Gemeinsame Gegenwehr gegen Brüsseler Überregulierung

RÖSRATH (DTZ/da). Am 31. Mai zelebrierte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den sogenannten „Weltnichtrauchertag“. Der Zufall wollte es, dass sich just an den beiden Vortagen rund 130 Personen aller Bereiche der Tabakwirtschaft in Rösrath bei Köln zum Branchendialog trafen.

Den Absichten des kommenden „Weltnichtrauchertages“ zum Trotz wurden dort kräftig Tabakwaren genossen. Eingeladen zu diesem Branchendialog hatte der Bundesverband des Tabakwaren-Einzelhandels (BTWE) im Rahmen seiner Delegiertenversammlung am 29. und 30. Mai.

Das Motto der Tagung „Für Marktwirtschaft und Meinungsfreiheit“ hätte angesichts der zunehmenden Diskriminierung der Raucher und der bedrohlichen Restriktionen gegen die Tabakwirtschaft kaum besser gewählt sein können. Zu diesem Thema fand nicht nur BTWE-Präsident Rainer von Bötticher deutliche Worte, auch einige Referenten setzten sich mit der Problematik auseinander.

„Dürfen wir nicht mehr selbst entscheiden?“So hatte etwa Marianne Tritz, Geschäftsführerin des Deutschen Zigarettenverbands e. V. (DZV), ihren Vortrag unter die Überschrift „Dürfen wir nicht mehr selbst entscheiden?“ gestellt. Sie verdeutlichte, was durch die vorgesehene Verschärfung der EU-Tabakprodukt-Richtlinie demnächst auf die Branche zukommen kann. Tritz forderte eindringlich dazu auf, Widerstand gegen die Brüsseler Pläne zu leisten. Die Gegenwehr habe allerdings nur eine Chance durch ein gemeinsames Auftreten der Branche, wobei der Handel sein ganzes Gewicht in die Waagschale werfen müsse, denn er habe den Kontakt zu den Menschen.

Dass die Branche unter Beschuss sei, konstatierte auch Villiger-Geschäftsführer Peter Witzke in seiner Präsentation zur „Zukunft der Genuss-Sortimente“. Dabei stehe das Genussmittel Zigarre unter besonderem Druck. Die Politik in Deutschland forderte er auf: „Stoppt die Überregulierungsversuche der EU, stoppt den Wahnsinn aus Brüssel!“ Sein Credo: „Maßvolle Präventionspolitik statt maßlose Prohibitionspolitik.“

Wie man erfolgreich Widerstand leistet, beschrieb Peter Rudolf Trinkl, Obmann des Bundesgremiums der Tabaktrafikanten Österreichs. „Im freien Spiel der Kräfte“ titelte er seine Rede, die über den „Aufstand der Trafikanten“ informierte. „Wir setzen stark auf Aktionismus, um die Medien und die Bürger wachzurütteln“, so Trinkl. Die österreichischen Trafikanten sammelten z. B. eine Million Unterschriften gegen die Produktrichtlinie; eine stolze Zahl bei nur 8,4 Mio. Einwohnern.

Sorge wegen Schwächung des terrestrischen VertriebsDass es nicht nur beim Tabak wachsende Schwierigkeiten für den Fachhandel gibt, wurde durch den Vortrag von WestLotto-Geschäftsführer Theo Goßner deutlich. Sein Thema: „Das Glücksspielmonopol – Ein Modell der Zukunft?“

Den Entwurf von 15 Bundesländern für einen neuen Glücksspiel-Staatsvertrag bewertete er im Hinblick auf die Öffnung des Sportwetten-Marktes kritisch. Nun sei mit einem Anheizen der Spielleidenschaft durch gewerbliche Spielvermittler zu rechnen. Sorge bereite Goßner auch die Schwächung des terrestrischen Vertriebs, der durch eine massive Reduzierung der Sportwetten-Vermittlungsstellen an Boden verliere.

Auf Social Networking im Internet über Xing, Facebook, Twitter und Co. gingen BTWE-Geschäftsführer Dieter C. Rangol und der Freiburger Fachhändler Stefan Huber ein. Anschaulich erklärte Rangol aktuelle Begriffe der Internetsprache und führte aus, wie man auch auf geschäftlicher Ebene Netzwerke wie etwa Xing oder Facebook sinnvoll nutzen könne.

Aus der Praxis für die PraxisAus der Praxis eines Fachhändlers für seine Kollegen berichtete Stefan Huber. Er selbst sei bei Facebook, Twitter und Qype vertreten. Bereits vor zehn Jahren stellte Familie Huber ihren ersten Webshop ins Netz. Den Arbeitsaufwand für die ständige Betreuung des Webshops bezeichnete Huber als relativ hoch. „Aber“, fügte er hinzu, „als Fachhändler braucht man einen Webshop, ohne geht es nicht mehr!“

Auf großes Interesse stieß auch der Beitrag von Horst Mutsch, Leiter DB Station & Service, zum Thema „Die Bahn als Vermieter – Lage top, Marge flopp?“. Bahnhöfe bezeichnete er wegen ihrer hohen Frequenz als äußerst interessante Standorte für Einzelhändler. Mit Zahlen und Daten belegte er die dominante Stellung des Standorts Bahnhof in Sachen Frequenz. Gerade auch für Tabakwaren seien Bahnhöfe ausgesprochen attraktive Standorte, nicht zuletzt werde dies durch gestiegene Umsätze in den vergangenen Jahren dokumentiert. Am Ende rechne es sich für Tabakwarenhändler.

Unter der Überschrift „Deutschland 2030 – wie wir morgen leben werden“ richtete Prof. Dr. Ulrich Reinhard einen Blick in die Zukunft. Der wissenschaftliche Leiter der Stiftung für Zukunftsfragen, einer Initiative von British American Tobacco, ging dabei ausführlich auf den demografischen Wandel und seine Folgen ein. Auch die zunehmende Einschränkung der Bürger durch Verbote und Überregulierungen schnitt Prof. Reinhard an. In Deutschland fordere jeder zweite Bürger wieder mehr Freiheit und weniger Gängelung durch den Staat.

„Neue Strategien für neue Märkte“Den Abschluss der Jahrestagung bildete ein von BTWE-Geschäftsführer Willy Fischel moderierter Branchentalk unter dem Thema „Neue Strategien für neue Märkte“ mit Statements von Ralf Lothert (Philip Morris), Dr. Arno Lippert (BAT), Heike Maria Lau (JTI), Philipp Schuster (August Schuster), Michael Kaib (Reemtsma) und Carsten Zenner (BDTA).

Dem BTWE-Branchendialog vorgelagert war der interne Teil der Delegiertenversammlung. Hier wurde im Rahmen der Regularien die Amtsführung von BTWE-Präsidium und -Geschäftsführung einstimmig gebilligt.

(DTZ 22/11)

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