Schlagwort: Tabakkontrollpolitik

  • Neuer Drogenbericht liegt vor

    BERLIN // Es ist der zweite, aber wohl auch schon wieder letzte Jahresbericht, den die Drogenbeauftragte Daniela Ludwig jüngst vorgelegt hat. Denn sie dürfte ihr Amt bald an einen Abgeordneten aus dem Ampel-Lager abgeben müssen. Viel Neues birgt das 80-Seiten-Papier ohnehin nicht.

    Zum Thema Rauchen hält Ludwig bereits im Vorwort fest: „Nach den Verschärfungen bei der Tabakwerbung und den klaren Regeln zum Gesundheitsschutz bei E-Zigaretten können in Zukunft auch die Kosten für Arzneimittel zur Tabakentwöhnung durch die Gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden.“

    Historischer Tiefstand
    Besonders positiv äußert sich die Politikerin zur höheren Besteuerung von Wasserpfeifentabak. Außerdem hält sie fest: „Dass im gesetzlichen Tabakaußenwerbeverbot auch die E-Zigaretten enthalten sind, ist ein wichtiger Erfolg! Dafür habe ich mich von Anfang an stark gemacht. Schließlich dienen diese Produkte gerade Jugendlichen immer wieder als Einstieg ins Rauchen. Das wollen und müssen wir auch weiter durch engagierte Prävention verhindern. Insgesamt ist Deutschland nämlich auf einem guten Weg. Der Anteil der Zwölf– bis 17-Jährigen ist mit aktuell 5,6 Prozent auf einem historischen Tiefstand.“

    Tabakkontrollpolitik modernisieren
    Aus Sicht des Verbands des E-Zigarettenhandels (VdeH) ist der Jahresbericht beim Thema Tabakkontrollpolitik zu unambitioniert. VdeH-Geschäftsführer Oliver Pohland: „Zurecht verweist der Drogenbericht zwar auf die gesunkene Zahl der Tabakkonsumenten und die gestarteten Initiativen, um noch mehr Raucher zur Tabakabstinenz zu bewegen. Gleichzeitig aber nicht auf den Harm-Reduction-Ansatz zu setzen und risikoreduzierte Alternativen wie die E-Zigarette stärker einzubeziehen, ist suchtpolitisch gesehen eine verpasste Chance.“ Weiter erklärte Pohland: „Statt nur auf schöne Plakate und eine medikamentöse Behandlung zu setzen, muss endlich auch die E-Zigarette als Baustein in die Tabakkontrollstrategie aufgenommen werden. Die wissenschaftliche Evidenz deutet klar darauf hin, dass die Produkte deutlich weniger schädlich sind als Tabakzigaretten und beim Rauchausstieg helfen.“ Anders als im Drogenbericht ausgewiesen sei die E-Zigarette zudem kein Einstieg in das Rauchen.

    Pohland machte abschließend deutlich: „Die neue Bundesregierung wird viele Vorhaben zeitnah angehen müssen. Ein zentrales Anliegen muss sein, die Tabakkontrollpolitik zu modernisieren und das Prinzip der Schadensminimierung als Grundprinzip der Drogen- und Suchtpolitik zu verankern.“

    red

  • Alternativer Drogenbericht liegt vor

    BERLIN // Der [link|https://bit.ly/36LY9aN]„8. Alternative Drogen- und Suchtbericht“[/link] liegt vor. In diesem Jahr liegen die Schwerpunkte auf den Themen „Alkohol“ und „Drogen“; allerdings spielt auch Nikotin eine Rolle.


    Klassischer Tabak

    Mit dem klassischen Tabak beschäftigt sich der fast 200 Seiten starke Report letztlich nur in einem Kapitel. Dabei geht es vor allem um die neue Besteuerung, die die Bundesregierung vor wenigen Wochen umgesetzt hat. Dazu schreiben die Herausgeber, der Frankfurter Suchtforscher Heino Stöver und Bernd Werse vom Centre for Drug Research an der Frankfurter Goethe-Universität: „Maßnahmen, wie etwa die jüngst beschlossene Tabaksteuer auf E-Zigaretten, steuern ebenfalls in die falsche Richtung: Raucher werden nicht motiviert, auf das weitaus weniger schädliche Dampfen umzusteigen, wenn diese Produkte ähnlich hoch besteuert werden wie die Verbrennungszigarette, die mit großem Abstand die gefährlichste Form der Nikotinaufnahme darstellt.“ Die deutsche Tabakkontrollpolitik sei „verheerend“, da man „nicht von einer konsistenten, Verhaltens- und Verhältnisprävention nutzenden Kontrollpolitik sprechen“ könne. Stöver kritisiert in diesem Zusammenhang „eine Abstinenzorientierung der deutschen Politik“.

