Schlagwort: Gastronomie

  • Viele Stimmen für eine Lösung

    AUGSBURG/WOLNZACH (DTZ/kes). „Die Stimmung in Augsburg war super!“ Heinrich Kohlhuber, Vorsitzender des Bundesvereins Gastronomie und Genuss (BVGG) und einer der Mitorganisatoren der Demonstration gegen die bayerische Verbotspolitik (siehe DTZ 05/11) am 7. Februar in der Fuggerstadt, ist begeistert. Rund 700 Teilnehmer waren in der Innenstadt unterwegs“, sagt er im Gespräch mit DTZ.

    Lautstarker Protest
    Mit Transparenten und Schildern in den Händen, auf denen für Fairness und Respekt geworben wurde, skandierten Wirte, Gäste und Raucher „Rauchverbot ist Kneipentod“, als sie durch die Innenstadt zogen. Wer konnte, hatte kleine Kreuze mitgebracht, um auf die Existenznöte der Wirte in Bayern hinzuweisen. Sogar ein Sarg wurde auf dem Marsch vom Bahnhofsplatz durch die Innenstadt, am Rathaus vorbei zur Biermanufaktur Riegele gesichtet.

    [pic|286|l|||Mit Transparenten und Kreuzen zogen die Teilnehmer durch die Innenstadt.|||]

    „Der Zug war zweitweise 500 Meter lang“, sagt Kohlhuber. Zu Ausschreitungen sei es zu keinem Zeitpunkt gekommen. Insgesamt sei alles „sehr anständig“ abgelaufen sagt er. An ein oder zwei Kreuzungen kam der Verkehr zum erliegen, als der Protestzug für mehr Freiheit und weniger Verbotspolitik über die Straßen strömte. In den Häusern am Rand der Protestmeile gingen die Fenster auf, Menschen auf der Straße blieben stehen und ließen sich das Schauspiel nicht entgehen. „Wir haben Aufmerksamkeit erregt“, freut sich Kohlhuber.

    Zum Finale, das in der Brauerei Riegele stattfand, war der Andrang allerdings zu groß. „Wir hatten nur 200 Sitzplätze für die Podiumsdiskussion zur Verfügung“, sagt Kohlhuber, der gemeinsam mit den Demonstranten für die Rechte der Wirte auf die Straße ging. Letztlich mussten einige draußen bleiben. Auf dem Podium waren nur wenige Lokalpolitiker vertreten. Die meisten haben abgesagt“, bedauert Kohlhuber. Allerdings habe er die Zusage der Anwesenden Karl Heinz Engle, parteiloser Stadtrat und offizieller Vertreter des Oberbürgermeisters, Markus Arnold (FDP) und Hubert Dorn (Bayernpartei) für eine Teilnahme an einem Runden Tisch erhalten.

    Geschlossene Gesellschaft
    Die Chance will Kohlhuber nutzen und erneut seinen Lösungsvorschlag, die geschlossene Gesellschaft, auf den sprichwörtlichen Tisch legen. „Mir ist wichtig, dass wir hier mit den Verantwortlichen ins Gespräch kommen und die Wirte ihre Sorgen loswerden“, sagt Kohlhuber. Und die Sorgen werden nicht weniger, weiß er. Ein Dauerthema in der Branche sind die Kontrollen in der Gastronomie.

    „Die Wirte sind unsicher und die Kontrolleure legen die Sachlage falsch aus.“ Wiederholt sei es zu Anzeigen gekommen, die nach Ansicht des BVGG-Vorsitzenden an den Haaren herbeigezogen seien. Für die Aufklärung und die Sache will er bis an die Spitze der bayerischen Politik gehen: „Ich suche das Gespräch mit Dr. Markus Söder.“ Der Bayerische Staatsminister für Umwelt und Gesundheit hatte bereits das Vergnügen mit dem BVGG zu sprechen. Zum Bedauern von Kohlhuber habe dieser Termin keine Veränderung der festgefahrenen Situation gebracht. Kein Grund für ihn aufzugeben. Im Gegenteil.

