Schlagwort: Gesundheitsschutz

  • Cannabis-Gesetz rückt näher

    BERLIN // Die bisher illegale Droge Cannabis soll unter bestimmten Bedingungen für den privaten Konsum legalisiert werden. Vorgesehen sind der legale Besitz und Verbrauch von Cannabis für Erwachsene. Ermöglicht werden der private Eigenanbau, der gemeinschaftliche nichtgewerbliche Eigenanbau und die kontrollierte Weitergabe von Cannabis durch Anbauvereinigungen.

    Mit dem Gesetzentwurf (20/8704) werde ein verantwortungsvoller Umgang mit Cannabis erleichtert, heißt es in der Vorlage der Bundesregierung. Das Gesetz zielt darauf ab, zu einem verbesserten Gesundheitsschutz beizutragen, Aufklärung und Prävention zu stärken, den illegalen Markt für Cannabis einzudämmen sowie den Kinder- und Jugendschutz zu verbessern.

    Nichtgewerbliche Anbauvereinigungen
    Erwachsenen ist künftig der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis für den Eigenkonsum erlaubt. Möglich werden soll zudem der private Eigenanbau von bis zu drei Cannabispflanzen zum Eigenkonsum. Privat angebautes Cannabis muss jedoch vor dem Zugriff durch Kinder und Jugendliche geschützt werden. Außerdem dürfen nichtgewerbliche Anbauvereinigungen Cannabis künftig anbauen und an ihre Mitglieder zum Eigenkonsum weitergeben. Dafür gelten strenge Vorschriften. So werden für die Anbauvereinigungen maximal 500 Mitglieder zugelassen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben müssen. Zulässig ist nur die Mitgliedschaft in einer Anbauvereinigung. In den Anbauvereinigungen darf Cannabis nur in begrenztem Umfang an Mitglieder weitergegeben werden, wobei die Mitgliedschaft und das Alter zu überprüfen sind. Weitergegeben werden dürfen maximal 25 Gramm pro Tag oder 50 Gramm pro Monat.

    Schutzzone um Schulen und Einrichtungen für Kinder
    Die Ausgabe von Cannabis an junge Erwachsende zwischen 18 und 21 Jahren ist auf 30 Gramm pro Monat mit einer Begrenzung des THC-Gehalts auf zehn Prozent zulässig. Cannabis darf als Haschisch oder Marihuana nur in kontrollierter Qualität und in Reinform weitergegeben werden. In einer Schutzzone von 200 Metern um Anbauvereinigungen sowie Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätzen und öffentlich zugängliche Sportstätten wird der Konsum von Cannabis verboten.

    Um besonders Kinder und Jugendliche vor der Droge zu schützen, gilt ein allgemeines Werbe- und Sponsoringverbot für Konsum-Cannabis und Anbauvereinigungen. Geplant ist zudem eine Stärkung der Prävention durch eine Aufklärungskampagne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) über die Wirkung und Risiken von Cannabis.

    Das Gesetz muss noch verschiedene Gremien durchlaufen. red

  • Enttäuschte Kaufleute

    KÖLN // Der Handelsverband Deutschland (HDE) hat sich in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel und an die Ministerpräsidenten gewendet.

    Gesundheitschutz
    In dem von HDE-Präsident Josef Sanktjohanser und weiteren Vorsitzenden unterzeichneten Schreiben heißt es unter anderem: „Gesundheitsschutz hat oberste Priorität und wir erkennen an, dass die Pandemie schwierige politische Abwägungsentscheidungen fordert.

    Existenzangst
    Der von der Schließung betroffene Einzelhandel steht jedoch vor dem akuten Verlust seiner Existenz. Unsere Kaufleute sind tief enttäuscht und können nicht nachvollziehen, dass die versprochenen Hilfeleistungen nicht ankommen. (…) In breiten Teilen des Handels schwindet die Akzeptanz für die politischen Entscheidungen. (…) Der Bundesfinanzminister kündigt vollmundig Milliarden Staatshilfen an – ohne Wirkung für den Einzelhandel!

