Schlagwort: EU

  • Liebe Leserinnen, liebe Leser,

    Die Furcht vor Corona treibt manchmal wirklich skurrile Blüten. Während eines Spaziergangs, berichtet eine Bekannte, sei sie durch einen schmalen Hohlweg gekommen, durch den ihr ein Paar mittleren Alters entgegenkam. Sie wollte zügig passieren, die beiden anderen krabbelten hektisch den steilen Hang empor. In Berlin dagegen scheint der Umgang mit den Viren immer noch gelassen. Auf Nachfrage eines Bürgers teilte die Polizei entspannt mit: „Tinder Dates laufen nach unserer Erfahrung in der Regel zu zweit ab. Und meist geht es dabei ja auch nur ums Reden.“ Naja.

    In Bayern ist vieles anders
    Mein täglicher Blick in die Bundesländer bringt heute nur eine – nicht ganz neue – Erkenntnis: In Bayern ist vieles anders. So heißt es aus dem Wirtschaftsministerium des Freistaats: „Dominiert der verbotene Teil des Sortiments, dürfen nur ausdrücklich erlaubte Dinge verkauft werden.“ So dürften etwa Tabakläden, die sonst überwiegend Tabak verkaufen, aktuell nur noch Zeitungen verkaufen. Wir halten Sie über weitere Hinweise aus den Bundesländern natürlich auf dem Laufenden.

    Strukturieren Sie Ihre Tage
    Schließlich noch mein Appell: Strukturieren Sie Ihre Tage, ob Sie nun im Homeoffice sitzen oder gar nichts tun können. Nutzen Sie das schöne Wetter zu (erlaubten) Spaziergängen – vielleicht, um Pläne zu schmieden, wie Sie mit Ihrem Business die nächsten Wochen überstehen. Denn es dürfte vier soziale Entwicklungen geben: ein Ansteigen häuslicher Gewalt, möglicherweise eine Zunahme der Suizidrate, deutlich mehr Scheidungen und – in einer Zeit, in der wir hoffentlich auf eine abgeschlossene Corona-Zeit zurückblicken können – einen wahren Baby-Boom. Ein wenig von der Rolle zu sein, ist allerdings nur natürlich. So erklärt die Schweizerische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie: „Dass Sie in der Quarantäne mit Ihren Tieren, Pflanzen oder Haushaltsgeräten reden, ist völlig normal. Deswegen müssen Sie sich nicht bei uns melden. Eine fachliche Hilfe sollten Sie erst aufsuchen, wenn diese anfangen, Ihnen zu antworten.“

    Ich wünsche uns allen starke Nerven, die nötige Gelassenheit und gute Gesundheit. Lassen wir uns nicht unterkriegen.

    Herzlich
    Marc Reisner
    Chefredakteur DTZ

    (DTZ 14/20)

  • Leipziger Bahnhofsbuchhandlung wieder offen

    BERLIN / LEIPZIG // Knapp 24 Stunden nach der Schließung durch das Ordnungsamt darf die Bahnhofsbuchhandlung Ludwig am Leipziger Hauptbahnhof heute in der Mittagszeit wieder öffnen. Zeitungen und Zeitschriften – die Bahnhofsbuchhandlung hält mehr als 7000 Präsenztitel vor – dürfen nach dem heutigen Bescheid des Ordnungsamtes dann wieder verkauft werden. Die Buchabteilung bleibt geschlossen.

    Präsenz an Bahnhöfen
    Die Bahnhofsbuchhandlung Ludwig gehört zur Unternehmensgruppe Dr. Eckert mit rund 350 Standorten, darunter mehr als 250 eigengeführte Geschäfte in den Bereichen Presse, Buch, Tabak und Convenience: Bahnhofsbuchhandlungen der Marke Ludwig, Pressefachgeschäfte der Marke Eckert, Tabakwarenfachgeschäfte der Marke Barbarino und T.H.Kleen sowie Convenience Stores unter den Labels Adam’s und ServiceStore DB. Die meisten Geschäfte der Unternehmensgruppe Dr. Eckert befinden sich an Bahnhöfen.

    pi

    (DTZ 14/20)

  • Liebe Leserinnen, liebe Leser

    Das renommierte ifo-Institut hat seine Prognose für Deutschland für das laufende und das kommende Jahr neu berechnet. Wenig überraschend kommen die Wissenschaftler zu dem Schluss: „Die deutsche Wirtschaft schrumpft in diesem Jahr.“ Allerdings fällt das Szenario im Gegensatz zu anderen Visionen weniger dramatisch aus: Aufs Gesamtjahr betrachtet könnte, so das ifo, das Bruttoinlandsprodukt um 1,5 Prozent sinken, 2021 dann um 3,7 Prozent nach oben schießen. Klingt gut, hilft aber nicht dabei, dass Unternehmen und Bürger 2020 erst einmal überstehen müssen.

