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  • Staat muss Schwarzmarkt Riegel vorschieben

    WIESBADEN // Im Zuge der Neuregelung des Glücksspiels werden erstmals in Deutschland unter Auflagen auch Online-Casino-, Online-Poker- und Online-Automatenspiele erlaubt. Heinz-Georg Sundermann, Geschäftsführer von Lotto Hessen, zeigt sich offen dafür.

    „Die für 1. Juli 2021 geplante Neufassung des Glücksspieländerungsstaatsvertrags ist grundsätzlich zu begrüßen, hat doch die inkohärente bisherige Regelung einen Vollzug unmöglich gemacht und damit den Schwarzmarkt über Jahre ungehindert zum Blühen gebracht – zum Schaden der Spieler, des Gemeinwohls und des Steuerzahlers“, schreibt er im Vorwort des kürzlich veröffentlichten Geschäftsberichts der staatlichen Lotteriegesellschaft.

    Der Markt für Online-Spiele und -Casinos liegt bei geschätzt 30 Milliarden Euro Umsatz, der für Sportwetten im Internet bei zehn Milliarden Euro.

    Landeslotteriegesellschaften eine Chance geben
    Die Verbote dieser Angebote wertet Sundermann als „Schwarzmarktrealität, wenn rechtsfreie Räume – wie seit fast zwei Jahrzehnten in Deutschland – entstehen“. Deshalb sei es wichtig, auch diese Glücksspielsegmente in den geplanten Staatsvertrag einzubeziehen, sie reguliert zu öffnen und den Landeslotteriegesellschaften die Chance zu geben, ebenfalls hier tätig sein zu können.

    Dabei werde es sehr auf die Ausführungsgesetze ankommen und dass eine nationale Glücksspielaufsichtsbehörde diese regulierte Öffnung auch wirklich für alle reguliert durchsetzen kann und wird. „Ansonsten werden wir den Markt an illegale private Anbieter verlieren, die anders als die staatlichen Anbieter in der Vergangenheit bewiesen haben, dass sie alle durch mangelnden Vollzug existierende Spielräume zu Lasten der vom schnellen Glücksspiel für den Einzelnen ausgehenden Gefahren konsequent ausnutzen“, warnt Heinz-Georg Sundermann.

    Der Geschäftsführer von Lotto Hessen mahnt eindringlich: „Der Staat muss jetzt zeigen, dass er die Kraft hat, endlich entschieden gegen einen weiter wachsenden Schwarzmarkt vorzugehen, zugunsten all derjenigen, die auf ein legales staatliches Glücksspielangebot setzen und dies auch erwarten dürfen.“ vi

  • Liebe Leserinnen, liebe Leser!

    Letztens war ich beim Zahnarzt. Wir kamen ins Gespräch, natürlich auch über Corona und darüber, wie er die ersten Krisenmonate überstanden hat.

    Er berichtete, dass sein Umsatz im März schlagartig um 85 Prozent eingebrochen sei. Noch interessanter aber war sein Hinweis, dass offenbar eine der großen Standesvertretungen die angeschlossenen Mediziner inzwischen aufgefordert hat, nicht mehr so großzügig „Covid19“ als Sterbegrund auf viele Todesbescheinigungen zu schreiben. Das bedeutet, dass einerseits auch deshalb aktuell vergleichsweise wenige Corona-Tote zu beklagen sind. Andererseits weist es darauf hin, dass im Frühjahr vermutlich weniger Menschen dem Virus zum Opfer gefallen sind, als mithin statistisch erfasst wurden. Wir wissen ja längst, dass nicht mehr die tatsächliche Ursache notiert wurde, sobald ein positives Testergebnis vorlag. Ich habe darüber an dieser Stelle berichtet und auch auf die Gepflogenheiten in anderen Ländern, etwa die Opfer von Selbstmorden oder Autounfällen zu den Corona-Toten zu zählen.

    Das statistisch zumindest unsaubere Zählen wäre per se noch nicht so dramatisch, würde es nicht als eine Begründung für immer neue Auflagen und Regeln herhalten müssen. Die wiederum führen, das liegt auf der Hand, zu einer schrumpfenden Wirtschaft. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute haben nun ihre Prognosen fürs laufende und fürs kommende Jahr um jeweils gut einen Prozentpunkt nach unten geschraubt. Das liegt vor allem am „mühsamen Aufholprozess“. Und wenn Nordrhein-Westfalens-Ministerpräsident Armin Laschet (Sie erinnern sich? Das war der mit dem Ruf nach einer frühen Wiederöffnung nach dem Lockdown) mit seinen Unkenrufen über einen erneuten Stillstand zum Jahresende recht behält, dann sind auch die aktuellen Konjunktur-Vorhersagen Makulatur.

