Schlagwort: Grundrechte

  • Werbeverbot rechtswidrig?

    BERLIN // Der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen für ein umfassendes, faktisch absolut wirkendes Werbeverbot für Tabakprodukte, E-Zigaretten und deren Nachfüllbehälter ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Zu diesem Ergebnis komme ein neues Rechtsgutachten der Kanzlei Redeker Sellner Dahs, teilt der Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE) mit.

    Dies gelte schon für Tabakprodukte, umso mehr für risikoärmere E-Zigaretten und erst recht für solche E-Zigaretten, die überhaupt kein Nikotin enthalten.

    Willkürliche Gleichbehandlung
    Der Hauptgeschäftsführer des [link|http://www.bvte.de]BVTE[/link], Jan Mücke: „Die geplanten umfassenden Werbeverbote für Tabakwaren und E-Zigaretten sind unverhältnismäßig und eine willkürliche Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte. Auch gesundheitspolitisch wäre es vollkommen kontraproduktiv, die Kommunikation zu potenziell weniger schädlichen Alternativen wie E-Zigaretten zu unterbinden, besonders wenn diese auch noch nikotinfrei sind.“

    Eingriff in die Grundrechte
    Das neue Rechtsgutachten „Verfassungswidrigkeit neuer Werbeverbote für E-Zigaretten“ stellt den Verbotsplänen von CDU/CSU und SPD ein ungenügendes Zeugnis aus. Diese bedeuteten einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte der Berufs-, Meinungs- und Kunstfreiheit, der mit den Gründen des Gesundheits- und Jugendschutzes nicht zu rechtfertigen sei. Umso mehr gelte dies für die Erstreckung der Werbeverbote auf E-Zigaretten.

    Wertvolle Informationen
    Gemäß einhelliger Auffassung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) und des Deutschen Krebsforschungsinstituts (DKFZ) seien E-Zigaretten deutlich weniger gesundheitsschädlich als herkömmliche Tabakzigaretten. Durch ein Werbeverbot würden den Konsumenten wertvolle Informationen über diese Alternative zum Rauchen vorenthalten. Für die nikotinfreien Varianten dieser Produkte, die nicht zu Nikotinabhängigkeit führen können und somit ein noch geringeres Risikopotenzial aufweisen, sei ein Verbot erst recht nicht zu rechtfertigen.

    Experten kritisieren Vorhaben
    Verfassungsrechtliche Defizite dieses Gesetzesvorhabens sind von Experten wiederholt kritisiert worden. So äußerte der Leipziger Verfassungsrechtler Christoph Degenhart im Dezember 2018 neben materiellen Einwänden deutliche Zweifel an der formellen Gesetzgebungskompetenz des Bundes.

    red

  • Liebe Leserinnen, liebe Leser,

    heute beginnt Woche 5 der Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren. Und trotz vorsichtiger Lockerungen bleiben wir die facto im Lock-down.

    Fachleute fragen
    Was sich gerade ändert: Während in den vergangenen Wochen jeder, der Zahlen oder Maßnahmen hinterfragt hat, als „Corona-Leugner“ diskreditiert wurde, kippt die Stimmung und immer mehr Fachleute fragen öffentlich, ob Grund- und andere Rechte wirklich so gravierend gestutzt werden dürfen.


    Eingeschränkte Grundrechte

    Erinnern Sie sich an die Datenschutzverordnung, die vor gar nicht langer Zeit mit großem Trara eingeführt wurde? Sind die geplanten Corona-Apps mit ihr vereinbar? Und was ist mit der unantastbaren Würde des Menschen, mit Freizügigkeit, Recht auf freie Religionsausübung und dem Recht auf Eigentum? Natürlich kann und muss man darüber diskutieren dürfen, inwieweit die Politik in diese Rechte eingegriffen werden darf. Eine Demokratie sollte das problemlos aushalten können.

