Schlagwort: Tabaksteuer

  • „Überraschend hohe Besteuerung“

    MAINZ // Muss die Tabaksteuer auf E-Zigaretten wirklich in der vorgesehenen Höhe sein? Das fragen sich zahlreiche Experten. Kürzlich fand dazu eine Online-Konferenz der „Zeitschrift für das gesamte Lebensmittelrecht“ statt.

    Rauchausstieg
    Zum Auftakt referierte Heino Stöver, Suchtforscher an der Frankfurt University of Applied Sciences, zum Aspekt „Schadensminimierung“. Der bekannte Befürworter der E-Zigarette als Rauchausstieg zeigte Möglichkeiten und Grenzen im Tabaksegment auf. Fest stehe, so Stöver, dass die Dampfgeräte deutlich weniger gesundheitsschädlich seien als die klassischen Tabakzigaretten, da mit den neuen Produkten die problematischen Stoffe, die beim Verbrennungsvorgang entstehen, vermieden werden.

    Hohe Besteuerung
    Stöver führte weiter aus, eine hohe Besteuerung könne einen vielversprechenden Zukunftsmarkt mit Tabakerhitzern, E-Zigaretten, tabakfreien Nikotinbeuteln und noch zu erwartenden Innovationen schon in seiner Entstehungsphase ersticken. „Wir brauchen eine Diversifikation der Raucherentwöhnungs-Strategien“, forderte der Wissenschaftler. Im Gegensatz zu anderen Ländern sei das Konzept der Harm Reduction, also der Schadensminimierung durch weniger schädliche Alternativen, in Deutschland nicht weit verbreitet. Stöver machte zudem deutlich, dass eine rein durch Appelle an das Gesundheitsbewusstsein der Tabakkonsumenten getriebene Verzichtspolitik nicht zum Ziel führe.

    Kritik an Steuerplänen
    Von politischer Seite wurden die Steuerpläne, die bereits vom Kabinett abgesegnet wurden, ebenfalls kritisiert. So führte Stefan Schmidt, Bundestagsmitglied für Bündnis 90 / Die Grünen und Mitglied in deren Finanzausschuss, aus, er sei „überrascht von der Deutlichkeit, mit der die alternativen Produkte besteuert werden sollen.“ Schmidt würde die Produkte lieber nach ihrer Schädlichkeit besteuern.

    Auch Gero Hocker, Sprecher für Ernährung und Landwirtschaft der FDP-Bundestagsfraktion, sieht die Pläne der Bundesregierung skeptisch. Der Gesetzgeber mache es sich zu einfach, steuerlich „alles über einen Kamm zu scheren“, so der Liberale.

    Mehr Informationen
    Zurückhaltender zeigte sich Rainer Spiering: Der agrarpolitische Sprecher der SPD will den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages einschalten, um mehr Informationen zum Schadenspotenzial der neuen Produkte zu gewinnen. Da das Gesetz offenbar noch in der laufenden Legislaturperiode umgesetzt werden soll, ist da Eile geboten.

    Auf einen weiteren Punkt wies Jan Mücke hin. Der Hauptgeschäftsführer im Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE) befürchtet, die Regierung sei auf dem Weg, einen neuen Schwarzmarkt zu schaffen. Die Preisunterschiede zum Ausland würden einen illegalen Handel als lohnend erscheinen lassen.

    red

  • Liebe Leserinnen, liebe Leser,

    als meine Kinder klein waren, hörten sie auf Autofahrten meist die Geschichten von „Juli und das Monster“. In einer dieser kurzen Erzählungen hat der Titelheld Ärger mit einer Kindergarten-Kameradin. Dummerweise sieht das die Erzieherin und stellt ihn zur Rede. Es endet damit, dass Juli sich entschuldigen muss. Aber er sagt es ganz schnell und ganz leise und die Hand gibt er ihr nicht. Sie ahnen, worauf ich hinauswill:

    Unsere Kanzlerin hat um Verzeihung gebeten, ganz schnell (gerade vier Minuten dauerte der Auftritt) und ziemlich leise. Dabei ist die Bitte um Entschuldigung nur der letzte Schritt einer langen Reihe von kopflosem Agieren. Allein die Art, wie die Entscheidung für die österlichen Ruhetage zustande gekommen ist… Stimmt es, was Bodo Ramelow, immerhin selbst einer der Landesfürsten und Teilnehmer der berüchtigten „MPK“, berichtet, dann ist der Umgang in diesem inoffiziellen Corona-Entscheidungsgremium zumindest gewöhnungsbedürftig: Ramelow sagte, es habe eine Bitte um eine 15-minütige Pause gegeben. Und nach sechs Stunden habe er immer noch darauf gewartet, dass Merkel und einige Länderchefs in die Schalte zurückkehren würden. Ich erspare Ihnen an dieser Stelle jede Anspielung auf neue Highscores in Sachen Candy Crush. Aber wenn es doch im Land brennt – dann habe ich doch nicht die Zeit, stundenlang abzuwarten.

    Erleichterung
    Die aufkeimende Erleichterung nach der Rücknahme der zusätzlichen Feiertage wich schnell neuer Bestürzung – wenn auch mit geringerer Betroffenheit. Offenbar möchte Berlin jetzt Auslandsreisen verbieten. Ein entsprechender Prüfauftrag sei ergangen, hieß es.

