Schlagwort: Überregulierung

  • Konservativ und erfolgreich

    GEISENHAUSEN // Was kommt in den kommenden Monaten auf die Tabakbranche zu? Diese und viele weitere Fragen stellte DTZ Patrick Engels, Geschäftsführender Gesellschafter von [link|https://www.poeschl-tobacco.com/]Pöschl Tabak[/link] in Geisenhausen.

    Herr Engels, wie beurteilen Sie den deutschen Markt für Tabakwaren aktuell?
    Patrick Engels: Unterm Strich ist der Markt sehr stabil. Allerdings sehen wir zum Beispiel, dass der illegale Handel wieder zugenommen hat; während Covid spielte der ja aufgrund der geschlossenen Grenzen praktisch keine Rolle.

    Und ich glaube, die Abschottung während dieser Zeit hatte für die Branche noch einen Vorteil …
    Engels: Ja, was mich durchaus freut, ist, dass die Pufferfunktion zwischen Feinschnitt und nicht in Deutschland versteuerten Produkten, über die wir seit Jahrzehnten sprechen, sich gerade während Covid absolut bewahrheitet hat. Also: Viele Konsumenten, die sich früher im Ausland ihre Produkte beschafft haben, haben zwangsläufig wieder in Deutschland gekauft und dort verstärkt auf Markenprodukte zurückgegriffen. Insofern fühlen wir uns da absolut bestätigt.

    Jetzt haben Sie über Zigarette und Feinschnitt gesprochen …
    Engels: Genau. Auch der Schnupftabakmarkt ist relativ stabil. Leider hat Bernard, die älteste Manufaktur in Deutschland, aufgrund von Track & Trace geschlossen – was ich bei aller Konkurrenz sehr schade finde. Zum Thema Pfeifentabak nur so viel: Da geht es leider seit Jahren bergab, ich schätze, dass sich der Markt in den vergangenen 40 Jahren gefünftelt, wenn nicht sogar gesechstelt hat.

    Traurig.
    Engels: Ja, weil die Pfeife natürlich ein absolutes Kultur- und Genussgut ist. Aber durch die Rauchverbote, speziell in der Gastronomie, finden die Konsumenten immer weniger Zeit und Muße, eine Pfeife zu rauchen – zumal das ja etwas länger dauert. Und immer vier oder fünf Pfeifen mitzunehmen, die ein passionierter Raucher so braucht, macht die Sache nicht unbedingt leichter.

    Auch hier greift seit Mai Track & Trace?
    Engels: Sowohl beim Schnupftabak als auch beim Pfeifentabak.

    Wie ist die Umstellung bei Ihnen gelaufen?

    Engels: Ich finde, wir haben die Sache ganz gut geregelt. Die Kosten allerdings sind absolut unverhältnismäßig. Dazu kommt, dass diese Produkte de facto nicht geschmuggelt werden. Da stellt sich dann schon die Frage, ob das alles Maß und Ziel hat. Und dann stellt sich vor ein paar Monaten die zuständige Kommissarin in Brüssel hin und sagt mehr oder weniger deutlich, dass die ganze Sache eigentlich nichts bringt.

    Wie bitte?
    Engels: Ja, tatsächlich. Was ich außerdem sehr, sehr schade finde: Viele kleinere und mittlere Unternehmen haben aufgrund von Track & Trace die Segel gestrichen oder werden sie noch streichen. Auch die Produktvielfalt dürfte zurückgehen, weil das Geschäft mit Kleinstmengen oder mit speziellen Verpackungen unter Track & Trace nur selten sinnvoll ist.

    Wie setzen Sie die Vorschriften denn bei so kleinen Verpackungen wie denen für Schnupftabak um?
    Engels: Dazu muss ich sagen, dass wir mit gewissen Formaten schon unsere Sorgen hatten. Denn die vorgeschriebenen Kodierungen passen kaum auf die Dosen. In die Lösung haben unsere Mitarbeiter wirklich viel Gehirnschmalz gesteckt. Das macht mich stolz.

    Track & Trace ist ein ökonomischer Hemmschuh?
    Engels: Ja, man kann getrost sagen, dass Track & Trace staatlich regulierte Wettbewerbspolitik ist.

    Und dabei waren Sie aufgrund Ihrer Erfahrungen mit Feinschnitt und Zigarette wahrscheinlich noch in einer relativ angenehmen Situation?
    Engels: Was Pfeifentabak betrifft – da sind die Formate denen von Feinschnitt recht ähnlich. Aber der Schnupftabak war wirklich Neuland. Auch hier ein toller Job unserer Belegschaft. Da mussten wir über die Maschinen reden, da mussten wir über die Formate reden, da mussten wir natürlich über den geringen Platz sprechen. Es sind ja nicht nur die Track & Trace-Codes, die wir aufbringen müssen, sondern noch andere Dinge, etwa das Sicherheitsmerkmal. Das macht die Sache wirklich schwierig. Unterm Strich ist Track & Trace für mich ein Rohrkrepierer.

    Lassen Sie uns über Nikotin-Pouches sprechen. Die sind in Deutschland nicht erlaubt …
    Engels: Ein schwierig zu beurteilender Markt. Die Gesetzeslage in Europa ist so unterschiedlich, dass ich nicht zu sagen vermag, ob es jemals zu einer einheitlichen Positivregulierung kommt.

    Wie beurteilen Sie denn die Konkurrenz durch die neuartigen Erzeugnisse?
    Engels: Ach, ich habe prinzipiell etwas gegen Verbote. Sofern diese Produkte legal sind, haben sie eine Marktberechtigung. Wie das dann ausgestaltet wird, ist eine andere Geschichte. Was mich persönlich sehr stört: Ich halte die Herangehensweise, die man derzeit auf dem Markt sieht, teilweise für widersprüchlich und inkonsequent.

    Inwiefern?
    Engels: Vor der Europawahl wurde ganz Berlin zugepflastert mit sogenannten Billboards: Deutschland hört auf zu rauchen. Dabei muss man berücksichtigen, dass das alles mit Erlösen aus dem Tabak finanziert wird. Das ist in meinen Augen inkonsequent. Meine Botschaft an gewisse Tabakunternehmen: Falls der ein oder andere seine klassischen Tabakmarken nicht behalten will, stehen wir Gewehr bei Fuß.

    Sie blicken offenbar optimistisch auf die Zukunft des Tabaks.
    Engels: Ja, der klassische Tabak wird immer bestehen bleiben. Was andere Kategorien betrifft, bleibt die Entwicklung abzuwarten. Wie gesagt: Ich bin ein großer Verfechter des Wettbewerbs.

    Auch der wird ja eingeschränkt. Wie beurteilen Sie denn den aktuellen Stand der Regulierung?
    Engels: Die aktuelle TPD ist ja genau zehn Jahre alt. Das war damals ein ziemlicher Schlag ins Kontor mit vielen Aspekten, die ich bis heute nicht nachvollziehen kann. Zum Beispiel, dass man die Aromen nicht mehr auf Pfeifentabak- und Schnupftabak-Packungen schreiben darf. Und die Warnhinweise halte ich nach wie vor für überzogen.

    Dafür mussten andere Angaben weichen.
    Engels: Genau, die Informationen über Inhalte.

    Das waren die Teer-, Nikotin- und Kohlenmonoxidwerte.
    Engels: Das Argument war, dass Konsumenten sich dadurch fehlgeleitet fühlen könnten. Ich halte das für Blödsinn. Jedenfalls haben wir uns mit der TPD2 arrangiert. Jetzt bleibt abzuwarten, was die TPD3 bringen wird, was auch davon abhängt, wie sich die neue EU-Kommission aufstellt und wer dann am Ruder sein wird.

    Einfacher wird es aber wohl nicht?
    Engels: Nein, was Brüssel betrifft, habe ich den Eindruck, dass der vielversprochene Demokratieabbau nicht stattgefunden hat. Ganz im Gegenteil. Und das gilt übrigens auch für Berlin. Nehmen Sie nur das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das ist doch Wahnsinn. Zumal gerade wir als Pöschl ein so tiefes Sorgfaltssystem haben. Mit Blick auf die Corporate Social Responsibility haben wir schon seit Jahrzehnten viele Maßnahmen umgesetzt, aus eigenem Interesse heraus. Da braucht es kein Gesetz, um ein paar schwarzen Schafen das Handwerk zu legen.

