. Da genügt der Blick nach Göttingen oder Gütersloh, wo Menschen hinter Bauzäunen stehen oder in langen Schlangen auf einen Corona-Test warten. Die Lockerungen der einzelnen Bundesländer sind keine Sicherheitsgarantie. „Wir leben in einer Pandemie. Eine Normalität, wie wir sie kannten, ist bis auf weiteres nicht machbar“, sagte dazu Kanzleramtsminister Helge Braun im ZDF.

    In diesem Sinn wünsche ich uns, dass wir den Überblick in der neuen föderalen Wirklichkeit behalten.

    Nächste Woche wird Sie an dieser Stelle wieder mein Kollege Marc Reisner begrüßen.

    Herzliche Grüße und ein schönes Wochenende!

    Kerstin Kopp
    Redaktion DTZ

  • Liebe Leserin, lieber Leser,

    wie halten Sie es mit dem Mund-Nasen-Schutz?
    Ein Freund meinte vor kurzem, er sei froh, dass es die Maskenpflicht gebe. Das Beispiel Jena – Sie erinnern sich, das erste Bundesland, das eine Maskenplicht einführte – habe ihn überzeugt. Er hat nicht Unrecht. Sie gibt uns bei aller Kritik so etwas wie Normalität in der Pandemie zurück.

    Herausforderung
    Für diejenigen, die Masken jetzt täglich und dann gleich mehrere Stunden tragen müssen, beispielsweise im Handel, in der Gastronomie, im Friseursalon oder in der Arztpraxis, wird die Pflicht aktuell zur schweißtreibenden Herausforderung – nicht nur für Brillenträger.

    Dass der Tragekomfort im Berufsalltag mehr als gewöhnungsbedürftig ist, attestierte mir kürzlich eine Fachhändlerin. Sie sei froh, dass sie zumindest im Kassenbereich, dank der Spuckschutzwand, eine Masken-Pause einlegen könne.

    Achtsamkeit
    Der Mundschutz gehört momentan zu unserem Alltag, und wird dort mehr oder weniger achtsam benutzt. Da bleibt Kritik nicht aus. Experten wie der Virologe Hendrick Streek können der Maske als Kinn- und Halsschmuck, Hosentaschenbegleiter oder Autospiegel-Accessoire nicht viel abgewinnen. Entsprechend attestiert Streeck vielen Bundesbürgern einen unsachgemäßen Gebrauch. Wer sie in die Hosentasche stecke, ständig anfasse und zwei Wochen nicht wechsele, biete Bakterien und Pilzen einen wunderbaren Nährboden. Also statt Schutz noch mehr Gefahr.

    Neue Wirklichkeit
    Müssen wir die neue Masken-Wirklichkeit erst noch lernen? Offensichtlich. Denn das Virus wird bleiben. Darin sind sich fast alle einig. Bis ein Impfstoff oder Medikament verfügbar ist, heißt es deshalb Abstand halten, desinfizieren und eben Maske tragen – falls erforderlich.

    In dem Roman „Herr Yamashiro bevorzugt Kartoffeln“ von Christoph Peters aus dem Jahr 2014 wird die gleichnamige Hauptfigur in ein Krankenhaus in Schleswig-Holstein eingeliefert. Als er sich dort wie selbstverständlich seinen Mundschutz anzieht, verursacht das großes Entsetzen. Während Herr Yamashiro die anderen Patienten schützen will, weil er das Gefühl hat, dass bei ihm eine Erkältung heraufzieht, sind diese brüskiert, dass der fremde Patient sich scheinbar vor ihnen ekelt.

    Ein Blick nach Asien
    Der Blick nach Asien, allen voran Japan, relativiert vieles. Dort wird die Maske nicht zum Eigenschutz, sondern vor allem zum Schutz der anderen getragen. Eine schöne Motivation wie ich finde, um auch in den heißen Sommermonaten das Tragen etwas erträglicher zu machen.

    Herzliche Grüße und eine schöne Woche!

    Kerstin Kopp
    Redaktion DTZ