Schlagwort: Track and Trace

  • Konservativ und erfolgreich

    GEISENHAUSEN // Was kommt in den kommenden Monaten auf die Tabakbranche zu? Diese und viele weitere Fragen stellte DTZ Patrick Engels, Geschäftsführender Gesellschafter von [link|https://www.poeschl-tobacco.com/]Pöschl Tabak[/link] in Geisenhausen.

    Herr Engels, wie beurteilen Sie den deutschen Markt für Tabakwaren aktuell?
    Patrick Engels: Unterm Strich ist der Markt sehr stabil. Allerdings sehen wir zum Beispiel, dass der illegale Handel wieder zugenommen hat; während Covid spielte der ja aufgrund der geschlossenen Grenzen praktisch keine Rolle.

    Und ich glaube, die Abschottung während dieser Zeit hatte für die Branche noch einen Vorteil …
    Engels: Ja, was mich durchaus freut, ist, dass die Pufferfunktion zwischen Feinschnitt und nicht in Deutschland versteuerten Produkten, über die wir seit Jahrzehnten sprechen, sich gerade während Covid absolut bewahrheitet hat. Also: Viele Konsumenten, die sich früher im Ausland ihre Produkte beschafft haben, haben zwangsläufig wieder in Deutschland gekauft und dort verstärkt auf Markenprodukte zurückgegriffen. Insofern fühlen wir uns da absolut bestätigt.

    Jetzt haben Sie über Zigarette und Feinschnitt gesprochen …
    Engels: Genau. Auch der Schnupftabakmarkt ist relativ stabil. Leider hat Bernard, die älteste Manufaktur in Deutschland, aufgrund von Track & Trace geschlossen – was ich bei aller Konkurrenz sehr schade finde. Zum Thema Pfeifentabak nur so viel: Da geht es leider seit Jahren bergab, ich schätze, dass sich der Markt in den vergangenen 40 Jahren gefünftelt, wenn nicht sogar gesechstelt hat.

    Traurig.
    Engels: Ja, weil die Pfeife natürlich ein absolutes Kultur- und Genussgut ist. Aber durch die Rauchverbote, speziell in der Gastronomie, finden die Konsumenten immer weniger Zeit und Muße, eine Pfeife zu rauchen – zumal das ja etwas länger dauert. Und immer vier oder fünf Pfeifen mitzunehmen, die ein passionierter Raucher so braucht, macht die Sache nicht unbedingt leichter.

    Auch hier greift seit Mai Track & Trace?
    Engels: Sowohl beim Schnupftabak als auch beim Pfeifentabak.

    Wie ist die Umstellung bei Ihnen gelaufen?

    Engels: Ich finde, wir haben die Sache ganz gut geregelt. Die Kosten allerdings sind absolut unverhältnismäßig. Dazu kommt, dass diese Produkte de facto nicht geschmuggelt werden. Da stellt sich dann schon die Frage, ob das alles Maß und Ziel hat. Und dann stellt sich vor ein paar Monaten die zuständige Kommissarin in Brüssel hin und sagt mehr oder weniger deutlich, dass die ganze Sache eigentlich nichts bringt.

    Wie bitte?
    Engels: Ja, tatsächlich. Was ich außerdem sehr, sehr schade finde: Viele kleinere und mittlere Unternehmen haben aufgrund von Track & Trace die Segel gestrichen oder werden sie noch streichen. Auch die Produktvielfalt dürfte zurückgehen, weil das Geschäft mit Kleinstmengen oder mit speziellen Verpackungen unter Track & Trace nur selten sinnvoll ist.

    Wie setzen Sie die Vorschriften denn bei so kleinen Verpackungen wie denen für Schnupftabak um?
    Engels: Dazu muss ich sagen, dass wir mit gewissen Formaten schon unsere Sorgen hatten. Denn die vorgeschriebenen Kodierungen passen kaum auf die Dosen. In die Lösung haben unsere Mitarbeiter wirklich viel Gehirnschmalz gesteckt. Das macht mich stolz.

    Track & Trace ist ein ökonomischer Hemmschuh?
    Engels: Ja, man kann getrost sagen, dass Track & Trace staatlich regulierte Wettbewerbspolitik ist.

    Und dabei waren Sie aufgrund Ihrer Erfahrungen mit Feinschnitt und Zigarette wahrscheinlich noch in einer relativ angenehmen Situation?
    Engels: Was Pfeifentabak betrifft – da sind die Formate denen von Feinschnitt recht ähnlich. Aber der Schnupftabak war wirklich Neuland. Auch hier ein toller Job unserer Belegschaft. Da mussten wir über die Maschinen reden, da mussten wir über die Formate reden, da mussten wir natürlich über den geringen Platz sprechen. Es sind ja nicht nur die Track & Trace-Codes, die wir aufbringen müssen, sondern noch andere Dinge, etwa das Sicherheitsmerkmal. Das macht die Sache wirklich schwierig. Unterm Strich ist Track & Trace für mich ein Rohrkrepierer.

    Lassen Sie uns über Nikotin-Pouches sprechen. Die sind in Deutschland nicht erlaubt …
    Engels: Ein schwierig zu beurteilender Markt. Die Gesetzeslage in Europa ist so unterschiedlich, dass ich nicht zu sagen vermag, ob es jemals zu einer einheitlichen Positivregulierung kommt.

    Wie beurteilen Sie denn die Konkurrenz durch die neuartigen Erzeugnisse?
    Engels: Ach, ich habe prinzipiell etwas gegen Verbote. Sofern diese Produkte legal sind, haben sie eine Marktberechtigung. Wie das dann ausgestaltet wird, ist eine andere Geschichte. Was mich persönlich sehr stört: Ich halte die Herangehensweise, die man derzeit auf dem Markt sieht, teilweise für widersprüchlich und inkonsequent.

    Inwiefern?
    Engels: Vor der Europawahl wurde ganz Berlin zugepflastert mit sogenannten Billboards: Deutschland hört auf zu rauchen. Dabei muss man berücksichtigen, dass das alles mit Erlösen aus dem Tabak finanziert wird. Das ist in meinen Augen inkonsequent. Meine Botschaft an gewisse Tabakunternehmen: Falls der ein oder andere seine klassischen Tabakmarken nicht behalten will, stehen wir Gewehr bei Fuß.

    Sie blicken offenbar optimistisch auf die Zukunft des Tabaks.
    Engels: Ja, der klassische Tabak wird immer bestehen bleiben. Was andere Kategorien betrifft, bleibt die Entwicklung abzuwarten. Wie gesagt: Ich bin ein großer Verfechter des Wettbewerbs.

    Auch der wird ja eingeschränkt. Wie beurteilen Sie denn den aktuellen Stand der Regulierung?
    Engels: Die aktuelle TPD ist ja genau zehn Jahre alt. Das war damals ein ziemlicher Schlag ins Kontor mit vielen Aspekten, die ich bis heute nicht nachvollziehen kann. Zum Beispiel, dass man die Aromen nicht mehr auf Pfeifentabak- und Schnupftabak-Packungen schreiben darf. Und die Warnhinweise halte ich nach wie vor für überzogen.

    Dafür mussten andere Angaben weichen.
    Engels: Genau, die Informationen über Inhalte.

    Das waren die Teer-, Nikotin- und Kohlenmonoxidwerte.
    Engels: Das Argument war, dass Konsumenten sich dadurch fehlgeleitet fühlen könnten. Ich halte das für Blödsinn. Jedenfalls haben wir uns mit der TPD2 arrangiert. Jetzt bleibt abzuwarten, was die TPD3 bringen wird, was auch davon abhängt, wie sich die neue EU-Kommission aufstellt und wer dann am Ruder sein wird.

    Einfacher wird es aber wohl nicht?
    Engels: Nein, was Brüssel betrifft, habe ich den Eindruck, dass der vielversprochene Demokratieabbau nicht stattgefunden hat. Ganz im Gegenteil. Und das gilt übrigens auch für Berlin. Nehmen Sie nur das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das ist doch Wahnsinn. Zumal gerade wir als Pöschl ein so tiefes Sorgfaltssystem haben. Mit Blick auf die Corporate Social Responsibility haben wir schon seit Jahrzehnten viele Maßnahmen umgesetzt, aus eigenem Interesse heraus. Da braucht es kein Gesetz, um ein paar schwarzen Schafen das Handwerk zu legen.