    Exponentieller Zuwachs
    Eine der großen Ungewissheiten ist derzeit der exponentielle Zuwachs der Corona-Erkrankten. Sie alle kennen das Märchen vom Bauern, dem Reis und dem indischen Kaiser Sessa. Der Monarch wollte einen Höfling belohnen. Dieser erbat sich ein Reiskorn für das erste Feld eines Schachspiels, danach jeweils die immer wieder verdoppelte Anzahl. Da Sessa keine exponentiellen Funktionen kannte, willigte er ein – und musste feststellen, dass aller Reis seines Reichs nicht ausreichte, um die Ehrenschuld zu begleichen. Und so ähnlich, fürchten manche Auguren, könnte es auch bei Corona zugehen. So erklärte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus jüngst, es habe 67 Tage gedauert, bis die ersten 100.000 Fälle bestätigt waren, elf Tage für die zweiten 100.000 und nur vier Tage für die dritten 100.000 Fälle. Dramatisch? Klingt so, ja. Nun hat jedoch ein Mediziner aus Mainz – nicht irgendeiner, sondern ein Professor mit zwei Doktortiteln von der Johannes-Gutenberg-Universität – sich zu Wort gemeldet. Kernaussage: „Es liegt in der Natur der Exponentialrechnungen, dass diese Rechnungen mit exponentiellen Fehlern behaftet sind. Wenn man sich bei den Eingangsbedingungen, mit denen die Formeln gespeist werden, ein bisschen irrt, enthält die Rechnung einen sich exponentiell fortpflanzenden Fehler.“ Er geht davon aus, dass die Situation – zumindest in Deutschland – handhabbar bleibt. Hoffen wir, dass er recht behält.

    Branche braucht klarere und eindeutige Vorgaben
    Für unsere Branche sind jedoch zeitnah andere Fragen entscheidend. Viele Händler wissen nicht, ob sie öffnen dürfen oder nicht. Über Hessen und Mecklenburg-Vorpommern haben wir bereits gestern berichtet. In Nordrhein-Westfalen und Thüringen ist der Tabakwaren-Einzelhandel zwar nicht ausdrücklich in den Ausnahmen genannt, laut BTWE haben jedoch Ordnungsämter einzelnen Händlern ausdrücklich erlaubt, Tabak und Lotto anzubieten. Da wäre es wünschenswert, wenn aus den Fachabteilungen klarere und eindeutige Vorgaben kämen.

    Kommen Sie gesund durch diese Wochen!

    Herzlich
    Marc Reisner
    Chefredakteur DTZ

    (DTZ 14/20)

  • Branche im steten Wandel

    MAINZ // Seit diesem Jahr müssen Kassensysteme über eine zertifizierte Technische Sicherheitseinrichtung (TSE) verfügen (DTZ berichtete).

    Dieses Sicherheitsmodul schließt Manipulationen aus. Weiterhin neu ist die Meldepflicht für jede verwendete Kasse beim zuständigen Finanzamt. Darüber hinaus besteht die Belegausgabepflicht. All dies führt zu Umstellungen, derer die Anbieter von Kassensystemen rechtzeitig Herr werden müssen. DTZ hat sich umgehört, wie die Reaktionen und Vorgehensweisen der Firmen sind.
    Lesen Sie mehr im DTZ-Special "Kassensysteme" in der Printausgabe DTZ 13/20.

    kh

    (DTZ 14/20)

  • Corona-Virus: Acht-Punkte-Programm für den Einzelhandel

    BERLIN // Die Corona-Epidemie stellt den Einzelhandel vor sehr große Herausforderungen. Viele Handelsunternehmen müssen schließen – die verlorenen Umsätze liegen pro Tag bei rund 1,15 Milliarden Euro. Gleichzeitig sehen sich die Lebensmittelhändler mit ungewöhnlich großem Kundenaufkommen und logistischen Herausforderungen konfrontiert. Der Handelsverband Deutschland (HDE) zählt in einem Acht-Punkte-Programm auf, was der Handel braucht, um die Coronavirus-Krise meistern zu können?

