Verlags- und Grosso-Vorstände verbreiten Anti-Krisenstimmung / Medienwandel als Herausforderung
BADEN-BADEN (DTZ/kh). Dem gebeutelten Printmarkt setzt neben dem Medienwandel auch die Wirtschaftskrise zu. Im ersten Halbjahr 2009 ging der Absatz im Presse-Grosso um 8,06 Prozent auf 1,377 Milliarden Exemplare zurück.
1,334 Milliarden Zeitungen und Zeitschriften wurden im Zeitraum Januar bis Juni 2009 verkauft. Im ersten Halbjahr ging der Umsatz um 2,29 Prozent auf 1,316 Milliarden Euro zurück.
[pic|183|r|||Podiumsrunde über die Chancen für Print.|||]
Die Zeichen stehen auf Veränderung. Das wurde den Teilnehmern der diesjährigen Grosso-Jahrestagung in Diskussionen oder Vorträgen immer wieder deutlich vor Augen geführt. Doch der Tenor überraschte: Aus jeder Krise lässt sich viel Positives schöpfen.
Neues Vokabular
„Ich halte nichts davon, auf das Krisengejammer einzugehen“, sagte Frank Nolte, 1. Vorsitzender des Verbandes. Und Bernd M. Michael, Präsident Deutscher Marketing Verband und Inhaber eines Büros für Markenarchitektur, ergänzte: „Not und Schmerz hilft wunderbar.“ Der Mensch handle erst in der Krise. Der Werbe-Experte plädierte dafür, statt Krise die „Neue Realität“ ins Vokabular aufzunehmen.
„Wir müssen den Strukturwandel des Grosso selber gestalten“, unterstrich Nolte, denn auch das Ende des „Naturschutzparks“ Tageszeitung sei längst angebrochen, so Michael.
Und darum seien nun Veränderungen dringend notwendig, waren sich die Experten sicher – und dies betreffe Verlage und Grosso ebenso wie Fachhändler.
Kaufanreize schaffen
Kunden wünschten „Orientierungshilfe“ und „Diktat“. „Eine zu große Auswahl verwirrt die Menschen.“ Der Einzelhändler müsse nun mehr tun als zu verkaufen. Er müsse Kaufanreize schaffen, zum Pressetitel anbieten, was dazu passe, so Michael.
Die Angst vor Online als Konkurrenz zu Print hielt die Versammlung für unangemessen, vielmehr muss man das neue Medium als Chance sehen werden. „Online ist eine gute Ergänzung zu Print“, sagte Burda-Vorstand Philipp Welte.
Die Veränderungen seien in vollem Gang. Das neue „Change-Programm“ des Verbandes heißt passend „Fit für die Zukunft“. Es besteht aus den strategischen Feldern Innovation, Effizienz und Service, stellte Frank Nolte es den Mitgliedern und Gästen vor.
Pressevielfalt gewährleisten
„Grundlage unserer Tätigkeit im Kerngeschäft ist auch in Zukunft der medienpolitische Versorgungsauftrag, Pressevielfalt überall zu gewährleisten.“ Im Rahmen des „Change-Programms“ hat das Presse-Grosso eine Leistungs- und Qualitätsoffensive eingeleitet, um antizyklisch das Vertriebsmarketing zur Stärkung des Print-Kerngeschäfts weiter auszubauen.
Die Überarbeitung des „Koordinierten Vertriebsmarketings“, dem gemeinsamen Leistungsrahmen von Verlegern und Presse-Grosso, soll zeitnah abgeschlossen werden. Der Grosso-Verband will darüber hinaus mit Unterstützung externer Fachleute ein branchenweites Qualitätsmanagement einrichten.
Kerngeschäft verlor eine halbe Milliarde Euro
Der Druck auf die Branche ist immens: In den letzten zehn Jahren hat das Grosso fast eine halbe Milliarde Euro im Kerngeschäft verloren. Die angespannte Situation wird in den nächsten Jahren anhalten. Das zeigten beispielsweise auch die besonders harten Margenverhandlungen.
Aus diesen Gründen muss natürlich auch das Presse-Grosso weiter an sich arbeiten. Dazu gehört die Fortsetzung und Fortentwicklung der internen Kosteneinsparprozesse ebenso wie der Ausbau der Kooperationsfelder zwischen den einzelnen Presse-Grossisten.
Im Facheinzelhandel wurde die Qualitätsoffensive erfolgreich voran getrieben, wie Nolte betonte, Aktionen wie etwa zur Bundestagswahl oder zur nahenden Fußball-Weltmeisterschaft wurden initiiert.
Ob „Neue Realität“ oder handfeste Krise, hinter den Kulissen der Presse-Grosso Jahrestagung – bei den Mitgliedern und Gästen – wurde heftig diskutiert.
(DTZ 39/09)
Schreiben Sie einen Kommentar