    Haben Sie ein Beispiel für Ihr nachhaltiges Handeln?
    Engels: Wir kaufen zum Beispiel unseren Rohtabak grundsätzlich nur gegen Zertifikate, dass dort keine Kinderarbeit stattfindet. Das ist für uns eine Frage des Ethos. Und ich glaube, die 122-jährige Geschichte unseres Hauses zeigt, dass wir richtig lagen und liegen.

    Tabak gibt es seit mehr als 530 Jahren in Europa. Aber der Konsum wird den Menschen zunehmend vergällt.
    Engels: Dabei gehört Tabak einfach für viele zum Leben. Natürlich sollte man niemanden damit belästigen. Aber wenn ein Erwachsener für sich die Entscheidung getroffen hat, rauchen zu wollen, dann soll er das auch bitte tun dürfen.

    Stattdessen wird man oft kritisch beäugt.
    Engels: Diese moralische Bevormundung, die teilweise vorherrscht, geht mir oft ziemlich gegen den Strich, weil sie für mein Gefühl meist unehrlich ist.

    Wie empfinden Sie denn die Situation für Ihr Unternehmen als Mittelständler?
    Engels: Das Thema Überregulierung ist nicht nur im Tabakbereich problematisch. Was wir auch sehen, ist die Energieproblematik, die auch alle Unternehmen betrifft. Und ein ganz großes Problem ist das Thema Arbeitskräftemangel. Das ist flächendeckend zu sehen, egal ob in einer Großstadt oder in einem eher ländlichen Raum, wie dem, in dem wir beherbergt sind. Und das macht es oft schwierig.

    Woran liegt das?
    Engels: Die Bildungspolitik spielt auf jeden Fall eine gewisse Rolle. Und ich bin niemand, der sagt: Früher war alles besser. Dennoch erkenne ich einen gewissen Zeitenwechsel. Das macht mir schon Sorge. Außerdem glaube ich, dass der Stellenwert des klassischen Facharbeiters bei uns in Deutschland viel zu wenig gewürdigt wird. Das ist im Ausland anders. Hier muss steuernd eingegriffen werden. Und die Schulausstattung, das hat ja auch Covid gezeigt, ist teilweise grottig.

    Moment, die Jugend studiert zu viel?
    Engels: Ich möchte nicht sagen, dass die Jugend zu viel studiert. Aber vielleicht sollte man mal sagen, dass nicht jeder Akademiker werden muss. Gerade als Facharbeiter, als Handwerker kann man oft sicher mehr Geld verdienen oder einen anderen Stellenwert im Job haben als in der – in Anführungszeichen – Akademikerblase. Jedenfalls ist der Bildungsstandort Deutschland, der früher immer hoch gelobt wurde, in den vergangenen Jahren etwas verkommen. Da gibt es Handlungsbedarf. Natürlich kostet das alles Geld, keine Frage. Aber dieses Geld ist vernünftiger investiert, als wenn wir es etwa in die Bürokratie stecken.

    Jetzt sind wir bei der Landes- und Bundespolitik. Wie sehen Sie insgesamt die Situation in Deutschland?
    Engels: Zunächst muss ich sagen, dass es ein positives Zeichen war, dass so viele Menschen zur Europawahl gegangen sind. Wie sich die Mehrheitsverhältnisse in Zukunft entwickeln werden, das ist schwer zu sagen. Feststeht, dass die Spaltung innerhalb der Gesellschaft kein gutes Licht auf Deutschland wirft.

    Mit Blick auf die anstehenden Bundestagswahlen sind schwer Prognosen möglich …
    Engels: Diese sogenannten Dreierkoalitionen oder Mehrparteienkoalitionen sind generell schwierig, insbesondere wenn die Parteien aus so komplett verschiedenen Lagern kommen, wie man es an der Ampel sehen kann. Diese gibt kein sehr gutes Bild ab.

    Offensichtlich erreicht sie mit ihrer Politik die Bürger nicht.

    Engels: Auch, weil die Persönlichkeiten fehlen. Erinnern Sie sich, wie es früher im Bundestag zugegangen ist. Das waren doch alles Leute, die eine Position hatten und diese Position auch vertreten haben. Heute herrscht dagegen ein ziemlicher Mainstream vor.

    Wenigstens zeigen sich wieder mehr junge Leute politisch engagiert. Das ist ja keine Selbstverständlichkeit.
    Engels: Und ich habe mich bei der Europawahl sehr gefreut, dass so viele junge Leute – für mich unerwartet – die Union gewählt haben. Früher war es eigentlich immer so, dass die jungen Leute tendenziell eher alternativ gestimmt haben. Deutschland ist eben nach wie vor ein konservatives Land.

    Und die SPD?
    Engels: Hat gerade bei der Europawahl eine reine Klientelpolitik gemacht für die 15 Prozent, die sie noch haben.

    Sie selbst sehen sich als konservativ?
    Engels: Ja, und als relativ altmodischer Mensch; ich hab‘ kein Whats-App, ich hab‘ kein LinkedIn, kein Instagram … Ich hab‘ halt mein Handy, das ist mein Telefon, mein E-Mail-Account, mein Wecker und damit hat‘s sich. Ich trauere immer noch meinem Blackberry hinterher.

    Da sind Sie nicht allein. In welchen anderen Politikfeldern sehen Sie akuten Handlungsbedarf?
    Engels: Wir schreiben das Jahr 2024, wir haben all die Gräueltaten, all die Auseinandersetzungen des 20. Jahrhunderts hinter uns – aber die Menschheit wird einfach nicht vernünftiger. Das verstehe ich nicht. Deshalb muss die Außenpolitik besser werden. Und mit Blick auf die Wirtschaftspolitik brauchen wir einen Bürokratieabbau und definitiv keine neuen Steuern. Wir sollten wieder mehr auf die Kräfte des Marktes vertrauen und weniger auf Regulierung. Diese Kräfte des Marktes und gegenseitige Wertschätzung sollten das Maß der Dinge sein.

    Eingriffe des Staats ins wirtschaftliche Handeln waren in der Regel nicht besonders erfolgreich …
    Engels: Absolut. Und das führt mich jetzt zurück zu den Themen Wettbewerb und Mittelstand. Unser Unternehmen ist natürlich nicht börsennotiert. Das heißt, wir haben nur eine einzige Möglichkeit, Umsatz zu machen und Geld zu verdienen, auch um etwa die Löhne zu bezahlen – das ist unser originäres Geschäft. Wir sind vielleicht nicht das top-innovative Unternehmen, wie es andere in anderen Wirtschaftsbranchen sind. Aber wir nehmen uns die Zeit und wägen ab, ob wir ein Vorhaben oder eine Idee wirklich umsetzen oder nicht. Denn wenn wir etwas machen, dann soll es auch Erfolg haben. Deswegen muss man Dinge bis zum Ende denken. Am Ende des Tages haben wir als Mittelständler die Verantwortung für unsere Mitarbeiter. Wenn wir die Kiste gegen die Wand fahren, dann ist davon ein Haufen andere Leute betroffen.

    Wie viele sind das bei Ihnen?
    Engels: Wir haben mittlerweile weltweit rund 950 Mitarbeiter, vor allem in Europa. Wenn Sie da im Schnitt noch einen Partner haben oder Kinder mit draufrechnen, kann man sich sehr leicht ausrechnen, wie viele Leute betroffen wären.

    Die Bedeutung der KMU in Deutschland wird auf vielen Ebenen unterschätzt.
    Engels: Absolut richtig. Übrigens: Sie haben KMU angesprochen. Ich finde diese Größenklassen unpassend. Ich bevorzuge den Ausdruck Mittelstand, denn Mittelstand ist für mich keine Frage der Größenordnung, sondern das ist eine Frage der Geisteshaltung, der Denkhaltung. Darauf hat Deutschland immer gefußt, und ich glaube, darauf sollten wir wieder mehr achten, speziell in der Politik.