    Und jetzt ein kurzer Ausflug in die Yellow Press. Auf T-Online durfte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, unermüdlich von Talkshow zu Talkshow tingelnd und als „Dr. Doom“ in weiten Teilen der Bevölkerung als Heilsbringer verehrt, seine Gefühlswelt ausbreiten. Ich freue mich, berichten zu dürfen, dass es dem Pandemie-Fachmann wirklich gut geht. Während Millionen Bundesbürger um ihre Jobs und ihre Existenz bangen, Kinder und Senioren in Depressionen verfallen und wir unseren Nachfahren gigantische Schuldenberge zusammenschieben, erklärt Lauterbach: „Zum kompletten Glück fehlt mir eine liebevolle Frau.“ Wir freuen uns!

    Lichtblick
    Einziger Lichtblick: Seitens der Arbeitslosenzahlen und der Insolvenzen gibt es (noch) keine allzu üblen Nachrichten. Auf die Gefahr hin, dass ich mich bei den Schwarzsehern einreihe: Ich glaube nicht, dass unsere ökonomische Lage tatsächlich so glimpflich ist, wie es derzeit den Anschein hat. Wir werden das wohl erst nach der Bundestagswahl im September realistisch beurteilen können.

    Ostern ist ja traditionell die Zeit der Friedensmärsche. Wofür werden die Teilnehmer in diesem Jahr auf die Straße gehen? Große Konflikte sehen wir derzeit doch vor allem im eigenen Land. Die Spaltung zwischen den Anhängern der Corona-Maßnahmen und den angeblichen Covid-Leugnern wird unermüdlich von beiden Seiten geschürt und damit immer tiefer. Ich bin schockiert, wenn ich lese, dass in Kassel eine Frau aus dem dritten Stock Wassereimer auf die Demonstranten bei einem gerichtlich erlaubten Umzug leert. Ich bin auch schockiert, wenn Prominente – oft ohne Hintergründe zu kennen – gegen auf Fotos dargestellten Situationen wettern, etwa der bereits erwähnte Bodo Ramelow über eine Polizistin, die am Rande einer Demo mit den Händen ein Herz formt; Ramelow twittert: „ein verstörendes Foto!“ Und ich bin schockiert, wenn jeder Versuch einer inhaltlichen Auseinandersetzung in kürzester Zeit in Beschimpfungen endet. Ersparen Sie es sich, auf Twitter, Facebook oder Instagram die entsprechenden Kommentare zu verfolgen.

    Diskussion
    Lesen Sie doch stattdessen – über die Feiertage, an denen wir uns, statt jeden Tag stundenlang an der frischen Luft zu sein, nach dem Willen unserer Politiker und vieler Mediziner in die eigenen vier Wände zurückziehen sollen – mal etwas Gutes. Ich empfehle zum Beispiel die Seite freitag.de unter der Ägide von Jakob Augstein, dem Sohn des Spiegel-Gründers. Dort beteiligen sich kluge Köpfe an einer Diskussion „Für die offene Gesellschaft“. Dort heißt es einleitend: „Die Diskussionen in dieser Pandemie sind vergiftet. Tauschen wir uns endlich ruhig und angstfrei aus.“ Genau!

    Kein gutes Signal
    Kurz nach dem Redaktionsschluss der Druckauflage von DTZ erreichte uns die Nachricht, die wir befürchtet haben: Die InterTabac und die InterSupply 2021 fallen aus. Ich halte das für kein gutes Signal für die Branche, denke zudem, in einem halben Jahr wäre vieles möglich gewesen, verstehe aber auch die Bedenken der Verantwortlichen. Im laufenden Jahr wird es also keine Fachmesse in Deutschland geben – auch eine hybride oder komplett virtuelle Ausstellung ist nicht vorgesehen. Das finde ich ausgesprochen schade, denn damit werden die Marktteilnehmer 2022 auf drei Jahre ohne ein Zusammenkommen im Messerahmen zurückblicken. Hoffen wir, dass diese Leitmessen 2022 tatsächlich stattfinden werden.

    Tabaksteuermodernisierungsgesetz
    Über aller Aufregung um die pandemische Krise soll nicht vergessen werden, dass das Kabinett im Eilschritt dem Entwurf zum Tabaksteuermodernisierungsgesetz zugestimmt hat. Ich fürchte, daran wird sich auch im parlamentarischen Verfahren und in den Ausschüssen nicht mehr viel ändern. Zigarette und Feinschnitt, Zigarre/Zigarillo und Pfeifentabak können ganz gut damit leben. Für Tabakerhitzer und E-Zigarette bedeutet das dramatische Verschlechterungen. Viele Unternehmer werden sich jetzt überlegen, ob sie weiter in diesem Markt aktiv sein wollen. Eine ganze Reihe von Anbietern dürften in den kommenden Monaten und Jahren die Segel streichen. Für die Branche, die Wirtschaft und die Konsumenten, die eine weniger risikoreiche Alternative zur klassischen Zigarette suchen, ist das auch gesundheitspolitisch eine Katastrophe. Aber auch das passt ja ins Bild.

    Ich wünsche Ihnen dennoch ein frohes und friedliches Osterfest.

    Herzlich,
    Marc Reisner,
    Chefredakteur DTZ

  • „Ein Weg in die falsche Richtung“

    GRÄFELFING // Nur 20 Prozent der Raucher in Deutschland haben im letzten Jahr einen Rauchstoppversuch unternommen. Regulierungsexperten appellieren an den Staat, gezielt regulatorische und steuerliche Lenkimpulse zu gestalten, die Raucher weg von der Zigarette führen. Dazu haben sich jetzt auch Experten der Philip Morris Germany geäußert.

