Schlagwort: Politik

  • Liebe Leserinnen, liebe Leser,

    wird Angela Merkel als die Bundeskanzlerin in die Geschichte eingehen, die zum Ende ihrer Amtszeit Deutschland entschlossen durch die Krise geführt hat? Oder werden wir uns an sie als die Politikerin erinnern, die die Bundesrepublik in die größte ökonomische Schieflage ihres Bestehens gesteuert hat? Wir wissen es nicht. Einen pragmatischen Umgang mit der Frage, wie sinnvoll das Berliner Krisenmanagement sei, pflegt die Virologin Karin Mölling.

    Eine Frage des Ermessens
    Im Interview mit der NZZ sagte sie: „Die getroffenen Entscheidungen waren eine Ermessensfrage. Ich suche keine Schuldigen. Ich suche nicht nach Fehlern – ich bin der Ansicht, das war eine so schwierige Situation, in der es viele Möglichkeiten gab. Man hat sich für diese Maßnahmen entschieden, denen habe ich mich dann untergeordnet.“ Ich empfehle unbedingt die Lektüre des gesamten Gesprächs!

    Wettbewerbsverzerrungen
    Mittlerweile ist die erste Woche der Lockerungen im Einzelhandel vorüber. Besonders umstritten ist die Grenze von 800 Quadratmetern Verkaufsfläche. Boris Hedde, Geschäftsführer des IFH Köln, befürchtet Wettbewerbsverzerrungen als Folge der Ungleichbehandlung. Zudem schützten die Restriktionen nicht die kleinen Geschäfte, die stark auf jeden Umsatz angewiesen sind. Vielmehr seien die großen, Frequenz sichernden Handelsunternehmen die Basis für den Erfolg der kleineren Anbieter. Ein interessanter Gedanke.

    Gehen Sie ins Freie
    Meine Empfehlung für Samstag und Sonntag: Gehen Sie ins Freie, so oft Sie können. Amerikanische Wissenschaftler gehen nämlich davon aus, dass Sonnenlicht das Corona-Virus abtötet. Rücken wir ihm also mit natürlichem UV-Licht auf den Leib. Angenehmer Nebeneffekt: Jede Bewegung an der frischen Luft stärkt unser Immunsystem zusätzlich.

    Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende.

    Herzlich
    Marc Reisner,
    Chefredakteur DTZ

  • Liebe Leserinnen, liebe Leser,

    heute beginnt Woche 5 der Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren. Und trotz vorsichtiger Lockerungen bleiben wir die facto im Lock-down.

    Fachleute fragen
    Was sich gerade ändert: Während in den vergangenen Wochen jeder, der Zahlen oder Maßnahmen hinterfragt hat, als „Corona-Leugner“ diskreditiert wurde, kippt die Stimmung und immer mehr Fachleute fragen öffentlich, ob Grund- und andere Rechte wirklich so gravierend gestutzt werden dürfen.


    Eingeschränkte Grundrechte

    Erinnern Sie sich an die Datenschutzverordnung, die vor gar nicht langer Zeit mit großem Trara eingeführt wurde? Sind die geplanten Corona-Apps mit ihr vereinbar? Und was ist mit der unantastbaren Würde des Menschen, mit Freizügigkeit, Recht auf freie Religionsausübung und dem Recht auf Eigentum? Natürlich kann und muss man darüber diskutieren dürfen, inwieweit die Politik in diese Rechte eingegriffen werden darf. Eine Demokratie sollte das problemlos aushalten können.

    Fachhandel und Dampfer-Shops wieder offen
    Warum größere Warenhäuser geschlossen bleiben sollen und kleinere Geschäfte ab heute (Achtung, Föderalismus: gilt nicht überall gleich!) wieder öffnen dürfen, ist weiter rätselhaft. Eine faire Gleichbehandlung sieht sicher anders aus. Ich bin ziemlich sicher, dass sich mit diesen Regelungen auch noch Gerichte befassen werden. Immerhin: Der Tabakwarenfachhandel und Dampfer-Shops dürfen wieder verkaufen. Ein erstes Aufatmen.

    Ich wünsche Ihnen einen wunderbaren Tag.