    Haben Sie ein Beispiel für Ihr nachhaltiges Handeln?
    Engels: Wir kaufen zum Beispiel unseren Rohtabak grundsätzlich nur gegen Zertifikate, dass dort keine Kinderarbeit stattfindet. Das ist für uns eine Frage des Ethos. Und ich glaube, die 122-jährige Geschichte unseres Hauses zeigt, dass wir richtig lagen und liegen.

    Tabak gibt es seit mehr als 530 Jahren in Europa. Aber der Konsum wird den Menschen zunehmend vergällt.
    Engels: Dabei gehört Tabak einfach für viele zum Leben. Natürlich sollte man niemanden damit belästigen. Aber wenn ein Erwachsener für sich die Entscheidung getroffen hat, rauchen zu wollen, dann soll er das auch bitte tun dürfen.

    Stattdessen wird man oft kritisch beäugt.
    Engels: Diese moralische Bevormundung, die teilweise vorherrscht, geht mir oft ziemlich gegen den Strich, weil sie für mein Gefühl meist unehrlich ist.

    Wie empfinden Sie denn die Situation für Ihr Unternehmen als Mittelständler?
    Engels: Das Thema Überregulierung ist nicht nur im Tabakbereich problematisch. Was wir auch sehen, ist die Energieproblematik, die auch alle Unternehmen betrifft. Und ein ganz großes Problem ist das Thema Arbeitskräftemangel. Das ist flächendeckend zu sehen, egal ob in einer Großstadt oder in einem eher ländlichen Raum, wie dem, in dem wir beherbergt sind. Und das macht es oft schwierig.

    Woran liegt das?
    Engels: Die Bildungspolitik spielt auf jeden Fall eine gewisse Rolle. Und ich bin niemand, der sagt: Früher war alles besser. Dennoch erkenne ich einen gewissen Zeitenwechsel. Das macht mir schon Sorge. Außerdem glaube ich, dass der Stellenwert des klassischen Facharbeiters bei uns in Deutschland viel zu wenig gewürdigt wird. Das ist im Ausland anders. Hier muss steuernd eingegriffen werden. Und die Schulausstattung, das hat ja auch Covid gezeigt, ist teilweise grottig.

    Moment, die Jugend studiert zu viel?
    Engels: Ich möchte nicht sagen, dass die Jugend zu viel studiert. Aber vielleicht sollte man mal sagen, dass nicht jeder Akademiker werden muss. Gerade als Facharbeiter, als Handwerker kann man oft sicher mehr Geld verdienen oder einen anderen Stellenwert im Job haben als in der – in Anführungszeichen – Akademikerblase. Jedenfalls ist der Bildungsstandort Deutschland, der früher immer hoch gelobt wurde, in den vergangenen Jahren etwas verkommen. Da gibt es Handlungsbedarf. Natürlich kostet das alles Geld, keine Frage. Aber dieses Geld ist vernünftiger investiert, als wenn wir es etwa in die Bürokratie stecken.

    Jetzt sind wir bei der Landes- und Bundespolitik. Wie sehen Sie insgesamt die Situation in Deutschland?
    Engels: Zunächst muss ich sagen, dass es ein positives Zeichen war, dass so viele Menschen zur Europawahl gegangen sind. Wie sich die Mehrheitsverhältnisse in Zukunft entwickeln werden, das ist schwer zu sagen. Feststeht, dass die Spaltung innerhalb der Gesellschaft kein gutes Licht auf Deutschland wirft.

    Mit Blick auf die anstehenden Bundestagswahlen sind schwer Prognosen möglich …
    Engels: Diese sogenannten Dreierkoalitionen oder Mehrparteienkoalitionen sind generell schwierig, insbesondere wenn die Parteien aus so komplett verschiedenen Lagern kommen, wie man es an der Ampel sehen kann. Diese gibt kein sehr gutes Bild ab.

    Offensichtlich erreicht sie mit ihrer Politik die Bürger nicht.

    Engels: Auch, weil die Persönlichkeiten fehlen. Erinnern Sie sich, wie es früher im Bundestag zugegangen ist. Das waren doch alles Leute, die eine Position hatten und diese Position auch vertreten haben. Heute herrscht dagegen ein ziemlicher Mainstream vor.

    Wenigstens zeigen sich wieder mehr junge Leute politisch engagiert. Das ist ja keine Selbstverständlichkeit.
    Engels: Und ich habe mich bei der Europawahl sehr gefreut, dass so viele junge Leute – für mich unerwartet – die Union gewählt haben. Früher war es eigentlich immer so, dass die jungen Leute tendenziell eher alternativ gestimmt haben. Deutschland ist eben nach wie vor ein konservatives Land.

    Und die SPD?
    Engels: Hat gerade bei der Europawahl eine reine Klientelpolitik gemacht für die 15 Prozent, die sie noch haben.

    Sie selbst sehen sich als konservativ?
    Engels: Ja, und als relativ altmodischer Mensch; ich hab‘ kein Whats-App, ich hab‘ kein LinkedIn, kein Instagram … Ich hab‘ halt mein Handy, das ist mein Telefon, mein E-Mail-Account, mein Wecker und damit hat‘s sich. Ich trauere immer noch meinem Blackberry hinterher.

    Da sind Sie nicht allein. In welchen anderen Politikfeldern sehen Sie akuten Handlungsbedarf?
    Engels: Wir schreiben das Jahr 2024, wir haben all die Gräueltaten, all die Auseinandersetzungen des 20. Jahrhunderts hinter uns – aber die Menschheit wird einfach nicht vernünftiger. Das verstehe ich nicht. Deshalb muss die Außenpolitik besser werden. Und mit Blick auf die Wirtschaftspolitik brauchen wir einen Bürokratieabbau und definitiv keine neuen Steuern. Wir sollten wieder mehr auf die Kräfte des Marktes vertrauen und weniger auf Regulierung. Diese Kräfte des Marktes und gegenseitige Wertschätzung sollten das Maß der Dinge sein.

    Eingriffe des Staats ins wirtschaftliche Handeln waren in der Regel nicht besonders erfolgreich …
    Engels: Absolut. Und das führt mich jetzt zurück zu den Themen Wettbewerb und Mittelstand. Unser Unternehmen ist natürlich nicht börsennotiert. Das heißt, wir haben nur eine einzige Möglichkeit, Umsatz zu machen und Geld zu verdienen, auch um etwa die Löhne zu bezahlen – das ist unser originäres Geschäft. Wir sind vielleicht nicht das top-innovative Unternehmen, wie es andere in anderen Wirtschaftsbranchen sind. Aber wir nehmen uns die Zeit und wägen ab, ob wir ein Vorhaben oder eine Idee wirklich umsetzen oder nicht. Denn wenn wir etwas machen, dann soll es auch Erfolg haben. Deswegen muss man Dinge bis zum Ende denken. Am Ende des Tages haben wir als Mittelständler die Verantwortung für unsere Mitarbeiter. Wenn wir die Kiste gegen die Wand fahren, dann ist davon ein Haufen andere Leute betroffen.

    Wie viele sind das bei Ihnen?
    Engels: Wir haben mittlerweile weltweit rund 950 Mitarbeiter, vor allem in Europa. Wenn Sie da im Schnitt noch einen Partner haben oder Kinder mit draufrechnen, kann man sich sehr leicht ausrechnen, wie viele Leute betroffen wären.

    Die Bedeutung der KMU in Deutschland wird auf vielen Ebenen unterschätzt.
    Engels: Absolut richtig. Übrigens: Sie haben KMU angesprochen. Ich finde diese Größenklassen unpassend. Ich bevorzuge den Ausdruck Mittelstand, denn Mittelstand ist für mich keine Frage der Größenordnung, sondern das ist eine Frage der Geisteshaltung, der Denkhaltung. Darauf hat Deutschland immer gefußt, und ich glaube, darauf sollten wir wieder mehr achten, speziell in der Politik.

    Was sind Ihre wichtigsten Anliegen, Ihre Botschaften als Unternehmer?