    Fachhandel und Dampfer-Shops wieder offen
    Warum größere Warenhäuser geschlossen bleiben sollen und kleinere Geschäfte ab heute (Achtung, Föderalismus: gilt nicht überall gleich!) wieder öffnen dürfen, ist weiter rätselhaft. Eine faire Gleichbehandlung sieht sicher anders aus. Ich bin ziemlich sicher, dass sich mit diesen Regelungen auch noch Gerichte befassen werden. Immerhin: Der Tabakwarenfachhandel und Dampfer-Shops dürfen wieder verkaufen. Ein erstes Aufatmen.

    Ich wünsche Ihnen einen wunderbaren Tag.

    Herzlich,
    Marc Reisner,
    Chefredakteur DTZ

  • „Werbeverbote sind verfassungswidrig“

    BERLIN // Weitere Tabakwerbeverbote sind verfassungswidrig. Zu diesem Ergebnis kommt ein Rechtsgutachten der Kanzlei Redeker Sellner Dahs im Auftrag von neun Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft.

    Die Gutachter rügten die Verletzung der Grundrechte auf freie Meinungsäußerung und auf Berufsfreiheit durch das von der CDU/CSU erwogene Totalverbot der Tabakwerbung. Schon seit Jahrzehnten ist Tabakwerbung im Fernsehen, Radio, Zeitungen und Zeitschriften und seit 2006 in Internetmedien untersagt. Ein Verbot der Außen- und Kinowerbung und der kostenlosen Abgabe von Produktproben würde die Grundrechte der betroffenen Unternehmen ins Leere laufen lassen und wäre damit verfassungswidrig.

    Besonders drastisch wäre der Eingriff in die grundgesetzlich geschützte kommunale Selbstverwaltung, denn die Kommunen haben langfristige Werbeverträge mit Außenwerbern abgeschlossen, deren Laufzeiten weit über die von der CDU/CSU geplante Übergangsfrist bis zum Jahr 2024 hinausgehen. Diese Verträge laufen beispielsweise in Leipzig bis 2034, in Berlin bis 2033 oder in Düsseldorf bis 2032.

    Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) plädiert aus Jugendschutzgründen für ein Totalverbot. Dazu sagt Jan Mücke, Geschäftsführer beim Deutschen Zigarettenverband (DZV): „Tabakwerbung, die sich an Minderjährige richtet, ist aus guten Gründen längst gesetzlich verboten. Bei den für die Überwachung dieses Werbeverbots zuständigen Behörden in den Bundesländern ist seit Inkrafttreten des § 21 des neuen Tabakerzeugnisgesetzes im Mai 2016 kein einziges Verfahren gegen Tabakhersteller oder Werbetreibende geführt worden. Die Forderung nach einem Totalwerbeverbot aus Gründen des Kinder- und Jugendschutzes ist für mich deshalb nicht nachvollziehbar.“ Außerdem ist die Raucherprävalenz bei Jugendlichen unter 18 Jahre nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) von 27,5 Prozent im Jahr 2001 kontinuierlich auf nunmehr nur noch 7,4 Prozent im Jahr 2017 gesunken.

    vi

    Lesen Sie dazu auch den ausführlichen Beitrag auf Seite 2 der Printausgabe DTZ 08/19.

    (DTZ 08/19)

  • „Lichtblick der Vernunft“

    BERLIN // Der Verband der deutschen Rauchtabakindustrie (VdR) begrüßt die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichtes, Fragen zur EU-Tabakrichtlinie dem Europäischen Gerichtshof EuGH vorzulegen.

