Hat die EU-Kommission keine wichtigeren Aufgaben zu erfüllen?

Gegenseitige Toleranz statt EU-weite Rauchverbote am Arbeitsplatz

[pic|117|l|||Hans-Conrad Ostermeyer, BdZ-Geschäftsführer: "Die derzeit geltenden Regelungen bieten ausreichend Schutz für Nichtraucher, weiter gehende Regelungen haben nur die Aufgabe, Genießer von Tabakprodukten weiter zu diskreditieren.|||]

BRÜSSEL (DTZ/da). Kaum hat sich die Lage in Deutschland beim Thema Rauchverbote etwas entspannt, schon tauchen erneut dunkle Wolken am Horizont auf, diesmal wieder aus Brüssel. Vladimir Spidla, EU-Kommissar für Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit, will in der Union ein generelles Rauchverbot am Arbeitsplatz einführen. In der Branche sorgen diese Pläne für Kopfschütteln und Empörung.

Die EU-Kommission verfolgt schon lange das Ziel eines europaweiten Rauchverbots aus gesundheitspolitischen Erwägungen. Da ihr aber dafür die Rechtsbasis fehlt, weil Gesundheitsschutz Sache der Mitgliedsstaaten ist, versucht es die Kommission auf dem Weg des Arbeitsschutzes. Bereits im Juli war bekannt geworden, dass die EU-Kommission an einem Vorschlag zur Änderung der Rahmenrichtlinie über Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz „bastelt“. Den Brüsseler Plänen zufolge sollen alle Arbeitgeber in der Europäischen Union sicherstellen, dass der Arbeitsplatz frei von Tabakrauch ist. Darunter würde dann auch die Gastronomie fallen.

[pic|118|r|||Marianne Tritz, DZV-Geschäftsführerin: "Sollte die EU-Kommission EU-weite Rauchverbote am Arbeitsplatz durchsetzen wollen, wird dies zu einer neuen Rechtsunsicherheit und letztlich zu einer völliigen Verunsicherung der Menschen führen.|||]

Die neue Brüsseler Attacke in Sachen Verbotspolitik stößt bei einigen deutschen Politikern auf klare Ablehnung.. Nach Ansicht des CDU-Politikers Gunther Krichbaum, Vorsitzender des Europaausschusses im Bundestag, geht es der EU-Kommission darum, die Zuständigkeit der Nationalstaaten Schritt für Schritt zu unterlaufen. Der Hamburger SPD-Spitzenpolitiker Michael Naumann meint süffisant: Als Kompromiss könnte die Kommission vorschlagen, dass alle Nichtraucher nicht zur Arbeit zu gehen brauchen, aber vom Steuerzahler bezahlt werden, wenn in der Nähe ihres Arbeitsplatzes ein Raucher gesichtet worden ist. Widerstand kündigt auch Markus Ferber, Vorsitzender der CSU-Gruppe im Europaparlament, an.

Auf völliges Unverständnis stoßen die Pläne der Kommission in der Tabakbranche. „Wenn den Damen und Herren in Brüssel angesichts massiver Probleme, mit denen sich die Menschen und die Wirtschaft derzeit konfrontiert sehen, nichts Wichtigeres einfällt, als Rauchverbote zu verhängen, dann entlarven sie sich als Traumtänzer und Ignoranten. Zu einem Zeitpunkt, wo die Welt am Abgrund einer großen Wirtschaftskrise steht, weiter die Verbotskeule zu schwingen und so noch mehr Arbeitsplätze zu vernichten, ist brutal und instinktlos.“ So oder ähnlich lauteten die Kommentare von Firmenrepräsentanten aus der Branche.

[pic|119|l|||Franz Peter Marx, VdR-Hauptgeschäftsführer: "Gegenseitige Verständigung und Toleranz sollten eindeutigen Vorrang vor staatlichem europäischem Zwang haben. Bürogemeinschaften werdnen sich auch ohne staatliche Verbote verständigen."|||]

Mit Erstaunen hat der Bundesverband der Zigarrenindustrie (BdZ) den erneuten Angriff der Kommission auf die Selbstbestimmung der mündigen Bürger in der EU zur Kenntnis genommen. „Die derzeit geltenden Regelungen bieten ausreichend Schutz für Nichtraucher, weiter gehende Regelungen haben nur die Aufgabe, Genießer von Tabakprodukten weiter zu diskreditieren und das bislang tolerante Miteinander von Rauchern und Nichtrauchern zu torpedieren. Es ist bedauerlich, dass die Kommission erneut so offenkundig deutlich macht, dass es ihr nicht um dieses gedeihliche Miteinander geht“, sagt BdZ-Geschäftsführer Hans-Conrad Ostermeyer.

Die Landtagswahl in Bayern habe gezeigt, dass die Bürger es leid seien, sich unentwegt gängeln zu lassen. Und das gelte umso mehr, wenn es sich um realitätsferne Beamte im „Raumschiff Brüssel“ handele. Es sei richtig, dass die Nichtraucher geschützt würden, betont Marianne Tritz, Geschäftsführerin des Deutschen Zigarettenverbands (DZV). Und das werden sie in Deutschland auch durch die Arbeitsstättenverordnung, die dem Rauchen am Arbeitsplatz enge Grenzen setzt. „Sollte die EU-Kommission EU-weite Regelungen für Rauchverbote am Arbeitsplatz durchsetzen wollen, wird dies zu einer neuen Rechtsunsicherheit und letztlich zu einer völligen Verunsicherung der Menschen führen.

Dieses Phänomen kann man derzeit in Deutschland sehr gut beim Thema ,Rauchverbote in der Gastronomie’ beobachten“, führte Tritz weiter aus. Die EU-Kommission tue zwar alles, um die Kompetenzen der Mitgliedsstaaten weiter auszuhöhlen . „Ich denke aber nicht, dass dies die Mitgliedsstaaten hinnehmen werden. Wenn man die aktuelle Entwicklung beim Thema Rauchverbote in der Gastronomie in den Bundesländern sieht, kann ich mir nicht vorstellen, dass die Mitgliedsstaaten neue Verbote aus Brüssel akzeptieren werden“, so die DZV-Geschäftsführerin.

Eine eindeutige Abfuhr erteilt auch Franz Peter Marx, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Deutschen Rauchtabakindustrie (VdR), dem Vorhaben: „Gegenseitige Verständigung und Toleranz sollten eindeutigen Vorrang vor staatlichem europäischem Zwang haben. Bürogemeinschaften werden sich auch ohne staatliche Verbote verständigen.“ Der VdR-Hauptgeschäftsführer verwies ebenfalls auf die in Deutschland bestehende Arbeitsstättenverordnung. Paragraph 5, Absatz 2 dieser Verordnung sehe eine einvernehmliche Regelung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beim Thema Rauchen vor. Auch von daher bestünde überhaupt kein Handlungsbedarf auf EU-Ebene. Im Übrigen habe er zunehmend den Eindruck, dass die EU-Kommission mit dem deutschen Verfassungsverständnis nicht vertraut sei.

(DTZ 44/08)

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