    Dabei hatten Stöver und Werse die ursprünglich geplante Erhöhung der Tabaksteuer aus gesundheitspolitischer Sicht als „begrüßenswert“ und „überfällig“ bezeichnet. Die Ausweitung auf ein umfassenderes Nikotinsteuerkonzept, das insbesondere E-Zigaretten umfasse, sei jedoch wenig sinnvoll. Im Gegenteil: „Man kann nur vermuten, was das Finanzministerium mit der Einführung des neuen Steuergegenstands beziehungsweise der Extra-Steuer bezweckt: die Sicherung der Einnahmen des Bundeshaushalts durch die Aufnahme von Zigarettensubstituten in das Besteuerungsregime.“


    Weniger schädlicher Nikotinprodukte

    Die wahrscheinlichen Folgen zeigt der Bericht ebenfalls auf: Konsumenten insbesondere potenziell weniger schädlicher Nikotinprodukte dürften auf günstige, entweder illegal hergestellte oder nicht versteuerte Produkte ausweichen, für den Fachhandel zeichneten sich katastrophale Auswirkungen ab und die erhofften Mehreinnahmen für den Fiskus dürften – hier zitiert der Bericht betroffene Verbände – „illusorisch“ oder „absurde Luftschlösser“ sein. Die Autoren schließen mit der Forderung an die Bundesregierung, sie solle den Ansatz der „harm reduction“ künftig stärker einbeziehen: „Berücksichtigen Sie das unterschiedliche Risikopotenzial bei der Besteuerung und der weiteren Regulierung alternativer Nikotinprodukte!“

    red

  • E-Zigarette als Alternative

    MAINZ // Verbände, Unternehmen, Politik und andere Interessenvertreter streiten derzeit – wieder einmal – über die Gefahren des Rauchens – und über die Potenziale neuer Produkte, insbesondere von E-Zigaretten.

    So hat ein Bündnis von Gesundheits- und zivilgesellschaftlichen Organisationen unter Federführung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) die „Strategie für ein tabakfreies Deutschland 2040“ veröffentlicht. Damit werden politische Entscheidungsträger im Vorfeld der Bundestagswahl dazu aufgefordert, sich zur Stärkung des Nichtrauchens und der Erarbeitung einer verbindlichen, ambitionierten Tabakkontrollstrategie zu bekennen.

    Ziel der Strategie
    Ziel der Strategie ist es laut den Verfassern, dass im Jahr 2040 weniger als fünf Prozent der Erwachsenen und weniger als zwei Prozent der Jugendlichen in Deutschland Tabakprodukte, E-Zigaretten oder andere verwandte Erzeugnisse konsumieren. „Die Politik muss sich klar dazu bekennen, den Tabakkonsum einzudämmen und so die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen“, sagt Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender des DKFZ, „mit zehn konkreten Maßnahmen und einem Zeitplan für deren Umsetzung bietet das Strategiepapier eine solide Basis dafür.“

    Zentrale Punkte
    Zentrale Punkte der Strategie seien Einschränkungen für die Tabak‧industrie, ihre Erzeugnisse als Life-Style-Produkte zu verkaufen. Dazu gehörten neben einem Verbot der Werbung am Verkaufsort und einer Einheitsverpackung auch deutliche Beschränkungen der Verfügbarkeit von Tabakerzeugnissen. Regelmäßige spürbare Tabaksteuererhöhungen, auch für E-Zigaretten, machten die Waren vor allem für Jugendliche unattraktiv und motivierten Raucher zum Aufhören. Vollständig tabakfreie Lebenswelten schaffen ein Umfeld, in dem das Nichtrauchen leichtfällt. Da auch Tabakerhitzer und E-Zigaretten Gesundheitsrisiken bergen würden, müssten für sie dieselben Regelungen gelten.