    Was sind Ihre wichtigsten Anliegen, Ihre Botschaften als Unternehmer?

    Engels: Wir müssen die Inkonsequenz beenden. Wer propagiert, er wolle keinen Tabak mehr, sollte es dann auch bleiben lassen.

    Okay. Und?
    Engels: Steuererhöhungen, in welcher Art und Weise auch immer, seien es Tabak oder andere Dinge, sollten tunlichst unterlassen werden. Sie tun weder der Wirtschaft noch der Gesellschaft gut. Und Steuererhöhungen aus ideologischen Gründen …

    … etwa, um Rauchverbote durch die Hintertür umzusetzen …
    Engels: … sind umso schlimmer. Das beste Beispiel sind Frankreich, Belgien und die Niederlande. Dort zeigt sich, dass der Staat wirklich ganze Bereiche kaputt machen kann, ohne dass er seine vorgeblichen Ziele erreicht.

    Und Ihr Unternehmen betreffend?
    Engels: Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es das Haus Pöschl auch in der fünften Generation noch geben wird. Und gleichzeitig freut es mich, und das will ich an dieser Stelle auch so sagen, dass wir eine so treue Händler- und Konsumentenschaft haben, die unsere Produkte gerne mag. Und das macht mich stolz.

    Ein wunderbares Schlusswort. Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Engels. 

    max

  • BDTA: Tolles Branchentreffen

    DRESDEN // Auf Einladung des [link|https://www.bdta.de/]Bundesverbandes Deutscher Tabakwaren-Großhändler und Automatenaufsteller (BDTA)[/link] kam die Branche jetzt zur jährlichen Unternehmertagung in Dresden zusammen. DTZ war vor Ort.

    Eigentlich wollte Michael Reisen-Hall, der Präsident des BDTA, gar nicht auf die Stimmung drücken. Aber viel Positives hatte er nicht zu berichten. In seiner Begrüßung wies er im Taschenbergpalais darauf hin, dass die vergangenen Jahre durch gravierende Ereignisse geprägt worden waren: 2021 Corona, 2022 die Zeitenwende durch den Ukraine-Konflikt, 2023 die Gesellschaftswende und auch 2024 stehe unter den Vorzeichen immer neuer Probleme. Reisen-Halls recht düsteres Zwischenfazit: „Unser Land funktioniert nicht mehr.“ Dabei verwies er auf den Wohnraummangel, eine unzureichende Verkehrsinfrastruktur und eine ganze Reihe weiterer Aspekte. Immerhin: „Individuell geht es immer noch vielen Menschen gut“ – was unter anderem an der Sparquote, den Vermögen und der Arbeitsplatzsituation erkennbar sei.

    Track & Trace und andere Themen
    Bei seinem eher skeptischen Ausblick streifte Reisen-Hall auch die Themen Überregulierung und überzogene Maßnahmen. In diesem Zusammenhang führte er aus: „Wir sind Unternehmer – und für uns wird jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf getrieben.“ Das beginne bei Track & Trace, reiche über die Forderungen der Berufsgenossenschaften und höre beim Gendern und bei Initiativen wie der der Tierschutzorganisation Peta zum Verbot von Karusselltieren noch lange nicht auf. Auf den Staat kämen daher große Aufgaben zu. Reisen-Halls Aufforderung: „Wir müssen angesichts aller Herausforderungen die Zuversicht bewahren.“

    Andreas Lukasch, seit rund einem Jahr stellvertretender Vorsitzender des BDTA, hieß die Teilnehmer ebenfalls willkommen und wies darauf hin, dass der Tagungsort Dresden zwar nicht für jeden optimal erreichbar sei, dass man aber an der Elbestadt festhalten werde.

    Mehr Teilnehmer als im Vorjahr
    Tatsächlich hatten noch mehr Branchenvertreter als im Vorjahr den Weg nach Sachsen gefunden: 150 waren es. Vor Ort waren praktisch alle relevanten Verbände, ein sehr breit vertretener Mittelstand mit Firmen wie Pöschl, Gizeh oder von Eicken, um nur einige zu nennen. Und für die Industrie nahmen Reemtsma-Chefin Dior Decupper sowie der scheidende Vorsitzende der Geschäftsführer von Philip Morris Deutschland, Markus Essing, teil.

    Ein bisschen an eine Netflix-Serie mit Cliff-Hängern und immer neuen Wendungen fühlte sich Peter Ruess in seinem Vortrag erinnert. Der Jurist vertritt die Branche in einigen spannenden Fällen. Das betrifft aktuell vor allem die Verfahren um die „Smokytheken“. Geklagt hatte Pro Rauchfrei, ein Zwergverband ohne nennenswerte finanzielle Ausstattung, wie Ruess berichtete.

    Der Bundesgerichtshof hatte die Hauptklage abgewiesen, Pro Rauchfrei jedoch in einem Nebenaspekt Recht gegeben. Es geht darum, dass der Verein möchte, dass auch Bilder von Verpackungen mit Warnhinweisen gekennzeichnet werden müssen. Der große, derzeit meist unter dem Kartenleser angebrachte Hinweis, genüge nicht.

    Ruess zeigte an Beispielen, dass die Tasten der Automaten zwar entsprechend angepasst werden könnten, dass der Warnhinweis dann aber praktisch nicht mehr zu entziffern sei. In einem ersten Verfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hatten die Richter die Klage gegen Tobaccoland abgewiesen. Das OLG Bamberg hatte dagegen in einem parallelen Verfahren gegen Tegut eine entsprechende Verfügung erlassen. Bisher, so Ruess, habe es keine Vollstreckungen gegeben. Er habe Widerspruch eingelegt, am 12. Juni wird verhandelt. Ruess zeigte sich dabei zuversichtlich.

    Michael Reisen-Hall appellierte anschließend: „Die Branche muss zusammenstehen!“ Das gelte gerade angesichts der Herausforderungen durch die näherrückende TPD 3. Er gab zudem einen Überblick über den Markt. Der Gesamtkonsum an Fabrikzigaretten einschließlich Heat-not-burn-Produkten, E-Zigaretten, Feinschnitt und Eco-Zigarillos ist 2023 demnach um 0,1 Prozent auf 125,9 Milliarden Stück (beziehungsweise Äquivalente) gesunken. Zugleich haben die Tabaksteuereinnahmen mit 14,94 Milliarden Euro den höchsten Wert in 15 Jahren erreicht.

    Zwei Vorträge rundeten die Veranstaltung ab: Erst referierte Thomas Kübler, Direktor des Dresdner Stadtarchivs, über die „Tabakstadt Dresden“. Danach sprach Trendforscher Marcel Aberle darüber, wie Unternehmer den Umgang mit Zukunft meistern könnten – angesichts der aktuellen „Stapelkrise“ keine leichte Aufgabe. Wichtig sei es, den Anschluss an Innovationen nicht zu verlieren.

    Am Abend trafen sich die Teilnehmer dann im Restaurant „Elbgarten“ zum Austausch in lockerer Atmosphäre. 


    max

  • Cannabis: Wo die Legalisierung scheitert

    BERLIN // Der deutsche Hang zu Bürokratie und Regeln zeigt sich auch im Entwurf zum Cannabis-Gesetz. Darauf weist der Informationsdienst [link|https://yippy.green/de/topic/cannabis-legalisierung-drei-schlechte-vorbilder]„Yippy Green“[/link] hin. Ein Blick ins Ausland zeige: Wer zu viele Hürden schafft, verfehlt die Ziele einer Cannabis-Legalisierung.