    (DTZ 06/11)

  • Münchner Freiheit: Aufstand der Wirte

    MÜNCHEN (DTZ/red). Der Name ist Programm: Als sich diese Woche rund 100 Wirte und Tabak-Sympathisanten auf der Münchner Freiheit versammelten, um gegen das bayerische Rauchverbot zu demonstrieren, ging es auch um die Freiheit zu entscheiden, wo und wie man rauchen will und darum ein respektvolles Miteinander in der Gastronomie zu erreichen und das totale Rauchverbot in Frage zu stellen.

    Der Platz in Schwabing soll nicht zum letzten Mal Protestplakate gesehen haben. Die Initiatoren, die Bayernpartei und der Wirt Vaclav Cerveny, wollen die Protestaktion nach Station in Augsburg (7. Februar) am 14. März wieder in Schwabing durchführen.

    (DTZ 04/11)

  • Mehrheit gegen striktes Verbot

    WIEN (DTZ/red). Mehr als zwei Drittel der österreichischen Bevölkerung sind gegen ein totales Rauchverbot.

    Das ergab eine Umfrage der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Selbst die Nichtraucher sprechen sich demnach zu rund 55 Prozent dagegen aus. Etwa drei Viertel der Österreicher erleben das Miteinander von Rauchern und Nichtrauchern als zufriedenstellend, zitiert „Der Standard“ die repräsentative Erhebung der WKÖ. Hintergrund ist das Tabakgesetz, das seit sechs Monaten für die österreichische Gastronomie in Kraft ist.

    Konkret bedeutet dies für Lokale mit einer Fläche von 50 Quadratmetern, dass das Rauchen erlaubt ist, wenn der Wirt einverstanden ist und seine Gastronomie entsprechend kennzeichnet. Darüber hinaus darf nur in abgetrennten Räumen geraucht werden. Wenn das Gebäude oder der Raum nicht denkmalgeschützt ist, greifen wiederum Ausnahmeregelungen. Insgesamt seien die Umsätze der betroffenen Wirte aber gesunken, heißt es.

    Kritiker kündigt neue Umfrageergebnisse an
    Kritik an der WKÖ-Umfrage äußert Manfred Neuberger vom Institut für Umwelthygiene in Wien. Die Resultate hätten sich durch die „manipulative Fragestellung“ ergeben, sagt er dem „Standard“. Er kündigt für Ende Februar eine eigene Umfrage an, mit „180 Grad unterschiedlichen Ergebnissen“.

  • Aufklärung statt Unsicherheit

    MAINZ / WOLNZACH (DTZ/kes). „Die Unsicherheit in der Gastronomiebranche ist groß“, sagt Heinrich Kohlhuber, Vorsitzender des Bundesverein Gastronomie und Genuss (BVGG). Das generelle Rauchverbot, das seit 4. Juli in Kraft ist, gibt wenig Raum für Alternativen. Eine Möglichkeit sehen Kohlhuber und andere Branchenkenner in der Veranstaltung einer geschlossenen Gesellschaft.

    Und weil auch hier in der Praxis eher diffuse Auslegungen seitens der Ordnungsbehörden vorlägen, hat der BVGG am Mittwoch, den 24. November, zu einer Informations- und Aufklärungsveranstaltung in die Maxibar in den Augsburger Stadtteil Haunstetten eingeladen.

    Geschlossene Gesellschaften
    Legal und transparent organisiert sei die Zusammenarbeit mit den zuständigen Ordnungsbehörden konfliktfrei, sagt Kohlhuber. Er hat intensiv zum Thema recherchiert und auch mit dem Bayerischen Landesbeauftragten geklärt, dass das gesetzliche Rauchverbot in Gaststätten nicht gilt, wenn eine „echte geschlossene Gesellschaft“ die Gaststätte nutzt. Wie und welche Punkte der Wirt dabei beachten muss, soll in der genannten Veranstaltung in Augsburg geklärt werden. Voraussetzung dafür sei beispielsweise die Anmeldung einer solchen Veranstaltung, der Eintrag ins Wirtebuch und die Kennzeichnung der Gesellschaft im Gastraum, um nur einen von vielen Aspekten zu nennen.