    Bundesweit einheitlichen Rechtsrahmen setzen (1)
    Der Föderalismus kommt an seine Grenzen, wo er eine einheitliche Krisenbewältigung behindert. Die national tätigen Unternehmen benötigen einen einheitlichen Rechtsrahmen, um die Vorgaben zur Bekämpfung der Corona-Krise in ihren Unternehmen umsetzen zu können. Unterschiedliche gesetzliche Vorgaben in den Bundesländern und unterschiedliche Umsetzungen in Städten, Landkreisen und Kommunen insbesondere bei Zugangsregelungen zu offenen Geschäften und Hygienebestimmungen führen zu einem Chaos in der Umsetzung und sind für die Unternehmen nicht mehr überschaubar.

    Liquidität durch Soforthilfen sicherstellen (2)
    Der Staat muss dem mittelständischen Fachhandel Soforthilfen in Form von Direktzuschüssen gewähren, damit die Liquidität bei den von den Geschäftsschließungen betroffenen mittelständischen Betrieben gewahrt bleibt. Diese Direktzuschüsse sollten von den Finanzämtern ausgezahlt werden. Denn diese verfügen über alle nötigen Daten wie Unternehmensdaten und Bankverbindungen.

    Steuern, Gebühren und Sozialversicherungsbeiträge stunden (3)
    Fällige Steuern, Gebühren und Sozialversicherungsbeiträge sollten für mindestens sechs Monate zinslos gestundet werden.

    Unternehmen für Vermögensschäden entschädigen (4)
    Die von den staatlich verfügten Geschäftsschließungen betroffenen Unternehmen müssen für die erlittenen Vermögensschäden entschädigt werden. Eine gesetzliche Grundlage könnte das Infektionsschutzgesetz sein.

    Gewerbemieten des Handels aussetzen (5)
    Die Händler brauchen während der Schließungen ihrer Betriebe eine Aussetzung der Gewerbemieten und Reduzierung der Miete auf die laufenden Betriebskosten.
    Außerdem sollte den Handelsmietern zusätzlich die Stundung dieser Kosten ermöglicht werden. Die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten des Mieters, eine Anpassung des Mietvertrags wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB durchzusetzen, dürfen dadurch in keiner Weise beeinträchtigt werden.

    Unbürokratische Arbeitnehmerüberlassung (6)
    Unbürokratische Arbeitnehmerüberlassung ermöglichen, Arbeitszeitgesetz liberalisieren und Einkommensgrenze für geringfügig Beschäftigte anheben
    Arbeitnehmer, die wegen Geschäftsschließungen zurzeit ohne Tätigkeit sind, sollen unbürokratisch an Handelsunternehmen ausgeliehen werden können, die dringenden Bedarf an weiteren Arbeitnehmern haben.
    Zudem muss die zulässige tägliche Höchstarbeitszeit im Arbeitszeitgesetz umgehend bundesweit aufgehoben und die Einkommensgrenze für geringfügig Beschäftigte von aktuell 450 € befristet auf 1000 € angehoben werden, damit in dieser Krisensituation der erhöhte Arbeitsaufwand in der Logistik sowie den geöffneten Geschäften bewältigt und die Bevölkerung insbesondere mit Lebensmitteln versorgt werden kann.

    Flächendeckende Logistik erleichtern (7)
    Die Umsetzung von Sondergenehmigungen für Lastkraftwagen für Fahrten und Belieferungen am Sonntag muss einheitlich für Deutschland geregelt werden. Derzeit existieren in den Bundesländern unterschiedliche Regeln, die Lastkraftwagen müssen aber meist durch mehrere Bundesländer fahren. Die Post- und Paketzustellung sollte in diese Sondergenehmigungen einbezogen werden, um das Transportvolumen gleichmäßiger zu verteilen.

    Grenzüberschreitende Arbeitnehmerfreizügigkeit und freien Warenverkehr gewährleisten (8)
    Auswirkungen auf Berufspendler müssen so gering wie möglich gehalten werden. Arbeitnehmer aus europäischen Nachbarländern müssen zur Arbeit kommen können, da sie für die Aufrechterhaltung der Betriebstätigkeit vieler Handelsunternehmen und Logistiker unabdingbar sind.

