Prävention auf dem Grat zwischen Realismus und Regulierungssucht

Anhörung zum Nationalen Aktionsprogramm zur Tabakprävention

[pic|99|l|||Die Drogenbeauftragte Sabine Bätzing leitete die Anhörung.|||]

BERLIN (DTZ/fok). Am Montag dieser Woche fand in Berlin eine Anhörung des Bundesministeriums für Gesundheit statt. Unter Moderation der Drogenbeauftragten Sabine Bätzing (SPD) standen Empfehlungen des Drogen- und Suchtrates für ein Nationales Aktionsprogramm zur Prävention zur Diskussion. Auf der einen Seite vor allem Abgesandte von NGOs aus dem Gesundheitsbereich, auf der anderen Verbände der betroffenen Genussmittelsektoren. Vormittags ging es um Alkoholprävention, nachmittags um Tabakprävention. Und wie so oft in unserer heutigen Medienlandschaft: Der abstruseste Vorschlag erhielt die meiste Medienresonanz.

Er stammte von der Deutschen Ärztekammer und lautet auf einen Kurznenner gebracht: „Raucher sind generell als Kranke einzustufen und einen fachgerechten Einsatz einer begleitenden medikamentösen Therapierung haben bitteschön die Krankenkassen zu zahlen.“ 20 Millionen Deutsche per Definition krank, unmündig und daher therapiebedürftig, das wäre ein Höhepunkt der Raucher-stigmatisierung und gleichzeitig wie eine Lizenz zum Gelddrucken für die deutschen Ärzte. Ein durchsichtiger Vorschlag also, um die Ärztebudgets aufzufüllen, wie weiland der Ruf nach einem Raucher-Pfennig, der aus der gleichen Ecke kam. Marianne Tritz, Geschäftsführerin des Deutschen Zigarettenverbandes (DZV) brachte mit ihrer Einschätzung „Da ist schon der Vorschlag krank!“ das Thema auf einen zutreffenden Nenner. Weniger spektakulär, aber erheblich ernster zu nehmen waren andere Vorschläge, die unter der Moderation der Drogenbeauftragten vorgetragen wurden und zu denen die Verbände der Tabakwirtschaft Fragen beantworten und kurze Statements abgeben konnten.

Dabei ging es zum einen um die weitere Einschränkung der noch verbliebenen Markenkommunikation für Tabakwaren, mit dem Fokus auf ein generelles Verbot der Außenwerbung und weitere zeitliche Einschränkungen der Kinowerbung. Während sich DZV und der Verband der deutschen Rauchtabakindustrie (VdR) ablehnend äußerten, weil hier ein Element des Wettbewerbs eliminiert und die Verbraucherinformation in Frage gestellt werde, hatte Philip Morris keine Einwände gegen einen solchen Schritt, wenn auch weiterhin gewährleistet sei, erwachsene Konsumenten am Verkaufsort und im Direktkontakt über Produkteigenschaften zu informieren. Die Einführung bildgestützter Warnhinweise wird von den Tabakverbänden ebenfalls abgelehnt.

Der VdR hält einen solchen Schritt für übereilt und unverhältnismäßig, seine Wirksamkeit sei umstritten und wissenschaftlich nicht ausreichend untersucht.

Gegen Vorschläge für eine Anhebung der Steuerbelastung auf Tabakerzeugnisse, speziell auf Feinschnitt, äußerten DZV und VdR erhebliche Bedenken, vor allem, weil hierdurch Schmuggel und Grenzeinkäufe erneut angeheizt würden und neben dem Puffereffekt von Feinschnitt auch die Fiskalität der Tabaksteuer gegen solche Steuererhöhungen spreche. Philip Morris wiederum plädierte für eine ausgewogene Besteuerung der verschiedenen Produktkategorien, damit es bei etwaigen Erhöhungen der Tabaksteuer nicht zu weiteren Konsumverschiebungen komme.

Eine vorgeschlagene Ausweitung der Selbstbeschränkung bei den Standorten der Zigarettenautomaten unter dem Blickwinkel des Jugendschutzes ist nach Darstellung des BDTA nicht zielführend, weil die im Einsatz befindliche Jugendschutztechnik das Verkaufsverbot an Jugendliche sicher gewährleistet. Die Drogenbeauftragte will die im Rahmen der Anhörung zur Verfügung gestellten Unterlagen weiter auswerten und bis zum Jahresende einen Finalbericht vorlegen, der dann als Grundlage für ein offizielles Regierungsprogramm dienen soll.

(DTZ 38/08)

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