    Insgesamt erinnert mich das Streiten in Berlin an eine Grundschule, in der jeder sich unbedingt durchsetzen will. Da wird laut diskutiert und durcheinandergerufen. Der eine führt den Zeugen ins Feld, der andere hat das gehört. Zugleich wird das Grundrauschen der Skeptiker auch in offiziellen Funktionen immer lauter. Und immer mehr Experten trauen sich aus der Deckung und fordern ein Umdenken. Sogar der lange schwer gescholtene Sucharit Bakhdi wird vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen befragt. Bald graben die staatstreuen Medien noch den in Ungnade gefallenen Wolfgang Wodarg wieder aus.
    Unerfreuliche Aussichten …

    Ich wünsche Ihnen dennoch ein wunderbares Wochenende.
    Herzlich, Marc Reisner, Chefredakteur DTZ

  • E-Zigarette gut für Rauchstopp

    BERLIN // Eine neue Studie aus Großbritannien zeigt: E-Zigaretten sind um 70 Prozent erfolgreicher beim Rauchstopp als andere Maßnahmen. Darauf weist der Verband des E-Zigarettenhandels (VdeH) hin.

    In dem aktuellen Update eines Cochrane-Reviews aus dem Jahr 2016 haben die Wissenschaftler insgesamt 50 Studien aus der ganzen Welt einbezogen. Dabei wurde die Wirksamkeit nikotinhaltiger E-Zigaretten mit herkömmlichen Maßnahmen zur Rauchentwöhnung verglichen.

    Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die Rauchentwöhnung mit E-Zigaretten wesentlich besser funktioniert, als das bei Nikotinersatzprodukten wie Pflastern und Kaugummis der Fall ist. Gegenüber diesen herkömmlichen Methoden ist die E-Zigarette um etwa 70 Prozent erfolgreicher, wenn es darum geht, von der Tabakzigarette wegzukommen.

    Eindeutigere Hinweise
    Die Hauptautorin des aktualisierten Reviews, Jamie Hartmann-Boyce, betont: „Seit der letzten Version gibt es deutlich mehr Evidenz zur Rauchentwöhnung. Sie gibt nun eindeutigere Hinweise darauf, dass elektronische Zigaretten mit Nikotin die Chancen auf einen erfolgreichen Rauchstopp im Vergleich zu Nikotinkaugummis oder -pflastern erhöhen können.“

    Eine weitere, besonders wichtige Feststellung wurde in Bezug auf potenzielle Schäden oder unerwünschte Nebenwirkungen durch die Nutzung von E-Zigaretten gemacht. Den Autoren des Cochrane-Reviews zufolge gibt es aktuell keine verlässlichen Nachweise, die auf negative Folgen des Konsums hindeuten würden. Das ist insofern bedeutsam, da häufig vor potenziellen Risiken von E-Zigaretten gewarnt wird. Oft geschieht das lediglich aufgrund von unseriösen, unwissenschaftlichen und unzuverlässigen Veröffentlichungen.

    Wissenschaftliche Faktenlage anerkennen
    Michal Dobrajc, Vorsitzender des VdeH, erklärt: „Dieses Review ist ein Paukenschlag und zeigt, dass die Politik nicht länger auf ideologische Aussagen vertrauen darf. Stattdessen müssen die wissenschaftliche Faktenlage und somit die wesentlich geringere Schädlichkeit der E-Zigarette gegenüber der Tabakzigarette anerkannt werden. Das Potenzial der E-Zigarette beim Ausstieg aus dem Tabakkonsum muss eine zentrale Rolle bei aktuellen und zukünftigen regulatorischen Maßnahmen einnehmen.“

    Cochrane-Reviews sind systematische Übersichtsarbeiten, in denen die Forschungsergebnisse zu Fragen der Gesundheitsversorgung und -politik zusammengefasst werden. Die unabhängige und renommierte Cochrane Tobacco Addiction Group mit Sitz in Oxford ordnet dazu jeweils zahlreiche Studienergebnisse sowohl nach ihrer Relevanz als auch nach der Vertrauenswürdigkeit der Autoren ein. Cochrane-Reviews zählen zum Goldstandard unter den wissenschaftlichen Arbeiten und sind weltweit anerkannt.