    Alternative Produkte für Raucher
    In den vergangenen Jahren wurden vermehrt alternative Produkte für Raucher, beispielsweise E-Zigaretten oder Tabakerhitzer, entwickelt. Wissenschaftliche Studien, etwa vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) oder der US-amerikanischen Lebens- und Arzneimittelbehörde FDA, bescheinigen ihnen ein deutlich niedrigeres Risikopotenzial im Vergleich zur Zigarette. Deshalb sei es von zentraler Bedeutung, die traditionellen Ansätze der Tabakkontrolle um Anreize für den Umstieg auf schadstoffreduzierte Produkte zu ergänzen. „Der aktuelle Entwurf eines Tabaksteuermodernisierungsgesetzes wird in dieser Hinsicht seinem Namen nicht gerecht und würde zu einer Lenkungswirkung in die genau falsche Richtung führen: nämlich, dass die Raucher nicht auf schadstoffreduzierte Alternativprodukte vollständig umsteigen oder im schlimmsten Fall ganz bei der Zigarette bleiben beziehungsweise sogar zu ihr zurückkehren“, betont Thomas Christmann, Leiter Fiscal Affairs bei Philip Morris in Deutschland.

    Differenzierte Regulierung
    „Wir brauchen eine differenzierte Regulierung von nikotinhaltigen Produkten, die sich klar an deren individuellem Risiko orientiert, in Verbindung mit einer gezielten Informationspolitik gegenüber den Raucher. Nur so kann eine Vielzahl von ihnen zum Umstieg auf schadstoffreduzierte Produkte bewegt werden“, ergänzt sein Kollege Maximilian Jell, Leiter Regulatory Affairs & Reduced Risk Products. Und Alexander Nussbaum, Leiter Scientific & Medical Affairs, fügt hinzu: „Das aktuell geringe Verbraucherwissen ist eine verpasste Chance, die zu Lasten einer informierten Verbraucherentscheidung der Raucher geht.“

    pnf

  • „Schwarzmarkt wird gestärkt“

    BERLIN / GRÄFELFING // „Der aktuelle Entwurf des Tabaksteuermodernisierungsgesetzes wird unserer Auffassung nach seinem Namen nicht gerecht.“ Das schreibt Philip Morris Germany in einem offiziellen Statement, das DTZ hier wiedergibt.

    Finanzielle Anreize
    Rauchern werde mit dem Gesetz der finanzielle Anreiz genommen, auf schadstoffreduzierte Alternativprodukte umzusteigen. Die Nachfrage für nicht in Deutschland versteuerte oder gar gefälschte Produkte würde massiv ansteigen. Während also der Markt der schadstoffreduzierten Alternativen und die damit verbundene Innovation gefährdet wäre, würden der Schwarzmarkt und die dahintersteckende organisierte Kriminalität gestärkt.

    Risikoreduktion
    In gesundheitspolitischer Hinsicht widerspreche der Vorschlag des Bundesfinanzministeriums dem Prinzip der Risikoreduktion beim Rauchen und blende den bestehenden wissenschaftlichen Konsens aus, dass die Verbrennung des Tabaks bei Zigaretten hauptverantwortlich für die mit dem Rauchen im Zusammenhang stehenden Gesundheitsrisiken sei. Eine innovative Regulierung sollte sich aber immer am individuellen Risikopotenzial der Produkte orientieren, teilt Philip Morris mit. Genau dieses zentrale Prinzip werde im aktuellen Entwurf jedoch nicht berücksichtigt. Steuererhöhungen müssten aber so erfolgen, dass eine Lenkungswirkung weg von Verbrennungsprodukten und damit weg von den besonders schädlichen Zigaretten stattfinde.

    Entwurf
    Durch die faktische Gleichstellung von Verbrennungsprodukten mit neuartigen schadstoffreduzierten Alternativen schaffe der Entwurf lediglich neue Hürden für den vollständigen Umstieg. Denn: Umstiegswilligen Rauchern werde damit der wichtige Anreiz finanzieller Art entzogen. Somit bestehe die Gefahr, dass ehemalige Raucher, die bereits auf schadstoffreduzierte Produkte umgestiegen seien, aus finanziellen Gründen wieder zu Verbrennungsprodukten griffen, während andere einen Wechsel erst gar nicht in Erwägung ziehen würden.

    Aus innovationspolitischer Sicht setze der Entwurf damit das vollkommen falsche Signal, in dessen Folge der noch junge, langsam aufstrebende Markt von schadstoffreduzierten Alternativen zur Zigarette in seinem Wachstum gestoppt werde.

    Innovative und bessere Produkte
    Jungen Unternehmen werde die Aussicht genommen, durch innovative und bessere Produkte den Markt zu revolutionieren. Und etablierten Herstellern werde signalisiert, dass sich Investitionen in schadstoffreduzierte Produkte nicht lohnten, sondern sie stattdessen lieber weiter an ihren alten Produkten festhalten sollten.

    Reform
    Die angestrebte Reform der Tabaksteuer gebe für die organisierten Kriminalität dagegen große Anreize, in den Ausbau neuer Geschäftsfelder zu investieren. Für entsprechende Gruppierungen könnte es lohnenswert erscheinen, im großen Stil in die Produktion gefälschter Produkte einzusteigen und diese entweder nach Deutschland zu schmuggeln oder sogar im Land selbst zusätzliche illegale Produktionsstätten zu errichten.

