Staatliche Lottogesellschaften sehen sich durch Bundesgerichtshof gestärkt

Zusammenarbeit mit gewerblichen Spielvermittlern darf abgelehnt werden

[pic|83|l|||Dr. Friedhelm Repnik: Der Deutsche Lotto- und Totoblock begrüßt die BGH-Entscheidung.|||]

Lotto
KARLSRUHE (DTZ/vi). Der Deutsche Lotto- und Totoblock (DLTB) darf die von den Bundesländern kontrollierten Lottogesellschaften nicht dazu auffordern, Spielaufträge gewerblicher Spielvermittler abzulehnen, die in stationären Annahmestellen, etwa in Tankstellen oder Supermärkten (sogenannten terrestrischer Vertrieb), entgegengenommen wurden. Die Lottogesellschaften sind aber berechtigt, die Zusammenarbeit mit Spielvermittlern abzulehnen, wenn sie nicht über die nach Landesrecht erforderliche Erlaubnis verfügen. Von einer Ausdehnung ihrer Tätigkeit auf andere Bundesländer können die Lottogesellschaften zwar aufgrund eigener Entscheidung absehen, sie dürfen darüber aber untereinander keine Vereinbarung treffen. Dies hat der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs entschieden. Er hat damit einer Rechtsbeschwerde des DLTB und der Lottogesellschaften teilweise stattgegeben.

Die Veranstaltung von Lotterien ist in Deutschland grundsätzlich den von den Bundesländern kontrollierten Lottogesellschaften vorbehalten, die sich im DLTB zusammengeschlossen haben. Sie haben ihre Zusammenarbeit im sogenannten Blockvertrag geregelt. Nach dessen Paragraf 2 dürfen die Lottogesellschaften Lotterien nur innerhalb ihres jeweiligen Landesgebiets veranstalten (Regionalitätsprinzip). Paragraf 4 des sog. Regionalisierungsstaatsvertrags sieht vor, dass die Lottogesellschaften die über gewerbliche Spielvermittler erzielten Lotterieeinnahmen unter sich entsprechend den jeweils sonst von ihnen erzielten Spieleinsätzen aufteilen.

Nachdem gewerbliche Spielvermittler dazu übergegangen waren, Spieleinsätze auch über Annahmestellen in Filialen großer Handelsunternehmen und Tankstellen entgegenzunehmen, forderte der Rechtsausschuss des DLTB die Lottogesellschaften auf, solche Umsätze zurückzuweisen.

Das Bundeskartellamt hat dem DLTB und den Lottogesellschaften untersagt, eine solche Aufforderung auszusprechen oder ihr nachzukommen. Ferner hat es den Lottogesellschaften verboten, ihren Vertrieb in Beachtung des Regionalitätsprinzips sowie der Landesgesetze zum Glücksspielwesen auf ihr jeweiliges Bundesland zu beschränken und aus diesem Grund ihren Internetvertrieb nicht für Spielteilnehmer aus anderen Bundesländern zu öffnen. Beanstandet hat das Bundeskartellamt auch die Mitwirkung der Lottogesellschaften an der Verteilung der Einnahmen nach dem Regionalisierungsstaatsvertrag. Das OLG Düsseldorf hat die Beschwerde gegen die Verfügung des Bundeskartellamts weit überwiegend zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde des DLTB und der Lottogesellschaften hatte beim Kartellsenat des Bundesgerichtshofs teilweise Erfolg.

Der Kartellsenat hat zunächst bestätigt, dass der Rechtsausschuss des DLTB mit seiner gegen den terrestrischen Vertrieb gewerblicher Spielvermittler gerichteten Aufforderung in unzulässiger Weise den Wettbewerb zwischen den Lottogesellschaften beschränkt hat. Insofern ist unerheblich, ob dieser Beschluss für die Lottogesellschaften rechtlich oder faktisch verbindlich war. Außerdem hat der Bundesgerichtshof angenommen, dass die Aufforderung des Rechtsausschusses zu einer von Art. 81 EG und Paragraf 1 GWB verbotenen, abgestimmten Verhaltensweise der Lottogesellschaften zum Nachteil der Spielvermittler geführt hat. Dies berührt nicht die Möglichkeit der Lottogesellschaften, die Zusammenarbeit mit gewerblichen Spielvermittlern aufgrund eigener Entscheidung aus sachlichen Gründen zu verweigern. Sie sind auch berechtigt, eine Zusammenarbeit abzulehnen, wenn Spielvermittler nicht über die nach Landesrecht erforderliche Erlaubnis verfügen.