    Die Offenlegung der Gästeliste gegenüber den Ordnungsbehörden sei im gesetzlichen Rahmen nicht vorgesehen, heißt es dabei seitens des Datenschützers. Dass er in die Details gehen musste, zeige die nebulöse Informationslage vor Ort bei Behörden und betroffenen Wirten, so Kohlhuber. Allein ihm lägen acht offizielle Definitionen der geschlossenen Gesellschaft vor. Kein Wunder, dass es zu Ungereimtheiten vor Ort komme.

    Der BVGG halte sich an die Version des Bayerischen Verwaltungsgerichts vom Juni 2010. Dennoch, ein entsprechender Aufruf an die zuständigen Landräte und Oberbürgermeister sich mit den Problemen und Lösungsvorschläge der Branche zu beschäftigen, war ernüchternd. „Keiner der 95 angeschriebenen Kommunalvertreter hat uns direkt geantwortet“, sagt er. Der Verband wolle der Branche wieder Mut machen im Umgang mit der neuen Herausforderung und Chancen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten aufzeigen, so Kohlhuber.

    Grüne für Club-Lösung?
    „Unser Ziel ist, dass die Behörden und die Wirte verstehen, was eine echte geschlossene Gesellschaft ist und als Folge Kontrollen überflüssig sind.“ Trotz vieler Rückschläge berichtet Kohlhuber in diesem Zusammenhang auch von kleinen Erfolgen. Christian Sauter, Mitglied im Kreisverband Erlangen Bündnis 90/Die Grünen, habe einer Protestkundgebung und Podiumsdiskussion in Erlangen zum Thema, seine Unterstützung zugesagt. Er wolle sich beim Landesvorstand dafür einzusetzen, dass 20 Prozent aller bayerischen Lokale wieder als Clubs betrieben werden könnten und der Wirt selbst entscheiden könne, ob geraucht werde oder nicht, so Kohlhuber. Vorausgesetzt die Lokale seien nur für Erwachsene geöffnet.

    (DTZ 47/10)

  • Bündnis für Freiheit und Toleranz sammelt über 72 000 Unterschriften

    MÜNCHEN (DTZ/pi). Im Rahmen einer Pressekonferenz im Münchener Presseclub stellte BFT (Bündnis für Freiheit und Toleranz) jüngst einen „Forderungskatalog für Nachbesserungen des Gesundheitsschutzgesetzes (GSG) in Bayern“ vor.

    Unterstützt werden diese Forderungen auch durch die bereits feststellbaren Auswirkungen des GSG seit 1.August 2010. Unter dem Motto: „Wir sind nicht allein“ wurden zudem 72 422 solidarische Unterschriften aus einer BFT-Aktion im September präsentiert. Diese Unterschriften sowie der Forderungskatalog zur Nachbesserung des Gesetzes wurden im Anschluss an die Pressekonferenz direkt im Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit an Ministerialdirektor Michael Höhenberger übergeben.

    BFT-Koordinator Bodo Meinsen will mit den vorliegenden Unterschriften nachweisen, dass das Interesse der Bürgerinnen und Bürger in Bayern an dem Thema nicht erlahmt ist. Im persönlichen Gespräch mit Ministerialdirektor Höhenberger wies er auf die Notwendigkeit von Nachbesserungen hin. So auch auf eine Lücke im Wahlgesetz des Landes Bayern, welche es ausländischen Mitbürgern nicht gestattete, an dem Volksentscheid im Juli teilzunehmen: „Innerhalb der bayerischen Gastronomie darf man von etwa einem 40-prozentigem Anteil an Gastwirtschaften, die von ausländischen Wirten betrieben werden, ausgehen. Somit also direkt Betroffene, die allerdings keine Chance der Mitbestimmung erhielten. Viele von diesen Unternehmern, zum Beispiel Shisha-Café-Betreiber, stehen nun vor dem Aus und einem Berg von Schulden, da hohe Investitionen getätigt wurden im Vertrauen auf geltendes Recht vor dem 4.Juli 2010.“