    Engels: Wir müssen die Inkonsequenz beenden. Wer propagiert, er wolle keinen Tabak mehr, sollte es dann auch bleiben lassen.

    Okay. Und?
    Engels: Steuererhöhungen, in welcher Art und Weise auch immer, seien es Tabak oder andere Dinge, sollten tunlichst unterlassen werden. Sie tun weder der Wirtschaft noch der Gesellschaft gut. Und Steuererhöhungen aus ideologischen Gründen …

    … etwa, um Rauchverbote durch die Hintertür umzusetzen …
    Engels: … sind umso schlimmer. Das beste Beispiel sind Frankreich, Belgien und die Niederlande. Dort zeigt sich, dass der Staat wirklich ganze Bereiche kaputt machen kann, ohne dass er seine vorgeblichen Ziele erreicht.

    Und Ihr Unternehmen betreffend?
    Engels: Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es das Haus Pöschl auch in der fünften Generation noch geben wird. Und gleichzeitig freut es mich, und das will ich an dieser Stelle auch so sagen, dass wir eine so treue Händler- und Konsumentenschaft haben, die unsere Produkte gerne mag. Und das macht mich stolz.

    Ein wunderbares Schlusswort. Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Engels. 

    max

  • „Bereits das zweite Rekordjahr“

    BASEL // Der Zigarrenhersteller Oettinger Davidoff legt seine Zahlen für 2023 vor. Konzernchef Beat Hauenstein spricht im Interview mit DTZ über Erfolg und Aussichten, über Regulierung und die Chancen des Genussmittels Zigarre.

    Herr Hauenstein, das Rückverfolgbarkeitssystem Track & Trace betrifft Oettinger Davidoff – obwohl Schweizer Unternehmen – sehr stark, da Sie ja in ganz Europa vertreten sind. Wie lief die Umsetzung?
    Beat Hauenstein: Das stimmt, der „Compliant market access“, also ein gesetzeskonformer Marktzutritt ist der Schlüssel, damit wir überhaupt verkaufen können. Dank unserer durchdeklinierten Prozesse und den entsprechenden Systemen waren wir zum Stichtag im Mai parat.

    War das teuer?
    Hauenstein: Es war ein Riesenaufwand, zwischen drei und vier Millionen Franken, die wir investiert haben. Dazu kommen jährliche Kosten, die ebenfalls im tiefstelligen Millionenbereich liegen werden. Und das mit einem Null-Mehrwert für die Kunden. Das ist einfach eine poli­tische Gängelei. Natürlich können wir die Kosten nicht auf die Kunden abwälzen, was natürlich auch ein Ziel der Regulierungen ist.

    Wird wenigstens das erklärte Ziel von Track & Trace, den Schmuggel zu bekämpfen, erreicht?
    Hauenstein: Den gibt es doch bei Zigarren gar nicht. Track & Trace hat damit zu tun, dass der Gesetzgeber nicht unterscheidet, was geraucht wird. Es gibt das Rauchen zur reinen Nikotinversorgung und den Genuss von Zigarren. Und während man bei Zigaretten die Kosten auf Milliarden-Stückzahlen umlegen kann, müssen wir Hersteller von handgemachten Zigarren die einzelnen Stücke teurer machen, um wenigstens einen Teil der Kosten wieder reinzubekommen. Da sind die Politiker weit übers Ziel hinausgeschossen.

    Es stehen weitere Herausforderungen an. Was sind die operativen Herausforderungen fürs laufende Geschäftsjahr?
    Hauenstein: Wir befinden uns in einem gesättigten Markt. Nach meiner Überzeugung ist das kein Wachstumsmarkt, aber es gibt hierzu auch andere Ansichten. Es geht darum, Anteile zu sichern und kontinuierlich auszubauen. Das ist schwieriger als früher. Damals markierte man Zielgruppen, die dann bespielt werden konnten. Heute stecken wir ein einem Verdrängungswettbewerb, und der Kunde entscheidet, was er kaufen möchte. Er wählt das Produkt, das ihm am ehesten zusagt – anhand von Qualität, Preis oder Geschmack.

    Wenn Sie sagen, es gehe aktuell vor allem um Marktanteile – sehen Sie insgesamt eine Konzentration am Markt?
    Hauenstein: Ein echtes Verschwinden habe ich bis jetzt nicht beobachtet. Aber es gibt Marken, die sich aus einzelnen Ländern zurückziehen, da sie die Komplexität der Vorschriften nicht mehr einhalten können.

    Spüren Sie das?
    Hauenstein: In den vergangenen fünf, sechs Jahren ist der Grad der Verzweiflung gestiegen. Und natürlich gab es Indikatoren, dass es nicht gut lief. Das reichte bis zum Risiko-behafteten Geschäftsmodell, dem Konsignationslager. Die Kunden bestellen, bezahlen aber erst, wenn sie die Ware tatsächlich verkaufen.


    Bei Zigaretten heißt es, die Regulierung würde Marktanteile zementieren.

    Hauenstein: Das ist so, denn der Markteintritt wird durch die Regelungen und Vorschriften immer teurer und deshalb auch schwieriger.

    Aber für Sie im Zigarrengeschäft läuft es doch recht gut …
    Hauenstein: Weil wir das richtige Angebot haben und unsere Kunden in unsere Produkte, unsere Marken und unsere Unternehmung vertrauen. Nur damit können wir in einem gesättigten Markt wachsen. Und ja: Wir konnten im Jahrt 2023 das zweite Rekordjahr in unserer 150-jährigen Unternehmensgeschichte schreiben.

    Wird es so weitergehen?
    Hauenstein: Sie hatten mich nach den Herausforderungen gefragt. Dazu zählt zum Beispiel die teils sehr hohe Inflation in gewissen Märkten. Wir sehen als Folge zum Beispiel in den USA, dass das Geschäft besonders in einer tiefpreisigeren Kategorie spielt. Dort liegen 80 bis 90 Prozent des Zigarrenvolumens inzwischen unter zehn Dollar. Zugleich ist eine Überkapazität vorhanden und es wird sehr viel Discounting betrieben. Die Geschäfte der Händler sind bis unters Dach voll mit Ware, die zuerst verkaufen werden muss, bevor die Händler etwas bestellen können.

    Die Politik sorgt da nicht gerade für Entspannung.
    Hauenstein: Nein, wir merken, dass sich die tektonischen Machtverhältnisse verschieben. Und darauf haben wir wenig bis keine Antworten. Wir haben Krieg in Europa. Wir haben Regierungen, die nicht mehr den aktuellen Volkswillen widerspiegeln. Damit will ich deutlich machen, dass politische Entwicklungen das Konsumentenverhalten mitbestimmen. Die Menschen rauchen nicht unbedingt weniger, aber sie greifen zu einer günstigeren Marke.

    Der Handel – unsere Kernleserschaft – fragt verständlicherweise immer, womit er bei Oettinger Davidoff in den kommenden Monaten rechnen kann …

    Hauenstein: Auch in diesem Jahr präsentieren wir wieder innovative Produkte. Die „Year of the Collectors“-Edition, mit der Davidoff alle zwölf „Year of“-Limited-Editions der Chinesischen Tierkreiszeichen zelebrierte, kam im Januar auf den Markt. Dann folgte die Winston Churchill in einem Petit-Panetela-Format. Und im April die Davidoff Maduro Limited Release, die in Europa sehr gut ankommt und zurzeit ziemlich stark anzieht. Im Rahmen der „Cigar History Re-Rolled“ ist am 4. Juli die Davidoff Grand Cru Limited Edition im Diademas Finas Format erschienen, deren Einlageblatt in Grand-Cru-Classé-Rotweinfässern gereift ist. Des Weiteren können sich Aficionados im Herbst und gegen Jahresende auf weitere spannende Produktneuheiten freuen. Mehr kann ich leider noch nicht verraten …

    Wie wichtig ist der Tabakwaren-Fachhandel für Sie?
    Hauenstein: Sehr wichtig. Und auch umgekehrt: Wir sind der Partner, dem der Handel vertrauen kann: Wir können kontinuierlich liefern und versprechen nicht mehr, als wir halten können. Kurz: Wir sind wirklich ein vertrauensvoller Partner und werden das auch bleiben.