    Handelsperspektive
    Diese Entwicklung müsse nicht nur die Hersteller, sondern auch Händler sowie Zulieferer verunsichern. Aus Handelsperspektive drohe die Gefahr, dass Konsumenten dann noch mehr als zum jetzigen Zeitpunkt auf den Handel in den europäischen Nachbarländern ausweichen würden. Händlern, die in der Vergangenheit versucht hätten, ihr Geschäft durch die Aufnahme und das verstärkte Engagement rund um schadstoffreduzierte Alternative zukunftsfähig zu machen, werde somit ein wichtiges Element ihrer Geschäftsgrundlage entzogen.

    fnf

  • „Teils erhebliche Bedenken“

    BERLIN // In Sachen Tabaksteuer ist die Aufregung nicht nur in der am stärksten betroffenen E-Zigaretten-Branche weiter groß. Nun hat auch der Handelsverband Tabak (BTWE) gemeinsam mit dem Bundesverband Deutscher Tabakwaren-Großhändler und Automatenaufsteller (BDTA) eine Stellungnahme zum Referentenentwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Tabaksteuergesetzes an das Finanzministerium abgegeben.

    Europäische Lösung
    Grundsätzlich begrüßten BTWE und BDTA die im Referentenentwurf vorgelegte Systematik einer über mehrere Jahre reichenden Entwicklung der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren in einzelnen moderaten Schritten, die sich bereits im Tabaksteuermodell von 2011 bis 2016 bewährt habe, heißt es in dem Schreiben. Beide Verbände seien jedoch der Auffassung, dass die Besteuerung der Produktkategorien Heat-not-burn und E-Zigaretten im Rahmen einer europäischen Lösung erfolgen sollte.

    Mit Augenmaß
    Falls die Regierung dennoch eine Besteuerung dieser Produktkategorien vor einer europäischen Lösung anvisiere, plädierten BTWE und BDTA für eine ebenfalls maßvolle und auf mehrere Schritte verteilte Anhebung der Besteuerung, die das Preisdifferenzial zum benachbarten Ausland im Auge behalten sollte. Anderenfalls würde Deutschland innerhalb der EU das Land mit der höchsten Besteuerung für diese neuen Produktkategorien. Die Konsumenten würden ihren Bedarf in anderen Ländern oder auf dem Schwarzmarkt decken.

    Grundsätzlich, so teilen die beiden Verbände mit, hätten BDTA und BTWE zudem erhebliche Bedenken hinsichtlich einer Steuer auf E-Zigaretten auf Basis des Gewichts (Nikotinkonzentration). Das wäre ein Paradigmenwechsel im Unterschied zu den anderen europäischen Ländern, in denen die Steuer generell auf der Basis der jeweiligen Flüssigkeitsmenge in Millilitern (Volumen) besteuert werde.

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  • Starker Steuermonat

    WIESBADEN // Aus Sicht des deutschen Fiskus hat das Jahr 2021 in Sachen Tabaksteuer gut begonnen. Im Februar nahm der Bund rund 1,067 Milliarden Euro ein – gegenüber dem Vorjahresmonat ein Plus um 6,8 Prozent. Bereits der Januar hatte mit einem Zuwachs von 30,1 Prozent auf fast 599 Millionen Euro für eine für die Steuerbehörden erfreuliche Zwischenbilanz gesorgt.


    Schwarze Zahlen

    Für die schwarzen Zahlen sorgten im Februar vor allem Zigaretten mit einer Veränderung um 10,1 Prozent auf knapp 884 Millionen Euro. Zigarren und Zigarillos legten um 7,3 Prozent zu und lagen bei gut 3,8 Millionen Euro Tabaksteuer. Einen negativen Trend wiesen dagegen Feinschnitt (-6,4 Prozent auf fast 159 Millionen Euro) sowie Pfeifentabak einschließlich Wasserpfeifentabak und Erzeugnisse für Tabakerhitzer (-9,8 Prozent auf etwas weniger als 21 Millionen Euro) auf.

    Unterm Strich resultieren für Januar und Februar Tabaksteuermehreinnahmen von 14,2 Prozent (insgesamt absolut: 1,667 Milliarden Euro) gegenüber Januar und Februar des Jahres 2020.


    Netto-Bezug von Steuerzeichen

    Mit Blick auf den Netto-Bezug von Steuerzeichen nach Steuerwerten spiegelt sich die Entwicklung der beiden ersten Monate des laufenden Jahres auch im Nachhinein wider. Im Januar hatte der Bezug gegenüber dem Vorjahresmonat insgesamt um 12,7 Prozent auf 1,144 Milliarden Euro zugelegt, getrieben vor allem durch den Bezug von Steuermarken für Zigaretten. Im Februar verzeichnen die staatlichen Statistiker dagegen einen Rückgang um 12,9 Prozent auf rund 855 Millionen Euro. Da der Bezug der Steuerzeichen als vorlaufender Indikator gilt, dürfte auch der Absatz im März 2021 zurückgehen. Bei Zigaretten haben die Hersteller zuletzt Steuermarken für knapp 695 Millionen Euro bestellt – gegenüber dem Vorjahresmonat ein Rückgang um 16,7 Prozent.