    Herzlich,
    Marc Reisner,
    Chefredakteur DTZ

  • Liebe Leserinnen, liebe Leser,

    heute ist der Tag der Entscheidungen in Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Länderchefs beraten über Lockerungen und Ausstiegsszenarien. Wichtig wäre es, dem Handel neue Chancen zu bieten. FDP-Chef Christian Lindner hat bereits eine „Öffnung aller Geschäfte unter klaren Regeln“ gefordert. Allerdings dürfte eher eine Politik der kleinen Schritte eingeleitet werden.

    Ich hoffe, die Politiker verlieren nicht aus den Augen, dass es auch um den finanziell sorgenarmen Ruhestand der Generation Boomers und um die Zukunft der Generation Y geht.

    Eine Frage der Sicherheit
    Aber es gibt zwei Meldungen, die Mut machen. So sieht die Deep Knowledge Group Deutschland auf dem weltweit zweiten Platz in Sachen Sicherheit in Zeiten der Corona-Pandemie – vor Südkorea und hinter Israel. Aufgrund der getroffenen Maßnahmen werde Deutschland „nach der Pandemie erhebliche wirtschaftliche Vorteile haben“, hieß es.

    Gründe für Optimismus
    Und der Ökonom Michael Heise rechnet für 2020 mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von vier Prozent. Das klingt viel, ist gegenüber anderen Prognosen relativ glimpflich. Und, so Heise: 2021 dürfte es ein Plus von fünf Prozent geben. Mittelfristig gebe es Gründe für Optimismus, die Situation werde sich schnell wieder entspannen.

    Bis dahin müssen wir die Zähne zusammenbeißen und – mit staatlicher Hilfe – wirtschaftlich überleben.

    Herzlich
    Marc Reisner,
    Chefredakteur DTZ

  • HDE unterbreitet Zehn-Punkte-Plan

    BERLIN // Der Einzelhandel bereitet sich auf die Zeit nach den wegen der Coronavirus-Pandemie erlassenen Ladenschließungen vor und macht in einem Zehn-Punkte-Plan deutlich, wo die Knackpunkte für die Branche liegen.

    Der Handelsverband Deutschland (HDE) betont gemeinsam mit seinen Landes- und Bundesfachverbänden vor allem die große Bedeutung bundesweit einheitlicher Regelungen, die die Händler weder wegen ihrer Branchenzugehörigkeit noch aufgrund der Größe ihrer Verkaufsflächen diskriminieren sollten.

    Einheitliche und klare Regelungen
    „Der HDE fordert von der Politik, die Öffnung aller Einzelhändler zu genehmigen, sobald dies gesundheitspolitisch vertretbar ist. Denn die Unternehmen verlieren durch die Ladenschließungen täglich einen Milliardenbetrag. An den derzeit geschlossenen Händlern hängen 1,7 Millionen Jobs. Wenn die Läden in den Innenstädten noch lange flächendeckend schließen müssen, droht eine gewaltige Pleitewelle“, warnt HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Bei den Regelungen nach den Ladenschließungen gehe es vor allen Dingen um ein gut koordiniertes Vorgehen von Bund, Ländern und Kommunen.

    Die schrittweise Rückkehr zu einem geordneten Geschäftsbetrieb sollte nach einheitlichen, nicht-diskriminierenden Vorgaben für den gesamten Einzelhandel erfolgen. „Lockerungen der Ladenschließung dürfen sich nicht an Betriebsgrößen, Verkaufsflächen oder Einzelhandelsbranchen festmachen. Das führt ansonsten zu Wettbewerbsverzerrungen, Rechtsunsicherheit und kollektiver Verunsicherung“, so Genth weiter Der Handel brauche einheitliche, klare und unkomplizierte Regelungen.

    Konsumschecks und Innenstadtfonds
    Um die zuletzt auf einen historischen Tiefststand gesunkene Konsumstimmung wieder in Schwung zu bringen, fordern die Handelsverbände die Ausgabe von Konsumschecks für die Bürger sowie die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags. „Nach der Phase der Ladenschließungen muss die Bundesregierung der Binnenkonjunktur wieder auf die Beine helfen“, sagt Genth. Das unterstütze nicht nur den Handel, sondern auch den Dienstleistungssektor und die Industrie.