    So startete die Legalisierung in Kanada 2018. Aktuell gebe es landesweit rund 3600 lizenzierte Cannabis-Einzelhandelsgeschäfte und 970 lizenzierte Cannabisproduzenten. Laut Cannabis Council of Canada ist nur etwa ein Fünftel der Hersteller profitabel. Aurora Cannabis aus Alberta etwa baue deshalb nun auch Orchideen an. Fachleute und Industrievertreter sähen eine Überregulierung von Cannabis als das entscheidende Problem an: Cannabis dürfe zwar verkauft, aber nicht beworben werden; nur lizenzierte, neutrale Verpackungen seien erlaubt; Shops hätten getönte Scheiben, um den Innenraum zu verbergen; der offizielle THC-Gehalt sei begrenzt. Kanadas Department of Public Safety schätze, dass Ende 2022 ein Drittel des Cannabismarktes auf illegale Quellen entfiel.

    Cannabis für den Freizeitkonsum
    Seit 2018 ist in Kalifornien Cannabis für den Freizeitkonsum erhältlich. Aktuell gebe es rund 1200 Abgabestellen („Dispensaries“). Als Probleme würden die zu komplexe Bürokratie und eine übermäßige Besteuerung genannt. Schätzungen gingen davon aus, dass über die gesamte Produktkette hinweg bis zu 50 Prozent des Nettopreises an Steuern hinzukommen könnten. Ergebnis: Der illegale Markt sei vermutlich doppelt so groß wie der legale.

    In Uruguay war der private Besitz von Cannabis nie verboten, legale Kanäle für den Erwerb gab es aber nicht. Seit August 2014 ist nun Eigenanbau von bis zu sechs Pflanzen erlaubt, außerdem gibt es Cannabis Social Clubs und einen offiziellen Verkauf. Aber: Nur ein Drittel der Cannabis-Konsumenten des Landes bezieht seine Produkte zumindest gelegentlich aus offiziellen Quellen, der Rest entfällt auf den Schwarzmarkt.

    Erfolgreich seien dagegen etwa die US-Bundesstaaten Michigan, Colorado und New Mexico. Die Umsätze (in Euro) lägen bei 19,7 Milliarden in New Mexico, 24,5 Milliarden in Colorado und 26,0 Milliarden in Michigan. Zum Vergleich: Die deutsche Bierindustrie setzt im Jahr gut 20 Milliarden Euro um.

    pi

  • Umfrage: Kein „Quit or die“ mehr

    BERLIN // „Eine Anfang Oktober durchgeführte repräsentative Civey-Umfrage mit 2500 Befragten im Auftrag von Berlin Kommunikation belegt eindrucksvoll das Ablehnen von Überregulierung durch den Gesetzgeber.“ Das erklärt Jan Burdinski, Geschäftsführer der Politikberatung Berlin Kommunikation.

    Laut der Umfrage sind insgesamt knapp 27 Prozent aller befragten Raucher der Ansicht, dass E-Zigaretten beim Entwöhnen von Tabakzigaretten unterstützend wirken könnten. Besonders bei Partei-Anhängern der Grünen und bei der Linken, aber auch bei der FDP denkt man so.

    Von den zwölf Millionen Rauchern in Deutschland, sind es fast 3,3 Millionen Menschen, die die E-Zigarette als wichtige Ausstiegsmöglichkeit aus dem Tabakkonsum betrachten. Das Potenzial der „Tabacco Harm Reduction“ zu heben, sei Wunsch der Verbraucher und vornehmliche Aufgabe der Politik, so Burdinski. Der aktuell noch befolgte Leitsatz „Quit or die“ sei dagegen von einem fragwürdigen Menschenbild geprägt und gehe an der Realität vorbei.

    WHO-Vorschlag fällt durch
    Eine deutliche Mehrheit der Umfrageteilnehmer spricht sich gegen einen Preis von 25 Dollar (etwa 22 Euro) je Zigarettenpäckchen aus, wie ihn die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorschlägt. Auf die Frage, ob bei einem steuerlich vorgeschriebenen Preisplus bei E-Zigaretten die Konsumenten auf Tabakzigaretten umsteigen würden, antworteten 45 Prozent der CDU/CSU-Anhänger mit „ja“, lediglich 19 Prozent mit „nein“ und etwas mehr als ein Drittel konnten sich nicht festlegen.

    Ein ähnliches Bild ergibt sich bei den anderen Partei-Anhängern – hohe Steuern auf E-Zigaretten, da sind sich nahezu alle Wählergruppen einig, treibe die Verbraucher in die Tabakwelt zurück. Hohe Steuern führten also wieder zurück in den klassischen Konsum.

    Skepsis gegenüber staatlichen Programmen
    Beim staatlichen Dirigismus sind die Verbraucher je nach Partei naturgemäß unterschiedlich eingestellt. Bei der Frage, inwieweit staatliche Programme den Umstieg von Tabakzigaretten auf alternative Nikotinliefersysteme erleichtern sollten, sind besonders Sympathisanten grüner Ideen (49,0 Prozent) führend, während Anhänger der SPD (42,4 Prozent), der CDU (31,8 Prozent) und der FDP (36,4 Prozent) skeptischer gegenüber staatlichen Programmen eingestellt sind.

    Angesichts der klaren Verbraucherpräferenzen mahnt Burdinski besonders die Regierungsfraktionen, ihre angestrebte Verbotspolitik mit Blick auf das Thema Aromen noch einmal zu überdenken. Verbote seien nicht das Mittel, mit dem man Menschen überzeuge. Vielmehr stehe exemplarisch das Thema der Wahlfreiheit und Eigenverantwortung auch bei E-Zigaretten bei der Mehrheit der Konsumenten an erster Stelle. pi

  • Phase der Überregulierung

    MAINZ // Wie schon in den vergangenen Jahren hat Die Tabak Zeitung Vertreter der wichtigen Branchenverbände gebeten, für unsere Leser einen Ausblick aufs Jahr 2018 zusammenzustellen. In dieser Ausgabe finden Sie den vierten Teil unserer kleinen Serie. Folge 4: der Bundesverband Deutscher Tabakwaren-Großhändler und Automatenaufsteller (BDTA).

    Der Umgang mit Überregulierungen aus der EU, etwa das Thema Warenrückverfolgbarkeit (Tracking & Tracing), prägte das Jahr 2017. Dabei geht es nicht darum, eine Regulierung, die uns nicht gefällt, zu verhindern, sondern eine sinnfreie Regelung, die zur politischen Zielset-zung zur Verringerung des Schmuggels kaum etwas beiträgt, wenigstens praktikabel und pragmatisch zu halten. Für sachliche Argumente fand man in Brüssel und Berlin jedoch kaum Gehör. Der Anhörungsprozess ist abgeschlossen.

    Die finalen Entwürfe der Durchführungsrechtsakte (secondary legislation) zum Rückverfolgbarkeitssystem für Tabakwaren gemäß Richtlinie 2014/40/EU wurden am 16. November 2017 von der Europäischen Kommission veröffentlicht.

    Verband und Branche warten auf Post aus Brüssel
    Nach der Zustimmung der Mitgliedsstaaten hat die Europäische Kommission begonnen, die Rechtsakte in die verschiedenen Amtssprachen zu übersetzen und diese zu prüfen. Aktuell wartet der BDTA, wie die gesamte Branche, auf die Veröffentlichung der Rechtsakte im Europäischen Amtsblatt.

    Es müssen zwar noch etliche Punkte geklärt, genauer definiert und besprochen werden, wozu sich der BDTA bereits im Dialog mit der Europäischen Kommission und der deutschen Politik befindet. Dennoch ist das System prinzipiell umsetzbar und von den Großhändlern zu bewältigen.

    Jetzt ist die Branche gut beraten, sich nur noch mit der technischen Umsetzung bis zum 20. Mai 2019 zu beschäftigen. Der verbleibende Zeitraum für den technischen Roll-out sowie für alle weiteren internen technischen und organisatorischen Vorbereitungs- und Umsetzungsmaßnahmen in dem sehr heterogenen Gebilde der rund 4000 Großhandelsunternehmen in Europa ist auch ohne zusätzliches Taktieren der Marktteilnehmer sportlich bemessen.