    (DTZ 41/10)

  • Böse Überraschung

    Rauchverbot: Pfälzer zeigt Wirt in Bayern an

    WOLFRATSHAUSEN (DTZ/red). Ein Rauchgegner aus Rheinland-Pfalz zeigte einen Wirt im 500 Kilometer entfernten Wolfratshausen an. Im Internet hatte der Gastronom ein Portal eingerichtet, zu dem nur die engsten Freunde mittels Code Zutritt haben. Dort stand auch, dass nach dem öffentlichen Auftritt einer Live-Band im Biergarten danach ab 22 Uhr eine geschlossene Gesellschaft im kleinen Kreis weiter feiert, trinkt und auch raucht.

    Antiraucher-Aktivist durchstöbert Internet nach Raucher-Events Der Verdacht des Rauchgegners, ein Jurastudent und aktives Mitglied der Antiraucher-Organisation „Pro-Rauchfrei“, die in der Szene als besonders militant gilt: Da versucht jemand in Bayern das Rauchverbot zu umgehen mit der Konsequenz, dass der Rheinland-Pfälzer den Kneipier beim Bad Tölzer Landratsamt anschwärzte.

    „Ich habe in der Gastronomie ja schon viel erlebt, aber das war eine neue Erfahrung für mich. Das ist ja wie bei George Orwell“, sagte Organisator Sebastian Blatt des Lokals „Abendblatt“ gegenüber dem „Isar-Loisachboten“. „Ich bin total baff, dass uns einer aus mehr als 500 Kilometern Entfernung anzeigt. Der führt sich wie ein Sheriff auf und will uns überwachen.“

    Das Landratsamt in Bad Tölz forderte pflichtgemäß von „Abendblatt“-Inhaber Michael Feldmaier eine Gästeliste mit den Namen an und quittierte den fristgerechten Eingang mit dem Vermerk, dass das Fest steigen kann. Die Party lief anschließend ohne Zwischenfälle ab.

    DTZ (34/10)

  • Geschlossene Feiern

    Bayern: Klage zu Vollzugshinweisen verworfen

    MÜNCHEN (DTZ/red). Das Rauchen bei Familienfeiern und anderen geschlossenen Festivitäten in Bayern bleibt weiter erlaubt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in der vergangenen Woche eine Überprüfung der Vollzugshinweise zum Gesundheitsschutzgesetz (Rauchverbot) abgelehnt.

    Das Gericht entschied, dass die Hinweise, die festlegen, dass Ausnahmen vom Rauchverbot bei geschlossenen Gesellschaften zulässig sind, keine unmittelbare gesetzesähnliche Wirkung gegenüber dem Bürger entfalten. Damit wurde die Klage eines Münchner Anwalts abgelehnt, der erreichen wollte, dass die Vollzugshinweise zum Totalrauchverbot in Bayerns Gastronomie insofern ausgesetzt werden sollten, dass selbst in geschlossenen Feiern nicht mehr geraucht werden darf.

    Die Antis von „Pro Rauchfrei“ verstiegen sich nach dem Urteil soweit und warnten Wirte vor „rechtswidrigem“ Handeln, was absolut jeder fachlichen und sachlichen Grundlage entbehrt.

    DTZ (34/10)

  • Entwarnung in Niedersachsen

    Aber: Landes-SPD will neue Diskussion

    HANNOVER/MÜNCHEN/AURICH (DTZ/tk). In Niedersachsen wird sich das Ergebnis des Volksentscheids in Bayern für ein strengeres Nichtraucherschutzgesetz nicht negativ auf die Gastronomie auswirken.