    Recht deutlich hat die durchschnittliche Steuer pro Zigarette zugenommen: Sie kletterte im Februar von zuvor 16,92 Cent auf 17,06 Cent. Am kräftigsten war der Zuwachs bei Pfeifentabak; für dieses Segment stieg die Tabaksteuer von zuvor 43,94 Euro je Kilogramm auf nun 47,87 Euro. Die Steuer legte in allen Kategorien zu.

    max

  • Widerstand formiert sich

    BERLIN // Über die Pläne der Bundesregierung zur Anpassung der Tabaksteuer hat DTZ berichtet. Neben den betroffenen Verbänden fordert jetzt auch eine Interessengemeinschaft E-Zigarette, die Steuersätze noch einmal zu überdenken.

    E-Liquids geringer besteuern
    Die Interessengemeinschaft weist darauf hin, dass die Tabaksteuer den Spagat zwischen Gesundheitsschutz einerseits und Einnahmeerzielung andererseits auszutarieren habe. Daher solle sie „weder das gesundheitspolitisch sinnvollere Produkt aus dem Markt drängen, noch Anreize für eine Produktion im Ausland, für Schmuggel oder gar für gepanschte Produkte setzen“. Zudem führen die Initiatoren aus, es gelte das steuerrechtliche Folgerichtigkeitsgebot, wonach eine einmal getroffene Belastungsentscheidung – hier das Ausrichten der Steuerbelastung an der Gesundheitsgefährdung – aufrechterhalten werden solle; daher müssten E-Liquids deutlich geringer als Tabakerhitzer oder als Pfeifentabak und natürlich als Tabakzigaretten besteuert werden.

    Markt beleuchten
    Im Folgenden wird der Markt auf die Anteile offener und geschlossener E-Zigarettensysteme beleuchtet. Die Verfasser der jetzt vorgelegten Stellungnahme beziffert die Marktanteile mit 98 Prozent für nachfüllbare Systeme und mit gerade zwei Prozent für Kapsel-Systeme wie Myblu (Reemtsma) oder Vype (BAT). In einem Preisvergleich rechnet die Interessengemeinschaft vor, dass bei offenen Systemen derzeit etwa 60 Euro pro 100 Millilitern Liquid mit einem Nikotingehalt von 20 Milligramm je Milliliter fällig würden. Bei geschlossenen Systemen seien es dagegen mehr als 535 Euro.

    Geschätzte Steuereinnahmen
    Anschließend widmen sich die Autoren der Stellungnahme den geschätzten Steuermehreinnahmen, die das Bundesfinanzministerium durch die Erhöhung der Tabaksteuer erzielen will. Die Rede ist von gut 2,8 Milliarden Euro. Angesichts der aktuellen Branchenumsätze – die Interessengemeinschaft geht von einem Umsatz bei nikotinhaltigen Liquids von 120 bis 180 Millionen Euro pro Jahr aus – seien diese jedoch kaum zu erzielen. Im Gegenteil stehe zu erwarten, dass die Verkäufe deutlich zurückgehen würden, falls die geplante Reform wie bislang vorgeschlagen umgesetzt wird. Die Interessengemeinschaft rechnet vor: Während ein Raucher bei einem Konsum von 20 Zigaretten etwa 210 Euro im Monat ausgibt, würde die finanzielle Belastung für ausstiegs‧willige Dampfer von aktuell nicht einmal 180 Euro auf dann bis zu 930 Euro monatlich explodieren. Schlussfolgerung: Gerade Menschen mit geringem Haushaltseinkommen hätten praktisch keine Möglichkeit mehr, mit der E-Zigarette weg von der Tabakzigarette zu kommen.

    Bürokratischer Mehraufwand
    Schließlich geht es in der Stellungnahme noch um den erwarteten bürokratischen Mehraufwand durch das vorgeschlagene Steuermodell. Angesichts von schätzungsweise 500 meist kleineren Herstellern und Importeuren nikotinhaltiger Liquids mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Packungsgrößen und Nikotinstärken müsste „eine enorme Anzahl von Steuerzeichen verwendet werden“. Hinzu komme, dass Deutschland mit dem avisierten Weg eine absolute Insellösung in Europa betreiben würde. In keinem EU-Land gebe es eine Besteuerung nikotinhaltiger Liquids auf Basis des Gewichts, sondern vielmehr würden die Abgaben anhand der Flüssigkeitsmenge berechnet.

    Vorschlag der Interessengemeinschaft
    Der Vorschlag der Interessengemeinschaft E-Zigarette sieht denn auch vor, dass eine Besteuerung von bis zu 0,10 Euro pro Milliliter Liquid ab 1. Juli 2022 umgesetzt werden solle. Dabei könne eine Überprüfungsklausel nach zwei Jahren hinsichtlich der Marktentwicklung der Produkte integriert werden. Diese Lösung wäre „einerseits wettbewerbsfähig in der EU und anderseits nicht prohibitiv hinsichtlich dieser deutlich schadstoffminierten Erzeugnisse“.

    Der Interessengemeinschaft E-Zigarette haben sich nach eigenen Angaben bereits mehr als 25 Unternehmen angeschlossen, darunter Riccardo Retail, Niko Liquids, Ultrabio, Meisterfids und Naam.