    Michael von Foerster, Hauptgeschäftsführer des VdR, sagte gegenüber DTZ: „Das Berliner Verwaltungsgericht hat damit klar gestellt, dass EU-Grundrechte auch für Tabakhersteller gelten! Die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts ist ein Lichtblick der Vernunft und ein erster Schritt für mehr Rechtssicherheit gerade für kleinere und mittlere Tabakhersteller, die existenziell bedroht sind.“

    Das Berliner Verwaltungsgericht hat erhebliche Zweifel daran, dass einzelne Regelungen der EU-Tabakrichtlinie mit den EU-Grundsätzen der Rechtssicherheit, dem Gleichbehandlungsgrundsatz, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Schutz des Eigentums vereinbar sind.

    von Foerster: „Die gesamte Tabakbranche leidet unter der mangelnden Rechtssicherheit. Dies widerspricht eklatant sowohl rechtsstaatlichen als auch wirtschaftspolitischen Prinzipien. Insbesondere kleine und mittelständische Tabakhersteller haben durch begrenzte Ressourcen nicht genügend Zeit gehabt, um ihre Produktionsanlagen auf die neuen Verpackungsvorgaben umzustellen und alle Markennamen abzuschaffen oder zu ändern, die einen Hinweis auf eine Aromatisierung enthielten. Auch können infolge des ‚Aromawerbeverbots‘ viele ihre im Markenregister eingetragenen Marken überhaupt nicht mehr verwenden. Das kommt einer Enteignung gleich.“

    Wir freuen uns sehr, dass das Berliner Verwaltungsgericht dem europäischen und nationalen Gesetzgeber endlich deutlich macht, dass der politische Wille nicht über dem Recht steht. Nun liegt es am EuGH, klar zu machen, dass EU-Grundrechte auch für Tabakhersteller gelten“, so von Foerster weiter.

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    (DTZ 18/17)

  • Bundesverfassungsgericht weist Beschwerden gegen Bayerns Gastrorauchverbot ab

    Kurzer Prozess: Karlsruher Richter sehen Gesetz als verfassungskonform an

    KARLSRUHE (DTZ/pnf). Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat Beschwerden gegen das aufgrund eines Volksentscheids erlassene und am 1. August 2010 in Kraft getretene Gesetz für ein totales Rauchverbot in der bayerischen Gastronomie abgewiesen. Nach dem am Montag dieser Woche getroffenen Beschluss wurde die von zwei Gaststätteninhaberinnen sowie einer Raucherin eingereichten Verfassungsbeschwerden gegen die neue Rechtslage nicht zur Entscheidung angenommen.

    Die Raucherin hatte argumentiert, sie besuche mehrmals wöchentlich Gaststätten und werde durch das jetzt geltende absolute Rauchverbot in ihren Grundrechten unverhältnismäßig beeinträchtigt. Eine der Gastwirtinnen legte Beschwerde ein, weil sie in ihrem Betrieb einen erheblichen Teil ihrer Umsätze mit geschlossenen Gesellschaften mache, die in abgetrennten Räumen stattfinden, und durch das Rauchverbot wirtschaftlich stark gefährdet werde.

    Dies gilt auch für die dritte Klägerin, die Betreiberin eines „Pilslokals“ mit weniger als 75 qm Fläche, die geltend machte, dass ihre Mitarbeiter alle Raucher sind und auch nur rauchende Gäste eingelassen werden. Das neue Gesetz verstoße gegen die Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit und der Berufsfreiheit, hatten die Klägerinnen argumentiert.

    Richter zeigen kein Verständnis
    Die 2. Kammer des Bundesverfassungsgerichts zeigte jedoch für die Belange der Beschwerdeführer kein Verständnis. Es sah weder eine grundsätzliche Bedeutung noch sei die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Durchsetzung der Grundrechte der Klägerinnen angezeigt.

    Dabei verwies die Kammer auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juli 2008, das einerseits Ausnahmen vom Gastrorauchverbot für die Kleingastronomie zuließ, um Wettbewerbsverzerrungen auszuschließen, andrerseits aber auch den Landesgesetzgebern das Recht zubilligte, ein totales Gastrorauchverbot zu erlassen. Mit Blick auf die zweite Alternative betonten die Verfassungsrichter jetzt, dass der Gesetzgeber von der Verfassung nicht gehindert sei, dem Gesundheitsschutz gegenüber den damit beeinträchtigten Freiheitsrechten, insbesondere der Berufsfreiheit der Gastwirte und der Verhaltensfreiheit der Raucher, den Vorrang einzuräumen und ein striktes Rauchverbot zu verhängen.