    Der BDTA hat sich durch Gespräche mit Politik und in Arbeitskreisen des gesamten Handels eingebracht, um auf die nicht geklärten Fragen aufmerksam zu machen. Besonders zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang die kooperative Zusammenarbeit mit dem BTWE und dem Handelsverband HDE. Auch im aktuellen Jahr wird die gemeinsame Arbeit und Abstimmung im Handelskreis wichtig für alle Beteiligten sein.

    Zusätzlich wird der Verband 2018 den Prozess der Umsetzung von Track and Trace bei den Tabakwarengroßhändlern und den Software-Häusern eng begleiten und unterstützend tätig sein, sodass möglichst alle Mitgliedsbetriebe diese Herausforderung meistern können.

    Verdecken von Bildwarnhinweisen
    Außerdem beschäftigte die Branche, jedoch ganz besonders den BDTA, 2017 das Inkrafttreten der Zweiten Verordnung zur Änderung der Tabakerzeugnisverordnung am 20. Mai, die einen Tag vorher im Bundesgesetzblatt veröffentlich wurde. Thema war das „Verdecken von Bildwarnhinweisen“ am Automaten, demzufolge die „gesundheitsbezogenen Warnhinweise (…) zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens, einschließlich des Anbietens zum Verkauf, nicht teilweise oder vollständig verdeckt oder getrennt werden dürfen (…)“. Objektiv und nüchtern ist zu konstatieren, dass der Trend in der europäischen und nationalen Gesetzgebung sichtbar wird, Umsetzungs- und Übergangsfristen für die Wirtschaft auf kurze beziehungsweise zu kurze Zeiträume zu beschneiden.

    Schließlich haben wir mit einem Automatenaufkleber, der eine generische Zigarettenpackung mit den Warnhinweisen in Originalgröße abbildet branchenweit eine (Zwischen-) Lösung erreichen können. Die politischen Diskussionen dazu sind aber noch nicht abgeschlossen und werden uns auch im Jahr 2018 weiter beschäftigen. Umso wichtiger ist es, dass das Bekleben aller Zigarettenautomaten mit den Warnhinweisen, nicht nur bei unseren Mitgliedern, sondern bei allen Zigarettenbetreibern hervorragend umgesetzt wurde. Dadurch steigt die Glaubwürdigkeit des BDTA bei politischen Entscheidern, und der BDTA wird als Partner wahrgenommen, welcher nach sinnvollen Lösungen zur Umsetzung von Regulierungen sucht und diese auch ausführt.

    2018 wird der BDTA sich zusätzlich verstärkt mit neuen Bezahlformen am Zigarettenautomaten befassen. Zukünftig sollen Kunden mit der eigenen Bankkarte kontaktlos – ohne Pin-Eingabe – am Automaten Ware erhalten. Gleichzeitig wird über den Kontaktlosleser die Altersverifikation des Karteninhabers durchgeführt. Damit der Verband eigene Informationen zu diesem neuen Bezahlverfahren sammeln kann, werden einige Mitgliedsbetriebe an dem Pilotprojekt (Girocard Kontaktlos Terminal ohne Pin-Pad Topp) der Deutschen Kreditwirtschaft in Kassel teilnehmen.

    pi

    (DTZ 05/18)

  • Mehr Fragen als Antworten

    RÖSRATH // „Weltnichtrauchertag“ hin, EU-Tabakproduktrichtlinie her – bei der BTWE-Jahrestagung am 31. Mai und 1. Juni in Rösrath bei Köln wurde Tabakerzeugnissen und E-Produkten kräftig zugesprochen. Gleichzeitig rauchten die Köpfe, ob der Beiträge zu jenen Themen, die die Branche bewegen.

    Optimaler Termin
    Just an dem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) postulierten sogenannten „Weltnichtrauchertag“, dem 31. Mai, trafen sich die Delegierten des Bundesverbandes des Tabakwaren-Einzelhandels (BTWE) zu ihrer Jahresversammlung in Rösrath bei Köln. „Die Tagung ist also optimal terminiert“, sagte BTWE-Präsident Rainer von Bötticher zur Begrüßung mit einem verschmitzten Lächeln. Den rund 150 Teilnehmern wünschte er viele schöne Momente des Genussrauchens. Und davon gab es reichlich. Denn allen Anfeindungen zum Trotz wurden Tabakwaren in all ihren Formen genossen. Und auch E-Zigaretten wurden ordentlich gedampft. Dieser Produktgruppe war gleichzeitig einer der Schwerpunkte in Rösrath gewidmet. Darüber wird die Tabak Zeitung in der nächsten Ausgabe berichten.

    Das zweite große Thema drehte sich beim BTWE-Branchendialog um die EU-Tabakproduktrichtlinie, kurz TPD 2. So stand die von den beiden BTWE-Geschäftsführern Willy Fischel und Dieter C. Rangol moderierte Jahrestagung unter dem Titel „Total beschränkt? Fachhandel zwischen Überregulierung und Chancen“. Dieses Motto lehnte sich an den Buchtitel „Total beschränkt – Wie uns der Staat mit immer neuen Vorschriften das Denken abgewöhnt“ von Alexander Neubacher an.

    Neues aus Absurdistan
    Der Autor und Spiegel-Redakteur nahm als Redner an der Tagung teil. Dabei erheiterte er das Auditorium mit ein paar Regulierungsbeispielen deutscher und europäischer Bürokratie, die ebenso gut aus Absurdistan stammen könnten. Ob er genüsslich den Warnhinweis: „Vorsicht, Folie für den Verzehr nicht geeignet“ auf der Ziegenkäsepackung aufs Korn nahm, das automatische Abschalten moderner Fernsehgeräte nach 240 Minuten lächerlich machte oder das Verbot, wegen der Stolpergefahr Sandburgen am Strand zu bauen durch den Kakao zog – die Lacher des Publikums hatte Neubacher ganz klar auf seiner Seite. Diese und eine Reihe weiterer Beispiele zeigten aber auch, wie weit der Staat es bereits mit seiner Regulierungswut getrieben hat. Der Bürger gelte als beratungswürdig und müsse vor sich selbst geschützt werden. „An die Stelle des Homo sapiens tritt der Homo Demenz, der Trottelbürger“, so Neubacher. Ausführlicher Bericht folgt in einer der nächsten DTZ-Ausgaben.

    Schnelle Lösungen
    Ein wunderbares Beispiel für Überregulierung durch den Staat ist die Tabakproduktrichtlinie (TPD 2), die von der EU im vergangenen Jahr verabschiedet wurde. Nun könne die Devise in Sachen TPD nur noch lauten: „Retten und gestalten, was zu retten und zu gestalten ist“, so BTWE-Präsident von Bötticher. Denn mit der Einführung übergroßer Schockbilder auf den Verpackungen werde die Optik der Tabakwarengeschäfte bereits ab Mai nächsten Jahres massiv negativ verändert. Dann befänden Kunden und Mitarbeiter sich in einem Grusel-Kabinett. Deshalb sei es sinnvoll, sich schon heute Gedanken zur Präsentation von Zigaretten und Feinschnittprodukten im nächsten Jahr in den POS-Regalen zu machen. „Wir müssen möglichst schnell nach Lösungen suchen, damit unser positives Image als beliebter und unverzichtbarer regionaler Nahversorger auch im Interesse der Industrie erhalten bleibt“, erklärte der BTWE-Präsident weiter. Er kritisierte, dass die konkreten offiziellen Handling-Vorgaben für die Umsetzung bei der Produktion der neuen Verpackungen immer noch nicht vorliegen. Dies sei ein weiteres Beispiel dafür, wie praxisfern, handwerklich unsauber und unternehmerfeindlich die EU-Richtlinie sei. „Sobald die konkreten Vorgaben vorliegen, sollten wir umgehend eine Lösung vorantreiben“, empfahl von Bötticher. Auch für die in der TPD vorgesehene Rückverfolgbarkeit von Tabakprodukten, von der Produktion bis zur ersten Verkaufsstelle im Einzelhandel, gebe es derzeit noch mehr offene Fragen als Antworten.