    Der freie Warenverkehr in Europa ist ein zentraler Bestandteil der Aufrechterhaltung des wirtschaftlichen Lebens. Derzeit verhindern infolge von Grenzkontrollen kilometerlange Staus die schnelle Abwicklung von Transporten. Die Staats- und Regierungschefs müssen sich unmittelbar auf Wege für eine funktionierende Schnellabfertigung einigen.

    pi

    (DTZ 14/20)

  • Mieten und Ladenschließungen

    BERLIN // Der Handelsverband Deutschland (HDE) appelliert an die Vermieter von Ladenlokalen, Mieten auszusetzen und Mietstundungen zu ermöglichen. Andernfalls könnten viele Geschäfte in Deutschland den Zeitraum der Ladenschließungen in der Coronavirus-Krise nicht überstehen.

    Liquiditätsprobleme
    „Von den Schließungen betroffene Händler haben kurz- und langfristig erhebliche Liquiditätsprobleme. Ohne Einnahmemöglichkeiten sind die laufenden Kosten nicht zu stemmen. Die Mietkosten machen dabei einen Großteil aus“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Die vielerorts ohnehin schon hohen Mieten drohten nun zu einer kompletten, finanziellen Überforderung vieler Händler zu führen.

    Appell an Vermieter
    Der HDE richtet deshalb einen eindringlichen Appell an alle Vermieter von Ladenlokalen, deren Mieter betroffen sind, die Mieten für die Zeit der Schließungen auszusetzen und die Miete auf die laufenden Betriebskosten zu reduzieren. Außerdem sollte den Handelsmietern zusätzlich die Stundung dieser Kosten ermöglicht werden. „Stabile Mieter sind auch im Interesse der Immobilieneigentümer. Der Handel braucht jetzt dringend Hilfe“, so Genth weiter. Schon seit jeher sei der Handel die Wirtschaftsbranche, die in der Lage ist, jeweils die höchsten Mieten am Standort zu zahlen. Ohne den stationären Handel werden diese hohen Mietzahlungen in Zukunft ausfallen.

    pi

    (DTZ 14/20)

  • Liebe Leserinnen, liebe Leser,

    welche Vorteile die Digitalisierung hat, wird aktuell deutlicher denn je: Trotz der massiven Einschränkungen des sozialen Miteinanders erreichen Sie uns unter den bekannten Mail-Adressen und zum Teil auch per Mobiltelefon. Wir sind für Sie und Ihre Anliegen da – wenn auch derzeit nicht in unseren Büroräumen, sondern überwiegend im Homeoffice. Also: Zögern Sie nicht, sich an uns zu wenden.

    Nach vorne blicken
    Lassen Sie mich außerdem betonen, für wie wichtig wir es halten, einen weitgehend normalen Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Wir werden diese Krise überstehen. Und wenn wir jetzt unsere Ziele, unsere Aufgaben und unseren Glauben an die Zukunft verlieren, wird es umso schwieriger, die Folgen der Krise zu überwinden. Lassen Sie uns bei aller sinnvollen Vorsicht, allem Bewusstsein für die Probleme nicht vergessen, wie wichtig es für uns alle ist, mit Zuversicht nach vorn zu blicken.

    Ab sofort informieren wir Sie per Newsletter werktäglich über Themen, die uns und unsere Branche direkt betreffen. Außerdem werden wir versuchen, Sie bei der Einordnung wichtiger Aspekte zu unterstützen.

    Absurde Situation
    Wie absurd die Situation ist, zeigt sich an vielen Dingen. Der Blick aus dem Fenster zeigt – zumindest in Mainz – einen wunderbaren Frühlingstag. Alles scheint normal. Und doch lauern da draußen irgendwo Milliarden von Viren. Das passt in der Wahrnehmung vieler Menschen nicht zusammen. Und weil das so ist, halten sie sich nicht an die dringenden Empfehlungen aus Berlin. Zugleich ist auch die Politik in vielen Punkten nicht klar. Gestern Nachmittag durften wir NRW-Ministerpräsident Armin Laschet laut über eine Ausgangssperre nachdenken hören. Ein paar Minuten später erklärte die Stadt Köln, dass sie ab sofort das öffentliche Grillen untersage. Und während viele – ohnehin nicht überlaufene – Fachgeschäfte schließen mussten, drängen sich die Menschen in Supermärkten und vor Eisdielen.