    Dennoch, so Stephan Endler von Niko Liquids, seien weitere Branchenmitglieder willkommen. Interessenten melden sich unter: [link|mailto:st.endler@nikoliquids.de]st.endler@nikoliquids.de[/link].

    max

  • Tabaksteuer soll deutlich steigen

    BERLIN // Nachdem DTZ in der vergangenen Ausgabe einen ersten – teilweise durch Fachabteilungen redigierten – Entwurf eines neuen Tabaksteuermodells vorgestellt hatte, liegt nun ein überarbeiteter Referentenentwurf aus dem Bundesfinanzministerium (BMF) vor. Das „Tabaksteuermodernisierungsgesetz“ soll bereits zum 1. Januar 2022 in Kraft treten.

    Vor der Sommerpause
    Dabei ist es das Ziel der Bundesregierung, die neuen Vorschriften noch vor der Sommerpause auf den Weg zu bringen. Laut Zeitplan soll es am 24. März einen Kabinettsbeschluss zu der Gesetzesänderung geben. Die erste Lesung im Bundestag ist für den 22. April vorgesehen.

    Eines der Ziele, die mit der Reform verfolgt werden sollen: „Erreichen eines Gleichgewichts zwischen dem Ziel konstanter Steuereinnahmen und den Zielen der öffentlichen Gesundheit.“ Ob diese konkurrierenden Größen tatsächlich erreicht werden können, ist jedoch fraglich. Zudem geht das BMF davon aus, dass einerseits zum Beispiel bereits im ersten Jahr des neuen Steuermodells 2022 Mehreinnahmen von 8,8 Prozent auf insgesamt knapp 15,4 Milliarden Euro erzielt werden können. In der Endstufe 2026 könnte der Fiskus dann gut 17,3 Milliarden Euro erzielen – gegenüber der noch gültigen Schätzung ohne Gesetzesänderung ein Plus von 25,7 Prozent.

    E-Zigaretten im Fokus
    Abschöpfen will der Bund dabei vor allem bei E-Zigaretten. In zwei Stufen soll das in den Liquids enthaltene Nikotin künftig besteuert werden: ab 1. Juli 2022 mit zwei Cent je Milligramm, ab 2024 mit vier Cent je Milligramm. Der Fiskus kalkuliert dabei mit einem Steueraufkommen von 135 Millionen Euro im Rumpfjahr 2022, 2023 mit 311 Millionen, 2024 mit 708 Millionen und schließlich 2026 mit 896 Millionen Euro. Diese Beträge werden die Hersteller und Händler auf die Konsumenten umlegen.

    Zehn-Milliliter-Fläschchen
    Das bedeutet, dass etwa ein Liquid im Zehn-Milliliter-Fläschchen mit einem durchschnittlichen Nikotingehalt von zwölf Milligramm im ersten Schritt bereits 2,40 Euro teurer wird, ab 2024 dann sogar 4,80 Euro. Unterm Strich bedeutet das innerhalb von eineinhalb Jahren nahezu eine Verdoppelung des Preises von – beispielhaft – 5,00 Euro auf dann 9,80 Euro. Und bei 20 Milligramm Nikotin pro Milliliter stiege der Preis sogar von 5,00 auf dann 13,00 Euro. Angesichts der Tatsache, dass zahlreiche Wissenschaftler immer wieder die Bedeutung der E-Zigarette als Ausstiegshilfe aus dem Tabakrauchen hervorheben, dürfte das weniger ein gesundheitspolitischer als vielmehr ein rein fiskalischer Schritt sein.

    Kein Wunder, dass etwa das Bündnis für Tabakfreien Genuss (BfTG) warnt: „Die Mehrkosten für Nutzer der E-Zigarette sind enorm hoch, wenn man die Liquids mit den Preisen für Feinschnitttabak vergleicht.“ Zudem bestehe „kein Handlungszwang, jetzt eine E-Zigarettensteuer einzuführen“. Denn die EU arbeite derzeit an einer Novelle der Tabaksteuerrichtlinie – inklusive E-Zigarettensteuer. Es spreche nichts dagegen, die Ergebnisse abzuwarten.

    Tabakerhitzer neu besteuert
    Teurer wird es auch für die ebenfalls deutlich risikoreduzierten Tabakerhitzer. Hier soll nach den Vorstellungen des BMF die Steuer an die von Zigaretten angeglichen werden. Bislang werden Heat-not-burn-Produkte wie Pfeifentabak besteuert. Bei einem Preis von 6,00 Euro pro 20 Stück werden zusätzlich zu der bisherigen Steuer von 88 Cent ab 2022 251 Cent, insgesamt also 339 Cent erhoben. Im Jahr 2026 werden es nach dem Entwurf insgesamt 376 Cent pro Packung sein. Nach Berechnungen des BMF führt das zu Mehreinnahmen von letztlich 525 Millionen Euro.

    Maßvoll mit Zigaretten und Feinschnitt
    Etwas maßvoller will der Fiskus bei Zigaretten und Feinschnitt kassieren: Bei Zigaretten liegt die durchschnittliche Steuererhöhung zwischen 2022 und 2026 bei 2,32 Prozent, das sind pro Jahr zwischen acht und neun Cent, bezogen auf eine Kleinverkaufspackung mit einem Inhalt von 20 Stück. Bei Feinschnitt soll die Steuer demzufolge in jährlichen Schritten um jeweils durchschnittlich knapp 14,5 Cent pro 40-Gramm-Pouch klettern.