    Das hat der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, Jens Nacke, versichert. Der Politiker meint: „In Niedersachsen werden Nichtraucher bereits heute wirksam geschützt.“ Darüber hinaus sei das entsprechende Gesetz erst zu Beginn des Jahres überprüft worden. Nacke unterstreicht: „Ich sehe keinen Handlungsbedarf für eine Änderung der bestehenden Rechtslage.“

    SPD schießt quer
    Während die niedersächsische Landesregierung nach dem Volksentscheid in Bayern in Sachen „Nichtraucherschutz“ keinen Handlungsbedarf erkennt, sieht das die SPD-Fraktion im dortigen Landtag offenbar anders.

    Am Rande eines Firmenbesuchs im ostfriesischen Aurich kündigte der Fraktionsvorsitzende Stefan Schostok an, dass er in eine „neue und intensive Diskussion“ um ein vermeintlich besseres Gesetz gehen wolle. „In Niedersachsen ist ein entschiedener Nichtraucherschutz erforderlich“, so der Spitzenpolitiker. Einem Volksbegehren in Niedersachsen steht er nach eigenem Bekunden nicht ablehnend gegenüber. Allerdings seien die rechtlichen Hürden höher als im Freistaat.

    Bei dem Abstecher zu dem Unternehmen in Aurich wurde Schostok vom SPD-Landesvorsitzenden Olaf Lies begleitet, und der stimmte seinem Fraktionschef vom Grundsatz her zu. Er stellte außerdem fest, dass es aus seiner Sicht kaum zu vermitteln sei, „wenn die Verantwortung für den Nichtraucherschutz nach wie vor zwischen dem Bund und den Ländern hin und her geschoben“ werde.

    (DTZ 28/10)

  • Volksentscheid in Bayern: Nach der Wahl ist vor der Wahl

    Mit Mehrheit für totales Gastrorauchverbot wächst Sorge vor Kettenreaktion

    MÜNCHEN (DTZ/fh). Viele Beteiligte und Betroffene müssen sich an die eigene Brust fassen und fragen, ob sie alles gegeben und das Richtige getan haben. Ob das Ergebnis des bayerischen Volksentscheids zum Rauchen in der Gastronomie hätte anders ausfallen können und ob, ein offenes Wort sei erlaubt, gegen die Dummheit und Gleichgültigkeit der Menschen überhaupt ein Kraut gewachsen ist. Die bayerische Gastronomie wird ab dem 1. August rauchfrei sein.

    61 Prozent der abgegebenen Stimmen beim Volksentscheid sprachen sich für ein Verbot aus. Dies allerdings bei einer Wahlbeteiligung von 37,7 Prozent. Also zwingt eine Minderheit von 23 Prozent der Wahlberechtigten einer Mehrheit ihre Meinung auf. Eine Mehrheit, die aus hunderttausenden von Rauchern bestehen wird, die entweder ignorant oder uninformiert zu Hause geblieben sind.

    Irrglaube vieler Raucher
    Eine Umfrage des bayerischen Rundfunks am Wahlsonntag zeigte, dass viele Raucher glaubten, durch Stimmenthaltung bliebe alles beim Alten! Kann man sich ernsthaft vorstellen, dass ein Raucher gern bei Wind und Wetter draußen raucht und damit sein Wahlrecht nicht wahrnimmt? Mit gesundem Menschenverstand wohl nicht!

    Nie dagewesen: Im Aktionsbündnis für Freiheit und Toleranz hatten sich nicht nur Interessenvereinigungen der Tabakbranche, sondern auch Brauer und Wirte zusammengefunden, um gegen den von der ÖDP angestrebten „echten“, um nicht zu sagen „totalen“ Nichtraucherschutz in Bayern zu kämpfen.

    Emotionale Wirkung unterschätzt
    Unterschätzt wurde hierbei die emotionale Wirkung der ÖDP-Kampagne, die ständig suggerierte, dass viele Gastwirte widerspruchslos gegen das Gesetz verstießen und dies zukünftig zu mehr und mehr Ausnahmen führen würde.