    In Deutschland sind Sie sehr aktiv?
    Hauenstein: Ja, unsere Gruppengesellschaft Wolsdorff Tobacco betreibt in Deutschland 174 eigene Läden. Und wir werden auch weiter in den stationären Einzelhandel investieren. Ich glaube, dass der Fachhandel, ich überspitze ein wenig, Profiteur all der Regulatorien sein kann, wenn er es richtig macht.

    Warum?
    Hauenstein: Weil er immer der „Single Point of Contact“ für die Konsumenten sein wird, wo dieser mit kompetentem Fachpersonal sprechen und sich beraten lassen kann. Und ich habe es vorhin gesagt: Ich glaube an den Fachhandel – aber auch dort muss man sich bewegen.

    Sie haben eben kurz in einem Nebensatz schon die Liefersicherheit angesprochen. Wie sieht es da aus?

    Hauenstein: Ich will nicht immer die Pandemie bemühen, aber während Corona hat uns das Thema sehr beschäftigt. Ich sage es mal so: Dank unserer „Crop to Shop“-Philosophie, mit der wir alle Arbeitsschritte gezielt kontrollieren und steuern können, und dank unserem großen Tabaklager waren wir wirklich sehr, sehr gut mit der Versorgung unserer Kunden. Trotzdem mussten wir die Produktion infolge der zeitweisen Schließung der Fabrik durch die Regierung teilweise auf 50 Prozent reduzieren. Aber als es dann wieder möglich war, konnten wir die Produktion dank unserer motivierten Mitarbeiter schnell wieder hochfahren und kontinuierlich liefern – und zwar nicht nur in dem einen oder anderen Land, sondern global.

    Auch für das Management-Team keine einfache Aufgabe.
    Hauenstein: Das Wichtigste für eine Unternehmungsführung ist die Prognosefähigkeit, die Steuerung. Dazu gehört auch das Forecasting, in welchen Ländern wir welche Stückzahlen verkaufen können. Das ist essenziell wichtig, beginnend beim Beschaffen von Rohtabak. Die Aspekte zu antizipieren, das ist eine Schlüsselfähigkeit der Unternehmung für Versorgungssicherheit.

    Was haben Sie noch im deutschen Markt vor?
    Hauenstein: Der deutsche Markt ist mit über 1000 Verkaufsstellen sehr wichtig für uns. Ich habe ja bereits angekündigt, dass wir weiter in den Markt investieren werden. Ziel ist es, den Anteil unserer Eigenmarke auszubauen. Allerdings zeigt der Markt auch in Deutschland insgesamt rezessive Tendenzen. Deshalb müssen wir besser sein als die Mitbewerber.

    Sehen Sie im deutschen Markt eine Überalterung der Konsumenten?
    Hauenstein: Nein, ich glaube, es kommen auch immer jüngere Genussraucher nach. Das sehen wir insbesondere bei unseren Zino-Events.

    Das ist Ihre Marke für eher preisbewusste und jüngere Genießer?
    Hauenstein: Genau. Die Marke Zino bringt uns tatsächlich ein jüngeres Publikum, etwa 30-plus. Und was auch schön zu sehen ist: dass immer mehr Frauen sich auch an größere Formate herantrauen, das ist eine tolle Entwicklung.

    Genießen die jungen Konsumenten weniger Zigarren?
    Hauenstein: Ja, wir sehen einen Trend zum Genussrauchen, das heißt, man genießt die Zigarre bewusst und raucht weniger. Dazu tragen natürlich auch die Regulierungen bei … Wenn vier Freunde unterwegs sind, von denen drei nicht rauchen, im Biergarten gilt zudem ein Rauchverbot, dann raucht der vierte ebenfalls nicht. Der Druck ist wirksam, er funktioniert.

    Kommen wir zur TPD 3, die allmählich näher rückt. Wie beurteilen Sie das?
    Hauenstein: Die immer größere Regulierungswut, um es mal noch relativ diplomatisch auszudrücken, macht uns natürlich Sorgen. Aber: „Let‘s cross the bridge when we get there.“ Die TPD 3 ist aus meiner Sicht noch recht weit weg.

    Aber besser wird die Lage nicht.
    Hauenstein: Nein, das wird leider nicht besser. Handgefertigte Zigarren werden immer ein Nischenprodukt bleiben. Ich wünsche mir, dass die europäische Regulierungsbehörde den Unterschied unserer Produktkategorie versteht und handgefertigte Zigarren nicht mit anderen Tabakerzeugnissen gleichstellt. Trotzdem werden mit TPD 3, 4, 5 immer wieder neue Ideen der Politik auftauchen, da müssen wir einfach offen bleiben. Dennoch: Der Wunsch, eine gute Zigarre zu rauchen, der wird bleiben, davon bin ich überzeugt.

    Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Hauenstein. 

    max

  • Track & Trace für die Shisha-Branche

    MANNHEIM // Ab 2024 tritt die überarbeitete Tabakproduktrichtlinie (kurz TPD 3) als EU-einheitliche Regulierung von Zigaretten sowie von Other Tobacco Products (OTP) wie Feinschnitt, Snus, Shisha- und Kautabak in Kraft. In der TPD 3 ist unter anderem die Rückverfolgbarkeit, das Track & Trace-System, vorgeschrieben. Jetzt hatten betroffene Firmen bei einem Seminar die Gelegenheit, Genaueres darüber zu erfahren.

    Um die Branchemitglieder über den aktuellen Stand bei der TPD 3 zu informieren und um Hilfe beim Umsetzen der Track & Trace-Vorgaben zu leisten, lud das Mannheimer Software-Unternehmen Osapiens in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Wasserpfeifentabak, der Shisha-Messe, Stolle Verpackungstechnik und B & M Industrial Services zum ersten Shisha-Workshop in die Firmenzentrale ein.

    Schnell in das Thema einarbeiten
    Rund 35 Teilnehmer aus dem stetig wachsenden OTP-Segment, darunter Hersteller, Distributoren und Großhändler, hatten die Gelegenheit, sich mit den Anforderungen der neuen EU-Verordnung vertraut zu machen und Antworten auf die drängendsten Fragen zu erhalten: Welche Prozesse sind betroffen? Wie sieht die Berichterstattung an die EU aus? Welche Anforderungen werden an die manuelle Produktion gestellt? Welche Hardware wird benötigt, beziehungsweise welche Software-Lösungen können eine lückenlose Rückverfolgbarkeit der Produkte garantieren?

    Ziel des Workshops war es, den Teilnehmern die notwendigen Informationen an die Hand zu geben, um sich schnell in das Thema einarbeiten zu können und gemeinsam nach geeigneten Lösungen zu suchen.

    Täglicher Workshop auf InterTabac
    Interessenten, die sich über das Thema TPD 3 für den OTP-Sektor informieren wollen, sind eingeladen, die InterTabac, die vom 14. bis zum 16. September in Dortmund stattfindet, zu besuchen. Hier werden Experten des Software-Entwicklers Osapiens mit einem täglichen Workshop vertreten sein. pi

  • Was bringt Track & Trace wirklich?

    BRÜSSEL // Interessenvertreter der Tabakindustrie und die Europäische Kommission streiten über den praktischen Nutzen des von der EU vorgegebenen Systems zur Verfolgung und Rückverfolgung von Tabakerzeugnissen (Track & Trace), mit dem der Anstieg des illegalen Handels eingedämmt werden sollte.

