BONN / BERLIN// Der Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE) will als neuer Dachverband für die Branche im Allgemeinen sprechen. Warum der Bundesverband der Zigarrenindustrie (BdZ) eine Mitgliedschaft ausschließt, darüber sprechen Bodo Mehrlein und Peter Wörmann in DTZ.
Angesichts der Anti-Tabakpolitik wollen die Initiatoren des neuen Bundesverbandes der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE) die Kräfte bündeln und mit einer Stimme gegenüber Politik und Medien auftreten. Was spricht aus Ihrer Sicht dagegen?
Bodo Mehrlein: Grundsätzlich müssen wir doch feststellen, dass es sich bei den Initiatoren fast ausschließlich um die Mitglieder des bisherigen Zigarettenverbandes DZV handelt. Die Thematik eines Dachverbandes wurde über längere Zeit mit den Verbänden der Tabakwirtschaft besprochen, und es war schnell erkennbar, dass es für den neuen Dachverband keine breite Rückendeckung gibt. Vor diesem Hintergrund kann von einem Dachverband kaum die Rede sein, sondern eher um eine Mandatserweiterung für den bisherigen Zigarettenverband.
Erklären Sie uns das …
Mehrlein: Betrachtet man das Interview der Initiatoren in der DTZ, sieht man sofort das Argument für ein Fernbleiben unseres Verbandes vom Dachverband. Es wird mehrfach postuliert, dass es zwischen den Tabakprodukten aktuell und auch in Zukunft keinerlei Regulierungsunterschiede mehr gibt und die Politik alle Produkte gleichbehandelt. Wir als BdZ haben uns über Jahrzehnte für branchenspezifische Regelungen eingesetzt, und diese Ergebnisse sieht man deutlich: fünf Jahre Übergangsfrist und längere Abverkaufsfristen bei Track & Trace, keine Bildwarnhinweise auf den Packungen, Ausnahmen beim Aromenverbot, in den meisten EU-Staaten kein Plain Packaing, et cetera. Mir fällt kein Grund ein von der Politik des BdZ Abstand zu nehmen.
Peter Wörmann: Die bisherige Konstellation der Verbändelandschaft war und ist immer noch ideal, denn genau so wird der Öffentlichkeit deutlich, dass besonders in Deutschland ein sehr vielfältiger Tabakmarkt mit sehr unterschiedlichen Interessen in allen Bereichen existiert. Eine Aufteilung bei den Herstellern in Zigaretten-, Rauchtabak- und Zigarrenverband ist ideal, denn so konnten die verschiedenen Aspekte der Produkte am glaubwürdigsten vertreten werden. Mein Eindruck ist auch, dass wir in Deutschland sehr erfolgreich mit diesem Modell waren. Dies hat eine Koordination und Zusammenarbeit zwischen den Verbänden nie ausgeschlossen.
Der BdZ fordert, das Kulturgut Zigarre von weiteren Regulierungsmaßnahmen auszunehmen. Werden Sie sich in einem immer stärker regulierten Umfeld auch weiterhin damit Gehör verschaffen können?
Mehrlein: Auch uns ist klar, dass sich das Umfeld immer negativer entwickelt, aber als BdZ sind wir trotzdem überzeugt, dass wir die Argumente, die in den Eigenschaften unseres Produktes liegen, weiter betonen müssen. Wir reden hier ganz klar von einem Genuss- und Kulturgut, welches in keiner Weise mit einer Jugendschutzproblematik behaftet ist …
Wörmann: … und schauen Sie sich einfach die Unterschiede zwischen den Unternehmen an – hier symbolisch mein eigenes Unternehmen. Zigarren und Zigarillos werden von mittelständischen, meist familiengeführten Unternehmen hergestellt. Die Anforderungen und Möglichkeiten der Zigarrenhersteller sind hier ganz anders gelagert als bei internationalen, börsennotierten Konzernen.
Die Initiatoren des Bundesverbandes wollen nicht die bestehenden Verbände ausschalten, sondern die Rolle eines Dachverbandes übernehmen. Warum lehnen Sie dennoch eine Mitgliedschaft ab?
Mehrlein: Seien wir doch ehrlich: Als kleinster Marktteilnehmer hätte der BdZ in einem solchen Konstrukt keine Rolle gespielt. Es gab keinerlei Notwendigkeit, von der bisherigen – eher lockeren – Zusammenarbeit Abstand zu nehmen. An dieser Zusammenarbeit hatten und haben wir immer Interesse gezeigt, auch wenn wir bei vielen Dingen eigene Wege gegangen sind. Die zukünftige Ausrichtung des BVTE wird eindeutig von den großen Konzernen dominiert werden, dies hat man schon gesehen, als die neue Geschäftsführung und der Vorstand vorgestellt wurden.
Wo sehen Sie die Vorteile für Ihre Mitglieder, wenn der Bundesverband der Zigarrenindustrie sich nicht dem BVTE anschließt?
Wörmann: Der Öffentlichkeit wird sehr schnell klarwerden, dass der neue Dachverband BVTE gar kein Dachverband ist. Im Endeffekt handelt es sich um einen Zigarettenverband der jetzt auch die Interessen neuartiger Erzeugnisse vertritt. Mir ist nicht bekannt, dass irgendein Hersteller von traditionellen Zigarren beziehungsweise Zigarillos in dem Verband vertreten ist. In dieser Konstellation kann der BdZ sehr gut verdeutlichen, dass er der einzige legitime Ansprechpartner für das Kulturgut Zigarre ist.
Das heißt?
Wörmann: Vielleicht ist es sogar eine Chance für uns, dass wir uns jetzt noch besser differenzieren können von den internationalen Großkonzernen und der Fabrikzigarette. Hierbei möchte ich aber betonen, dass wir uns nicht als Konkurrent zum Dachverband sehen, so wie es die Initiatoren des Dachverbandes umgekehrt in ihrem Interview in der DTZ geäußert haben.
Auch Unternehmen aus anderen Bereichen haben sich dem neuen Verband angeschlossen. Was empfehlen Sie Ihren Mitgliedern, wenn sie Sie nach einer Einzelmitgliedschaft im BVTE fragen?
Mehrlein: Auch wenn nach meinem Verständnis der deutschen Sprache in einem Dachverband nur Verbände Mitglied werden sollten, wurden die Mitgliedsfirmen des BdZ schon immer direkt angeschrieben und zu den Verhandlungen eingeladen. Dies hat uns als BdZ von Anfang an sehr verärgert. Bei unseren Mitgliedern ist man aber einstimmig der Meinung, dass weder der BdZ noch einzelne Zigarrenhersteller Mitglied im BVTE werden sollten. Die Entscheidung einer Einzelmitgliedschaft fällt natürlich jedes Unternehmen für sich selbst. Die Mitgliedschaft anderer Firmen und Verbände ist aktuell sehr überschaubar, kann aber erst nach einer Gründung abschließend bewertet werden. Nach unserem Kenntnisstand strebt etwa die Messe Dortmund keine Mitgliedschaft im BVTE an, sondern eine Art Kooperationsvereinbarung – so wie sie auch mit anderen Verbänden wie zum Beispiel dem BdZ besteht.
Wörmann: Lassen Sie mich nochmals abschließend unser Bedauern über diese Entwicklung betonen, die wir als BdZ allerdings zu keinem Zeitpunkt zu verantworten haben. Diese Entwicklungen werden in der Öffentlichkeit kein gutes Licht auf unsere Branche werfen.
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(DTZ 37/19)