    Wichtige Rolle der E-Zigarette
    Wissenschaftler haben auf die Ergebnisse bereits reagiert. So erklärt Lion Shahab, Professor für Gesundheitspsychologie und Co-Direktor der Forschungsgruppe für Tabak und Alkohol am University College London (UCL): „Dieses Review sollte politischen Entscheidungsträgern und Gesundheitsbehörden deutlich machen, dass E-Zigaretten eine wichtige Rolle spielen bei der Reduzierung der Belastungen durch Tabakkonsum.“

    Und John Britton, emeritierter Professor für Atemwegsmedizin an der Universität von Nottingham, ergänzt: „Diese umfassende Überprüfung […] liefert eine endgültige Bestätigung dafür, dass E-Zigaretten Rauchern ein wirksames Mittel zur Raucherentwöhnung bieten, und vielleicht sogar mehr als einige dafür zugelassene Medikamente.“

    Schließlich meint Peter Hajek, Direktor der Abteilung für Tabakabhängigkeitsforschung an der Queen Mary University in London (QMUL): „Die Ergebnisse […] legen nahe, dass E-Zigaretten für viele Raucher ein wirksames Instrument zur Raucherentwöhnung darstellen. Es ist auch wichtig anzumerken, dass in den Studien bis zu zwei Jahre lang keine Anzeichen von Schäden durch die Verwendung von E-Zigaretten festgestellt wurden.“ pi/red

  • Erfreuliche Tabaksteuerstatistik

    BERLIN // Corona sei Dank? Der deutsche Fiskus hat seit Jahresbeginn 10,146 Milliarden Euro Tabaksteuer eingenommen und damit gut ein Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Das Plus ging dabei auf Kosten der Zigarette und war getrieben vor allem durch die Verkäufe von Feinschnitt und Pfeifentabak (inklusive Wasserpfeifentabak).

    Zugleich lässt der Nettobezug von Steuerzeichen im September einen weiter steigenden Absatz erwarten: Die Summe der Steuerwerte kletterte um insgesamt 4,1 Prozent, wobei die Zigarette 1,7 Prozent ausmachte, Feinschnitt 21,2 Prozent. Schwankend zeigt sich in den ersten drei Quartalen der Absatz von Zigarren und Zigarillos. red

  • Brinkmann-Werk schließt

    BREMEN // Nach Informationen des „Weser-Kuriers“ wird die seit 208 Jahren in Bremen ansässige Firma Brinkmann zum Juli 2021 ihre Pforten schließen.

    Aktuell produzieren dort 74 Mitarbeiter im Drei-Schicht-Betrieb Filterhülsen für Zigaretten zum Selberstecken sowie Eindrehfilter für die Selbstgedrehte.

    Das Unternehmen gehört zu Gizeh in Gummersbach, wo man über die F + C Papiervertriebsgesellschaft in Trossingen bei Stuttgart eine Produktion zur Herstellung von Filterhülsen übernommen hat. Dabei handelt es sich um das einstige Efka-Werk, den weltgrößten Hersteller von Zigarettenhülsen.

    Die Entscheidung für diesen Standort bedeutet das Aus für Bremen. Grund sind laut Geschäftsführer Christian Hinz wirtschaftliche Gründe. Für die Beschäftigten soll es einen Sozialplan geben.

    Brinkmann in Bremen produzierte in den 1960er-Jahren Zigarettenmarken wie „Peer Export“ oder „Lord Extra“, nach Medieninformationen die damals meist gerauchte nikotinarme Zigarette weltweit. Nach Einstieg des Ruper-Konzerns, der bis 1972 alle Brinkmann-Aktien übernahm, wurde das Unternehmen Teil von Rothmans International. Als 1999 Rothmans mit British American Tobacco (BAT) fusionierte, firmierte das Bremer Werk fortan wieder unter dem Namen Brinkmann Tabakfabriken GmbH. red

  • Plain Packs in Holland

    DEN HAAG // Immer mehr Länder setzen auf Plain Packaging (Einheitspackungen) bei Zigaretten. Am 1. Oktober haben auch die Niederlande die markenlosen Varianten verpflichtend eingeführt.