    Eindringlich bitten wir Sie darauf hinzuwirken, dass die Bundesregierung das Wort einlöst und die Finanzhilfen unkompliziert, schnell und tatsächlich im Handel ankommen.“

    vi

  • Risikoprofil berücksichtigen

    BERLIN // Nachdem sich der Bundestag mit dem Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, die EU-Tabaksteuerrichtlinie auf E-Zigaretten auszuweiten, befasst hat, hat der Verband des E-Zigarettenhandels (VdeH) seine Kritik an möglichen Zusatzsteuern auf E-Zigaretten wiederholt.

    Maßnahme kontraproduktiv
    Michal Dobrajc, Vorsitzender des VdeH: „Wer die Zahl der Raucher im Land verringern will, kann nicht gleichzeitig neue Steuern auf E-Zigaretten befürworten. Das ist kontraproduktiv. Neue Steuern würden aktiven Rauchern den Umstieg auf ein Produkt mit deutlich niedrigerem Risikoprofil erschweren. Aktuelle Erfahrungen etwa in Großbritannien zeigen, dass sich E-Zigaretten gut zur Rauchentwöhnung eignen. Wer von der herkömmlichen auf die E-Zigarette umsteigt, verringert den Schadstoffeintrag um 95 Prozent. Unsere Position ist klar: Keine neuen Steuern auf E-Zigaretten!“

    Dobrajc wies zudem auf die schwierige Situation der Branche angesichts der Corona-Pandemie hin: „Die vielen kleinen und mittleren Unternehmen unserer Branche werden durch den Lockdown hart getroffen. Das letzte, was wir in dieser Ausnahmesituation gebrauchen können, sind neue Steuern.“

    Deutlich geringeres Risiko
    Der VdeH hatte bereits vor einigen Monaten in einer Anhörung des Finanzausschusses in einer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass ein nach aktuellem wissenschaftlichen Erkenntnisstand offensichtlich vorhandenes, im Vergleich zum Tabakrauch allerdings deutlich geringeres Risiko von E-Zigaretten, keine neue Verbrauchssteuer zu Lenkungszwecken aus Gründen des Gesundheitsschutzes rechtfertige.

    Dobrajc: „Es gibt keinen vernünftigen Grund, ein Produkt, das keinen Tabak enthält und dazu geeignet ist, Raucher von der wesentlich schädlicheren Tabakzigarette wegzubringen, in das Tabaksteuerregime einzubeziehen und mit einer zusätzlichen Steuer zu belegen.“

    vi

  • Brexit wird teuer

    LONDON // Der britische Zigarettenmarkt ist auf Importe aus der Europäischen Union angewiesen. Nachdem die beiden letzten Hersteller, Imperial Brands und Japan Tobacco, ihre Produktion 2017 eingestellt hatten, konsumieren die Briten vor allem Zigaretten aus Polen, Deutschland, Portugal, Tschechien, Rumänien und den Niederlanden.

    Das Marktforschungsinstitut GlobalData erwartet als Folge einen „massiven Anstieg der Einzelhandelspreise“. Damit dürften die Verkäufe bis zum Jahr 2021 um bis zu 21 Prozent sinken. Derzeit liegt der Durchschnittspreis für 20er-Packungen bei 9,60 Britischen Pfund. Europäische Institutionen rechnen mit einem Anstieg um mehr als drei auf dann durchschnittlich 12,74 Pfund (rund 14,35 Euro). Hintergrund: Großbritannien könnte Zölle in Höhe von etwa 70 Prozent auf Zigaretten erheben.

    Und die Konzerne könnten nach Ansicht von GlobalData noch höhere Einbußen hinnehmen müssen, falls die britische Regierung weitere Auflagen mit dem Hinweis auf den Gesundheitsschutz erlässt.

    red

    (DTZ 16/18)

  • Betriebsräte der Industrie tagen

    TRIER // Im JTI-Werk Trier tagte kürzlich die „Sektorale Europäische Betriebsrätekonferenz Tabak“. Auf Einladung des JTI-Gesamtbetriebsrats diskutierten im Anschluss der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Reiner Hoffmann und der Oberbürgermeister der Stadt Trier Wolfram Leibe mit insgesamt zehn Betriebsräten der vier großen Zigarettenhersteller über aktuelle Herausforderungen und Zukunftsaussichten der Tabakbranche.