    DZV warnt vor Steuerschock
    Der Deutsche Zigarettenverband (DZV) bezog klar Stellung und warnte vor einer Verschiebung zu nicht in Deutschland versteuerten Tabakwaren: „Deutschland hat mit Steuerschocks bei der Tabaksteuer sehr schlechte Erfahrungen machen müssen. Für die Jahre 2002 bis 2005 beschloss die damalige Bundesregierung mehrere drastische Steuererhöhungen. Damit sollten deutliche Mehreinnahmen durch die Tabaksteuer zur Terrorbekämpfung generiert werden. Damals lagen die Prognosen der Bundesregierung bei zehn Milliarden Euro Mehreinnahmen bis 2007. Diese Hoffnung erfüllte sich nicht, stattdessen gingen die Einnahmen aus der Tabaksteuer sogar zurück. Der Absatz von Zigaretten fiel.“

    Umstieg gefährdet
    Der DZV kritisierte die Pläne, denen zufolge E-Zigaretten und Tabakerhitzer, deren Konsum mit deutlich geringeren gesundheitlichen Gefahren verbunden sei, deutlich höher als bisher besteuert werden sollen. DZV-Geschäftsführer Jan Mücke mahnte zu einer maßvollen und bürokratiearmen Besteuerung unter Einbeziehung gesundheitspolitischer Erwägungen. Mücke: „Eine Gleichsetzung von Tabakerhitzern und E-Zigaretten mit Tabakzigaretten würde den Umstieg auf diese Produkte mit potenziell geringerem Gesundheitsrisiko verhindern und gleichzeitig dem illegalen Handel eine Sonderkonjunktur bescheren. Dieser Schritt wäre finanzpolitisch riskant und gesundheitspolitisch widersinnig.“

    max

  • Höhere Tabaksteuer

    BERLIN // Nicht schlecht: Vor wenigen Tagen erklärte die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke, es lägen derzeit keine Pläne zur Erhöhung der Tabaksteuer vor (DTZ berichtete in Ausgabe 5 / 2021). Das war – zurückhaltend formuliert – nicht ganz die Wahrheit.

    Tatsächlich wurde bereits im Oktober 2020 im Bundesfinanzministerium ein Referentenentwurf erarbeitet, der genau das vorsieht. In dem Papier, das DTZ vorliegt, ist übrigens auch nicht mehr die Rede vom vorrangigen Gesundheitsschutz der Konsumenten. Vielmehr geht es in erster Linie darum, „die Tabaksteuereinnahmen auch zukünftig zu verstetigen“. Vorgesehen ist in dem Papier der Zeitraum ab 1. April 2021. Das ist nicht mehr realisierbar; nun haben sich offenbar Unionsparteien und SPD am Rande des Koalitionsausschusses geeinigt, die Reform der Tabaksteuer zumindest noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg zu bringen.

    Die Eckpunkte des Entwurfs:
    [bul]Die Tabaksteuereinnahmen sollen von voraussichtlich 14,3 Milliarden Euro in diesem Jahr auf 17,6 Milliarden Euro im Jahr 2025 steigen. Für Zigaretten resultiert demnach ein Plus für den Fiskus von gut 600 Millionen Euro.
    [bul]Die Steigerung ergibt sich aus einer Erhöhung der Tabaksteuer für Zigaretten und Feinschnitt in fünf relativ moderaten Stufen.
    [bul]E-Zigaretten sollen erstmals mit 0,02 Euro pro Milligramm Nikotin besteuert werden, ab 2023 doppelt so hoch mit 0,04 Euro je Milligramm.
    [bul]Daraus folgen zusätzliche Steuereinnahmen von mehr als 2,9 Milliarden Euro bis zum Jahr 2025.
    [bul]Das Steuerprivileg für Tabakerhitzer soll entfallen. Heat-not-burn-Produkte sollen künftig dem gleichen Steuersatz unterliegen wie Tabakzigaretten.
    [bul]Beim Feinschnitt beträgt die Steuermehrbelastung bis zum Jahr 2025 rund 300 Millionen Euro.

    Tabakindustrie
    Wie das Magazin „Der Spiegel“ berichtete, ist angeblich auch die Tabakindustrie bei der Erhöhung mit an Bord: „Von der Stufenlösung erhofft sie sich, dass sich ihre Kunden an die moderat steigenden Preise gewöhnen und nicht sofort mit dem Rauchen aufhören. Die Erfahrung lehrt zudem, dass die Tabakunternehmen im Windschatten einer Steuererhöhung die Preise gern zusätzlich anheben, um ihr Betriebsergebnis zu verbessern.“

    Aus Berlin werden dagegen hehre Ziele als Begründung für die geplante Steuererhöhung genannt: So soll damit unter anderem der Verkauf illegaler Tabakprodukte verhindert, mehr Steuergerechtigkeit geschaffen und eine höhere Planungssicherheit mit Blick auf die Tabaksteuereinnahmen erzielt werden.

    max

  • Liebe Leserinnen, liebe Leser,

    es wird immer doller! Immer mehr Wissenschaftler kritisieren den Blindflug der Regierung, die Wohl und Wehe einer Nation vor allem von der ominösen Corona-Variante B.1.1.7 abhängig macht, einer Variante wohlgemerkt, über die zahlreiche renommierte Forscher berichten, es gebe bei einer erhöhten Übertragungsfähigkeit „keine schlüssigen Anzeichen für eine geänderte Pathogenität, Altersgruppenpräferenz oder Sterblichkeit.“ Aber Logik und Evidenz spielen ja längst keine Rolle mehr.

