BERLIN // Die Corona-Pandemie hat für die Gesamtauflagen der einzelnen Print-Gattungen am deutschen Pressemarkt unterschiedliche Folgen. Die Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) meldete die aktuellen Zahlen der Auflagenerhebung. Verlierer sind die Zeitungen und Zeitschriften, die ein größeres Maß ihrer Einzelverkäufe über den Bahnhofs- und Flughafenhandel erzielten – diese Verkaufsstellen waren während des Lockdowns wenig frequentiert oder geschlossen.
Gestiegene Gesamtverkäufe
Für die Zeitungen sind bei den wöchentlich erscheinenden Titeln gestiegene Gesamtverkäufe zu verbuchen. Bei der Tagespresse werden die Verluste im Einzelverkauf und bei den Bordexemplaren durch eine weitgehend stabile Abo-Auflage abgefedert. Hingegen führen die Corona-bedingten Beeinträchtigungen des öffentlichen Lebens – die Schließung des Einzelhandels und dienstleistenden Gewerbes, die Einschränkungen der Mobilität zu Beginn der Haupturlaubszeit – bei den Publikumszeitschriften im Einzelverkauf, Lesezirkel-Vertrieb sowie im Absatz von Bordexemplaren zu deutlich gesunkenen Verkäufen. Gleiches gilt für den Einzelverkauf der Fachpresse und den Absatz von Kundenzeitschriften zur Weitergabe an Kunden des Einzelhandels. Von den insgesamt 5692 von der IVW erhobenen Auflagenmeldungen wurden von den Verlagen zu 490 Meldungen Pandemie bedingt keine Zahlen übermittelt, was mit Blick auf die Rückgänge in den Gesamtauflagen der einzelnen Mediengattungen zu berücksichtigen ist.
Tageszeitungen
Die Tageszeitungen einschließlich der Sonntagsausgaben und Sonntagszeitungen verkauften im zweiten Quartal des laufenden Jahres durchschnittlich pro Erscheinungstag knapp 14,1 Millionen Exemplare und damit 7,6 Prozent weniger als im Vorjahr (2 / 2019: 15,2 Millionen Stück); gegenüber dem Vorquartal liegt der aktuelle Rückgang bei minus 3,28 Prozent (1 / 2020: 14,6 Millionen Stück). Weiter positiv entwickeln sich die Auflagenanteile digitaler Ausgaben. Die Anzahl als ePaper abgesetzter Tageszeitungsexemplare stieg im zweiten Quartal 2020 gegenüber dem Vorjahr um rund ein Fünftel auf 1,8 Millionen Exemplare (2 / 2019: 1,5 Millionen verkaufte elektronische Ausgaben). Die verkaufte Auflage der „Bild“ sank laut Angaben von meedia (inklusive der „B.Z.“) auf etwa 1,2 Exemplare – ein Minus von 17,4 Prozent.
Einbruch des Flugverkehrs belastet Auflage
Auch Titel mit einem hohen Anteil an Bordexemplaren verloren laut dem Pressedienst „Meedia“ durch den völligen Einbruch des Flugverkehrs erhebliche Teile ihrer Auflage – so sank die verkaufte Auflage des Handelsblatts trotz einer stabilen Abo-Auflage um rund zehn Prozent, weil die Zahl der Bordexemplare von rund 25 000 Exemplaren praktisch auf Null fiel – laut IVW waren es im zweiten Quartal exakt neun Exemplare. Unter dem Strich lag die verkaufte Auflage der Wirtschaftszeitung bei 120 000 Exemplaren (minus 10,3 Prozent).
Verluste bei überregionalen Tageszeitungen
Ähnlich ging es der „Süddeutschen Zeitung“: Hier blieben von ebenfalls über 25.000 Exemplaren nur noch rund 2200 Stück übrig – in der Folge sank trotz weitgehend stabiler Abos die verkaufte Auflage um knapp neun Prozent auf knapp 308.000 Exemplare.