    „Ein gesünderes Niederlande“ – darauf arbeiten die Regierungsparteien in den Niederlanden nach eigenem Bekenntnis hin. Im vergangenen Jahr wurde dazu eine Reihe von Präventionsmaßnahmen verabschiedet, die insbesondere junge Menschen vom Rauchen abhalten sollen. Nun sind die ersten gravierenden Maßnahmen in Kraft getreten.

    Für 2022 verbindlich
    Nach den Einheitsverpackungen für Zigaretten werden Plain Packs 2022 auch für Zigarren und E-Zigaretten verbindlich. Zudem schreibt die Regierung immer höhere Preise für Zigaretten vor: In drei Jahren soll er auf zehn Euro pro Schachtel klettern. Um eine Substitution zu verhindern, werden andere Tabakprodukte in einem ähnlichen Rahmen verteuert.

    Ab dem kommenden Jahr wird außerdem die Tabakwerbung eingedämmt: In allen Verkaufsstellen gilt ab dem 1. Januar 2021 ein Werbeverbot für Tabakprodukte. Die Verpackungen müssen dann außerhalb des Sichtfelds der Kunden aufbewahrt werden.

    Zusätzlich werden viele Orte, die zum Lebensumfeld von Kindern und Jugendlichen gehören, in rauchfreie Zonen umgewandelt, das gilt etwa für Schulhöfe und Spielplätze.

    red

  • Wechselhafte Zeiten für Tabak-Anleger

    MAINZ // Die ersten neun Monate des laufenden Jahres verliefen für Investoren sehr wechselhaft. Die Fans von Tabakaktien kamen jedenfalls nicht auf ihre Kosten, vergleicht man die Performances der börsennotierten Konzerne mit dem breit gestreuten MSCI World.

    Weniger Geld bei Konsumenten
    Das ist einerseits erstaunlich, weil in der Krise tendenziell mehr geraucht wurde. Andererseits haben die Konsumenten oft weniger Geld zur Verfügung. Schließlich wirkt sich auch die Konkurrenz durch E-Zigaretten und Tabakerhitzer sowie durch neue Produkte aus.

    Immerhin: Da die Branchenriesen durch die Bank einen Teil ihrer Gewinne in Form ordentlicher Dividenden ausschütten, haben Aktionäre – vor allem mit langer Haltedauer – dennoch Grund zur Freude.

    red

  • Imperial verkauft Produktionsstandort

    TROSSINGEN // Der Tabakkonzern Imperial Brands hat seinen Fertigungsstandort in Trossingen zur Produktion von Filterhülsen unter anderem der Marke EFKA an die F + C Papiervertriebsgesellschaft mbH verkauft.

    Eigentümerwechsel
    Der Eigentümerwechsel erfolgte rückwirkend zum 1. Oktober. Die Käuferin gehört zur niederländischen Unternehmensgruppe Mignot & De Block, in Deutschland vor allem über die Tochtergesellschaft Gizeh Raucherbedarf GmbH bekannt. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.

    Imperial Brands hatte seine Hülsenproduktion in Trossingen im Verlauf der ersten Jahreshälfte 2020 eingestellt. Grund war die anhaltende Unterauslastung der Produktionskapazitäten, bedingt durch rückläufige Produktionsmengen und den Verlust von Handelsmarkenverträgen. Dadurch wurde die Schließung der weltweit letzten Hülsenproduktion in der gesamten Imperial-Gruppe notwendig.

    Marke und Patente bleiben bei Imperial Brands
    Mit der Übernahme des gesamten EFKA-Betriebsgeländes, aller darauf befindlichen Gebäude sowie weiter Teile des aktuellen Maschinenparks samt Ersatzteilen kann der Fertigungsstandort Trossingen – und mit ihm rund 80 Arbeitsplätze vor Ort – nun jedoch perspektivisch erhalten bleiben. Die traditionsreiche Marke EFKA, deren Patente sowie weitere Markenrechte verbleiben im Besitz von Imperial.

    „EFKA war über 108 Jahre ein fester Bestandteil von Trossingen“, erklärte dazu Helmut Rutschke, Geschäftsführer von EFKA. „Unsere Produktion hier einstellen zu müssen, schmerzt persönlich und vor allem mit Blick auf die betroffenen Mitarbeiter nach wie vor sehr. Auf der anderen Seite freuen wir uns, den Standort an einen Käufer übergeben zu können, der die Produktion und damit einen wichtigen Teil der wirtschaftlichen Tradition Trossingens fortführen will.“

    pi

  • „Zum Glück haben alle an einem Strang gezogen“

    BREMEN // Die Corona-Pandemie hat nachhaltige Folgen im Einzelhandel. Diese bekam und bekommt auch der Fachhandelsfilialist Jonas mit Firmenzentrale in Bremen zu spüren.