    An der Veranstaltung nahmen auch die Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Michaela Rosenberger und der Generalsekretär des Europäischen Verbands der Landwirtschafts-, Lebensmittel- und Tourismusgewerkschaften, Harald Wiedenhofer, teil. Im Zentrum stand die Arbeitsplatz- und Standortsicherung angesichts des zunehmenden regulatorischen Drucks auf die Tabakunternehmen. Zu den weiteren Themen gehörten der aktuell diskutierte Wegfall der Sachgrundbefristung von Arbeitsverträgen sowie Themen rund um den Gesundheitsschutz und die praktischen Auswirkungen der EU-Tabakproduktrichtlinie (TPD 2) auf die Branche.

    Politik mit Augenmaß
    „Wir haben die Betriebsrätekonferenz und den anschließenden Gedankenaustausch genutzt, um auf die noch immer zahlreichen, attraktiven Arbeitsplätze in der Tabakbranche und der gesamten Lieferkette aufmerksam zu machen“, sagte Gerd Willems, Gesamtbetriebsratsvorsitzender von JTI. „Der zweifellos notwendige Gesundheitsschutz darf nicht dazu führen, dass es in unserer Branche einen Kahlschlag bei den Jobs gibt. Wir sind in der Region Trier der größte private Arbeitgeber und fordern von Brüssel und Berlin eine Politik mit Augenmaß, damit unsere Arbeitsplätze zukunftsfähig bleiben.“

    Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann ergänzte: „Gesundheits- und Nichtraucherschutz muss hohe Priorität haben. Dazu bedarf es vor allem guter Informationsangebote und Aufklärungskampagnen für junge Menschen. Wir brauchen in der Industrie aber weiterhin hoch qualifizierte Arbeitskräfte und Investitionen in die Standorte, damit die Produktion wettbewerbsfähig bleibt.“

    Gerd Willems verwies darauf, dass JTI gegenwärtig 26 Auszubildende habe. Zudem seien in den vergangenen zehn Jahren 391 Millionen Euro in das Werk Trier investiert worden. Wichtiges Thema bleibe, die Arbeitsspitzen und entsprechende Arbeitsbelastungen einzudämmen, die sich aus der TPD 2-Umstellung der Produktion ergeben.
    pi

    (DTZ 13/17)

  • Richter geben grünes Licht für Schockbilder

    KARLSRUHE // Das Bundesverfassungsgericht hat einen Eilantrag gegen die EU-Tabakrichtlinie (TPD 2) abgelehnt. Ein Hersteller hatte gegen eine Verfassungsbeschwerde dagegen eingelegt.

    Die Richtlinie sieht unter anderem sogenannte Schockbilder auf mindestens 65 Prozent der Vorder- und Rückseite von Zigarettenschachteln vor. Darüber hinaus verbietet das Gesetz ab 2020 den Zusatz bestimmter Aromen wie Menthol. Die Richter lehnten es ab, das Tabakerzeugnisgesetz außer Kraft zu setzen.

    Der Hersteller sah darin seine Unternehmens- und Meinungsfreiheit verletzt. Mit dem Eilantrag in Karlsruhe wollte er die Umsetzung stoppen. Die Richter begründen ihre Ablehnung damit, dass das neue Gesetz hilft, den EU-Binnenmarkt zu harmonisieren und den Abbau von Markthemmnissen abbaut. Ein weiteres Ziel sei der Gesundheitsschutz, „und damit ein überragend wichtiges Gemeinwohlziel von Verfassungsrang“. Dadurch seien Eingriffe in die Rechte der Hersteller gerechtfertigt.

    Der Hersteller habe nicht darlegen können, dass ihm „nicht wieder gutzumachende und existenzbedrohende Schäden drohen“.