Die größten Verluste bei den überregionalen Tageszeitungen verzeichnet die „Welt“, deren Auflage um 43 Prozent auf unter 68.100 gesunken ist. Die Auflage der „Welt am Sonntag“ sinkt um rund 36.000 Exemplare auf 348.000 Exemplare. Die Auflage der „Bild am Sonntag“ geht um elf Prozent auf zirka 712.400 Exemplare zurück, die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ verzeichnet ein Minus von 19,4 Prozent auf 190.600 Exemplare – Hauptgrund ist auch hier die zusammengebrochene Auflage (91 Prozent).
Wochenzeitungen
Nach einem Auflagenminus zu Jahresbeginn verzeichnen die Wochenzeitungen im zurückliegenden Quartal einen merklichen Anstieg ihrer Gesamtverkäufe. Mit rund 1,6 Millionen abgesetzten Exemplaren steigern die wöchentlich erscheinenden Zeitungen ihre verkaufte Auflage im direkten Jahresvergleich um rund 2,2 Prozent (2/2019: rund 1,6 Millionen Stück). Gegenüber dem Vorquartal legen die aktuell ermittelten Verkäufe um ein Prozent zu (1/2020: rund 1,6 Millionen Exemplare). Dabei wird das Auflagenplus der Wochenzeitschriften hauptsächlich durch einen gestiegenen Absatz ihrer ePaper-Ausgaben erzielt, der im Jahresvergleich bei den Abonnements um rund 37 Prozent zulegt.
Publikumszeitschriften
Im zweiten Quartal 2020 liegt die verkaufte Auflage der Publikumspresse mit rund 58,7 Millionen Exemplaren um knapp 28 Prozent unter dem Ergebnis des Vorjahrs (2/2019: 81,5 Millionen Stück). Gegenüber dem Vorquartal (1/2020: 64,2 Millionen abgesetzte Exemplare) sind die Verluste deutlich schwächer; hier betragen die Einbußen minus 8,5 Prozent. Hintergrund des im Jahresvergleich deutlich stärkeren Rückgangs der Gesamtverkäufe ist die vertriebliche Neuausrichtung der ADAC-Mitgliederzeitschrift „Motorwelt“, die im vierten Quartal 2019 noch mit zuletzt 13,6 Millionen Exemplaren bei den abonnierten Mitgliederstücken zur verkauften Gesamtauflage der Publikumspresse beitrug. Die weiteren Rückgängen gehen zulasten der von Corona besonders beeinträchtigten Vertriebskanäle Einzelverkauf (minus 11,7 Prozent), Lesezirkel (minus 23,3 Prozent) und – aufgrund des fast zum vollständigen Erliegen gekommenen Flugverkehrs – der Exemplare mit einem Minus von rund 79 Prozent gegenüber dem Vorjahresergebnis.
Corona schlägt beim „Stern“ zu: Wegen einbrechender Einzel- (minus 85 Prozent), Lesezirkel- (minus 30 Prozent) und sonstiger Verkäufe (minus 51 Prozent) sowie eines 6,7-Prozent-Minus im Einzelverkauf kommt das „G+J“-Magazin nur noch auf knapp 378.000 Gesamtverkäufe, das sind 18,6 Prozent weniger als im Vorjahr.
Die Zeitschrift „Bunte“ verliert 20,3 Prozent an verkaufter Auflage, alle besagten Sparten liegen stark im Minus, die Abos nur leicht (4,3 Prozent). Nur wenig besser sind die Zahlen bei Funkes „Bild der Frau“, die in allen Sparten und insgesamt 10,7 Prozent ihrer Verkäufe verliert. Im hochauflagigen Segment der Programmzeitschriften dagegen wütet Corona weniger. „TV 14“ von Bauer zum Beispiel, einer der größten Titel hier, bleibt bei seinen Verlusten auf dem Niveau früherer Quartale und kommt auf 1,8 Millionen Hefte (minus 5,7 Prozent).
pi /kh
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