FRANKENBERG // Annemarie Jach betreibt seit 25 Jahren ein Tabak- und Lottogeschäft im sächsischen Frankenberg. Als Vorsitzende des Fachverbandes Lotto-Tabak-Presseverkaufsstellen in Sachsen engagiert sie sich im Kampf gegen illegale Zigaretten aus Tschechien und Polen. „Die Schmuggelzigaretten schaden unserer heimischen Wirtschaft“, sagt sie im Interview.
Frau Jach, Sie haben Ihren Lottoladen kurz nach der Wende eröffnet und sind damit quasi ein Stück bundesrepublikanische Geschichte: Welche Erinnerungen haben Sie an den 8. Mai 1990, als Sie Ihr Geschäft in Frankenberg eröffneten?
Annemarie Jach: Es gab einen Riesentrubel. Alle wollten unbedingt Zeitschriften und Zeitungen aus dem Westen – wir haben in Dreierreihen direkt aus dem Ladenfenster verkauft. Erst nach ein paar Monaten wurde es etwas ruhiger, und wir kamen dazu, die Zeitungen in die Regale zu räumen. Alles um die Schloßstraße herum war damals noch relativ trist und grau. Aber auch 25 Jahre später ist nicht alles besser.
Was meinen sie damit?
Jach: Frankenberg hat mit enormem Leerstand zu kämpfen, das bekomme ich durch mein Engagement für die SPD im Kreistag Mittelsachsen hautnah mit. Wir kleinen Lotto- und Tabakwarenhändler haben ganz schön zu kämpfen – die Supermärkte auf der grünen Wiese sind fast alle mit Kiosken ausgestattet und ziehen uns die Kundschaft und das Geschäft aus dem Stadtkern heraus.
Das Schlimmste aber sind die illegalen Zigaretten aus Polen und Tschechien, die hier in Grenznähe äußerst populär sind. Jede zweite in Sachsen gerauchte Zigarette ist nicht in Deutschland versteuert. Man setzt sich ins Auto, kauft drüben vier Stangen Zigaretten, geht zum Friseur, tankt das Auto voll und kauft noch im Supermarkt ein. Niemand scheint sich darum zu kümmern, dass diese Mentalität unsere gesamt heimische Wirtschaft kaputt macht.
Inwiefern?
Jach: Zum einen sind da die Steuerausfälle. Mit diesem Geld hätten allein in Sachsen im vergangenen Jahr 11 000 zusätzliche Lehrer eingestellt werden können. Zum anderen wird die heimische Wirtschaft durch den Verlust der Kaufkraft Richtung Polen und Tschechien ja nicht unbedingt gestärkt. Von den gesundheitlichen Risiken, die illegale Zigaretten mit sich bringen, möchte ich gar nicht sprechen. Es soll maximaler Profit generiert werden, da kümmert sich niemand mehr um die Hygiene. Zum Teil sollen schlimme Zustände in den illegalen Fabriken herrschen, und es ist ja bekannt, dass die Schmuggler auch mit Waffengeschäften und Prostitution in Verbindung gebracht werden. Auch „strahlende“ Zigaretten wurden schon gefunden. Es wäre sinnvoll und schön, wenn die Raucher dies bei der Wahl ihrer nächsten Zigaretten bedenken würden.
Welchen Umsatz erzielen Sie in Ihrem Geschäft mit dem Verkauf von Tabakwaren?
Jach: Lottoeinnahmen machen ungefähr 45 Prozent des Umsatzes aus, auf Tabakwaren und Zeitschriften entfallen jeweils 22 Prozent. Den Rest erwirtschafte ich beispielsweise mit dem Verkauf von Schul-Bedarf oder Geschenkartikeln.
Wir bieten allein über 150 verschiedene Zigarettenmarken und mehr als 150 Sorten Zigarren an. Das unterstreicht ja schon die Bedeutung von Tabakwaren, und unsere Stammkunden wissen das auch zu schätzen.
Warum engagieren Sie sich im sächsischen Fachverband Lotto-Tabak-Presseverkaufsstellen?
Jach: Meinen Fachhandelskollegen geht es ja nicht anders als mir, und es ist wichtig, dass wir geschlossen auftreten und mit einer Stimme sprechen. Deshalb bin ich seit 2008 dabei und zudem seit diesem Jahr auch Beisitzerin im Vorstand des Bundesverbandes der Lotto-Toto-Verkaufsstellen in Deutschland (BLD). Ich will und werde den Kampf gegen die illegalen Zigaretten nicht aufgeben.
Marc von Bandemer
(DTZ 21/15)