    Mit den Ladenschließungen geraten auch die Innenstädte in Gefahr. Deshalb setzen sich die Handelsverbände für die Zeit nach den Ausgangsbeschränkungen für zusätzliche Anreize ein. Genth: „Es braucht einen Innenstadtfonds, um die Innenstädte vor dem Ausverkauf zu schützen.“ Außerdem sollten die Städtebaufördermittel bis einschließlich 2021 ausgebaut werden.

    Sonntagsöffnung und Schutzmasken
    Außerdem dringt der HDE im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise auf eine völlige Freigabe der Sonntagsöffnung für den Rest dieses Jahres. Die Ladenöffnung an Sonntagen sollte befristet für das Jahr 2020 ohne Auflagen und Beschränkungen zugelassen werden, fordert der HDE von der Bundesregierung.

    Durch die Sonntagsöffnung bekämen insbesondere die von den staatlich verordneten Ladenschließungen besonders hart getroffenen Nicht-Lebensmittel-Händler die Chance, die verlorenen Umsätze zumindest teilweise zu kompensieren. Zudem könnten erweiterte Ladenöffnungszeiten dazu beitragen, das Kundenaufkommen besser zu verteilen und so die Hygienevorschriften und das Abstandsgebot besser einzuhalten.

    Darüber hinaus befürwortet der Handelsverband eine Pflicht zum Tragen von Schutzmasken in der Öffentlichkeit. „Durch die Anwendung klarer Verhaltensregeln und konsequenter Hygienemaßnahmen für Mitarbeiter und Kunden kann die schrittweise Rückkehr zu einem geordneten Geschäftsbetrieb ab sofort ermöglicht werden", betonte HDE-Präsident Josef Sanktjohanser in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel.

    vi

  • Bundes-Soforthilfen stehen bereit

    BERLIN // Die Umsetzung der Bundes-Soforthilfen für Soloselbständige, kleine Unternehmen, Freiberufler und Landwirte durch die Länder steht. Die Anträge [lpdf|102](Musterantrag/Pdf)[/lpdf] können ab sofort abgerufen werden.

    Das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesfinanzministerium haben sich mit den Bundesländern auf den Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung geeinigt [lpdf|104](Verwaltungsvereinbarung/Pdf)[/lpdf].

    Damit können in den nächsten Tagen die Anträge auf Sofort-Hilfe (Pdf 102)bei den unten genannten Ansprechpartnern in den Ländern gestellt werden. Die Auszahlung soll schnell und unbürokratisch erfolgen. Hier geht es zu den Anträgen.

    Das Bundeskabinett hatte vor kurzem Soforthilfen für kleine Unternehmen, Soloselbständige, Freiberufler und Landwirte in einem Umfang von bis zu 50 Milliarden Euro verabschiedet.

    Eine Übersicht über die zuständigen Stellen in den Ländern finden Sie in der nachfolgenden Übersicht.

    Ebenfalls finden Sie nachfolgend einen Kurzüberblick mit den wichtigsten Fragen, z.B. wer einen Antrag stellen kann und welche Angaben für die Antragstellung erforderlich sind.

    Kerninhalte Verwaltungsvereinbarung: Wer kann wo einen Antrag stellen?
    Die Verwaltungsvereinbarung einschließlich der Vollzugsregelungen stellt klar, wer wo seinen Antrag stellen kann und welche Nachweise erforderlich sind. Nachfolgend ein Überblick.

    Antragsberechtigte: sind Soloselbständige, Angehörige der Freien Berufe und kleine Unternehmen einschließlich Landwirte mit bis zu 10 Beschäftigten (Vollzeitäquivalente), die wirtschaftlich am Markt als Unternehmen tätig sind. Sie müssen ihre Tätigkeit von einer inländischen Betriebsstätte oder einem inländischen Sitz der Geschäftsführung aus ausführen und bei einem deutschen Finanzamt angemeldet sein.[lpdf|103](Soforthilfe/Leistungsempfänger/Pdf)[/lpdf].

    Umfang der Soforthilfe: Die Soforthilfe dient der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der Unternehmen und zur Überbrückung von akuten Liquiditätsengpässen in Folge der Corona-Krise. Unternehmen bzw. Selbständige aus allen Wirtschaftsbereichen mit bis zu 5 Beschäftigten können einen einmaligen Zuschuss von bis zu 9.000 Euro für drei Monate beantragen, Unternehmen mit bis zu 10 Beschäftigten einen einmaligen Zuschuss von bis zu 15.000 Euro, ebenfalls für drei Monate.