    Deutliche Kritik äußert der Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE): „Wir können nicht erwarten, dass Tabakrauchen in den nächsten Jahren verschwinden wird“, erklärt BVTE-Hauptgeschäftsführer Jan Mücke, „die extremen Verbotsforderungen des DKFZ für ein tabak- und E-Zigarettenfreies Deutschland bis 2040 atmen einen totalitären und illiberalen Geist. Sie sind völlig aus der Zeit gefallen und ignorieren intelligentere Politikansätze wie die ‚Tobacco Harm Reduction‘, die in anderen Ländern erfolgreich umgesetzt werden. Es ist an der Zeit, das alte Schwarz-Weißdenken ‚Quit or Die‘ in Deutschland zu beenden.“

    Harm Reduction
    Harm Reduction sei eine pragmatische Option, um den Tabak- oder Nikotinkonsum mit geringeren Gesundheitsrisiken zu verbinden. Nikotin an sich sei nicht krebserregend und trage kaum zur Toxizität des Tabakrauchs bei. Innovative Produkte, die Verbrennungsprozesse vermieden und die Schadstofffreisetzung deutlich reduzierten, seien deshalb eine realistische Möglichkeit, die Risiken für spätere Krebserkrankungen oder andere tabakassoziierte Krankheiten wirksam zu begrenzen.

    Das sieht der Frankfurter Suchtforscher Heino Stöver ganz ähnlich: „E-Zigaretten bieten mit ihrem 95 Prozent geringeren Schadenspotenzial eine vielversprechende Möglichkeit, das gesundheitliche Risiko sofort zu reduzieren. Ohne den Harm Reduction-Ansatz zur zentralen Handlungsmaxime in der Drogen- und Suchtpolitik – auch auf dem Sektor Tabak – zu etablieren, werden wir die Konsumentenzahlen nicht weiter senken können. Rauchern gelingt es häufig nicht, von jetzt auf gleich mit dem Zigarettenkonsum aufzuhören. Ganz konkret bedeutet das daher, dass wir die deutlich weniger schädlichen Produkte als Alternative zur Tabakzigarette einsetzen müssen.“

    E-Zigaretten, Tabakerhitzern oder Nikotinbeutel
    Stöver macht weiter deutlich, dass es möglich sei, mit Hilfe von E-Zigaretten, Tabakerhitzern oder Nikotinbeuteln den Anteil der rauchenden Bevölkerung signifikant zu senken. Denn: Trotz umfangreicher Bemühungen und einer immer restriktiveren Tabakkontrollpolitik rauche immer noch knapp ein Viertel der deutschen Bevölkerung. Die traurige Bilanz der „Quit or Die“-getriebenen Suchtpolitik: 110 000 Menschen stürben pro Jahr an den Folgen des Tabakkonsums.

    Der Tabakkonzern Philip Morris Deutschland ergänzt, nur elf Prozent der 17 Millionen Rauchern in Deutschland hätten im vergangenen Jahr einen ernsthaften Rauchstoppversuch unternommen, obwohl die gesundheitlichen Folgen des Rauchens seit Jahren bekannt seien. Mit E-Zigaretten und Tabakerhitzern seien seit einigen Jahren nachweislich schadstoffreduzierte Produktalter‧nativen zur Zigarette für Raucher verfügbar. Allerdings zeigten aktuelle Umfragen, dass das Wissen über diese Produkte unter deutschen Rauchern kaum verbreitet sei. Der sofortige und komplette Verzicht auf Tabak und Nikotin sei nach wie vor deren beste Option. Wer diesen jedoch nicht anstrebe, sollte auf schadstoffreduzierte Produkte umsteigen.

    „Das aktuell geringe Verbraucherwissen ist eine verpasste Chance, die zu Lasten einer informierten Verbraucherentscheidung der Raucher geht“, sagt Alexander Nussbaum, Leiter Scientific & Medical Affairs bei Philip Morris.

    Zentraler Bedeutung
    Deshalb sei es von zentraler Bedeutung, Anreize für den Umstieg auf schadstoffreduzierte Produkte zu schaffen. „Wir brauchen eine differenzierte Regulierung von nikotinhaltigen Produkten, die sich klar an deren individuellem Risiko orientiert, in Verbindung mit einer gezielten Informationspolitik gegenüber den Rauchern. Nur so kann eine Vielzahl von ihnen zum Umstieg auf schadstoffreduzierte Produkte bewegt werden“, ergänzt Maximilian Jell, Leiter Regulatory Affairs & Reduced Risk Products bei Philip Morris.