    Weltweite Massenhysterie
    Erinnern Sie sich noch, dass ich Ihnen vor zwei Ausgaben von den Spiegel-Redakteurinnen berichtet habe, die im Interview unbedingt den Staats-Virologen Christian Drosten dazu bringen wollten, seine Wissenschafts-Kollegen Hendrik Streeck und Jonas Schmidt-Chanasit als besonders üble Corona-Schurken hinzustellen?

    Rückblick
    Eine dieser Journalistinnen schrieb in einem Spiegel-Artikel: „Rückblickend war die Pandemie in Wahrheit eher eine weltweite Massenhysterie. Heute kann man kaum noch glauben, dass wirklich alles so passiert ist, wie es passiert ist. Kann nicht fassen, dass niemand irgendwann auf den Tisch gehauen und gesagt hat: ‚Leute, jetzt wacht doch mal auf!‘“ Und weiter: „Die Pandemie, die die Glaubwürdigkeit von Institutionen wie WHO, Robert-Koch- und Paul-Ehrlich-Institut nachhaltig erschüttert hat, ist ein Lehrstück dafür, was passieren kann, wenn Querdenker nicht gehört werden.“ Wie klingt das für Sie? Nach einer seherischen Leistung? Ich bin gespannt – denn das Stück, aus dem ich zitiert habe, stammt aus dem Jahr 2018 und bezieht sich auf die Schweinegrippe.

    Viele Tote
    Anhänger des Lockdowns argumentieren meist mit „den vielen Toten“, die Covid19 verursacht habe. Nun wissen wir, dass ein Gutteil der Verstorbenen eher willkürlich als Corona-Opfer bezeichnet werden. Regelmäßige Leser dieses Newsletters wissen, dass ich von falschen Totenscheinen, dem Versterben längst Genesener und Post-mortem-Abstrichen sowie von Menschen spreche, die mit zu früher invasiver Beatmung und wahren Chemie-Cocktails zu Tode behandelt wurden. Trotzdem bleibt eine ganze Reihe Verstorbener, deren Särge sich laut deutschen Leitmedien in den Krematorien stapeln. Nun hat Göran Kauermann sich die Zahlen angesehen.

    Der Statistiker
    Der Wissenschaftler ist niemand, der sich mit Verkehrssystemen oder mit der Psychologie des Impfens, beschäftigt, sondern Statistiker, Dekan der LMU in München und Mitgründer der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Statistik. Er sagte dem Focus, dass es „über das ganze Jahr hinweg betrachtet durchschnittlich in Deutschland kaum eine nennenswerte Übersterblichkeit gab“. Betroffen sei allerdings die vulnerable Gruppe der über 80-Jährigen. Der Forscher kritisierte die Tatsache, dass viele Maßnahmen bundesweit gelten, obwohl das basierend auf regional sehr unterschiedlichem Infektionsgeschehen nicht sinnvoll sei.


    Schnelltest

    Übrigens sollten Sie künftig immer eine Münze in der Tasche haben. Denn nach österreichischem Vorbild könnten wir beim Friseurtermin, bei Konzertbesuchen oder vor der Visite bei Oma oder Opa im Pflegeheim einen Schnelltest machen lassen müssen. Klingt gut – allerdings heißt es aus Österreich, fast die Hälfte der Testergebnisse sei falsch. Im Klartext: Wir können auch eine Münze werfen und die Entscheidung, ob wir Zutritt haben, davon abhängig machen. Im Ergebnis kommt das (fast) aufs Gleiche raus.

    Schockwirkung
    Den größten Aufreger der vergangenen Woche hat allerdings mit der Welt am Sonntag ausgerechnet eines der renommierten Leitmedien veröffentlicht. Dem Blatt liegt unter anderem der Mail-Verkehr vor, mit dem das Innenministerium eine ganze Reihe von Wissenschaftlern im vergangenen März dazu drängte, möglichst dramatische Entwicklungen zu entwerfen, um eine „gewünschte Schockwirkung“ zu erzielen, „hohen Handlungsdruck aufzuzeigen“ und „Angst und Folgebereitschaft in der Bevölkerung“ zu erzeugen. Der Artikel zeigt deutlich auf, dass die Wissenschaft ziemlich bereitwillig den politischen Vorgaben folgte. Um es abzukürzen: Früher, in besseren Zeiten, hätte der verantwortliche Minister seinen Hut genommen. Heute passiert – nichts.

    Die Rolle der Evidenz
    Zum Ende dieses ziemlich langen Kommentars weise ich Sie noch auf zwei weitere spannende Themen hin, die aus der Politik auf unsere Branche herüberschwappen. Da geht es um eine anstehende Tabaksteuererhöhung, von der die Bundesregierung vor drei Wochen noch nichts wusste, die aber bereits seit Oktober im Bundesfinanzministerium vorbereitet wird. Und es geht um den „EU Beating Cancer Plan“, der wieder einmal zeigt, dass die Verantwortlichen aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zum Rauchausstieg schlicht ignorieren. Aber auch Evidenz spielt heute keine wichtige Rolle mehr.

    Um es mit Trapattoni zu sagen: Ich habe fertig! Zumindest für diese Woche.

    Ich wünsche Ihnen ein gutes Wochenende.

    Herzlich,
    Marc Reisner,
    Chefredakteur DTZ