    Nachweis des Liquiditätsengpasses durch Corona-Krise: Der Antragsteller muss versichern, dass er durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist. Antragstellende Unternehmen dürfen sich nicht bereits am 31.12.2019 in finanziellen Schwierigkeiten befunden haben.

    Auszahlung über die Länder: Länder haben die Umsetzung und Auszahlung der Hilfen übernommen. Eine Liste der Ansprechpartner finden Sie[link|https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2020/03/2020-03-29-PM-Verwaltungsvereinbarung-Soforthilfe-Anlage.pdf;jsessionid=26BD2A68206EBA6BEAB298526D4AA1F6.delivery2-replication?__blob=publicationFile&v=7] hier[/link].

    Unbürokratisches Antragsverfahren. Das Soforthilfe-Programm verzichtet bewusst auf ein bürokratisches Antragsverfahren, um eine rasche und unbürokratische Auszahlung zu gewährleisten. Die Angaben zum Antrag müssen aber richtig sein – Falschangaben können den Tatbestand des Subventionsbetrugs erfüllen und zu entsprechenden strafrechtlichen Konsequenzen führen. Anträge können bei den zuständigen Ansprechpartnern in den Ländern in Kürze elektronisch gestellt werden.

    Antrags- und Auszahlungsfrist. Anträge sind bis spätestens 31.05.2020 bei der zuständigen Landesbehörde zu stellen.

    Kumulierung mit anderen Beihilfen und steuerliche Relevanz: Eine Kumulierung mit anderen Hilfen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ist grundsätzlich möglich. Eine Überkompensation ist aber zurückzuzahlen. Damit der Zuschuss jetzt, wenn es wichtig ist, in vollem Umfang den Unternehmen zu Gute kommt, wird er bei den Steuervorauszahlungen für 2020 nicht berücksichtigt. Zwar ist der Zuschuss grundsätzlich steuerpflichtig, aber das wirkt sich erst dann aus, wenn die Steuererklärung für 2020 eingereicht werden muss, also frühestens im nächsten Jahr. Nur wenn im Jahr 2020 ein positiver Gewinn erwirtschaftet wurde, wird dann auf den Zuschuss der individuelle Steuersatz fällig.

    pi

  • Liebe Leserinnen, liebe Leser,

    manchmal bin ich dieser Tage genervt. Genervt vom täglichen Blick auf die Zahlen, von dem auch ich mich nur schwer freimachen kann. Wo gab es die größten Fallzunahmen? Welches Land hat die mieseste Sterbestatistik wegen Corona? Dabei vergessen wir häufig, dass gerade hinter den Verstorbenen meist nicht nur berührende Einzelschicksale stehen, sondern auch Angehörige und Freunde, die trauern. Vielleicht sollten wir ab und zu innehalten und an diese Menschen denken.

    Schiefes Bild
    Was mich ebenfalls nervt: der derzeitige Hang, Begriffe (wieder) einzuführen. Wer hat sich bloß diesen Schwachsinn mit der „Bazooka“ ausgedacht?! Nicht nur, dass es sich um einen unangebrachten militärischen Begriff handelt – es wird auch noch ein schiefes Bild benutzt. Passender wäre wohl eher etwas wie die (finanzielle) „Streubombe“. Aber das scheint dann doch wieder zu negativ belastet… Und warum sprechen wir plötzlich vom „Social Distancing“? Wieso wird die verschleiernde „Triage“ wieder ausgegraben? Es gibt eine ganze Reihe weiterer Beispiele.

    Unbürokratische Hochform
    Die Politik ist kein Unternehmer. Auch wenn aktuell viele Menschen das gerne so hätten. Die Verantwortung für die eigene Firma bleibt jedoch beim Inhaber. Und diese – zumindest diejenigen, mit denen ich in den vergangenen Tagen gesprochen habe – finden das auch gut so. Die Aufgabe der Politik und insbesondere der Verwaltung ist es, den Unternehmern gerade in der Krise zur Seite zu stehen. Dass da auch Ämter zur unbürokratischen Hochform auflaufen können, ist mehr als erfreulich. So berichtet ein Unternehmer aus Berlin, er habe seine kleine Firma unkompliziert und schnell am Telefon beim Arbeitsamt registrieren lassen können. Und der Mitarbeiter sei obendrein noch sehr freundlich gewesen. Und det in Balin!