    Rechts- und Planungssicherheit
    Mit der TPD2 setzten sich mehrere Referenten auseinander. Jan Mücke, Geschäftsführer des Deutschen Zigarettenverbandes, berichtete über den Status quo und gemeinsame Branchenaktivitäten zur TPD. „Für mich ist es wichtig, dass wir Rechtssicherheit und Planungssicherheit erhalten“, sagte Mücke. Und beides habe die Branche bei der TPD nicht. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete und parlamentarische Staatssekretär und heutige DZV-Geschäftsführer hätte sich nie träumen lassen, dass diese Art von Gesetzgebungsverfahren in einem deutschen Rechtsstaat möglich sei. Es liege immer noch kein Referenten-Entwurf des zuständigen Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vor. Erst im September soll es, wie zu hören sei, einen Kabinettsbeschluss geben und dann im vierten Quartal die Verhandlungen in den Ausschüssen und anschließend die Abstimmung im Bundestag. Das Tabakgesetz werde wohl im ersten Quartal 2016 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Da bereits ab 20. Mai 2016 die Vorgaben der TPD in Deutschland umgesetzt sein müssten, laufe der Branche die Zeit davon. Wenn der Zeitraum für die Produktionsumstellung nur wenige Wochen betrage, sei das einfach deutlich zu kurz, gab Mücke zu bedenken. Die Industrie benötige für die Umstellung auf Zigaretten mit den neuen Warnhinweisen mindestens zwölf Monate, bei Feinschnitt seien es wenigstens 18 Monate. Deshalb hätten DZV und der Verband der Rauchtabakindustrie (VdR) gemeinsame Gutachten in Auftrag gegeben, um damit die Politik von realistischeren Umsetzungsfristen zu überzeugen.

    Claudia Oeking, Manager Regulatory Affairs Philip Morris GmbH, ging näher auf die Thematik Einheitspackungen ein. Philip Morris gehe in England gegen die TPD vor. Die Sache sei inzwischen vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg gelandet, der voraussichtlich Mitte 2016 eine Entscheidung fällen werde. England und Irland hätten bereits Plain Packaging beschlossen. Und in Frankreich laufe momentan der legislative Prozess zur Einführung von Einheitspackungen.

    In den Augen von Philip Morris stelle Plain Packaging ganz klar eine Enteignung dar. Außerdem würden unter anderem die Meinungsfreiheit, die Berufsfreiheit und der freie Güterverkehr eingeschränkt, während etwa ein vermeintliches Ziel, der Gesundheitsschutz, statistischen Auswertungen zufolge nicht erreicht werde. Das zeige zum Beispiel Australien, wo Einheitspackungen mit Bildwarnhinweisen bereits Realität seien, ohne dass ein Rückgang des Zigarettenkonsums darauf zurückgeführt werden könne. Stattdessen habe der illegale Zigarettenhandel zugenommen. „Plain Packaging ist ein Konjunkturprogramm für Schmuggler“, meinte Oeking. Sie befürchtet außerdem einen Spillover-Effekt, dass nämlich die Regulierungen des Tabaks auf andere Bereiche übergreifen könnten.

    Über erste Ergebnisse eines neuen gemeinsamen Arbeitskreises zwischen Handel und Industrie zur TPD-Implementierung der Rückverfolgbarkeit, im Englischen als Track & Trace bezeichnet, berichteten Ludwig Willnegger, Chef des Brüsseler Büros der Edeka-Handelskette, und Carsten Zenner, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Tabakwaren-Großhändler und Automatenaufsteller (BDTA). Der Arbeitskreis habe sich bereits mehrmals getroffen, zuletzt am 4. Mai bei einem Tabakwaren-Großhändler, wo derzeit ein Markttest in Sachen Rückverfolgbarkeit laufe.

    Wirtschaftlicher Nutzen fraglich
    Erst kürzlich habe die EU-Kommission eine Machbarkeitsstudie zu Track & Trace veröffentlicht. Der zufolge sei eine Rückverfolgbarkeitslösung machbar, sowohl technisch als auch aus einer wettbewerbsorientierten Marktperspektive. Profitieren könnten davon zum Beispiel öffentliche Gesundheit, Strafverfolgung, Fiskus und Verbraucher. Der geschätzte Gesamtnutzen überwiege laut Studie die Kosten für Industrie und Regierung. Dieser Einschätzung widersprachen Willnegger und Zenner entschieden. „Der Aspekt der wirtschaftlichen Darstellbarkeit von operativen Prozessen im Tabakwarenhandel und in Automatenbetrieben unter der Maßgabe der in der Studie beschriebenen operationalen und technischen Anforderungen bleibt durch die Autoren deutlich unterbeleuchtet“, stellte Zenner fest.

    Legale Industrie
    Ebenso werde der Bewertungsmaßstab „Verhältnismäßigkeit“ in der Studie weitestgehend nicht berücksichtigt. Der Arbeitskreis zwischen Handel und Industrie müsse nunmehr weiter konsequent an den Themenfeldern Dateninhalt, -träger, -objekt, Prozessebenen und Datenaustausch arbeiten, um der Politik Lösungsoptionen aufzeigen zu können. In den Augen von Zenner stelle sich die Frage nach dem Sinn der von der EU vorgesehenen Rückverfolgbarkeit nicht mehr, da die Sache nun einmal beschlossen sei. Sehr wohl berechtigt sei aber indes die Frage nach der Aufrechterhaltung einer legalen und funktionierenden Tabakwaren-Großhandelsstruktur in Europa unter einem Track & Trace-Regime. Zenner sieht bei einer Umsetzung von Track & Trace ohne Augenmaß die Gefahr, dass die Versorgung des Marktes mit legalen Tabakprodukten ernsthaft in Frage gestellt wird.
    da

    (DTZ 23/15)

  • MUT repräsentiert jetzt über 3000 Shops

    FÜRTH // Dass nach der Tabakbranche andere Wirtschaftszweige von Überregulierungen betroffen sein werden, davon ist der MUT-Vorsitzende Horst Goetschel überzeugt. Auf der Jahrestagung von MUT (Mittelständische Unternehmen der Tabakwirtschaft) am 23. März im fränkischen Fürth informierte er über geplante Aktionen, um den Regulierungswahnsinn für jeden deutlich sichtbar zu machen.

    Seit einem Jahr ist er nun im Amt und hat in dieser Zeit den Dialog mit verschiedenen Politikern, aber auch mit den Verbänden der Tabakwirtschaft aufgenommen. Weil Brüssel immer stärker in nationale Belange hineinregiert, hat Goetschel auch Gespräche mit dem Verband der Europäischen Tabakwarenhändler, der mehr als 110 000 Einzelhändler vertritt, geführt. Darüber hinaus suchte er den Kontakt zu Tankstellenverbänden. Schließlich liefen fast ein Viertel des Zigarettenabsatzes über die Vertriebsschiene Tankstelle, und 50 Prozent des Shopumsatzes in den Tankstellen entfielen auf Tabakwaren. Deshalb dachte Goetschel, man könne die Tankstellenverbände als Bundesgenossen in Sachen EU-Tabakproduktrichtlinie (TPD) gewinnen. Bei den beiden größten Tankstellenverbänden sei er allerdings auf taube Ohren gestoßen. Er will dennoch am Ball bleiben und nun die Verbände der Tankstellenpächter ins Boot holen.

    Erfolge konnte MUT bei der Mitgliederentwicklung vorweisen. Die Organisation hat derzeit 91 Mitglieder, die mehr als 3000 Shops repräsentieren. Als neue Mitglieder konnten DTV Tabac & Co und der Handelskonzern Valora gewonnen werden.
    Gastredner der MUT-Tagung waren Clemens Gütermann, Delegierter des Verwaltungsrats der Villiger Söhne AG, sowie Dac Sprengel, Vorsitzender des Verbandes des E-Zigarettenhandels.
    da

    (DTZ 14/15)

  • Mobiler TPD-Aufklärer gegen Gruselkabinett

    MÜNCHEN/WIEN (DTZ/kes). Der Protest gegen eine verschärfte Tabakproduktrichtlinie (TPD 2) der EU geht in die letzte Runde. In Deutschland und Österreich ist die Protestszene weiterhin aktiv.