    In Großbritannien waren Philip Morris International (PMI), British American Tobacco (BAT), Imperial Tobacco und Japan Tobacco International (JTI) mit ihrem Antrag, die Umsetzung der TPD 2 zu stoppen, vor Gericht gescheitert. JTI kündigte Einspruch gegen die Gerichtsentscheidung an.
    red

    (DTZ 21/16)

  • Vor allem an den e-Zigaretten scheiden sich die EU-Geister

    MAINZ (DTZ/fok/kes). Am Dienstag dieser Woche fand die fünfte Verhandlungsrunde zur Änderung der EU-Tabakproduktrichtlinie (TPD) statt, die im Rahmen des Trilogs eine Einigung zwischen den Auffassungen von EU-Kommission, EU-Parlament und EU-Ministerrat der Mitgliedsländer herbeiführen sollte.

    Ein Indiz, dass noch nicht alle strittigen Punkte endgültig geklärt sein dürften ist die Tatsache, dass die zunächst angesetzte Pressekonferenz nicht stattfand. In der Verhandlung ging es vor allem um Fragen der Standardisierung der Verpackung.

    Größter Knackpunkt bleibt unverändert Artikel 18, der die Regulierung der e-Zigaretten beabsichtigt. Während der Ministerrat hierfür eine liberalere Verkaufslösung plädiert, die gleichwohl auch fiskalische und Kontrollaspekte im Auge behält, setzen sich das EU-Parlament und die Kommission verstärkt für eine Einordnung als Medizinprodukt beziehungsweise Arzneimittel ein. Aktuell soll die Ratsarbeitsgruppe Gesundheit sich mit dieser Frage noch einmal beschäftigen und nach Kompromissen suchen.
    Unklarheit besteht bei einigen der geplanten Vorschriften vor allem hinsichtlich ihrer Auslegung. So wurde beispielsweise in Artikel 14 die Zurückverfolgbarkeit der Ware zur Verhinderung von Schmuggel festgelegt. Die Übergangsfristen zur Umsetzung wurden erweitert vor allem bei der Zigarre wird dieser Übergangsfrist noch etwas ausgedehnt. Nach derzeitiger Lesart muss der Einzelhandel selbst die Warenströme nicht erfassen, während die Hersteller und der Großhandel dies aber dokumentieren sollen. Unklar ist hier, wie das in der Praxis konkret aussehen soll, denn bestimmte Paletten und Großgebinde kann der Hersteller möglicherweise dem Abnehmer im Großhandel noch zuordnen, ob dies aber mit der einzelnen Stange oder gar Packung möglich ist, dass ist doch ganz stark zu bezweifeln. Auch sind die Möglichkeiten die Großkonzerne in der Erfassung haben, nicht mit den praktischen Voraussetzungen kleiner Hersteller zu vergleichen.

    Nach wie vor gibt es Unbehagen im Kreis der Abgeordneten, dass dieses Ziel des Gesundheitsschutzes durch alle Details dieser Richtlinie gewährleistet ist. Wie Holger Krahmer, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP im Europäischen Parlament: „Ich bezweifle, dass weniger Menschen krank werden, wenn die EU vorschreibt, dass eine Zigarettenpackung mindestens 20 Zigaretten und eine Packung Tabak zum Selbstdrehen mindestens 30 Gramm enthalten muss. Mögliche Verpackungen schließen dabei auch explizit Boxen mit abgerundeten Kanten aus. Solche detaillierten Regeln in einem Gesetztext sind ein Stück aus dem dirigistischen Tollhaus.“ Darüber hinaus stellt sich ihm auch die Frage, ob „der Gewinn für den Gesundheitschutz durch eine Vergrößerung der Fläche für die sogenannten Schockbilder von 50 auf 65 Prozent“ der Verpackungsfläche sinnvoll belegbar ist.

    Kritik an der Regulierungswut der EU regt sich auch bei den e-Zigaretten-Konsumenten. Auf Twitter formiert sich der Widerstand unter dem Hashtag #EUecigBAN. Hier wurde eine Petition eingerichtet, in der es darum geht, die „ecigs“ zu retten, berichtet das „Handelsblatt“. Bisher haben fast 27.000 Menschen dafür gestimmt.