    Wechsel der Maxime
    Gestern hatte ich ein längeres Gespräch mit einem führenden Vertreter unserer Branche. Er mahnte, auch in Deutschland müssten wir uns Gedanken machen, wie lange der unbedingte Schutz des menschlichen Lebens Vorrang vor dem ökonomischen Überleben eines ganzen Landes bestehen bleiben könne. Ethiker, Politiker, Mediziner und viele andere diskutieren das bereits. Ein Wechsel der Maxime wäre ein gigantischer Schritt. Andere Nationen sind da viel weiter. In Frankreich etwa werden Corona-Kranke über 80 Jahre nicht mehr beatmet.

    Die Bundesregierung hat spät, aber womöglich nicht zu spät gehandelt. Deshalb könnte uns dieser absolute soziale Katastrophenfall erspart bleiben.

    Und um sie nicht mit so schwarzen Gedanken in den Tag zu entlassen: Öffnen Sie zwischendurch einfach mal ein Fenster und lauschen Sie ins Freie. Der Verkehrslärm hat deutlich abgenommen, das Zwitschern der Vögel untermalt das kalte, aber sonnige Frühlingswetter. Grundsätzlich ist das Leben schön!

    Lassen wir uns nicht unterkriegen.

    Herzlich
    Marc Reisner
    Chefredakteur DTZ

  • Politik sorgt für Liquidität

    HAMBURG // Das Hamburgische Weltwirtschafts Institut (HWWI) bringt es auf den Punkt: „Klassische konjunkturpolitische Maßnahmen hierzulande würden im Moment nur begrenzt helfen. Zielorientierter sind zunächst sicherlich die von der Regierung geplanten Hilfen für von der Virus-Epidemie betroffenen Unternehmen.“

    Steuerzahlungen zurückhalten
    Und davon gibt es eine ganze Reihe. Eine Möglichkeit, Liquidität zu erhalten, ist es, Steuerzahlungen zurückzuhalten. Bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe waren die Maßnahmen noch nicht abschließend zwischen Bundesfinanzministerium und den Bundesländern abgestimmt. Aber: Fällige Steuern sollen zinsfrei gestundet werden, sofern die Umsätze als Folge der Corona-Krise eingebrochen sind. Außerdem sollen Vorauszahlungen – insbesondere bei Einkommen- und Körperschaftssteuer, unter Umständen auch bei der Umsatz- und der Gewerbesteuer – unkompliziert herabgesetzt werden. Entsprechende Anträge bieten die meisten IHK. Schließlich sollen Vollstreckungsmaßnahmen gegen Steuerschuldner – etwa Kontopfändungen – bis Jahresende ausgesetzt werden.


    Banken sorgen für Geldfluss

    Auch Banken sorgen für einen Geldfluss in Richtung angeschlagener Firmen. Das geschieht vor allem durch Bürgschaften und Kredite. KfW-Unternehmerkredite und ERP-Gründerkredite etwa sollen schneller und mit gelockerten Bedingungen vergeben werden. Diese Mittel sollen laut Bundesregierung „im Volumen unbegrenzt“ sein. Wirtschaftsminister Peter Altmaier erklärte dazu: „Kein gesundes Unternehmen sollte wegen Corona in die Insolvenz gehen, kein Arbeitsplatz sollte verloren gehen. Wir spannen daher ein umfassendes Schutzschild für Beschäftigte und Unternehmen.“

    Und die deutschen Bürgschaftsbanken versprechen: „Sofern infolge der Corona-Krise Kredite für Ihr Unternehmen notwendig werden, können wir als Bürgschaftsbanken diese in Verbindung mit einer Hausbankfinanzierung ermöglichen.“

    Corona-Soforthilfe
    Noch wissen viele Banken zwar nicht, unter welchen Konditionen sie solche Krisenkredite vergeben könnten, so der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Aber: Einige Landes-IHK stellen ihren Mitgliedern bereits Anträge auf Corona-Soforthilfe für Solo-Selbstständige, kleine Gewerbetreibende sowie Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitern zur Verfügung.