    Unbürokratische Zuschüsse geplant
    Derweil tummeln sich überall die Schwarzseher. Eine wohltuende Ausnahme ist Folker Hellmeyer, Chefanalyst bei Solvecon Invest. Er sagt im [link|https://www.focus.de/finanzen/boerse/folker-hellmeyer-im-interview-boersen-profi-die-schwarzseher-machen-alle-einen-grossen-fehler_id_11789073.html]Interview mit „Focus Online“[/link]: „Die Schwarzseher machen alle einen großen Fehler: Sie tun so, als wäre die momentane Situation mit den Schließungen, Ausgangsverboten und so weiter ein dauerhafter Zustand. Doch das ist Blödsinn.“ Er halte eine Erholung nach etwas sechs Wochen für wahrscheinlich. Und für 2021 rechnet der Experte mit einem „überproportionalem Wachstum“ – trotz aller Herausforderungen. Viele Einzelhändler müssen jedoch erst einmal die kommenden Wochen überstehen. Da ist es ein erfreuliches Signal, dass die Bundesregierung zügig ein Hilfspaket im Umfang von 40 Milliarden Euro auf den Weg bringen soll. Geplant sind unbürokratische Zuschüsse zwischen 9000 und 15.000 Euro (je nach Firmengröße). Auch mehrere Bundesländer legen Notfonds auf, allein Bayern hat bereits ein Zehn-Milliarden-Euro-Programm beschlossen.

    Nachhaltigkeit der Maßnahmen
    Bleibt die Frage, wie sinnvoll und nachhaltig die derzeitigen „Lockdown“-Maßnahmen umgesetzt werden. Ein Kollege aus Nordrhein-Westfalen etwa berichtet mir, in dortigen Supermärkten würden keine Zigaretten mehr verkauft, die Ausgabeautomaten amtlich versiegelt. Der Grund erschließt sich nicht, aber ich vermute, dass es vor allem um Lieferketten geht. Die Geschäfte sollen vorrangig mit als lebenswichtig eingestuften Gütern versorgt werden. Wenn auch Sie solche Beobachtungen machen, freue ich mich über eine Information: [link|mailto:marc.reisner@konradin.de]marc.reisner@konradin.de[/link]

    Uns lesen Sie am Montag wieder.

    Mit herzlichen Grüßen und den besten Wünschen für Sie und Ihre Angehörigen

    Marc Reisner
    Chefredakteur DTZ

    (DTZ 13/20)

  • Wirtschaft braucht jetzt 500 Milliarden

    HAMBURG // Die Corona-Krise zeigt erste Turbulenzen in der Wirtschaft, die Politik verspricht großzügige Unterstützung. „Zu wenig, zu langsam“, sagt der Hamburger Wirtschafts- und Fördermittelexperte Kai Schimmelfeder. Er sieht einen Finanzbedarf von rund 500 Milliarden Euro für die deutsche Wirtschaft.

    „Dieses Geld muss der Staat als nicht-rückzahlbare Zuschüsse an die Unternehmen ausschütten“, so Schimmelfeder. Der aktuell politisch favorisierte Weg über Liquiditätshilfen in Form von rückzahlbaren Sonderkrediten sei falsch. „Es kann nur über geschenktes Geld laufen“, betont Schimmelfeder.

    Geld wird in jedem Fall fehlen
    „Die Höhe des Betrages mag gigantisch sein, wäre aber ein großer Wurf.“ Schimmelfeder ist sich sicher, dass es nur zwei Wege gibt: Jetzt das Geld an die Wirtschaft ausschütten und von erfolgreichen Unternehmen in Form von Steuerzahlungen in der Zukunft wieder zurückbekommen oder in der Zukunft mit Steuerausfällen, Insolvenzen und einer hohen Arbeitslosigkeit kämpfen. „Das Geld wird dem Staat in jedem Fall fehlen“, ist sich der Wirtschaftsexperte sicher.