    Legale Lieferketten
    Eine Antwort der derzeitigen EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides auf eine parlamentarische Anfrage hatte unter den Beteiligten für Verwirrung zur Rolle des Rückverfolgungssystems gesorgt: „Das System sammelt Informationen, die sich ausschließlich auf die legale Lieferkette von Tabakerzeugnissen beziehen, einschließlich Zigaretten und Tabak zum Selberdrehen, die derzeit die einzigen beiden Kategorien von Tabakerzeugnissen sind, die von dem Rückverfolgungssystem erfasst werden. Das System liefert keine Informationen über den illegalen Handel mit diesen Erzeugnissen.“

    Peter van Der Mark, Generalsekretär der European Smoking Tobacco Association (ESTA), erklärte, die Idee der Kommission hinter Track and Trace sei es, Punkte zu identifizieren, an denen von der legalen zur illegalen Lieferkette abgezweigt werde. Van Der Mark kommentierte die Aussage von Kyriakides: „Der Grund, warum die Kommission nie eine Bewertung des Systems durchgeführt und nie konkrete Informationen über dessen Ergebnisse mitgeteilt hat, ist wahrscheinlich, dass es nichts gibt, worauf man stolz sein kann.“ Die Kommission habe inzwischen erkannt, dass die Annahmen, auf denen das System beruhte, falsch waren. „In der Zwischenzeit sind die illegalen Hersteller und Schmuggler in ganz Europa immer noch unbehelligt und setzen ihr lukratives Geschäft fort“, fügte er hinzu.

    Illegale Produktion
    Weiter sagte van der Mark, allein im Jahr 2021 seien in der EU fast 100 illegale Tabakfabriken zerschlagen worden. Die illegale Produktion in der EU nehme offensichtlich zu, und es gebe kaum Anzeichen dafür, dass der illegale Handel seit der Einführung von Track & Trace zurückgegangen sei.

    Ein EU-Beamter verteidigte das Track-and-Trace-System und sagte, es sei ein Schlüsselelement der Strategie der Kommission zur Bekämpfung des illegalen Tabakwarenhandels. Im Rückverfolgungssystem würden zwar nur Informationen, gesammelt, die sich ausschließlich auf die legale Lieferkette von Tabakerzeugnissen bezögen, aber: Es ermögliche dadurch eine „indirekte Beobachtung“ des illegalen Handels; die Mitgliedstaaten könnten nämlich Unregelmäßigkeiten bei den Bewegungen der Tabakerzeugnisse identifizieren und feststellen, wann ein Produkt in den illegalen Markt umgeleitet wurde.

    red

  • Stühlerücken bei Kohlhase & Kopp

    RELLINGEN / OFFENBACH // Die Brüder Oliver und Thilo Kopp haben die Weichen für die Zukunft bei [link|https://kohlhase-kopp.com/alterserkennung.html]Kohlhase & Kopp [/link]neu gestellt: Seit Februar 2023 verantwortet Christian Wagner als Mitglied der Geschäftsleitung die Bereiche Finanzen, Personal und Sonderprojekte.


    Begeisterung für hochwertige Premium-Zigarren und Pfeifentabake

    Christian Wagner war zuletzt im Geschäftsfeld Strategie, Marketing und Business Development sowohl im Mittelstand, als auch bei dem global agierenden Tabakkonzern Japan Tobacco International tätig. Er hat Betriebswirtschaftslehre an der Universität Köln studiert, und einen Executive MBA an der internationalen Business School IMD Lausanne absolviert. „Durch seine internationale Erfahrung und seine Begeisterung für die Kategorie hochwertiger Premiumzigarren und Pfeifentabake, kann Herr Wagner neue Impulse bei uns setzten“, freut sich Geschäftsführer Peter Witzke über den Neuzugang in seinem Team.

    Witzke wurde bereits im März 2022 zum operativen Geschäftsführer berufen, und führt fortan das Unternehmen in eine erfolgreiche Zukunft. Er verfügt über weitreichende Branchenkenntnisse und Führungserfahrungen, die er in seinen Stationen bei Philip Morris International, Joh. Wilh. von Eicken und zehn Jahre bei Villiger Söhne als Geschäftsführer unter Beweis stellen konnte.

    Umsetzung von Track & Trace
    Seit Februar 2022 verantwortet Christoph Probst als Mitglied der Geschäftsleitung die Bereiche Logistik, Produktion und IT. Darüber hinaus bereitet er die Umsetzung von Track und Trace vor. Christoph Probst verfügt über mehr als 20 Jahre Berufserfahrung als Engineering Director und war bei führenden Pharmaunternehmen wie Astra Zeneca und Takeda als Mitglied der Geschäftsleitung tätig.

    „Somit ist das neue Führungsteam nun vollständig aufgestellt, mit Peter Witzke (CEO), Christoph Probst (COO) und Christian Wagner (CFO)”, erklärt man bei Kohlhase & Kopp.

    pi

  • Antworten unzureichend

    BRÜSSEL // Vor wenigen Wochen hatte der EVP-Abgeordnete Dennis Radtke drei Fragen in Sachen Track & Trace an die zuständige EU-Kommissarin Stella Kyriakides gestellt. Nun hat die Politikerin geantwortet.

    Track & Trace-Vorschriften
    Dabei sagte Kyriakides, das Nachverfolgungssystem liefere „keine Informationen über den illegalen Handel mit diesen Produkten“. Zudem liegen offenbar keine Informationen darüber vor, wie die Mitgliedsstaaten die Track & Trace-Vorschriften umsetzen. Kyriakides: „Die Durchsetzung der Regeln für die Einrichtung und den Betrieb des EU-Rückverfolgbarkeitssystems für Tabakerzeugnisse obliegt den Mitgliedstaaten, die Zugang zum System haben und die Rückverfolgbarkeitsdaten nutzen, um ihren Durchsetzungsverpflichtungen nachzukommen.“

    Zur Frage nach illegalem Handel mit klassischen Genusstabaken beantwortete Kyriakides, die offizielle Statistik der EU aus Zollquellen der Mitgliedsstaaten differenziere nur zwischen Zigaretten und anderen Tabaken. Mit dem Schmuggelanteil „anderer Tabakerzeugnisse“ von 58 Prozent sei die Einführung von Track & Trace für diese Kategorien notwendig. Allerdings dürfte es sich nach Einschätzung von Beobachtern nur zu einem winzigen Teil um klassische Tabakwaren handeln. Insgesamt bewerten Experten die Antworten deshalb als höchstens unzureichend.


    red

  • „Richtungsweisendes Jahr“

    MAINZ // Zum Jahreswechsel hat DTZ wichtige Verbände der Tabakwirtschaft dazu befragt, wie sie das neue Jahr einschätzen. Diese Gastbeiträge druckt die Redaktion in diesen Wochen. Im sechsten Teil der Reihe äußert sich Bodo Mehrlein, Geschäftsführer beim [link|https://www.zigarren-verband.de/bdz/]Bundesverband der Zigarrenindustrie (BdZ)[/link].

    Ausblick für eine Branche
    Man kann den Ausblick für eine Branche sicherlich nicht an einem Stichtag wie dem Jahresanfang festmachen, sondern sollte sich eher die grundsätzlichen Entwicklungen der Zigarrenbranche und die anstehenden Herausforderungen, die sich über die nächsten Jahre erstrecken werden, anschauen.

    Im zurückliegenden Jahr wurden laut amtlicher Statistik 8,9 Prozent weniger Zigarren und Zigarillos versteuert als 2021. Dies ist auch eine Konsequenz aus dem Tabaksteuermodernisierungsgesetz, welches für Zigarren und Zigarillos eine massive Anhebung der Mindeststeuer zum Januar 2022 vorgesehen hatte. Wir gehen davon aus, dass der dadurch verursachte Rückgang in erster Linie niedrigpreisige Zigarillos getroffen hat. Für den Absatzmarkt traditioneller Zigarren und Zigarillos rechnen wir mit einem leicht rückläufigen Markt. Da die Tabaksteuererhöhung auch für Zigarren und Zigarillos Anfang 2023 eine weitere Erhöhung der Mindeststeuer brachte, ist auch für das Jahr 2023 – zumindest bezogen auf niedrigpreisige Zigarillos – mit einem weiteren Rückgang zu rechnen.

    Entwicklung des Zigarren- und Zigarilloabsatzes
    Für die grundsätzliche Entwicklung des Zigarren- und Zigarilloabsatzes schaut der BdZ positiv optimistisch in die Zukunft, denn es zeigt sich, dass das große Thema Genuss, zu dem auch Zigarren und Zigarillos gehören, eine immer wichtigere Rolle in unserer Gesellschaft spielt. Somit glauben wir, dass diese Produkte – wenn auch in der Nische – eine interessante Ergänzung für den Fachhandel, aber auch für die Konsumenten darstellen.