    Überzeugungsarbeit
    In die gleiche Richtung geht der Ansatz des BVTE: Harm Reduction erfordere Überzeugungsarbeit; sie setze auf eine ausgewogene Aufklärung. Hier gebe es erhebliche Defizite. Das Suchtpotenzial werde stark thematisiert, wobei Harm Reduction nicht mit Entwöhnung gleichgesetzt werden dürfe. Toxikologische Bewertungen suchten häufig die Nadel im Heuhaufen, vor allem, um die Schädlichkeit alternativer Erzeugnisse zu belegen. Risiken beim Konsum von E-Zigaretten, die nur für einige Geräte oder Betriebsbedingungen – zum Beispiel Überhitzung ‐ relevant seien, würden überbetont, wobei die wirklich entscheidenden Unterschiede zur Tabakzigarette aus dem Blickfeld gerieten. Zweifel am Nutzen, fehlende Daten oder die Möglichkeit eines „Gateway Effekts“ für Kinder und Jugendliche würden oft in den Mittelpunkt gerückt. Der potenzielle Nutzen für Raucher werde häufig heruntergespielt oder gar nicht erwähnt.

    Anlass für die aktuelle Diskussion waren der Weltnichtrauchertag und der World Vape Day.

    max

  • Tabakkontrolle sinnvoll gestalten

    MÜNCHEN // Eine differenzierte Tabakregulierung kann Raucher zum Umstieg auf risikoreduzierte Alternativen zur Zigarette bewegen, ohne diese Produkte für Nichtraucher und Jugendliche attraktiv zu machen. Das zeigt eine neue Studie der Unternehmensberatung Roland Berger im Auftrag von Philip Morris Deutschland.

    Darin werden unterschiedliche Regulierungsansätze der Tabakkontrollpolitik in Deutschland, Großbritannien, den USA und Australien hinsichtlich ihrer gesundheitspolitischen Chancen und Risiken untersucht.


    Markteinführung schadstoffreduzierter Alternativen

    Philip Morris erklärt, seit der Markteinführung schadstoffreduzierter Alternativen zur Zigarette wie E-Zigaretten und Tabakerhitzern werde der regulatorische Umgang mit diesen Produkten diskutiert. Auf internationaler Ebene bestehe eine Vielzahl unterschiedlicher Regulierungsansätze zu risikoärmeren Alternativen, die von einem Nutzungsverbot bis zu einer strategischen Integration in die Tabakkontrollpolitik reichten. Jedoch zeige sich im Ländervergleich, dass das gesundheitspolitische Potenzial schadstoffreduzierter Alternativen zur Zigarette genutzt werden könne, ohne bisherige Erfolge der Tabakkontrolle zu gefährden.


    Differenzierter Regulierungsansatz

    Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass ein differenzierter Regulierungsansatz wie in Großbritannien die größten gesundheitspolitischen Erfolge verspricht. Dieser setze auf die Transformation des Marktes und des Konsumverhaltens. Damit würden Raucher eher dazu bewegt, auf risikoreduzierte Innovationen zu wechseln, ohne diese Produkte für Nichtraucher und Jugendliche attraktiv zu machen. Bei diesem Ansatz seien zudem keine Hinweise auf höhere Risiken als beim deutschen Konzept des „Vorsorgeprinzips“ zu erkennen, das noch immer nicht zwischen konventionellen und schadstoffreduzierten Produkten differenziere. In Deutschland zeige sich zudem ein geringerer Grad an evidenzbasierter Aufklärung. So sei der Anteil der Raucher, die E-Zigaretten entgegen wissenschaftlichen Erkenntnissen für mindestens genauso schädlich wie herkömmliche Zigaretten halten, hierzulande fast dreimal so hoch wie in Großbritannien (siehe Grafik). Auch sei der Anteil der Nutzer von E-Zigaretten, die zusätzlich Zigaretten rauchen, mit rund 86 Prozent etwa doppelt so hoch wie in Großbritannien, was den Potenzialen solcher Produkte zur Risikoreduktion entgegenwirkt.

    Verantwortungsvollen Einsatz
    Ashok Kaul, Senior Partner bei Roland Berger: „Die Studie belegt, dass die Balance zwischen Vorsorgeprinzip und dem verantwortungsvollen Einsatz technologischer Innovationen möglich ist.“ Wer mehr Potenziale für den Verbraucherschutz ausschöpfen wolle, müsse das Vorsorgeprinzip in Deutschland und der EU zeitgemäß fortentwickeln und den Einsatz disruptiver Technologien auf eine neue Bewertungsgrundlage stellen.