    Er macht seine Einschätzung fest an Zahlen aus der Finanzkrise von 2008/2009: In deren Folge gingen 255.000 mehr Unternehmen in Insolvenz als normal. Bei durchschnittlich 5,5 Beschäftigten betraf das allein 1,4 Millionen Arbeitsplätze. Bei durchschnittlich ca. zwei Millionen Umsatz pro Unternehmen ergeben sich 511 Milliarden Umsatzausfall, also 511 Milliarden Kaufkraftverlust und 51 Milliarden Ausfall an Ertragssteuern. „Die Folgen für die Banken durch ausfallende Unternehmenskredite sind da noch gar nicht einmal berücksichtigt“, ergänzt Kai Schimmelfeder.

    Psychologischer Effekt

    Einen großen Vorteil im geschenkten Geld sieht er in der Ruhe, die dadurch schnell entsteht – sowohl in der Wirtschaft als auch in der Gesellschaft. Wer weiß, dass er abgesichert ist, werde auch alle Maßnahmen leichter über sich ergehen lassen. „Das ist ein psychologischer Effekt.“

    Wichtig sei aus seiner Sicht auch, die Unterstützung so unbürokratisch und schnell wie möglich zu machen. „Wir sehen bei vielen Fördermittelberatungen, dass Anforderungen zu hoch und Prozesse zu kompliziert sind. Viele Unternehmen steigen deshalb aus den Förderprogrammen aus und verlieren viel Geld, wenn sie nicht professionell unterstützt werden.“

    Unternehmer in der Pflicht
    Die Unternehmer sieht Kai Schimmelfeder allerdings auch in der Pflicht, jetzt zu handeln. Zum einen geht es um die schnelle und qualifizierte Aufbereitung der aktuellen Unternehmensdaten, damit Förderanträge schnell und unbürokratisch bearbeitet werden können, zum anderen um eine Planung für die Zukunft mit einer Überprüfung der Geschäftsmodelle, der Liquidität sowie einer Verstärkung der Innovation. „Wir dürfen jetzt nicht stehen bleiben wie die Kaninchen vor der Schlange“, rät Schimmelfeder, „sondern müssen uns Gedanken über die Zeit nach der Krise machen. Bis dahin sei allerdings die Politik gefordert.

    pi

    (DTZ 13/20)

  • Erste Hilfe für Firmen und Selbstständige

    MAINZ // Schulen, Kindergärten, Kinos, Ämter und Spielplätze bleiben geschlossen – Ausgangssperren sind möglich. Die Einschränkungen betreffen alle. Aber vor allem kleinere Fachgeschäfte kämpfen um ihr Überleben. Ein unvorhersehbares Ereignis wie die Corona-Pandemie kann Kurzarbeit in einigen Betrieben notwendig machen. Aber gilt das auch für Selbstständige? Welche Hilfen gibt es?

    Unterstützung für Handel
    Die Bundesregierung macht sich stark und will Unternehmern in der Corona-Krise unter die Arme greifen. Auf welche Unterstützung können auch kleine Unternehmer oder Einzelkämpfer hoffen? Und was können Arbeitnehmer erwarten?

    Am Freitag, 13. März, haben das Bundesfinanzministerium und das Bundeswirtschaftsministerium ein Maßnahmenpaket zum Schutz der Wirtschaft beschlossen.

    Kurzarbeit
    Ein wichtiger Punkt ist die Erleichterung der Kurzarbeit: Zuvor wurde der Antrag auf Kurzarbeitergeld nur genehmigt, wenn mindestens ein Drittel der Beschäftigten keine Arbeit mehr hatte. Die jetzt vom Staat eingeläutete Erleichterung bedeutet eine Senkung dieser Zahl: Nun reicht es, wenn es um zehn Prozent der Beschäftigten geht (die von einer Kürzung von mindestens zehn Prozent des Bruttogehalts betroffen sein müssen), um den Zuschuss zu beantragen. Wichtig ist, dass es sich um eine vorübergehende und nicht vermeidbare Maßnahme handelt.

    Was ist zu beachten?
    Dabei ist zu beachten: Es muss in der betreffenden Firma einen erheblichen Arbeitsausfall geben. Der Betrieb muss mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigen. Betroffenen Arbeitnehmern darf vor der Kurzarbeit nicht gekündigt worden sein. Der Arbeitgeber muss den Arbeitsausfall im Lauf des Monats anzeigen, in dem die Kurzarbeit beginnt.

    Zunächst müssen auf jeden Fall Zeitguthaben, Überstunden oder ähnliches abgefeiert werden. Nach Experteneinschätzung kann es in einer Pandemie-Situation durchaus möglich sein, dass Arbeitnehmer die Hälfte ihres Urlaubsanspruchs einsetzen müssen.