    Bezogen auf Deutschland können wir feststellen, dass der Tabakmarkt ausreguliert ist. Mit der Verabschiedung des Tabakmodernisierungsgesetzes und des Tabakaußenwerbeverbotes, sollte Tabak bei anstehenden Gesetzgebungen in Deutschland keine Rolle mehr spielen.

    BdZ fordert Regulierungsmoratorium
    Grundsätzlich fordert der Bundesverband der Zigarrenindustrie bei seinen politischen Gesprächen ein Regulierungsmoratorium. Die Zigarrenbranche – wie wahrscheinlich auch die meisten anderen Wirtschaftszweige – schaut auf schwierige Jahre zurück und die meisten dieser Probleme werden sich im Jahre 2023 nicht ändern beziehungsweise noch Auswirkungen entfalten. Die letzten Jahre waren geprägt durch die Themen Corona, Lieferkettenprobleme, Inflation, Krieg in der Ukraine und damit verbundene Energieprobleme sowie drastische Preiserhöhungen. Es ist eine Verpflichtung für die Politik, die Unternehmen beim Erhalt ihrer Wirtschaftlichkeit zu unterstützen, statt diese mit immer neuen bürokratischen Herausforderungen und Regulierungen weiter zu belasten. Leider müssen wir feststellen, dass die Regulierungsflut nicht abnimmt, denn immer neue Maßnahmen wie die Themen um Einwegkunststoff, Lieferkettengesetz und weitere Verpackungsregelungen sowie Konsequenzen aus der Taxonomie und weiteren Umweltschutzgesetzgebungen sowohl auf nationaler wie auch europäischer Ebene werden Auswirkungen besonders für mittelständische Unternehmen haben.

    Im Rahmen der Verbandsarbeit muss der Bundesverband der Zigarrenindustrie besonders zwei Gesetzgebungsprozesse in Brüssel mit großer Auswirkung für die Zigarrenindustrie monitoren und entsprechend begleiten.

    Eigentlich hätte der Entwurf für eine neue Tabaksteuerrichtlinie Anfang Dezember 2022 in Brüssel von der EU-Kommission vorgestellt werden müssen. Nach unserem Kenntnisstand wurde der Entwurf nach nationalen Protesten einiger Mitgliedstaaten zurückgezogen, mit einem neuen Entwurf war eigentlich Anfang 2023 zu rechnen. Der BdZ hat frühzeitig vor den Auswirkungen der bekannten Inhalte des Entwurfes gewarnt, denn dieser hätte unter anderem durch eine Steigerung der Mindeststeuer um 900 Prozent von 12,00 auf 120,00 Euro und eine Splittung der Kategorie Zigarren und Zigarillos gravierende und nicht gerechtfertigte Auswirkungen auf die Branche gehabt.

    Überarbeitung der Tabakproduktrichtlinie
    Ein weiteres Thema auf EU-Ebene ist die Überarbeitung der Tabakproduktrichtlinie. Hier war eigentlich für das vierte Vierteljahr 2022 eine öffentliche Konsultation angekündigt worden. Der BdZ beteiligt sich selbstredend daran, wird aber auch den Zigarrenrauchern entsprechende Information und Argumente für eine Teilnahme an die Hand geben. Mit einer Veröffentlichung eines ersten Entwurfes einer neuen Tabakproduktrichtlinie wird erst 2024 – wahrscheinlich auch erst nach der Wahl zum Europaparlament – gerechnet.

    Eine große Herausforderung für die Zigarrenbranche wird die Umsetzung von Track & Trace bis zum 20. Mai 2024 sein. Der Verband hat im Rahmen von Arbeitskreisen mit den Mitgliedsfirmen starke Unterstützung geleistet. Auch wenn es sachgerechte Lösungsmöglichkeiten gibt, ist nicht von der Hand zu weisen, dass dieses System der Rückverfolgbarkeit die Unternehmen in ihrer Wirtschaftlichkeit stark belasten wird. Der BdZ hat und wird immer wieder betonen, dass diese Maßnahme vollkommen unverhältnismäßig ist, da es in dem Bereich der Zigarrenbranche keinen Schmuggel gibt.

    Einzelnen Tabakkategorien berücksichtigen
    Im Rahmen seiner Verbandsarbeit betont der BdZ immer wieder, dass die Gesetzgebung verhältnismäßig und wissenschaftlich belegbar sein muss; außerdem müssen die Besonderheiten der einzelnen Tabakkategorien berücksichtigt werden. Hierbei ist offensichtlich und durch verschiedene Statistiken wie das Eurobarometer belegbar, dass es sich bei Zigarren und Zigarillos um reine Genussartikel für erwachsene Raucher handelt; dies ist auch darin begründet, dass es kein Jugendschutzproblem bei Zigarren und Zigarillos gibt und das Produkt keine Rolle beim Einstieg von Erstkonsumenten von Tabakprodukten spielt.

    Der BdZ kann die Bemühungen der größeren Zigarettenkonzerne nachvollziehen, im Rahmen des sogenannten Konzeptes der Harm Reduction seine Branche neu aufzustellen. Die Zigarrenindustrie möchte aber betonen, dass die beste Lösung für eine solche Idee ist, sich wieder auf die eigentliche Bedeutung des Genusses zu besinnen. Hierbei spielen Zigarren und Zigarillos durch den nur gelegentlichen Genuss eine herausragende Rolle, so dass sie am ehesten dem Konzept einer Neuausrichtung durch die Besinnung auf alte Werte gerecht werden.

    Sehr erfreulich ist für den BdZ, dass sich in letzter Zeit die Zahl der Mitglieder – hierbei handelt es sich um Hersteller sowie um Importeure von Zigarren und Zigarillos – weiter vergrößert hat. So konnten in den vergangenen Jahren insgesamt sieben neue Mitglieder gewonnen werden. Dies ist nicht nur eine Bestätigung für die Verbandsarbeit, sondern auch eine Stärkung der Position des Verbandes nach außen als alleiniges Sprachrohr für die Zigarrenbranche und auch für die mittelständisch geprägten Unternehmen der Tabakbranche.

  • „Krise mit Bravour bewältigen“

    KÖLN // DTZ hat Branchenvertreter gefragt, wie sie das Jahr 2021 sehen und wie ihre Erwartungen sind. In den folgenden Ausgaben drucken wir die Statements ab. In Folge 1: Andreas Landwehr, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Tabakwaren-Großhändler und Automatenaufsteller (BDTA).

    Track & Trace
    Im Ausblick auf das Jahr 2020 sinnierte der Bundesverband Deutscher Tabakwaren-Großhändler und Automatenaufsteller (BDTA) über die mangelnde Sinnhaftigkeit des europaweiten Tabakkontrollsystems zur Rückverfolgbarkeit von Tabakprodukten (kurz: Track&Trace) gemäß der TPD II. Diese war verbunden mit einer unverhältnismäßig kurzen Frist, die der Branche für die Umsetzung der daraus resultierenden Maßnahmen zur Verfügung gestellt wurde.

    Fehlerquote nie auf Null
    Aber es überwog auch die Zuversicht, dass die Mitglieder des BDTA bis zur endgültigen Scharfschaltung des Track & Trace-Systems in ruhigeren Gewässern fahren würden. Und tatsächlich waren die größten Stolpersteine auf Seiten des Großhandels rechtzeitig beseitigt worden. Dennoch muss der BDTA konstatieren, dass wahrscheinlich, in manchen Fällen voraussichtlich, die Fehlerquote nie auf den Nullpunkt gesenkt werden kann. Im Sinne einer weiteren Reduktion der datentechnischen Inkonsistenzen bis möglichst nahe an den Nullpunkt bedarf es auch in Zukunft einer weiteren engen Zusammenarbeit aller Teilnehmer innerhalb der Wertschöpfungskette, um den Ablauf von Track & Trace für alle Beteiligten so problemlos wie möglich zu gestalten.


    Herausforderung 2020

    Eine weitere Herausforderung war 2020, ungeachtet der Minimierung datentechnischer Fehlerquoten, die vorherrschende Corona-Pandemie, die einhergehend mit dem bestehenden Lockdown nicht nur die Freiheit eines jeden einzelnen einschränkt, sondern ebenso in ungeahntem Ausmaß die Tabakwaren-Großhändler und andere Branchenvertreter vor logistische sowie finanzielle Herausforderungen gestellt hat und auch im Jahr 2021 weiter stellen wird.