    Für die aktuelle Debatte um die Tabaksteuer in Deutschland wünscht sich Maximilian Jell, Leiter Regulatory Affairs & Reduced Risk Products bei Philip Morris in Deutschland, eine ressortübergreifende Zusammenarbeit: „Der Gesetzgeber sollte das Ziel der Tabakkontrolle auf allen Feldern im Blick behalten, nämlich das mit dem Rauchen verbundene Risiko zu senken. Deshalb brauchen wir eine nach Risiko differenzierte Tabaksteuer: Eine risikogestaffelte Steuer würde eine Lenkungswirkung erzeugen, die endlich auch jene Menschen dazu bringt, mit dem Rauchen aufzuhören, die bisher nicht erfolgreich von Präventionsmaßnahmen erreicht wurden.“


    pnf

  • Tabakpolitik neu ausrichten

    BERLIN // Der Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und die Deutsche Aids-Hilfe haben den [link|https://alternativer-drogenbericht.de/bericht-2019/]6. Alternativen Drogen- und Suchtbericht [/link]vorgelegt. Er stellt der Drogenpolitik der Bundesregierung ein schlechtes Zeugnis aus und verweist auf das Potenzial der E-Zigarette.

    Zu den Verantwortlichen zählen namhafte Wissenschaftler, unter anderem der Frankfurter Professor Heino Stöver und der Präventionsexperte Dietmar Jazbinsek. Bereits im Vorwort des Berichts finden die Autoren deutliche Worte: „Die nun ehemalige Drogenbeauftragte Marlene Mortler hat viel zu oft auf kompetente externe Beratung verzichtet und das Erfahrungswissen langjähriger Praktiker in Drogenhilfe und -politikverbänden sowie in der Selbsthilfe nicht abgerufen.“ Dazu sei eine „weitgehende Nichtbeachtung wissenschaftlicher Erkenntnisse“ gekommen.


    „Tabak und Tabakkontrollpolitik“

    Den Schwerpunkt des jetzt vorgelegten Berichts bilden denn auch „Tabak und Tabakkontrollpolitik“. Die Autoren beanstanden darin unter anderem den deutschen Umgang mit der E-Zigarette. Sie fordern drei Säulen:
    Akzeptanz der E-Zigarette als Produkt zur Unterstützung von ausstiegswilligen Rauchern,
    öffentliche Kommunikation und Information der Vorteile des Produktes für klar definierte Zielgruppen und
    eine relative Besserstellung der E-Zigarette gegenüber der Tabakzigarette.

    Es müsse zudem sichergestellt werden, dass für E-Zigaretten geworben werden dürfe – ein Postulat, dass die Herausgeber bereits im 5. Bericht festgehalten hatten. Da die E-Zigarette ein effektives Mittel zum Rauchausstieg sei, solle die Kommunikation über diese Produkte erleichtert werden und sie vor allem als Unterstützung für ausstiegswillige Raucher im öffentlichen Diskurs platziert werden.

    Zugleich machen die Autoren deutlich, dass ein Werbeverbot mit dem Argument des Jugendschutzes wenig sinnvoll sei. Das Konsumverhalten hänge sehr viel stärker von dem des Freundeskreises ab als vom Werbekontakt: „Ein generelles Werbeverbot würde sich nur auf einen Bruchteil des Bruchteils von 0,7 Prozent der Jugendlichen auswirken, die regelmäßig oder täglich dampfen.“

    Das Fazit: Die Politik müsse sich neu orientieren. Für einen positiven Ansatz gebe es Beispiele aus anderen Ländern: „Wenn man erleben will, wie ein unverkrampfter und faktenbasierter Umgang mit der E-Zigarette geht, muss man nur nach Großbritannien schauen.“ Dort befassten sich sowohl die Politik als auch verschiedene Gesundheitsorganisationen seit Längerem unideologisch mit der E-Zigarette und ihrem Platz im Gesundheitswesen.

    Juul: Hype durch die Medien
    Unter dem Aspekt, dass der Markteintritt der amerikanischen Marke „Juul“ in Deutschland für zusätzliche Aufmerksamkeit für die Produktkategorie E-Zigarette gesorgt hat, ist auch das umfassende Kapitel des Berichts „Die Juul-Story“ interessant. Die Lifestyle-Dampfe wird dabei auch kritisch beleuchtet, aber: „Die Entwicklung der Umsatzzahlen macht deutlich, dass es nicht das Marketing des Herstellers war, das den Juul-Boom ausgelöst hat, sondern der Hype in den sozialen Medien und die Sensationsberichterstattung in der etablierten Presse.“ Viel wichtiger sei, dass – angesichts der gegenüber Tabakzigaretten geringeren Schädlichkeit – Juul und E-Zigaretten insgesamt auch enorme Chancen mit sich brächten.


    max

    (DTZ 28/19)