Kein Rückgang beim Zigarettenschmuggel in Sicht

Aus den Jahresbilanzen 2009 der Zollfahndungsämter

MAINZ (DTZ/ergü). Bei den Jahresbilanzen der Zollfahndungs- und Hauptzollämter des Landes – vier der acht haben ihre Zahlen bereits veröffentlicht – kristallisiert sich heraus:Trotz wachsender Erfolge im Kampf gegen die internationale Zigarettenkriminalität ist, wie es Norbert Scheithauer, Pressesprecher des ZFA Berlin-Brandenburg, formuliert, „ein quantitativer Rückgang des Zigaretteneinfuhrschmuggels kurzfristig nicht in Sicht“.

Zugenommen hat laut ZFA auch eine Zahl gewaltbereiter Straftäter, die unter Alkohol- oder Rauschgifteinfluss standen. Die Behörde notierte 40 Fälle gefälschter oder gestohlener deutscher Kfz-Kennzeichen, überwiegend von polnischen Zigarettenschmugglern benutzt.

Immerhin sei im Vergleich zum Vorjahr die Anzahl ausländischer Täter um 88 auf 1.074 gesunken, während andererseits die der deutschen um 19 auf 847 anstieg. 133 Tatverdächtige konnten unerkannt flüchten.

Tatumfänge verdoppelt
Im milliardenschweren Bandengeschäft schrecken die Syndikate nicht vor Gewalt, Erpressung, Nötigung und Kapitalverbrechen zurück. Grund: die bis zu 1000-prozentige Gewinnspannen, die zwischen Produktion und illegalem Straßenverkauf entstehen.

Die 390 ZFA-Mitarbeiter waren 2009 mit insgesamt 651 Ermittlungen befasst, 76 mehr als im Vorjahr. Dabei wurden fast 58 Millionen Schwarzzigaretten (2008: 51 Millionen) sichergestellt; verhinderter Steuerschaden über 11 Mio. Euro. Weitere 170 Millionen Stück – mehr als dreimal so viel wie 2008 – konnte das ZKA aufgrund von Zeugenaussagen und Geständnissen ermitteln.

Wie Scheithauer betont, werden diese „den Straftätern, sofern möglich, angelastet und in den Schuldsprüchen der Gerichte bei der Strafzumessung berücksichtigt.“

Fette Beute
Bei der Jahrespressekonferenz des ZFA Dresden (270 Mitarbeiter) stand zunächst die Rauschgiftkriminaliät im Vordergrund. Das ZFA hatte eine zehnfach höhere Menge (1.500 Kilogramm) sichergestellt als im Vorjahr und eine Bande aus dem Raum Dresden zerschlagen, die allein mehr als 1.300 Kilogramm Haschisch, Marihuana und Amphetamine per Zug aus Holland eingeschmuggelt hatte.

Auch die Ergebnisse in der Bekämpfung des Zigarettenschmuggels können sich sehen lassen, wie ZFA-Leiterin Anett Häußler unterstrich. In 161 Ermittlungsverfahren hatte man mehr als 50 Millionen Schmuggelzigaretten (Steuerschaden rund 11 Mio. Euro) aufgegriffen. Zwar habe sich die Zahl der Ermittlungsverfahren gegenüber 2008 um 30 Prozent verringert, die Tatumfänge hätten sich aber mehr als verdoppelt.

Zusammenarbeit funktioniert
Ermittlungen gegen drei größere Banden im Raum Leipzig/Halle standen im ZFA-Fokus. Vier Mitglieder einer dieser Banden wurden Ende 2009 zu Haftstrafen zwischen zweieinhalb und vier Jahren verurteilt. Die Kriminellen hatten 8 Millionen Schwarzzigaretten aus Polen im Raum Bad Düben abgesetzt. Zwei der Täter dealten überdies mit Betäubungsmitteln.