    Eine ÖDP, die zweitens mit der CSU ein williges Opfer hatte, denn diese verteidigte ihr eigenes Gesetz nicht. Und eine ÖDP, deren Mitglieder voraussichtlich selten in der Gastronomie anzutreffen sind, mit anderen Worten: Es war ein Kreuzzug gegen die CSU mit dem Nichtraucherschutz als Vehikel. Morgen wird es Alkohol sein oder eine Straße mit laichenden Fröschen. Das demokratische Instrument Volksentscheid ist ab absurdum geführt worden, der Wähler instrumentalisiert, gegen die Dummheit bei der CSU und bei vielen Wählern ist kein Kraut gewachsen.

    Die Stimmung beim Aktionsbündnis ist am Boden. Mit hohem Einsatz hatte man monatelang versucht, Wählerstimmen zu mobilisieren. Die Stimmung sollte übrigens in ganz Deutschland niedergeschlagen sein. Denn bereits am Wahlsonntag bekundete die ÖDP, dass man nun ähnliche Volksentscheide in NRW und Berlin anstreben würde.

    ÖDP startet Unterschriftenaktion in Hamburg
    In Hamburg hat die ÖDP bereits eine Unterschriftenaktion gestartet. Kommen 10.000 Unterschriften bis zum Januar 2011 zusammen, ist die Voraussetzung für ein Volksbegehren, die Vorstufe eines Volksentscheids, geschaffen. Das DKFZ forderte ein komplettes Rauchverbot am Arbeitsplatz und Lothar Binding (SPD) kündigte am Dienstag an, einen Gruppenantrag im Bundestag stellen zu wollen.

    Nach der Wahl ist vor der Wahl: Wer glaubte, dass Bayern ein Einzelfall bleiben könnte, bemerkt jetzt schon, wie einzelne Dominosteine zu wackeln beginnen. Und da gilt der alte Spruch der 68er: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt. Mit Hamburg und Berlin stehe er schon im Kontakt, sagte Sebastian Frankenberger, Sprecher der ÖDP, in vielen Interviews, und Bayern sei ein Katalysator für die Bundesrepublik. Momentan denke er an eine Verfassungsklage oder einen bundesweiten Volksentscheid!

    NRW mit anderen Wahlregularien
    Falls sich Frankenberger übrigens NRW für einen Volksentscheid aussuchen sollte, hier gelten andere Regeln: Ein Volksbegehren muss 8 Prozent der Stimmberechtigten (insgesamt. ca. 13 Millionen) erreichen. Beim Volksentscheid entscheidet ebenfalls die Mehrheit, allerdings müssen mindestens 15 Prozent der Berechtigten abgestimmt haben.

    Einige Landesregierungen haben sich bereits zu Wort gemeldet. Beispielsweise Sachsen, Sachsen-Anhalt, Bremen und Baden-Württemberg wollen am existierenden Gesetz nichts ändern. Mecklenburg-Vorpommern strebt allerdings ein bundesweit einheitliches Gesetz auf der Basis von Bayern an.

    Gesundheit als moralische Keule
    Ein treffender Kommentar zum Thema erschien in der „Welt“ vom 6. Juli: „Gesundheitsbewusstsein ist zum sittlichen Kompass geworden wie früher der christliche Glauben. Einst ging man in die Kirche, jetzt zelebriert man den Körperkult.“ Des Weiteren geht der Welt-Autor hart mit der CSU ins Gericht: „Dass Seehofer und Söder, nachdem sie sich herausgehalten haben, das Ergebnis nun im Nachhinein lauthals loben, sagt alles über den jämmerlichen Zustand der CSU. Ein gegenteiliges Resultat hätten sie genauso begrüßt.“ Man darf sich leider sicher sein, dass es in anderen Ländern oder auf Bundesebene ähnlich opportunistische Politiker für dieses Thema geben wird.