    Drei Filialen während des Lockdowns geschlossen
    Während des von der Politik beschlossenen Lockdowns im Frühjahr musste das Familienunternehmen drei seiner insgesamt 26 Filialen schließen. Betroffen waren die Geschäfte in den normalerweise sehr stark besuchten Hauptbahnhöfen von Hamburg (zwei Läden) und Lübeck. Mit bis zu 450.000 Fahrgästen und Passanten täglich ist der Hamburger Hauptbahnhof der am stärksten frequentierte Personenbahnhof Deutschlands. Zur Zeit der Zwangsschließungen machte Jonas in diesen drei Filialen keinen Cent Umsatz, hatte aber weiterhin Kosten zu tragen und musste die dortigen Mitarbeiter zu hundert Prozent in die Kurzarbeit schicken.

    Kurzarbeit so wenig wie möglich
    Ansonsten wurde und wird das Instrument „Kurzarbeit“ so wenig wie möglich eingesetzt, unterstreicht Firmeninhaber Martin Jonas. In jenen Läden mit eingeschränkten Öffnungszeiten, wie es bei manchen sogar heute noch der Fall ist, waren und sind die Jonas-Mitarbeiter zu 40 Prozent in Kurzarbeit.

    „Zum Glück haben uns einige Vermieter die Miete für ein paar Monate gestundet, andere zeigten sich hingegen überhaupt nicht gesprächsbereit“, berichtet Jonas, der auch das Entgegenkommen der Bahn in der Corona-Krise lobt. Seine Frau Gaby macht deutlich: „Eine Stundung ist kein Geschenk, denn die Mieten müssen später bezahlt werden. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.“

    Unterschiedliche Vorgaben von Politik und Behörden
    Beide monieren die unterschiedlichen Vorgaben von Politik und Behörden während des Lockdowns. „In der ohnehin äußerst angespannten Lage sorgte ein Wirrwarr von Beschlüssen, die von Bundesland zu Bundesland, von Landkreis zu Landkreis und von Stadt zu Stadt zum Teil sehr verschieden waren für zusätzliche große Probleme“, kritisiert Gaby Jonas. „Unsere Mitarbeiter und wir hätten uns in der Situation klare, bundesländerübergreifende Regelungen gewünscht“, ergänzt ihr Ehemann, der auch Schatzmeister des Bundesverbands des Tabakwaren-Einzelhandels (BTWE) ist.

    An einem Strang ziehen
    Erfreut stellten die beiden fest, dass alle 140 Mitarbeiter zum Glück in der Krise an einem Strang zogen und bis zum heutigen Tag niemand entlassen werden musste. Gerade auch die jüngeren Kräfte inklusive der neun Auszubildenden hätten engagiert Verantwortung übernommen, so dass die älteren und gesundheitlich stärker gefährdeten Mitarbeiter zeitweise zu Hause bleiben konnten.

    Heiße Phase
    „In der heißen Phase der Corona-Krise wurden wir permanent vor neue Herausforderungen gestellt. Manches änderte sich von einer Stunde auf die andere“, so Gaby Jonas. Und ihr Ehemann erläutert: „Wir haben ständig beobachtet, wie es um den Gesundheitszustand unserer Mitarbeiter steht, wie es mit den Warenbestellungen aussieht und genau darauf geachtet, dass auch überall in unseren Filialen die behördlichen Auflagen umgesetzt werden.“

    Massive wirtschaftliche Verwerfungen
    Und über allem schwebte das Damoklesschwert massiver wirtschaftlicher Verwerfungen mit all ihren negativen Folgen – nicht zuletzt für die Mitarbeiter. „Durch diese Pandemie und die damit einhergehenden politischen Entscheidungen sind wir ohne jegliches eigenes Verschulden in eine schwierige Lage für unser Unternehmen und unsere Mitarbeiter geraten. Seit März hat es nur wenige Nächte gegeben, in denen ich gut und sorgenfrei geschlafen habe“, schildert Martin Jonas betrübt und betont: „Wir tragen schließlich Fürsorge und Verantwortung für unsere Mitarbeiter und wollen unser Familienunternehmen über die Corona-Krise hinaus erfolgreich fortführen.“

    Langer Weg in die Normalität
    Jonas rechnet damit, dass es im Bahnhofsbereich noch ein längerer Weg in die Normalität ist. Auch heute noch liege die Besucherfrequenz in den Bahnhöfen unter dem Niveau der Vor-Corona-Zeit. Viele Menschen scheuten wegen des Ansteckungsrisikos Fahrten mit dem Zug.

