MAINZ // Auch zu diesem Jahreswechsel hat DTZ wichtige Verbände der Tabak- und Nikotinwirtschaft dazu befragt, wie sie das neue Jahr einschätzen. Die Gastbeiträge druckt die Redaktion in diesen Wochen. Im ersten Teil der Reihe äußert sich Claus Obholzer beim [link|https://www.bdta.de/]Bundesverband Deutscher Tabakwaren-Großhändler und Automatenaufsteller (BDTA)[/link].
Politisch und wirtschaftlich unruhige Zeit
„Der Bundesverband Deutscher Tabakwaren-Großhändler und Automatenaufsteller (BDTA) thematisierte im vergangenen Jahr die politisch und wirtschaftlich unruhige Zeit, die Mehrkosten und -aufwand für die im BDTA organisierten, überwiegend mittelständisch geprägten Familienunternehmen verursacht hat und bis heute verursacht. Unsere Mitgliedsunternehmen haben auch weiter mit den vergleichsweise hohen Energiekosten und administrativen Hürden zu kämpfen. So wurde beispielsweise mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz ein symbolischer politischer Fortschritt mit einem unverhältnismäßig hohen bürokratischen Mehraufwand für den deutschen Mittelstand erkauft. An den im Gesetzestext genannten, zweifellos beklagenswerten Missständen in der Welt ändert sich damit allerdings nichts.
Für uns positiv war wiederum im Oktober 2023 das Urteil des Bundesgerichtshofes hinsichtlich der Zulässigkeit des Anbietens von Zigarettenpackungen durch Warenausgabeautomaten an Supermarktkassen. Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass die Außenwände eines Warenausgabegeräts die Warnhinweise einer im Automaten befindlichen Zigarettenschachtel nicht verdecken und dass der Automat als Vertriebsform für Tabakwaren zulässig im Rahmen des europäischen und des deutschen Rechts ist.
10. Conference of the Parties
Mit Interesse verfolgen wir die im Februar stattfindende Konferenz der WHO und dem Framework Convention on Tobacco Control FCTC (Rahmenübereinkommen zur Tabakkontrolle, Anm. d. Red.). Es gibt Hinweise darauf, dass neuartige Erzeugnisse weniger gesundheitsschädlich sind als klassische Tabakwaren. Das sollten die Teilnehmer der 10. Conference of the Parties (Cop 10) bei ihren Überlegungen mit berücksichtigen und sich vom mittlerweile veralteten ,Quit or die‘-Ansatz befreien.
Das 3. Meeting of the Parties (Mop 3) nimmt die Idee eines weltweiten Track & Trace-Rückverfolgbarkeitssystems in den Fokus. Wir bleiben bei unserer Auffassung, dass die Kontrolle einer legalen Vertriebskette das Problem des illegalen Geschäfts mit Tabakwaren nicht löst. Sollte es dennoch zu einem globalen Kontrollsystem kommen, so betonen wir, dass unser europäisches Track & Trace-System nicht bedeutend abgeändert werden darf, um das operative Geschäft der Tabakwaren-Händler nicht nachhaltig zu stören.
Europawahl 2024
Neben den Konferenzen der WHO / FCTC wird sicherlich auch die Europawahl 2024 Einfluss auf die Brüsseler Tabakkontrollpolitik nehmen. Grundsätzlich hoffen wir, dass die Europäische Kommission bei der Überarbeitung der europäischen Tabakrichtlinien maßvoll handelt. Ziel muss in erster Linie das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts sein. Wir bitten unter anderem um eine rechtliche Einbettung rechtshängiger Produkte. Das gewährleistet Planungssicherheit für Industrie und Großhandel. Die legale Vertriebskette für Tabakerzeugnisse ist nämlich die Geschäftsebene, die fiskalische Interessen befriedigt und gesundheitspolitische Ziele erfüllt. Sie ist die einzige Ebene, die transparent ist und durch Regulierung kontrolliert und beeinflusst werden kann.
Paraprohibitive und prohibitive politische Maßnahmen dienen nicht dem Gesundheitsschutz. Aus diesem Grund haben wir Bedenken hinsichtlich der von der EU-Kommission proklamierten ,tabakfreien Generation‘ bis 2040. Das bedeutet, dass der derzeitige Tabakkonsum in Europa um zirka 80 Prozent reduziert werden soll. Das hätte für die Wirtschaftsakteure, die an der Herstellung und dem Vertrieb von Tabakwaren und verwandten Produkten beteiligt sind, unvermeidliche Auswirkungen. Eine solche Überarbeitung der Tabakrichtlinien, die sicherlich die Kompetenzen der EU überschreiten würde, ist unseres Erachtens verfassungsrechtlich bedenklich: Es gilt die unternehmerische Freiheit als Grundrecht der Europäischen Union. Aus diesem Grund muss die ökonomische Handlungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens erhalten bleiben.
Wir halten repressive Ansätze für eine erfolgversprechende Produktregulierung für ungeeignet, da sie sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart regelmäßig versagt haben und versagen. Ein ,reibungsloser Ausstieg aus dem Markt‘ wäre daher unseres Erachtens nicht nur aus volkswirtschaftlicher Sicht ein bedenkliches Petitum seitens der Europäischen Kommission, sondern auch aus gesundheitspolitischer Sicht.
Technischen Fortschritt
Der automatenaufstellende Handel erfreut sich am technischen Fortschritt. Der ,Topp‘-Technikstandard (Terminal ohne Pin-Pad, Anm. d. Red.) am Zigarettenautomaten verbreitet sich kontinuierlich weiter, so dass zum Jahresende 2023 bereits an mehr als der Hälfte aller Automaten kontaktlos bezahlt werden kann. Wie in anderen Handelsbereichen stellen auch wir fest, dass die Kundenakzeptanz des bargeldlosen Bezahlens weiter steigt. Wir sind mehr als zuversichtlich, dass zukünftig alle Zigarettenautomaten digitalisiert werden und so flächendeckend eine unkomplizierte bargeldlose Kaufabwicklung garantiert werden kann.
Als nächster Schritt im Rahmen der technischen Weiterentwicklung der Automaten ist der Startschuss für die Einführung der Online-Altersverifikation gefallen, die den Jugendschutz auf eine neue Ebene hebt. Gemeinsam mit der Deutschen Kreditwirtschaft haben wir hierzu Mitte des Jahres 2023 ein Pilotprojekt gestartet und sammeln derzeit Erfahrungen hierzu. Mit der Einführung der Online-Altersverifikation legen wir außerdem die Grundlagen für das mobile Bezahlen mit Smartphone und / oder Smartwatch am Zigarettenautomaten. Bereits im Pilotprojekt stellen wir fest, dass die Funktion von Konsumenten zunehmend genutzt wird.
Mit der Realisierung der technischen Fortschritte wird die Attraktivität des Zigarettenautomaten weiter zunehmen und der Jugendschutz weiter zuverlässig und lückenlos sichergestellt.
Der BDTA bewies und beweist sich hiermit als starker unabhängiger Verband mit einer soliden Mitgliederbasis. Der Tabakwaren-Großhandel geht zuversichtlich ins neue Jahr 2024. Denn wir arbeiten gewissenhaft, zukunftsorientiert und seriös.“
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