    (DTZ 52/13)

  • Darf TPD Handel von eZigaretten regulieren?

    SEEVETAL (DTZ/vi). Der EU fehlt das Recht, die derzeit in Überarbeitung befindliche Tabakproduktrichtlinie (TPD) auf elektrische Zigaretten anzuwenden. Zu diesem Ergebnis kommt der Hamburger Europarechtler Prof. Dr. Holger Schwemer in einem aktuell vorgelegten 13seitigen Rechtsgutachten. Dieses bezeichnet die Tabakprtoduktrichtlinie als rechtswidrig, denn die Passagen zur elektrischen Zigarette in dem neuen EU-Entwurf der TPD verstießen gegen das Unionsrecht. Grund: Dem Gesetzgeber gehe es laut Gutachter bei der elektrischen Zigarette ausschließlich um Fragen des Gesundheitsschutzes. Vorgeschoben würden jedoch Regelungen für den Binnenmarkt. Daher entstünde ein „Ermessensmissbrauch“.[p][/p]

    Dac Sprengel, Vorsitzender des Verbands des eZigarettenhandels: „Wir sehen uns darin bestätigt, dass die bisherige Fassung der Richtlinie in Bezug auf die eZigarette einer gründlichen Überarbeitung bedarf. Sowohl aus juristischer Sicht als auch unter gesundheitspolitischen Erwägungen.“[p][/p]

    Das Dokument wurde bereits an die zuständigen Stellen der EU-Kommission weitergegeben. Eine Prüfung wurde zugesichert.[p][/p]
    DTZ 13/13

  • Anhörung zum Nichtraucherschutzgesetz in NRW teilweise mit „harten Bandagen"

    DÜSSELDORF (DTZ/fh). In der vergangenen Woche fand im NRW-Landtag zu Düsseldorf eine Anhörung zu der von der Rot/Grünen Landesregierung geplanten Verschärfung des Nichtraucherschutzgesetzes statt. Das verschärfte Gesetz will das Rauchen in allen öffentlichen Gebäuden, insbesondere in der Gastronomie ohne jede Ausnahme verbieten.

    An der Anhörung nahmen eine Reihe von Verbänden und Interessenvertreter aus der Tabakbranche teil, wie der BdZ, MUT, JTI und BDTA. Sodann Sprecher der Ärztekammern, des Nichtraucherschutzbundes und der Dehoga NRW. Die Landtagsparteien haben das Recht, Interessenvertreter ihrer Wahl als sogenannte Gutachter einzuladen. Ausschließlich die anwesenden Ausschussmitglieder aller Parteien dürfen Fragen an die Gutachter stellen, welche ansonsten kein eigenes Rederecht haben. Somit blieben Aussagen wie „bei E-Zigaretten wird Tabak verbrannt“ unwidersprochen.

    Vorgebracht wurden seitens der Befürworter des neuen Gesetzes die altbekannten Argumente, welche auf der umstrittenen „Passivrauchstudie“ beruhen. Martina Pötschke-Langer vom Dt. Krebsforschungszentrum und ihre Begleitung Dietmar Jazbinsek gaben die meisten Redebeiträge ab. Jazbinsek ist Journalist und Mitglied bei lobbycontrol.

    Gebetsmühlenartig wurden bei der Anhörung Studien wie jene von der DRK über den angeblichen Rückgang von einschlägigen Krankheiten durch existierende scharfe Nichtrauchergesetze zitiert. Bis hin zum Third Hand Smoke durch Prof. Rasche von der Ärztekammer Nordrhein, wonach Räume, Wände, Möbel toxisch verseucht wären, wenn dort geraucht wird und damit beispielsweise das morgendliche Putzpersonal vergiftet würde.

    Oder aber: Wenn in der Gastronomie geraucht würde, lägen dort so hohe toxische Werte vor, dass im Vergleich ein Chemiearbeiter gezwungen wäre, an seinem Arbeitsplatz eine Gasmaske zu tragen! Eine geradezu hysterische, wohl kaum wissenschaftlich haltbare Aussage von Frau Pötschke-Langer.