    Gleichzeitig ist das Ehepaar Jonas fest davon überzeugt, dass die Bahn wegen ihrer Umweltfreundlichkeit das Verkehrsmittel der Zukunft ist und davon letztlich in den kommenden Jahren die Standorte in den Bahnhöfen profitieren werden. „Wenn Deutschland die Klimaziele erfüllen will, kann dies nur gelingen, wenn ein Großteil des Personen- und Lieferverkehrs auf die Bahn verlagert wird“, erklärt Martin Jonas. Vor diesem Hintergrund ist der Bremer Fachhandelsunternehmer zufrieden, dass die Verträge mit der Deutschen Bahn AG für einige seiner Filialen langfristig verlängert wurden.

    Hygiene und Maskenpflicht
    In Sachen Hygieneregeln und Mund-Nasen-Schutz wurden unter anderem jeweils an allen 26 Standorten der sogenannte „Spuckschutz“ eingeführt. In den beiden Filialen im Hamburger Hauptbahnhof gilt darüber hinaus für das Personal Maskenpflicht. „Bei der Hitze im Sommer war das eine enorme Belastung für unsere Mitarbeiter“, sagt Martin Jonas. Die Erstausstattung an Masken für sämtliche 140 Mitarbeiter des Unternehmens hatte Gaby Jonas selbst genäht und darauf mit der neuen Firmen-Homepage www.jonas-tabak.de geworben.

    Zum Thema Maskenpflicht berichteten die Filialleiter des Unternehmens, dass die Kunden sehr unterschiedlich darauf reagiert hätten. Während die meisten den Mund-Nasen-Schutz als notwendiges Übel zum eigenen und zum Schutz anderer akzeptieren würden, hätten manche die Maske erst nach Aufforderung und Diskussionen aufgesetzt. „In einem Fall wurde sogar ein Kunde nach dem Verlassen des Shops von der Bundespolizei in Empfang genommen, weil er sich strikt weigerte, Mund und Nase zu bedecken“, erzählt Gaby Jonas.

    Gutes in der Krise
    Dass die Corona-Krise über die Pandemie hinaus viel Schlechtes, aber auch Gutes zu Tage bringt, wird an einer anderen Geschichte deutlich: Als auf dem Transportweg die Desinfektionsmittel gestohlen wurden, sprang Stephan Endler, der Chef des E-Zigarettenanbieters Niko Liquids, ein, und lieferte kurzfristig Nachschub. „Das hat uns sehr geholfen“, so Martin Jonas. „Und ist ein Beispiel dafür, wie wir durch Solidarität in der Branche gemeinsam die Corona-Krise überstehen können.“

    da

  • Liebe Leserinnen, liebe Leser,

    eine Woche war ich im Urlaub, und jetzt gibt es Einiges zu berichten. Beginnen wir mit einem Beitrag in der ARD, der mir am vergangenen Montag auffiel. Im Corona-Extra kamen auf einmal – sensationell fürs Staatsfernsehen – kritische Stimmen zu Wort.

    Der Virologe-Professor Hendrik Streeck etwa erklärte, Infektionszahlen sagten nur bedingt etwas aus, weil nur ein sehr geringer Teil der Infizierten auch medizinische Hilfe benötigte. Andreas Gassen, Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, kritisierte die Fixierung auf Corona-Zahlen. Der Berliner Lungenmediziner Torsten Bauer vom Behring-Klinikum forderte gar, wir sollten versuchen, von dieser Zahl wegzukommen; vielmehr solle man auf die Zahl der Krankenhaus-Aufnahmen schauen.