    Historischer Einschnitt

    Die im BDTA organisierten, überwiegend mittelständisch geprägten Unternehmen werden auch 2021 mit den Auswirkungen der Pandemie zu kämpfen haben. Selbst wenn die Pandemie eines Tages nur noch ein Relikt vergangener Erinnerungen sein sollte, so werden die von den Einschränkungen hervorgerufenen wirtschaftlichen Schäden noch jahrelang zu reparieren sein. Geschlossene oder gar insolvente Gaststätten, Kneipen und andere Lokalitäten bedeuten für den automatenaufstellenden Handel einen vielleicht irreparablen Umsatzeinbruch. Nur die Zeit wird zeigen, ob und inwieweit sich unsere Mitglieder von diesem historischen Einschnitt erholen werden.

    Am 1. Januar 2021 wird das Zweite Gesetz zur Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes in Kraft treten und zukünftig schrittweise unter anderem Außenwerbung für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter verbieten. Der BDTA akzeptiert diese Maßnahme. Außenautomaten sind für Menschen jedes Alters im Straßenbild zu sehen. Aus Gründen des Jugendschutzes haben die Betreiber von Zigarettenautomaten daher bereits vor vielen Jahren jegliche Werbung an Außenautomaten abgeschafft. Hierbei muss darauf hingewiesen werden, dass Wahltastenbilder ausdrücklich keine Werbung, sondern vom Gesetzgeber vorgeschriebene Produktinformationen für Kunden darstellen.


    Bundestagswahl im September

    Im September 2021 werden auch die tabakindustriellen Augen auf die Ergebnisse der Bundestagswahl gerichtet sein. Nach derzeitigem Stand scheint eine fortgeführte Große Koalition eher unwahrscheinlich zu sein. Eine gegebenenfalls neu formierte und damit neu ausgerichtete Regierung wird dahingehend für unsere Branche interessant sein, wenn neue Entscheidungsträger die mittlerweile ausgereizten, nicht-repressiven Regulierungen in Bezug auf Tabakprodukte überschreiten und prohibitive sowie paraprohibitive Regulierungen auf nationaler Ebene vorantreiben sollten.

    Verpflichtenden Markierung
    Auf europäischer Ebene wiederum erwartet die Branche neben einer verpflichtenden Markierung von Tabakprodukten mit Filtern, die Plastik enthalten, die Einführung von Verbrauchssteuern auf Tabakwaren sowie die Implementierung eines einheitlichen Steuersystems für Next Generation Products, wie E-Zigaretten, dessen Ausgestaltung und Umfang die Europäische Kommission im kommenden Jahr festlegen will.

    Nikotinhalter Alternativprodukte
    Die Einbeziehung nikotinhaltiger Alternativprodukte in die EU-Tabaksteuerrichtlinie und eine darauffolgende Umsetzung in das deutsche Tabaksteuergesetz stellt aus Sicht des BDTA einen wichtigen Baustein für eine mittel- bis langfristig angelegte Planungssicherheit des Bundes im Hinblick auf die Einnahmesituation aus der Tabaksteuer dar. Hierbei muss auf die Einrichtung einer eigenen Steuerkategorie hingearbeitet werden, die den neuartigen Produkten in Bezug auf gesundheitliches Risiko und Umgewöhnungsanreize gerecht wird.


    Alltäglicher Regulierungswahn

    Neben dem alltäglichen Regulierungswahn auf nationaler und europäischer Ebene wandelt insbesondere der automatenaufstellende Handel auf dem Pfad des steten technischen Fortschritts. Die Sparkassen entwickeln bereits neue und innovative Konzepte, um die digitale Altersverifikation für das Mobile Payment zur Marktreife zu bringen. Ohnehin verbinden sich technische Modernität mit dem Zigarettenautomaten derart, dass kontaktloses Zahlen im Jahr 2021 wohl zum unangefochtenen Standard reifen wird.

    Corona-Krise
    Trotz der Corona-Krise und einer politischen Neuausrichtung auf nationalem Boden blicken die Mitglieder des BDTA positiv auf das neue Jahr. Die Krise hat den Tabakwaren-Großhandel vor unerwartete Aufgaben gestellt, aber nie in die Knie gezwungen. Und dank der Belastbarkeit, der Ausdauer und dem Vertrauen auf seine eigenen Stärken wird der Tabakwaren-Großhandel diese und weitere Krisen mit Bravour bewältigen. Mögen wir gemeinsam auf ein erfolgreiches Jahr 2021 blicken!

    Andreas Landwehr

  • Die Zigarrenbranche muss an mehreren Fronten kämpfen

    MAINZ // Die Zigarrenbranche kommt nicht zur Ruhe: Erst die Umsetzung der EU-Tabakproduktrichtlinie (TPD 2) – ein riesiger Kraftakt für die überwiegend mittelständisch geprägten Unternehmen der Branche – nun die Auswirkungen der Corona-Krise. Und das nächste Bürokratiemonster, Track & Trace, also die Rückverfolgbarkeit der Tabakerzeugnisse vom Hersteller bis zum Einzelhändler, wirft bereits seine Schatten voraus.

    Track & Trace
    Bis Mai 2024 muss auch bei der Warengruppe Zigarren / Zigarillos Track & Trace umgesetzt werden. Das sind zwar noch knapp vier Jahre, doch die Weichen werden bereits heute gestellt. So mancher kleinerer Anbieter macht sich große Sorgen, ob er alle diese Mammutaufgaben bewältigen kann. Angesichts der Herausforderungen rechnen Branchenbeobachter damit, dass es zu einer Marktbereinigung kommen wird, und zwar sowohl auf der Anbieterseite als auch beim Markenangebot.

    Produktvielfalt
    Derzeit ist die Produktvielfalt indes noch gewaltig. So finden sich in der diesjährigen DTZ-Dokumentation „Zigarre“ wieder mehrere tausend Marken und Sorten. Und das bei einem absoluten Nischenmarkt für erwachsene Raucher.

    Klassische Zigarren und Zigarillos
    „Klassische Zigarren und Zigarillos werden überwiegend von männlichen Konsumenten gehobenen Alters geraucht, und das auch nur gelegentlich“, betont Peter Wörmann, Vorsitzender des Bundesverbandes der Zigarrenindustrie (BdZ). So gebe es weder ein Problem mit dem Jugendschutz noch mit dem Schmuggel, zu dessen Eindämmung eigentlich Track & Trace von der EU gedacht ist. Deshalb fordert Wörmann im Hinblick auf die strengen Regulierungen des gesamten Tabakmarktes Ausnahmen von weiteren Maßnahmen für das Kulturgut Zigarre / Zigarillo.


    Absatz stabil bis rückläufig

    Der Absatz klassischer Zigarren und Zigarillos ist seit Jahr und Tag stabil bis leicht rückläufig. Das war auch im vergangenen Jahr so. Bei einem Volumen von zirka 1,1 Milliarden Stück war der Markt in einer stabilen Verfassung. Ob sich diese konstante Entwicklung im laufenden Jahr fortsetzen wird, steht derzeit noch in den Sternen. Denn die Corona-Krise, einhergehend mit Zwangsschließungen von Ladenlokalen, hat auch bei der Zigarre ihre Spuren hinterlassen.

    So verzeichneten etwa die Mitglieder des Bundesverbandes der Zigarrenindustrie, die zirka 75 bis 80 Prozent des traditionellen deutschen Zigarren- und Zigarillo-Marktes auf sich vereinigen, im April 2020 einen Absatzrückgang von mehr als elf Prozent.

    Abverkauf in Tabakwarengeschäfte
    Ähnlich sah die Situation beim Abverkauf in den Tabakwarengeschäften aus. Zwar durften zahlreiche Tabak-Shops während des Lockdowns öffnen, weil sie Zeitungen und Zeitschriften führen und damit systemrelevant gewesen sind, aber vielerorts mussten Fachhändler ihre Läden schließen. Ob man aufmachen durfte oder nicht, war von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt. Dabei wichen die Ordnungsämter vor Ort in ihren Entscheidungen nicht selten stark voneinander ab. Mal durften Tabakläden öffnen, auch wenn sie keine Presseerzeugnisse verkauften, andernorts wiederum durften Händler nur Zeitungen und Zeitschriften anbieten (beispielsweise in Bayern), und nicht selten musste das Tabaksortiment abgetrennt werden.