    So kritisch die Lage ist – aus der Politik kommen ermunternde Worte. So sagte Rheinland-Pfalz-Wirtschaftsminister Volker Wissing: „Wir nehmen alle Unternehmen in den Blick, die kleinen, die mittleren und die großen. Gemeinsam mit der Bundesregierung wollen wir Insolvenzen wo immer möglich vermeiden.“ Bundesfinanzminster Olaf Scholz: „Es ist genug Geld da.“

    max

    (DTZ 13/20)

  • Kassen-Bon-Pflicht

    KÖLN // Die Kassenbonpflicht ab 1. Januar 2020 bewegt die Politik seit einigen Wochen und wird auch in den Medien kontrovers aufgegriffen. Der BVS-Dachverband HDE hat zusammen mit den anderen Spitzenverbänden der Wirtschaft dem Bundesfinanzministerium ein gemeinsames Schreiben vorgelegt.

    Darin wird dargelegt, warum eine Bonausgabepflicht die Unternehmen übermäßig belastet und deshalb entfallen muss.

    Bis diese politischen Bemühungen zum Erfolg führen, gibt der Bundesverband Technik im Einzelhandel (BVT) folgende Verhaltensempfehlung für Handelsunternehmer:

    [bul]Ab 1. Januar 2020 muss auf jeden Fall bei jedem Kaufvorgang ein Kassenbon an den Kunden ausgegeben werden.
    [bul]Kassen müssen über eine elektronische Aufzeichnungsfunktion mit einer Technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) und eine automatische Bonausgabe verfügen. Kassen, die nicht über diese Technische Sicherheitseinrichtung verfügen, dürfen dank eines Nichtbeanstandungserlasses maximal bis zum 30. September 2020 ohne Nachrüstung weiterbetrieben werden.
    [bul]Ab 1. Januar 2020 dürfen die Hersteller von Kassenbon-Thermopapier dem Einzelhandel kein Papier mehr verkaufen, das Bisphenol A enthält. Einzelhändler sollten sich beim Einkauf ihrer Kassenrollen eine entsprechende Zusicherung des Lieferanten geben lassen.

    pi

    (DTZ 52/19)

  • „Das ist reine Symbolpolitik“

    BERLIN // Der Handelsverband Deutschland (HDE) steht dem Kabinettsbeschluss der Bundesregierung für ein Verbot von Plastiktüten ablehnend gegenüber. „Der Einzelhandel hat in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich eine Vereinbarung mit dem Bundesumweltministerium zur Reduzierung von Kunststofftragetaschen umgesetzt. Das jetzt auf den Weg gebrachte Verbot ist reine Symbolpolitik“, sagt HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.

    Tatsächlich hatte der Einzelhandel die Ziele der Vereinbarung sogar übererfüllt. So konnte der Plastiktütenverbrauch seit Inkrafttreten der Selbstverpflichtung des Handels im Jahr 2016 um knapp zwei Drittel reduziert werden. Bei leichten Plastiktüten beträgt der Verbrauch heute nur noch die Hälfte der EU-Zielvorgabe für 2025. Viele Handelsunternehmen haben Einwegtüten komplett ausgelistet und durch Mehrwegangebote ersetzt.

    Ein Verbot wirft laut HDE neue Fragen auf: „Da stellt sich an vielen Stellen die Frage nach umweltfreundlicheren Alternativen“, so Genth weiter.
    Nachhaltigkeitsfragen könnten nicht durch symbolische Verbote gelöst werden. Sollte am Ende an dem Verbot festgehalten werden, sei der Handel zumindest auf eine längere Übergangsfrist als die momentan geplanten sechs Monate angewiesen, um den Abverkauf von bereits produzierten Kunststofftragetaschen zu ermöglichen. „Ansonsten würden Hunderte Millionen Tüten, die noch auf Lager liegen, ungenutzt im Müll landen“, erklärt Genth.

    pdh

    (DTZ 46/19)

  • Der Genießer sucht das authentische Tabakerlebnis

    DORTMUND // Blickt man nur oberflächlich auf das Marktsegment von Pfeife, Pfeifentabak und RBA, könnte man fast zu der Ansicht kommen, die Branche würde zwar nicht stillstehen, aber eben auch nicht in Siebenmeilenstiefeln voranschreiten.