    Grund ist die „Herstellung, Aufmachung und Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen“, der erste Tagesordnungspunkt auf der Agenda des Europäischen Parlaments, wenn es am 9. September gegen 17 Uhr seine Sitzung eröffnet.

    Ein sperriger Titel, dessen tatsächliche Tragweite in der breiten Öffentlichkeit kaum beachtet oder bekannt ist, stellt Bodo Meinsen, Vorsitzender der Bürger für Freiheit und Toleranz (BfT) während einer aktuellen Protestkampagne fest.

    Auch aus diesem Grund tourte der BfT vom 26. bis 29. August durch München, Düsseldorf, Hamburg und Berlin. Vier Tage lang präsentierte er seinen „Intensivkurs“ (Meinsen) jeweils zwischen 10 und 15 Uhr auf stark frequentierten Plätzen der Städte.

    Die Passanten sahen sich mit zwei Meter hohen Schockbildern konfrontiert, was viele außer Fassung brachte. „Raucher und Nichtraucher“, betont der BfT-Vorsitzende. „Die Mehrheit hat die Bildwarnhinweise zum ersten Mal gesehen.“

    Den eindrucksvollen Schlusspunkt der Kampagne in der Hauptstadt setzte ein Doppeldeckerbus der Berliner Verkehrsbetriebe. Ausgestattet mit Musikapelle und entsprechendem Bildmaterial war der rollende TPD-Aufklärer Unter den Linden und auf dem Kurfürstendamm unterwegs.

    Bei einem weiteren Höhepunkt des österreichischen TPD 2-Protestes motivierte der Verband der Cigarren- und Pfeifenfachhändler Österreichs (VCPÖ) erneut die einheimischen Fachhändler: Für die Aktionstage unter dem Motto „Jetzt gemeinsam protestieren“ vom 2. bis 4. September verteilte der VCPÖ an „tausende Tabaktrafikanten vorab 1,7 Millionen Bildkarten mit den von der EU geplanten Schockbildern, hinter welchen die Zigarettenpackungen in den Verkaufsregalen versteckt werden.“ Unterstützt werden die Maßnahmen durch eine Protestkartenaktion an die österreichischen Politiker in Wien und Brüssel.

    „Es geht um viel mehr als überzogene Gruselbilder, nämlich auch um das unverhältnismäßige Verbot von Slim-Zigaretten und diverser Packungsformate. Sowie um das Verbot von Menthol, Vanille und anderen Aromastoffen“, betont Klaus W. Fischer, VCPÖ-Präsident und Tabakfachhändler aus Wien. Die Resonanz ist groß, die Fachhändler wollen nicht in einem „Gruselkabinett arbeiten“, bestätigt er auf DTZ-Anfrage.

    Die aktuelle VCPÖ-Aktion gegen Überregulierung und Bevormundung richte sich auch an die verantwortlichen Politiker vor der Abstimmung zur TPD 2. Wer die Aktion unterstützen will, kann dies auch online unter [link|http://www.eu-es-reicht.at]www.eu-es-reicht.at [/link]tun, bestätigt Fischer.

    (DTZ 36/13)

  • Tabakwaren-Facheinzelhandel im Kampf gegen Überregulierung

    RÖSRATH (DTZ/fok). Dem Tabakwaren-Facheinzelhandel wachsen innerhalb der Tabakfamilie neue Rollen zu: Bei der Warendistribution vom Verteiler überwiegend vorverkaufter Schnelldreher zum Verkäufer, der sich selbst als Marke profiliert und damit seinen Kunden entscheidenden Mehrwert bietet.

    Und bei der Branchenkommunikation vom „Juniorpartner“ zum vollwertigen Familienmitglied, das heute wesentlicher Stützpfeiler für eine überzeugende Ansprache von Kunden, Öffentlichkeit, Medien und Politik ist und damit auch als Dialogpartner mit den sogenannten Stakeholdern immer wichtiger wird.

    Die diesjährige BTWE-Jahrestagung am traditionellen Standort Geno-Hotel Rösrath stellte diesen Bedeutungswandel und -zuwachs eindrucksvoll unter Beweis. Zum BTWE-Branchendialog kam ein hochkompetentes Publikum aus den verbundenen Wirtschaftszweigen und Verbänden und natürlich auch aus den eigenen Reihen.

    Verständlicherweise war der Kampf gegen Überregulierung durch die geplante neue Tabakproduktrichtlinie eines der zentralen Themen der Veranstaltung, das sowohl unter dem Aspekt der Arbeit des Branchenbündnisses in den letzten Monaten als auch mit Blick auf mögliche weitere Aktivitäten intensiv beleuchtet wurde.

    Ein sehr lebendiges Beispiel für kreative und erfolgreiche Geschäftskonzepte boten professionelle Darstellungen von FachhändlerInnen und die anschließende Diskussion mit Industrievertretern über Erfolge wie auch Konflikte in der Zusammenarbeit.

    Darüber hinaus beleuchteten Referenten die Entwicklungen in den für den Fachhandel ebenfalls essenziell wichtigen Bereichen Lotto und Presse, letzterer mit der Vorstellung eines elektronischen Dienstes für potenzielle Zeitschriftenkäufer, der Informationen über Themen, Titel und Verkaufsstellen verkaufsfördernd für die Interessenten aufbereitet. Auch die Arbeit des HDE in Brüssel wurde auf der Veranstaltung in einem Vortrag aufgezeigt.

    (DTZ 24/13)

  • BTWE setzt seinen Branchendialog fort

    DTZ: Der Facheinzelhandel und seine Verbandsvertretung BTWE standen und stehen bei der Informationskampagne über und gegen Überregulierung durch die geplante EU-Tabakproduktrichtlinie in der vordersten Reihe. Welches (Zwischen)-Ergebnis können Sie für die in den letzten Monaten realisierten Aktivitäten ziehen?

    Willy Fischel: Mit der Öffentlichen Anhörung, der Demo in Brüssel, der bundesweiten Unterschriftenaktion im Tabakwaren-Einzelhandel und den vielen Pressekonferenzen mit Facheinzelhändlern vor Ort, hat sich die Tabakfamilie eindrucksvoll zu Wort gemeldet.

    Die Website [link|http://www.entscheiden-sie-selbst.de] www.entscheiden-sie-selbst.de [/link]wird täglich aktualisiert und ist das Dach des Branchenbündnisses. Hier finden sich aktuelle Informationen, aber auch Hinweise auf zurückliegende Aktivitäten. Diese beispiellose Zusammenarbeit der Wirtschaftsverbände und betroffenen Unternehmen unterstreicht, dass der Verkäufer im Einzelhandelsgeschäft nicht alleine steht. Neben diesem wichtigen Effekt im Innenverhältnis der Branche wurde und wird die Öffentlichkeit national, aber auch international aufmerksam gemacht und sensibilisiert.

    Die vielen Stellungnahmen der Politiker/EU-Abgeordneten zeigen, dass wir ernst genommen werden. Die Medien setzen sich – dank unserer Arbeit – konstruktiv-kritisch, aber mit wachsendem Verständnis für unsere Belange ein. Allein mit den jüngsten Presseaktivitäten hatten wir eine Reichweite von über 12 Millionen Kontakten im Printbereich. Hinzu kommen Hörfunk und Fernsehen. Immer mehr Politiker erhalten Schreiben von ihren Wählern, in denen sie dazu aufgefordert werden, Stellung zu beziehen und Farbe zu bekennen. Weitere Maßnahmen – Stichwort Wahlprüfsteine oder Inserts – bei Tabakprodukten sind in der Planung.

    Wer politisch erfolgreich sein will, kommt natürlich an Berlin und Brüssel nicht vorbei. Networking ist hier das Gebot der Stunde – sprich politische Einzelgespräche und Überzeugungsarbeit im Detail. Hier bringen sich alle beteiligten Partnerverbände einzeln und im Konzert der gemeinsamen Interessen ein. Der BTWE profitiert natürlich vom HDE, der starken Dachgesellschaft in Berlin, und dem Brüsseler HDE-Büro, das für die gesamte Einzelhandelsorganisation Frühwarnsystem und kompetenter Begleiter im schwierigen politischen Dialog ist.

