Verfassungsrichter kippen Nichtraucherschutzgesetze

Rauchverbote für Eckkneipen und Diskos sind verfassungswidrig

[pic|63|l|||Sieg vor Gericht: Kneipenbesitzerin Sylvia Timm, eine der Klägerinnen, raucht nach dem Urteil erst einmal eine Zigarette.|||]

KARLSRUHE (DTZ/fok). Schulterklopfen bei den klagenden Wirten, verbiesterte Gesichter bei den Landesvertretern: Das Bundesverfassungsgericht hat die Nichtraucherschutzgesetze in Baden-Württemberg und Berlin für verfassungswidrig erklärt und damit den klagenden Wirten aus Tübingen , Berlin und Heilbronn recht gegeben. Da die drei verhandelten Fälle repräsentativen Charakter haben, müssen nun die Nichtraucherschutzgesetze in fast allen Bundesländern geändert werden.

Hierfür haben die Landesgesetzgeber bis Ende 2009 Zeit. Nach dem Richterspruch darf damit ab sofort in Einraumkneipen wieder geraucht werden, wenn der Wirt dies will. Und zwar dann, wenn die Lokale maximal 75 qm Fläche haben, keine Speisen verabreichen und nicht über einen abgetrennten Nebenraum verfügen. Außerdem darf der Zugang nur über 18-Jährigen gestattet werden und die Kneipe muss sich deutlich als Raucherkneipe kennzeichnen.

In einem zweiten Fall erklärten die Richter das generelle Rauchverbot in Diskotheken in Baden-Württemberg ebenfalls für verfassungswidrig. In Diskotheken, die nur über 18-Jährigen Zutritt geben, dürfe ein getrennter Raucherraum eingerichtet werden, wenn es in diesem keine Tanzfläche gebe. Die Karlsruher Richter sehen in den derzeitigen Regelungen der Nichtraucherschutzgesetze einen klaren Verstoß gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit. Bei der Formulierung der Gesetze hätten die Länder nicht ausreichend die Belastungen der Betroffenen berücksichtigt. Viele Einraum-kneipen haben seit In-Kraft-Treten der Rauchverbote massive Umsatzrückgänge zu verzeichnen.

Allerdings gibt es auch einen Wermutstropfen im Urteil des Verfassungsgerichts. Denn in der Begründung wird verdeutlicht, dass es hier um die Abwägung zweier Grundrechte gehe: Das der Freiheit der Berufsausübung und das des öffentlichen Gesundheitsschutzes. Dies impliziere zwei Lösungswege: Entweder die Auflockerung der Gastrorauchverbote durch die Freistellung der Eckkneipen bei der Wahl, ob sie eine Raucher- oder eine Nichtraucherkneipe führen wollen. Oder eine strengere Konzeption des Nichtraucherschutzes, was auf ein weitgehendes Totalverbot hinauslaufen könnte.

Die Diskussion über die einzuschlagenden Wege wird also weitergehen, eine Chance vor allem für die betroffene Gastronomie, ihre Argumente für die Bedeutung des Kulturgutes Rauchen in ihren Räumen vorzutragen, die auch von breiten Kreisen der Wahlbürger mitgetragen wird.

(DTZ 31/08)

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