„Die Bekämpfung des Zigarettenschmuggels ist eine unserer wichtigsten Aufgaben“, betonte Dieter Stiehler, Leiter Sachgebiet Verbrauchssteuern, im DTZ-Gespräch. Auf die Frage, welche Rolle die Schmuggelmarke Jin Ling im Bereich des ZFA spiele, antwortete Stiehler: „Sie macht wenigstens 50 Prozent aller Schmuggelzigaretten aus.“ Seines Wissens werde sie ausschließlich dafür produziert.

„Wir haben 2009 vor allem in der Bekämpfung des Zigarettenschmuggels und der Betäubungsmittelkriminalität gute Ergebnisse erzielen können“, erklärte der Leiter des ZFA Hannover Thomas Lieske. „Einmal mehr hat sich gezeigt, dass eine wirkungsvolle Bekämpfung von Strukturen in der weltweit organisierten Kriminalität nur aufgrund intensiver Zusammenarbeit auf nationaler und internationaler Ebene funktioniert.“

Umfangreiches Territorium
Mit 60.000 Quadratkilometern – weite Teile Niedersachsens, Sachsen-Anhalts, Bremen und die Region Ostwestfalen – betreut das ZFA ein umfangreiches Territorium. In Bremen, Magdeburg und Bielefeld gibt es Außenstellen. Insgesamt sind 300 Beamte tätig.

Gemeinsame Ermittlungsgruppen mit der Polizei haben sich bestens bewährt. Die Ermittlungen zum Zigarettenschmuggel nahmen wie in den Vorjahren über die Hälfte der rund 700 Verfahren in Anspruch. Zusammen mit den Kontrolleinheiten der Hauptzollämter konnten über 28 Millionen Schmuggelzigaretten sichergestellt und weitere 81 Millionen den Tätern nachgewiesen werden. „Der Steuerschaden beträgt allein in diesem Deliktsbereich über 20 Mio. Euro“, sagte Lieske.

Neue Rekorde
Vom ZFA Hamburg wurden zusammen mit der Bundesfinanzdirektion Nord 2009 insgesamt 1.477 neue Delikte bearbeitet, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Die Zahl der Tatverdächtigen liegt bei 864, ermittelter Steuerschaden: 61,8 Mio. Euro. Den Hauptanteil bestreiten mit 51 Mio. Euro die Verbrauchsteuern. Dabei erklomm der Zigarettenschmuggel neue Gipfel.

Beschlagnahmt wurden 73,8 Millionen Schwarzzigaretten. Die Menge der im Rahmen von Verfahren festgestellten eingeschmuggelten und meist abgesetzten Zigaretten beträgt mehr als 160 Millionen. Damit werde die Höchstmarke der zurückliegenden zehn Jahre erreicht.

ZFA-Fokus besonders auf Strukturen und Haupttäter
„Hier wird auch das Hauptaugenmerk der Zollfahnder auf diesem Sektor erkennbar“, heißt es. „Nicht nur das Beschlagnahmen von Zigaretten, sondern vielmehr die Zerschlagung und Aufdeckung von Strukturen und das Ergreifen von Haupttätern ist zum Ziel geworden. Dies ist insbesondere durch die intensivere und bessere Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten möglich.“

Die Aufgaben der Zollfahndung haben sich, wie DTZ mehrfach berichtete, bekanntermaßen in den letzten Jahren gewandelt. Präzise formulierte Norbert Scheithauer den heutigen Auftrag der Zollfahndung: Sie leiste „einen wesentlichen Beitrag zur Sicherheit der Bürger Deutschlands und der gesamten EU und nimmt ihren Auftrag einer nachhaltigen Verfolgung der internationalen (Zoll-)Kriminalität und die Zerschlagung der Strukturen, die sich im gesamten Wirtschaftsraum der EU wiederfinden lassen, als Kernaufgabe ihrer Tätigkeiten wahr.“

(DTZ 18/10)

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