    Fragen zu „geschlossenen Gesellschaften“
    Marc Benden, 1. Vorstand von MUT, und Bodo Mehrlein, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Zigarrenindustrie, wurden nur einmal befragt zum Thema geschlossene Gesellschaften. Ein heikler Punkt, wenn es um die Festlegung eventueller Ausnahmen geht, da die Raucherclubs in NRW höchstrichterlicherseits gescheitert sind und gedanklich von den Politikern in der Regel mit geschlossenen Gesellschaften gleich gesetzt werden. Immer wieder kam der Punkt der Vollzugsprobleme auf, nämlich die Ausnahmen ausreichend kontrollieren zu können. Pötschke-Langer betonte wiederholt, dass dies momentan nicht möglich sei und auch nicht geschähe.

    Der ausführliche Vortrag von Herrn Meinsen als Vertreter des BFT ging u.a. auf eine aktuelle repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov ein, wonach über 70 Prozent der Bürger mit dem existierenden Gesetz einverstanden seien. Indem er Politikern vorwarf, sich nicht an den Mehrheiten der Bevölkerungsmeinung zu orientieren, handelte er sich allerdings einen Rüffel des Vorsitzenden des Ausschusses Günter Garbrecht ein. Zudem „outete“ ihn Jazbinsek als Tabaklobbyist, weil er als Sprecher des Aktionsbündnisses während der Abstimmung in Bayern tätig war und ein Genussmagazin verlege, das zahlreiche Tabakanzeigen enthielte. Daraufhin erhielt wiederum Jazbinsek einen Rüffel des Vorsitzenden, weil der Zweck und Sinn einer Anhörung nicht sei, den Gegner persönlich anzugreifen.

    Eine grundsätzliche positive Tendenz für die Befürworter des neuen Gesetzes war insofern spürbar, dass die „Passivrauchstudie“ nicht erfolgreich angezweifelt wurde. Prof. Romano Grieshaber, Autor des Buches „Passivrauchen – Götterdämmerung de Wissenschaft“, war nicht als Gutachter geladen, war aber als Zuhörer anwesend und hatte eine Stellungnahme eingereicht. Die Minimierung oder Eliminierung auch des kleinsten Risikos war das Ziel vieler Ausschussmitglieder. Der Vertreter des Bundes Dt. Karneval musste beispielsweise wegen insistierender Nachfragen einräumen, dass die Veranstaltungen zwar grundsätzlich für Besucher ab 18 Jahren stattfänden, zu Beginn aber in der Regel Kindertanzgruppen für fünf Minuten auftreten.

    Diese fünf Minuten im Umfeld von rauchenden Erwachsenen war für eine fragende SPD-Abgeordnete ein Horror-Szenario. Ein Arzt ergänzte, dass Kinder ohnehin häufiger atmen würden als Erwachsene und dies sich noch verschärfe, wenn sie sich beim Tanzen körperlich anstrengten. Ungeklärt blieb die Frage, ob sich die gleiche Abgeordnete mehr erzürnen würde, wenn dieselben Kinder bei der winterlichen Abfahrt auf den draußen wartenden Bus stoßen, der wegen der Klimaanlage den Motor laufen lässt. Wahrscheinlich wäre bei einer entsprechenden Frage die „Diesel-Studie“ zitiert worden, wonach in einem geschlossenen Raum gerauchte Zigaretten toxischer seien als ein eben dort laufender Diesel-Motor.

    Schilder schützen Kinder
    Die spannende Frage der Kompetenzüberschreitung warf der nicht anwesende Oberbürgermeister von Düsseldorf in seiner schriftlichen Stellungnahme auf. Ob nämlich das neue Gesetz nicht den Rahmen sprenge, wenn es nicht mehr nur um Nichtraucherschutz, sondern auch um Gesundheitsschutz ginge. Hiermit meinte er das geplante Rauchverbot auf Spielplätzen, weil spielende Kinder weggeworfene Zigarettenkippen verschlucken könnten und damit eine starke Nikotinvergiftung erhalten würden. Die Regelung auf den Spielplätzen wurde heftig diskutiert. Eine Befürworterin sprach von „Schilder schützen Kinder“.