    Übrigens darf man neben die Urteile Ignoranz und Dummheit auch noch die Naivität setzen. Denn die Münchener Zeitungen sind voll mit Wirte-Kommentaren, wonach man das Gesetz nicht ernst nehmen wolle und es ja auch nicht flächendeckend durchgesetzt werden könnte. Letzteres wird genährt vom Kreisverwaltungsreferat München, das sich angesichts von Personalmangel auf Anzeigen und weniger auf Kontrollen konzentrieren möchte. Ob dies dann der Realität entsprechen wird, trieft vor Naivität. Spätestens wenn die gute alte deutsche Blockwartmentalität mit Anzeigen ihr Unwesen treiben wird.

    (DTZ 27/10)

  • Ausgang des Volksentscheids in Bayern ist offen: Fachhandel motiviert seine Kund

    MÜNCHEN (DTZ/pnf). Der Ausgang des Volksentscheides zur Verschärfung des Nichtraucherschutzgesetzes in Bayern am kommenden Sonntag ist absolut offen. Das ergibt eine repräsentative Umfrage, die das Aktionsbündnis „Bayern sagt Nein! Für Freiheit und Toleranz!“ beim Institut TNS Infratest in Auftrag gegeben hat.

    Demnach liegen eine Woche vor der Abstimmung Befürworter und Gegner der Verschärfung des jetzigen Nichtraucherschutzgesetzes nahezu gleichauf. Zudem zeichnet sich eine hohe Beteiligung am Volksentscheid ab. Infratest-dimap befragte repräsentativ 973 Bayerinnen und Bayern im Zeitraum vom 8. bis 23. Juni 2010.

    Jeder zweite Bürger des Freistaats (52 Prozent) will demnach bestimmt an der Abstimmung teilnehmen. Weitere 24 Prozent gaben an, dass sie wahrscheinlich oder vielleicht abstimmen wollen. Nur knapp jeder vierte Bayer (22 Prozent) erklärte, nicht am Volksentscheid teilnehmen zu wollen. Unter den 76 Prozent teilnahmewilligen Bürgern liegen beide Lager momentan nahezu gleichauf. 48 Prozent wollen für den Volksentscheid und damit für eine weitere Verschärfung des geltenden Nichtraucherschutzes stimmen, von der insbesondere die bayerische Gastronomie betroffen wäre. 49 Prozent kündigten an, mit Nein zu stimmen und damit den Volksentscheid abzulehnen, wodurch das geltende Nichtraucherschutzgesetz in Kraft bliebe.

    Noch eindeutiger fällt das Stimmungsbild aus, wenn nach dem Inhalt des Volksentscheides gefragt wird. Nur 24 Prozent der Befragten befürworten eine Verschärfung des jetzigen Nichtraucherschutzgesetzes. 52 Prozent der Befragten sehen keine Notwendigkeit, an der jetzigen Gesetzeslage etwas zu ändern. 22 Prozent sprechen sich für eine Lockerung aus. 54 Prozent der repräsentativ Befragten halten zudem eine Verschärfung der jetzigen Gesetzeslage für einen übertriebenen Eingriff in die persönliche Freiheit.

    Franz Bergmüller, Sprecher des Aktionsbündnisses „Bayern sagt Nein!“ zeigt sich erfreut über die Umfrageergebnisse und fühlt sich zugleich bestätigt in der Strategie des Bündnisses: „Wir haben von Anfang an darauf gesetzt, die Bürgerinnen und Bürger aufzuklären, dass der Gesetzentwurf des Volksentscheides wirklich ein totales Rauchverbot in der Gastronomie bedeutet und selbst die kleinste und sinnvollste Ausnahme beispielsweise im Festzelt dann wegfällt. Mit dieser Aufklärungsarbeit haben wir inzwischen Millionen von Menschen in unseren Gaststätten, Biergärten, Diskotheken, Szene-Lokalen, auf den Marktplätzen oder beim Public Viewing erreicht. In den letzten Tagen bis zum Volksentscheid werden wir unsere Aufklärungsarbeit noch einmal intensivieren, damit es am 4. Juli eine Mehrheit für Freiheit und Toleranz in Bayern gibt.“

    (DTZ 26/2010)