    Existenzgefährung kein Argument
    So heißt es in der Beschluss-Begründung: „Entscheidet sich der Gesetzgeber wegen des hohen Rangs der zu schützenden Rechtsgüter für ein striktes Rauchverbot in allen Gaststätten, so darf er dieses Konzept konsequent verfolgen und muss sich auch nicht auf Ausnahmeregelungen für reine Rauchergaststätte einlassen, zu denen Nichtraucher keinen Zutritt erhalten. Auch eine stärkere Belastung von Inhabern kleiner Einraumgaststätten – bis hin zu Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Existenz – ist angesichts der für alle Gaststätten geltenden Regelungen durch hinreichende sachliche Gründe nicht gerechtfertigt und zwingt daher nicht zu einer Ausnahmeregelung.“

    Auch eine Unverhältnismäßigkeit mit Hinweis auf die heute bereits zahlreichen rauchfreien Gastronomiebetriebe in Bayern sah das Gericht nicht.

    Kleingastronomie vor schweren Zeiten
    Aus dem Blickwinkel der betroffenen Wirte, ihrer rauchenden Gäste sowie der Tabakbranche ist die Abweisung der Beschwerde ganz klar zu bedauern. Umsatzeinbußen werden viele Betriebe, vor allem der Kleingastronomie, in ihrer Existenz gefährden.

    Besonders betroffen sind Fachgeschäfte , die den Verkauf ihrer hochwertigen Tabakwaren mit einer Lounge unterstützen, wie die Nürnbeger Fachhändlerin Christine Klever mit ihrer Casa del Habano. Mit einer Klage will sie erreichen, dass ihre Casa nicht mehr unter das Gaststättengesetz fällt, weil dort 80 Prozent der Umsätze auf den Verkauf von Zigarren entfallen und die gastronomischen Leistungen nur eine marginale Rolle spielen.

    (DTZ 31/10)

  • Gastrorauchverbot: Urteil am 30. Juli

    Bundesverfassungsgericht entscheidet

    KARLSRUHE (DTZ/fok). Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts wird das Urteil zu den Verfassungsbeschwerden gegen gesetzliche Rauch‧verbote in der Gastronomie am 30. Juli 2008 verkünden. Aus insgesamt 27 Klagen kommen exemplarisch die Verfassungsbeschwerden von zwei Kneipenwirten aus Berlin und Tübingen sowie eines Diskothekenbetreiber aus Heilbronn zur Entscheidung, die sich durch die bestehenden Nichtraucherschutzgesetze der Bundesländer in ihren Grundrechten behindert und durch die Ausgrenzung ihrer rauchenden Kunden wirtschaftlich existenziell bedroht sehen. Speziell die Einraumkneipen, die nicht die räumliche Möglichkeit eines abgetrennten Raucherbereichs haben, berichten bundes‧weit über massive Umsatzverluste.

    Bereits beim Eröffnen des Verfahrens in Form einer mündlichen Verhandlung am 1. Juli hatte es ein außerordentlich hohes Interesse der Medien gegeben.
    So kündigt das Gericht bereits jetzt eine Akkreditierungspflicht der Medienvertreter an, die 43 Sitzplätze auf der Presseempore dürften voll besetzt sein, ein „Pool“ von zwei Fernsehteams und sechs Fotografen darf die Urteilsverkündung direkt im Gerichtssaal aufnehmen.

    Weitere Interessenten, die an der auf 10.00 Uhr angesetzten Urteilsverkündung teilnehmen wollen, können sich telefonisch unter 0721-9101-400 sowie per Fax unter 0721-9101-461 (Angabe von Name, Vorname, Geburtsdatum und Tel- oder Faxnummer) anmelden.

    (DTZ 29/08)