Diese Erlaubnis, wie sie nach dem Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) und den zu seiner Ausführung ergangenen Landesgesetzen seit 1. Januar 2008 vorgeschrieben ist, darf nicht aus sachfremden Gründen – etwa zur Einschränkung des Wettbewerbs oder zur Erhöhung der Einnahmen des Landes – versagt werden, sondern nur, um die ordnungsrechtlichen Ziele der Glücksspielaufsicht – wie Jugendschutz und Bekämpfung der Spielsucht – durchzusetzen.

Der Kartellsenat hat seine schon im Eilverfahren vorläufig geäußerte Auffassung bestätigt, dass das Regionalitätsprinzip des Blockvertrags gegen Art. 81 Abs. 1 EG verstößt. Die Lottogesellschaften haben autonom zu entscheiden, ob sie ihren Vertrieb auf andere Bundesländer ausdehnen und gegebenenfalls dafür erforderliche Genehmigungen einholen wollen. Das gilt derzeit insbesondere auch für den Internetvertrieb. Dieser wird allerdings nach Ablauf der Übergangsfrist ab 1. Januar 2009 gemäß Paragraf 4 Abs. 4 des Glücksspiel-Staatsvertrags allgemein verboten sein. Die Europäische Kommission hat gegen dieses Verbot zwar gemeinschaftsrechtliche Bedenken erhoben. Bis zu einer anderslautenden Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften haben die Lottogesellschaften aber von der Wirksamkeit des Paragrafen 4 Abs. 4 des Glücksspiel-Staatsvertrags auszugehen.

Wie der Bundesgerichtshof weiter erkannt hat, konnte den Lottogesellschaften vom Bundeskartellamt untersagt werden, an der im sogenannten Regionalisierungsstaatsvertrag vorgesehenen Umverteilung der Einnahmen aus Spielvermittlung mitzuwirken. Diese Umverteilung beseitigt weitgehend den Anreiz für einen Wettbewerb der Lottogesellschaften um Spielinteressenten.

Wie der Lotto-Block in einer Presseerklärung mitteilt, sieht er durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs das auf Spielerschutz ausgerichtete föderale Glücksspielkonzept bestätigt. Die staatlichen Lotteriegesellschaften dürften wie bisher ihr jeweiliges Glücksspielangebot auf einzelne Bundesländer ausrichten. Zur Durchsetzung ihrer ordnungsrechtlichen Pflichten dürften die Länder den Nachweis einer landesbehördlichen Glückspielerlaubnis verlangen. Zudem könnten die Lottogesellschaften die Zusammenarbeit mit gewerblichen Spielvermittlern aufgrund eigener Entscheidung aus sachlichen Gründen ablehnen.

„Wir begrüßen die Entscheidung“, sagte Dr. Friedhelm Repnik, Geschäftsführer der Staatlichen Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg und Federführer des Deutschen Lotto- und Totoblocks. „Die Ministerpräsidenten haben sich beim Glücksspiel in Deutschland gegen ein Kommerzmodell entschieden. Im Vordergrund steht der Spielerschutz. Eine beliebige Ausweitung von Glücksspielangeboten, zum Beispiel durch gewerbliche Spielvermittler über Ländergrenzen hinweg, würde diesem Grundgedanken widersprechen.“ Der Bundesgerichtshof habe für Rechtssicherheit gesorgt und den Glücksspielstaatsvertrag klar bestätigt, so Dr. Repnik.

Der Beschwerde des DLTB gegen die Vorentscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf sei in zentralen Punkten stattgegeben worden und die Beschwerde des Kartellamts zurückgewiesen worden. Den Angriffen gegen den Glücksspielstaatsvertrag habe der BGH damit eine eindeutige Absage erteilt und die Position der Länder gestärkt. Die Lottogesellschaften und gewerblichen Spielvermittler hätten – so der BGH – von der Wirksamkeit regionaler Erlaubnisvorbehalte und des zum 1. Januar 2009 in Kraft tretenden Internetverbots auszugehen.

Mit der Entscheidung des BGH endet eine mehr als zweijährige Auseinandersetzung um die Regelungshoheit für die Ordnung des Glücksspielwesens. Ausschlaggebend für die Entscheidung bzw. Auffassung der Karlsruher Richter ist nach Feststellung des Lotto-Blocks nicht zuletzt die europäische Rechtsprechung, die seit jeher die Regelungskompetenz der EU-Mitgliedstaaten für die Glücksspielgesetzgebung gestärkt und geschützt hat.

(DTZ 34/08)

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