    Echte Innovationen sind derzeit tatsächlich weniger zu entdecken – eine E-Pipe als Gimmick mal außer Acht gelassen. Doch ein Blick auf die Details zeigt durchaus eine positive, ideenreiche und daher auch spannende Entwicklung jedes einzelnen Marktbereichs.

    Stimmung positiv
    Gefragt nach der Stimmung auf der Messe äußert sich Julia Eckert für die Firma Vauen, der letzten verbliebenen deutschen Pfeifenfabrik in Deutschland, positiv. Mancher Händler zeige sich allerdings auch leicht genervt, was die immer größer werdende Messe betreffe. So passe die Präsentation manch neuer Aussteller beispielsweise aus dem Bereich der Shisha-Branche nicht unbedingt zum klassischen Auftritt von Pfeife & Co. Doch schreibt Eckert dies auch der Tatsache zu, dass die Branche eben wachse, wozu wohl auch die Extreme gehörten. Selbst setzte man auf einen gelungenen Mix aus Seriosität und modernem Auftritt, was nicht nur die einzelnen Angebote dokumentierten, sondern auch ein wirklich ansprechend gestalteter Prospekt im DIN-A5-Format mit allen wichtigen Angaben zu den einzelnen Shapes und dem neuen Tabak, der herbstlich-winterlichen Mischung „Crusted Blend“.

    Mut zur Farbe
    Bei Vauen konnte man ein Designmodell bestaunen, allgemein war weiterhin der Mut zur Farbe zu sehen. Außerdem konnte der Messebesucher aktuell ein allgemeines Rückbesinnen auch die klassischen Shapes beobachten. Jeder Importeur oder Hersteller hat seine Preziosen im Angebot: die begehrten Freehands (unter anderem bei Aßmann), preiswerte und -intensivere Serienware, hochwertig gefertigte neue Serien unter anderem aus Italien (Kopp). Zwei Anbieter hatten offenbar die gleiche Idee, nämlich sich vom Jubiläum 90 Jahre Popeye inspirieren zu lassen: Bei Curly & Smooth gibt es eine spinatgrüne (von Vauen produzierte) Pfeifenserie mit dem Konterfei der berühmten Zeichentrickfigur, bei Hauser eine an Popeyes berühmte Maiskolbenpfeife erinnernde Variante aus Bruyère – zwar ohne direkten Hinweis auf den schlagfertigen Seemann, aber mit klarem maritimen Outfit.


    Limitiert Modelle

    Im Feuerzeugangebot legt man Wert auf Design, Wertigkeit und die Verbindung zum Edlen wie Akra mit Produkten von Porsche-Design. Die bunte Welt der Anzünder gab es auch bei Bic, KP Plattner und Hauser zu sehen. Aus Augsburg kommen dabei wieder limitierte Zippo-Sondermodelle. Auffällig ist das Anwachsen der Angebote für den alternativen Rauchgenuss von Hanfprodukten. Dabei haben die Firmen das Thema schon lange aus der Schmuddelecke herausgeholt und bieten neben den klassischen Bongs und Grindern auch ganz edle Modelle in hochwertiger Verpackung an.


    Kaum Überraschungen bei Pfeifentabak

    Beim Pfeifentabak gab es hingegen kaum Überraschungen, sieht man von der bereits gemeldeten Rückkehr der Dunhill-Tabake als Peterson-Mischungen bei der Scandinavian Tobacco Group Deutschland ab. Kohlhase & Kopp setzt weiter erfolgreich auf saisonale und limitierte Spezialmischungen und trifft damit offenbar genau den Nerv, um die Kundschaft von ihren gewohnten Pfeifentabaken weg und zum neugierigen Ausprobieren hinzuführen. Auch dieser Marktteil lebt also nach wie vor und gewinnt vielleicht künftig wieder mehr an Bedeutung, wenn die Politik das Rauchen weiter verteufelt und die Industrie immer mehr auf E-Produkte setzt: Dann nämlich bleibt die Pfeife neben der Zigarre das einzig authentische Tabakerlebnis, das noch immer auf gesellschaftliche Akzeptanz trifft.

    jgw

    (DTZ 40/19)