    Selbstständige
    Dies gilt aber nicht für Selbstständige: Weil Selbstständige nicht in der Arbeitslosenversicherung pflichtversichert sind, haben sie auch keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld.

    Krisenmodus
    Bevor es zu staatlichen Hilfspaketen kommen muss, sollten Selbstständige und Unternehmer jedoch sowieso selbst auf den Krisenmodus umschwenken. Zwei Maßnahmen sind hierfür zentral:
    Einnahmen vorziehen: Wenn Sie noch offene Rechnungen haben, sollten Sie dafür sorgen, dass diese schnellstmöglich beglichen werden. Hierbei heißt es also, Kunden anzurufen und um Verständnis in Zeiten des Coronavirus zu bitten.

    Ausgaben zurückstellen: Für Sie als Unternehmer gilt das Gegenteil. Betriebsausgaben sollten verzögert und zurückgestellt werden. Außerdem sollten Sie in der Krise auf Skonti und Rabatte verzichten.

    kh

    (DTZ 13/20)

  • Politik sorgt für Liquidität

    HAMBURG // Das Hamburgische Weltwirtschafts Institut (HWWI) bringt es auf den Punkt: „Klassische konjunkturpolitische Maßnahmen hierzulande würden im Moment nur begrenzt helfen. Zielorientierter sind zunächst sicherlich die von der Regierung geplanten Hilfen für von der Virus-Epidemie betroffenen Unternehmen.“

    Steuerzahlungen zurückhalten
    Und davon gibt es eine ganze Reihe. Eine Möglichkeit, Liquidität zu erhalten, ist es, Steuerzahlungen zurückzuhalten. Bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe waren die Maßnahmen noch nicht abschließend zwischen Bundesfinanzministerium und den Bundesländern abgestimmt. Aber: Fällige Steuern sollen zinsfrei gestundet werden, sofern die Umsätze als Folge der Corona-Krise eingebrochen sind. Außerdem sollen Vorauszahlungen – insbesondere bei Einkommen- und Körperschaftssteuer, unter Umständen auch bei der Umsatz- und der Gewerbesteuer – unkompliziert herabgesetzt werden. Entsprechende Anträge bieten die meisten IHK. Schließlich sollen Vollstreckungsmaßnahmen gegen Steuerschuldner – etwa Kontopfändungen – bis Jahresende ausgesetzt werden.


    Banken sorgen für Geldfluss

    Auch Banken sorgen für einen Geldfluss in Richtung angeschlagener Firmen. Das geschieht vor allem durch Bürgschaften und Kredite. KfW-Unternehmerkredite und ERP-Gründerkredite etwa sollen schneller und mit gelockerten Bedingungen vergeben werden. Diese Mittel sollen laut Bundesregierung „im Volumen unbegrenzt“ sein. Wirtschaftsminister Peter Altmaier erklärte dazu: „Kein gesundes Unternehmen sollte wegen Corona in die Insolvenz gehen, kein Arbeitsplatz sollte verloren gehen. Wir spannen daher ein umfassendes Schutzschild für Beschäftigte und Unternehmen.“

    Und die deutschen Bürgschaftsbanken versprechen: „Sofern infolge der Corona-Krise Kredite für Ihr Unternehmen notwendig werden, können wir als Bürgschaftsbanken diese in Verbindung mit einer Hausbankfinanzierung ermöglichen.“

    Corona-Soforthilfe
    Noch wissen viele Banken zwar nicht, unter welchen Konditionen sie solche Krisenkredite vergeben könnten, so der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Aber: Einige Landes-IHK stellen ihren Mitgliedern bereits Anträge auf Corona-Soforthilfe für Solo-Selbstständige, kleine Gewerbetreibende sowie Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitern zur Verfügung.

    So kritisch die Lage ist – aus der Politik kommen ermunternde Worte. So sagte Rheinland-Pfalz-Wirtschaftsminister Volker Wissing: „Wir nehmen alle Unternehmen in den Blick, die kleinen, die mittleren und die großen. Gemeinsam mit der Bundesregierung wollen wir Insolvenzen wo immer möglich vermeiden.“ Bundesfinanzminster Olaf Scholz: „Es ist genug Geld da.“

    max

    (DTZ 13/20)