    DTZ: Welche Erwartungen haben Sie hinsichtlich einer Entschärfung der existenzgefährdenden TPD-Passagen? Bekamen Sie die gewünschte Resonanz seitens der Öffentlichkeit, der Politik und der Medien?

    Willy Fischel: Es ist schon schlimm genug, dass wir uns mit dem Thema der großformatigen Schockbilder, aber auch dem drohenden Verbot z.B. von Slim- und Menthol-Zigaretten auseinandersetzen müssen. Positiv immerhin ist, dass das Thema Display ban – das Verbot der Werbung am POS – vorerst vom Tisch sein soll. Hier muss man sehr vorsichtig sein, denn täglich gibt es neue politische Forderung wie z.B. das Verbot von Zigarettenautomaten seitens der Grünen. Auch wenn diesem Vorstoß keine sonderlich große Bedeutung zugemessen wird, charakterisiert er den Spaß der Politiker an der Überregulierung. Von wirtschaftlicher Vernunft und ausgewogener Interessenabwägung auch im Interesse des Endverbrauchers ist da nicht viel zu spüren. Ja, wir haben mit unseren Aktivitäten hier und da für Verständnis gesorgt. Politisch erfolgreich sein heißt aber, dicke Bretter bohren und im politischen Entscheidungsprozess am Thema dranzubleiben.

    DTZ: Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit der betroffenen Unternehmen und Verbände?

    Willy Fischel: Wer weiß, wie groß manchmal die gegenläufigen Interessen von Handel und Industrie, aber auch von Politik und Wirtschaft sind, der weiß, dass die sehr konstruktive und positive Zusammenarbeit – so wie sie heute gelebt wird – absolut einmalig ist. Dieses hohe Gut zu erhalten, ist die tägliche Herausforderung aller Beteiligten.

    DTZ: Die Zukunft des Tabakwaren-Einzelhandels hängt natürlich nicht nur von den politischen Rahmenbedingungen, sondern auch von dem wirtschaftlichen Erfolg der individuellen Unternehmenskonzepte ab. Was bietet die diesjährige BTWE-Tagung hinsichtlich dieser Aspekte der Sortimentsgestaltung und Vermarktungsstrategien?

    Willy Fischel: Nicht von ungefähr heißt das diesjährige Tagungsmotto: „Politik, Praxis und Profit“. Wir müssen dafür sorgen, dass die politischen Rahmenbedingungen der Tabakfamilie auch im betriebswirtschaftlichen Sinn Luft zum Atmen lassen. Dazu gehört im Tagesgeschäft auch die unabdingbare Diskussion über das richtige Sortiment und den notwendigen Deckungsbeitrag. Nur so kann man in gute Mitarbeiter investieren, die Warenpräsentation optimieren und als Unternehmen erfolgreich sein. Das, was der Handel nicht verkauft, kann auch die Industrie nicht verkaufen. Deshalb erwarten wir intelligente Marketing- und Vertriebskonzepte, die für beide Seiten eine ausreichende Planungssicherheit bieten.

    DTZ: Neben den Kernthemen im Bereich Tabakwaren informiert der BTWE traditionell auch über die Entwicklung weiterer wichtiger Sortimentsbereich seiner Mitglieder, meist gemeinsam mit den hierauf spezialisierten Verbandsvertretungen. Was ist aktuell aus dem Bereich Lotto an Informationen auf der Tagung zu erwarten?

    Willy Fischel: Die traditionelle Dreifaltigkeit des Sortiments in den Bereichen Tabak, Presse und Lotto unterstreicht deren Bedeutung. Überall könnte es besser laufen und manchmal ist es schwer festzustellen, in welchem Bereich es zur Stunde die größeren Probleme gibt.

    Für das Themenfeld Lotto übernimmt unser Partnerverband Bundesverband der Lotto-Toto-Verkaufsstellen in Deutschland (BLD) im Tagungsprogramm die Federführung. Hier sind wir insbesondere auf Informationen und Diskussionen zum Thema Internetprovisionsregelung gespannt.

    DTZ: Wird auch das dritte Standbein, der Bereich Presse, mit innovativen Ideen aufwarten können?

    Willy Fischel: Genau wie bei Lotto und Tabak gehen die Mitwirkenden beim BTWE-Branchendialog auch im Pressebereich ans Eingemachte. Hier stellen wir mit pressekaufen.de eine Servicelösung für Leser, Verlage, Einzelhandel und Presse-Grosso vor. Soviel sei verraten: Mit dieser digitalen Anwendung findet jeder Nutzer beispielsweise den nächsten Pressehändler für seine Lieblingszeitschrift.

    DTZ: Neben den fachlichen Informationen und Diskussionen legen die Teilnehmer der BTWE-Tagungen traditionell Wert auf ein gesellschaftliches Beisammensein, das den ungezwungenen Dialog untereinander und mit der Industriepartnern ermöglicht. Wo findet der diesjährige BTWE-Treff statt?

    Willy Fischel: Kommunikation ist immer noch das beste Mittel der Verständigung. Neben den sachlich, fachlich orientierten Tagesordnungspunkten ist die BTWE-Jahresversammlung ein prominenter Treffpunkt der gesamten Tabakfamilie. Der partnerschaftliche Dialog wird zwar in keiner Bilanz der beteiligten Unternehmen bilanziert, ist letztlich aber Voraussetzung dafür, dass viele Dinge in der Praxis erfolgreich umgesetzt werden können.

    Für den traditionellen BTWE-Treff am Sonntagabend, den 9. Juni, haben wir uns wieder etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Von unserem Tagungshotel geht es mit Bussen nach Köln, und die Teilnehmer werden eine Abendschifffahrt auf dem Rhein erleben.

    Wenn wir über Wünsche und Forderungen des Handels sprechen, müssen wir aber auch den Mut haben, in den Spiegel zu blicken. Es geht also nicht nur darum, gegenüber Politik und Industrie Forderungen aufzustellen, wir müssen auch vor der eigenen Türe kehren. Ein wichtiger Punkt ist hier das Thema „Tabak Spezialist“. Hunderte engagierte Tabakwaren-Facheinzelhändler sind bereits dabei. Wer hier noch schläft, für den ist es höchste Zeit aufzuwachen und bei diesem Projekt vom Handel für den Handel mitzumachen. Wer sich heute für die politische Situation von morgen erfolgreich positionieren will, für den ist der Tabak Spezialist die richtige Antwort. Wer immer nur mit dem Finger auf andere zeigt, die sich bewegen sollen und selbst nichts tut, braucht sich hinterher auch nicht zu beschweren.

    Denn der Tabak Spezialist ist kein Selbstzweck, sondern:

    [bul]die Chance für den Tabakwaren-Facheinzelhandel, sich gegenüber Politik, Endverbrauchern und Industrie erfolgreich zu positionieren,

    [bul]die beste Grundlage, der Kommunikation zum Genussmittel Tabak ein Gesicht zu geben,

    innerhalb der Branche, aber auch nach außen eine wichtige Antwort auf alle drohenden Restriktionen der EU-Tabak-Produktrichtlinie,

    [bul]ein Plädoyer für Sortimentsvielfalt und Produktqualität und die damit verbundene Fachkompetenz des Tabak Spezialisten als unentbehrlicher Nahversorger,

    [bul]ein Garant für die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes,

    [bul]eine Orientierung für alle Lieferanten und

    [bul]eine Klammer der Gemeinsamkeit für den qualifizierten Tabakwaren-Facheinzelhandel.“

    Mehr Infos über den Tabak Spezialist erhalten alle hierfür in Frage kommenden Interessenten auf [link|http://www.tabakwelt.de]www.tabakwelt.de [/link]oder per E-Mail an [link|mailto:btwe@einzelhandel.de]btwe@einzelhandel.de[/link].

    (DTZ 22/13)