    Sie musste aber einräumen, dass diese Schilder zwar rauchende Mütter oder Väter davon abhalten würde, Zigarettenkippen in den Sand zu werfen, nicht aber Jugendliche, die dort dann abends ihre Treffen abhalten würden. Im Kern eine bizarre Diskussion, denn wozu dann Schilder, wenn man davon ausgehen darf, dass betroffene Eltern keine Zielgruppe dieser Schilder sein sollten. Konsequenterweise hätte dieselbe Rednerin dann ein Rauchverbot für Eltern zu Hause fordern müssen, denn dort dürfte die Gefahr durch offene volle Aschenbecher viel größer sein. Diese Forderung wurde dann in einem WDR-Interview durch Helmut Weber vom Nichtraucherschutzbund erhoben. Es sei keine private Angelegenheit, dass Eltern ihre Kinder durch Passivrauch krank machen dürften. Dies sei vielmehr ebenso öffentlich wie andere „kriminelle Dinge in Innenräumen“.

    Derartige Kompetenzüberschreitungen ist der Betrachter geneigt, auch Frau Pötschke-Langer zu unterstellen, wenn ihre Begleitung Dietmar Jazbinsek das Sterben der Kleingastronomie nicht mit dem Rauchverbot begründet, sondern weil Hartz IV-Empfänger sich ihr Bier in der Eckkneipe nicht mehr leisten könnten und andere Gäste lieber zu Hause twittern oder Facebook besuchen!
    Insider wissen zu berichten, dass derartige Ausschüsse eher als gelebte Demokratie zu betrachten sind denn als Ergänzung des schon vorhandenen Fachwissens der Ausschussmitglieder. Immerhin wurde die Sitzung wegen der großen Teilnahme durch Zuschauer und Presse akustisch in einen anderen Raum übertragen.

    Am 31.10. wird der Ausschuss die Ergebnisse bewerten, am 21.11. wird der Gesundheitsausschuss abschließend tagen und damit dann maßgeblich die Abstimmung im Landtag prägen.

    (DTZ 40/12)

  • Bayern: Keine Chance für Gastro-Rauchkultur

    MÜNCHEN (DTZ/pnf/fok). Die Hoffnungen auf eine Lockerung des rigiden Gastrorauchverbots in Bayern haben erneut einen Dämpfer erlitten. Der Verfassungsgerichtshof des Freistaats wies in einer am Montag bekannt gegebenen Entscheidung die Klage einer Kneipeninhaberin gegen das totale Rauchverbot in Bayerns Gastronomie mit der Begründung ab, die derzeit geltende Regelung verstoße nicht gegen die Bayerische Verfassung.

    Die Wirtin hatte mit ihrer Beschwerde die Vereinbarkeit der gesetzlichen Regelung mit der Verfassung angezweifelt, da hierdurch ein unzulässiger Zwangsschutz der Bürger erfolge und ein striktes Rauchverbot wegen fehlender Ausnahmen für Raucherkneipen unangemessen sei. Doch die Richter beriefen sich bei ihrer Entscheidung auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das dem Gesetzgeber die Möglichkeit einräume, dem Gesundheitsschutz Vorrang vor anderen Rechten, wie der Berufsfreiheit der Gastwirte und der Verhaltensfreiheit der Raucher, einzuräumen.

    Diese Möglichkeit wurde in Bayern nach dem Volksentscheid ergriffen und sei auch mit der Bayerischen Verfassung vereinbar, so die Richter. „Eine stärkere Belastung von Inhabern bestimmter Arten von Gaststätten bis hin zur Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Existenz ist angesichts der für alle geltenden Regelung durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt“, zitiert die „Süddeutsche Zeitung“ das Gericht. Die Frage, ob und inwieweit tatsächlich eine gesundheitliche Gefährdung durch Passivrauchen in der Gastronomie entstehe, wurde von dem Gericht nicht geprüft.

    (DTZ 16/11)