    Zahlen-Korrektur
    Damit nicht genug zeigte der ARD-Journalist eine Grafik, dass – im Gegensatz zum April, als der Peak bei rund 20 Prozent lag – derzeit nur etwa rund sechs Prozent der Infizierten ins Krankenhaus müssten. Auch die Todeszahlen rückte der Autor zurecht: Von März bis zum Zeitpunkt der Ausstrahlung waren in Deutschland 9534 Menschen „an oder mit“ Corona gestorben. Allerdings stürben in der Bundesrepublik pro Woche 16.000 bis 20.000 Menschen (im gleichen Zeitraum waren das also etwa 922.000). Noch gibt es den [link| https://www.daserste.de/information/nachrichten-wetter/ard-extra/videosextern/ard-extra-die-corona-lage-344.html]Beitrag[/link].

    Dunkelziffer
    Auch sehr spannend fand ich neue Zahlen aus New York: Die WHO teilte mit, es dürften sich nach neuen Berechnungen bereits rund zehn Prozent der Erdbevölkerung mit Corona infiziert haben. Das wären etwa 20mal so viele, wie bekannt. Klar, dass sich die Zahl der Todesfälle im Verhältnis zur großen Dunkelziffer als nahezu unbedeutend darstellen dürfte. Aber natürlich spielen solche Zahlen auch dem wachsenden Heer der „Corona-Leugner“ in die Hände.

    Aussagen eines Leugners
    Die Aussagen eines solchen Leugners fielen mir jüngst in die Hände. Der Mann behauptete tatsächlich, dass die Empfindlichkeit der PCR-Tests die Pandemie beflügele: „Wenn ein solches Virus zum Beispiel bei einer Krankenschwester mal eben einen Tag lang über die Nasenschleimhaut huscht, ohne dass sie erkrankt oder sonst irgendetwas davon bemerkt, dann ist sie plötzlich eine Infizierte.

    Wo zuvor Todkranke gemeldet wurden, sind nun plötzlich milde Fälle, und Menschen, die eigentlich kerngesund sind, in der Meldestatistik enthalten.“ (Originalzitat mit sehr kleinen redaktionellen Anpassungen).

    Medien-Schelte
    Außerdem, hieß es weiter: „Dazu kommt, dass die Medien vor Ort die Sache unglaublich hoch gekocht haben.“ Und schließlich behauptete er gar noch, interessant seien die echten Fälle: „Ob symptomlose oder mild infizierte Krankenhausmitarbeiter wirklich Virusträger sind, halte ich für fraglich.“

    Ach ja, auch von Desinfektionsmitteln hält der Betreffende wenig: „Anders als zum Beispiel bei Brechdurchfall verursachenden Noroviren, denen nur mit alkoholischen Lösungen beizukommen ist, reichen bei Corona-Viren Wasser und Seife aus.“

    Gesagt hat das alles ein gewisser Christian Drosten 2014 im Interview mit der Wirtschaftswoche. Googeln Sie mal – der [link| https://www.wiwo.de/technologie/forschung/virologe-drosten-im-gespraech-2014-der-koerper-wirdstaendig-von-viren-angegriffen/9903228.html]Beitrag[/link] ist online.

    Tückisches Virus
    Trotzdem: Das Virus ist tückisch. Das zeigen auch Erfahrungsberichte: „Alle Akutbetten seit Wochen belegt“, „Kapazitäten erschöpft“, „jede fünfte Pflegekraft selbst erkrankt“, „Ausnahmezustand“, „Situation im Moment untragbar“, „Ausnahmefall in Schulen, Altenheimen und Betrieben“ oder „Lage angespannt“ lauteten Aussagen in Zeitungen. Manchmal mussten Verletzte nach Verkehrsunfällen lange mit dem Rettungswagen durch die Gegend kutschiert werden, weil die angefahrenen Krankenhäuser sie nicht mehr aufnehmen konnten. Das sind Szenen, die sich in Deutschland abgespielt haben – allerdings im Spätwinter 2018, als die Influenza uns fest im Griff hatte. Dabei, so das Robert-Koch-Institut, lag der Impfschutz damals mit fast 50 Prozent besonders hoch.

    Ich möchte damit nicht Influenza und Corona vergleichen. Ich möchte wieder einmal darauf hinweisen, dass wir die Kirche im Dorf lassen sollten. Und das insbesondere angesichts der Taktik schleichender Schritte, mit der uns Merkel, Söder, Spahn und Co. auf den nächsten Lockdown zutreiben.

    Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende – gehen Sie nach draußen, so oft es möglich ist, und tanken Sie Vitamin D für den Winter.

    Herzlich,
    Marc Reisner,
    Chefredakteur DTZ