    Kundenfrequenz
    Aber selbst dort, wo der Verkauf von Tabakprodukten noch erlaubt war, war die Kundenfrequenz so gering, dass die Zigarrenumsätze sanken. „Viele Fachgeschäfte, besonders in Bahnhöfen, aber auch die Duty-Free-Shops wurden weniger bis gar nicht mehr aufgesucht, da die Reisetätigkeiten fast auf Null heruntergefahren wurden“, berichtet BdZ-Geschäftsführer Bodo Mehrlein.

    Mittelständische Herstellungsbetriebe
    Gegenüber DTZ erklärt Mehrlein, dass die mittelständischen Herstellungsbetriebe der Zigarrenindustrie auch in den eigenen Unternehmen stark von den Auswirkungen betroffen waren. „In einigen Bereichen musste Kurzarbeit angemeldet werden, Produktionsstätten in Drittstaaten wurden geschlossen, die Herstellungsabläufe mussten strengen Hygienemaßnahmen unterworfen werden und haben somit viel an Produktivität eingebüßt. Denn ein reibungsloser Produktionsablauf unterliegt dem Risiko unterbrochener Lieferketten und damit fehlender Rohmaterialien“, sagt der BdZ-Geschäftsführer. Und Mehrlein fügt hinzu: „Bedingt durch diese Faktoren hatten und haben die Mitgliedsfirmen des Bundesverbandes der Zigarrenindustrie auf der einen Seite mit Absatzschwierigkeiten zu kämpfen. Auf der anderen Seite konnten wir aber auch einen positiven Trend feststellen, der sicherlich durch das sehr gute Wetter und bedingt durch die Anti-Corona-Maßnahmen entstandene freie Zeit unterstützt wird.“


    Kurzarbeit und Homeoffice

    Da viele Arbeitnehmer in Kurzarbeit und / oder in Homeoffice sind, haben sie nicht nur mehr Zeit zum Rauchen von Zigarren, sie haben auch ihr Einkaufsverhalten geändert. So hat sich der Zigarren-Einkauf häufiger von den Innenstädten auf die Vororte und aufs Land verlagert, weil die Zigarrenraucher seltener in der Nähe ihrer Arbeitsplätze einkaufen, sondern mehr an ihren Wohnorten. Und der Online-Handel hat während des Lockdowns stark zugelegt. Er ist in Sachen Zigarreneinkauf einer der großen Gewinner der Krise.


    Internet-Handel

    Der Internet-Handel auf der einen Seite und die Tatsache, dass viele Tabakläden während des Shutdowns öffnen durften und Lebensmittelgeschäfte sowie Tankstellen-Shops nicht von den Zwangsschließungen betroffen waren, sorgten dafür, dass der Absatzrückgang im April nur leicht zweistellig war und somit der klassische Zigarren- und Zigarillomarkt in der Krise mit einem „blauen Auge“ davongekommen ist.

    Absatzentwicklung
    Im ersten Quartal 2020 stellte sich die Absatzentwicklung noch sehr unterschiedlich dar. Nach einem schwachen Start zum Jahresbeginn, der den BdZ-Mitgliedern einen Rückgang von fast 13 Prozent gegenüber Januar 2019 bescherte, folgte ein rund sechsprozentiges Plus im Februar und noch einmal eine Steigerung von über zehn Prozent im März, ehe dann von Bund und Ländern die Zwangsschließungen als eine von mehreren Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie beschlossen wurden.

    Alltagsleben
    Von Januar bis April verzeichneten die BdZ-Mitglieder gegenüber dem ersten Drittel 2019 einen Rückgang von 2,7 Prozent. Da inzwischen Schritt für Schritt die Normalität im Alltagsleben einkehrt, ist man in der Zigarrenbranche vorsichtig optimistisch, dieses Absatzminus im weiteren Verlauf des Jahres ausgleichen zu können. Ein warmer, trockener und lang anhaltender Sommer mit vielen Gelegenheiten, draußen Zigarren zu rauchen, wäre dabei natürlich sehr hilfreich.

    Dann besteht Hoffnung, dass am Jahresende der Absatz klassischer Zigarren und Zigarillos wieder auf dem Vorjahresniveau landen könnte. 2019 betrug er, wie gesagt, zirka 1,1 Milliarden Stück. Rund 90 Prozent davon entfiel auf Zigarillos.

    Marktforschung
    Die wichtigsten Vertriebsschienen für Zigarren und Zigarillos (ohne Ecozigarillos und Handelsmarken) sind einem führenden Marktforschungsinstitut zufolge Tankstellen mit einem Marktanteil von 50,5 Prozent, Tabakwaren-Fachgeschäfte (33,9 Prozent) und der Lebensmittelhandel (15,6 Prozent).

    Anbieter und Hersteller
    Größter Zigarillo-Anbieter und gleichzeitig Gesamtmarktführer im klassischen Zigarren- und Zigarillomarkt in Deutschland ist die Firma Dannemann. Mehr als jedes zweite verkaufte klassische Zigarren- und Zigarilloprodukt, also ohne Ecos und Handelsmarken, stammt laut Marktforschungsinstitut von dem Lübbecker Unternehmen. Auf Platz 2 liegt Arnold André mit einem Marktanteil von 17,2 Prozent, gefolgt von Royal Agio (10,2 Prozent) und Villiger (8,6 Prozent).

    Präsenz im Handel
    Die meistverkaufte Zigarre in Deutschland ist die Marke Tropenschatz von Arnold André, dem führenden Zigarrenhersteller Deutschlands. Bei Zigarillos liegt die Moods von Dannemann vorne, und zwar sowohl bei filterlosen Produkten als auch bei Erzeugnissen mit Filter. Ihre Präsenz ist vor allem in Tankstellen-Shops und im Lebensmittelhandel (ohne Discounter) ausgeprägt. Aber auch im Tabakwaren-Fachhandel belegen Moods-Filterprodukte unter den Top 10 insgesamt sieben Plätze, und zwar die ersten drei sowie die Ränge fünf bis sieben und Platz neun. Neben den Moods-Filterprodukten sind außerdem Villiger Green Mini (Platz 4), Al Capone Pockets Original Filter (Platz 8) und Villiger Red Mini (Platz 10) laut Marktforschungsinstitut unter den zehn meistverkauften Filterzigarillos im Tabakwaren-Einzelhandel vertreten. Auch bei filterlosen Zigarillos führt die Moods das Ranking im Tabakwaren-Fachhandel an, ist hier aber nur mit der Moods ohne Filter in der 20-Stück-Packung unter den Top 20 präsent.

    Statistische Bundesamt
    Neben den klassischen Zigarren und Zigarillos erfasst das Statistische Bundesamt (Destatis) in Wiesbaden die zigarettenähnlichen Ecozigarillos unter der Warengruppe Zigarren / Zigarillos. Laut Versteuerungszahlen von Destatis belief sich die Menge 2019 auf 2,7 Milliarden Stück. Das waren 12,1 Prozent weniger als im Vorjahr. Bei den Verkaufswerten gab es ein Minus von 10,5 Prozent auf 660,6 Millionen Euro. Diese Einbußen sind maßgeblich verursacht durch die deutlichen Rückgänge bei niedrigpreisigen Ecozigarillos. Dazu heißt es beim BdZ: „Dieses Segment wurde durch verschiedene finanzpolitische Maßnahmen seit 2007 mehr als halbiert. Dazu gehören unter anderem die Einführung beziehungsweise die Erhöhung der Mindeststeuer sowie die Änderung der Produktdefinition.“ Außerdem müsse man dabei berücksichtigen, dass es 2018 noch einen Mengenzuwachs von 6,5 Prozent gab.

    da

    Die komplette Zigarrendokumentation liegt in der Printausgabe DTZ 26/2020 bei.