BERLIN (DTZ/jgw). Jedes Jahr aufs Neue schafft es das Tabak Forum als Zusammenschluss wichtiger Anbieter, Hersteller und Importeure von Pfeifentabak, eine bekannte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens zu finden, die sich nicht nur offen zum bruyèrnen Tabakgenuss bekennt, sondern sich auch nicht scheut, die werbewirksame Ehrung eines Pfeifenrauchers des Jahres anzunehmen. 2010 fiel die Wahl auf Rüdiger Safranski.
Die Einladung ist auf edlem Papier gedruckt: „Das Tabak Forum erlaubt sich, zur Ehrung ‚Pfeifenraucher des Jahres‘ von Herrn Dr. Rüdiger Safranski, Schriftsteller und Philosoph, einzuladen.“ Der Ort der Kür, die „Kalkscheune“ in der Bundeshauptstadt Berlin, leckere Speisen und Getränke und nicht zuletzt, dass die Branche bei diesem medienwirksam in Szene gesetzten Empfang Gesicht und Flagge zeigt – all das beweist, dass das Tabak Forum die gelegentlich in Frage gestellte Ehrung eines Pfeifenrauchers des Jahres nutzt, um die noble Art des Tabakkonsums in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken und dies als sinnvolle Investition und wichtigen Teil seiner Arbeit versteht. Vor allem auch jüngere „Nachwuchs-Pfeifenraucher“ hat die Branche mit dieser Politik im Auge.
[pic|267|l|||Der neue Pfeifenraucher des Jahres 2010: Dr. Jürgen Safranski (r.) mit Patrick Engels (l.), Vorsitzender des Tabakforums.|||]
Schriftsteller und Philosoph
Mit Dr. Rüdiger Safranski hat das Tabak Forum eine Persönlichkeit gewinnen können, auf die der Peterson-Werbespruch „The thinking man smokes…“ besonders gut passen dürfte, denn Dr. Safranski ist Schriftsteller und Philosoph. In Philologenkreisen hat er sich vor allem als Verfasser von Monografien zu Friedrich Schiller, E.T.A. Hofmann, Arthur Schopenhauer, Friedrich Nietzsche und Martin Heidegger einen Namen gemacht. In zahlreichen Essays und Publikationen widmet er sich interessanten Fragen wie „Wie viel Wahrheit braucht der Mensch? Über das Denkbare und das Lebbare“.
Seit 2002 moderiert Dr. Rüdiger Safranski außerdem gemeinsam mit Peter Sloterdijk das „Philosophische Quartett“ im ZDF, ist langjähriges Mitglied des PEN-Zentrums und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter 2000 mit dem Friedrich-Nietzsche-Preis des Landes Sachsen-Anhalt, 2005 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse, 2006 mit dem „Welt“-Literaturpreis und im vergangenen Jahr mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland sowie dem Internationalen Buchpreis „Corine“ als Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten für sein Lebenswerk. Und nun eben auch: Pfeifenraucher des Jahres.
Für Genuss und Toleranz
Honorige Gäste zur Feierstunde Patrick Engels war als Vorsitzender des Tabak Forums begeistert über die große Resonanz: „Ich freue mich, dass besonders viele Gäste gekommen sind, darunter die ehemaligen Pfeifenraucher des Jahres Klaus Rauscher, Hans-Ulrich Jörges und Joachim Poß.“ Mit Dr. Rüdiger Safranski habe man den ersten Philosophen in den Reihen der Ausgezeichneten. Die Ehrung habe gerade in den für die Branche schwierigen Zeiten wieder an Stellenwert gewonnen, da Pfeiferauchen für Genuss, Eigenständigkeit und Toleranz stehe.
Ein Philosoph sei stets bemüht, Brücken zu bauen, wo Gegensätze aufeinanderprallten. Laudator Elmar Krekeler, Literaturkritiker und Redakteur der Zeitung „Welt“, fand für den ausgezeichneten Pfeifenraucher gebührend lobende Worte und zitierte zu Beginn den Geehrten selbst mit einem geistreichen Bonmot: „Radikale Nichtraucher sollte man in der Pfeife rauchen.“ Eben dies, wenn auch mit Tabak, tue Safranski, wenn er seinen Leitbildern Ernst Bloch, Karl Barth oder Herbert Wehner nacheifere, die ebenfalls Pfeifenraucher gewesen seien.
Wie bei einer Art „westeuropäischer Teezeremonie“ schaffe es der Pfeifenraucher, sich stets ein Zeitfenster zu öffnen. Und so nutze Safranski das Pfeiferauchen auch zum Sammeln seiner Ideen. „Pfeiferauchen ist ein Ritual, das den Tag unterteilt“, ahnte selbst Nichtraucher Krekeler, der in seine Laudatio auch Nietzsche zitierte, mit dem sich Safranski intensiv auseinandergesetzt hat; demnach solle man jeden Moment des Lebens so gestalten , dass man ihn gerne noch mal erleben wolle.
Wunderbare Gelegenheit zu rauchen
Safranski gelinge dies durch das Pfeiferauchen, was ihn sicherlich auch bei seiner geistigen Arbeit zu interessanten Publikationen wie seine Schrift über Goethe und Schiller inspiriere: „Ein Tabakgegner und ein Nikotinjunkie – und trotzdem waren sie enge Freunde.“ Dr. Rüdiger Safranski selbst kommentierte seine Wahl als Pfeifenraucher des Jahres mit einer wohl formulierten Replik und meinte: „Ich kenne keine Preisverleihung, wo man so wunderbar rauchen kann – noch nicht mal beim Nobelpreis.“ Pfeiferauchen bedeute für ihn, angekommen zu sein.
Nicht umsonst versteht Dr. Safranski diese Art des Tabakgenusses als „Kulturleistung“, die man auch vielfach als Metapher gebrauchen könne. So sieht der Philosoph schon im Einrauchen das Humboldtsche Erziehungsprinzip verwirklicht: „Nur durch behutsames Rauchen entsteht die notwendige Kohlekruste, wodurch die Pfeife einem Raucher Genuss schenkt.“ Das Einrauchen sei für den, der es tue, nicht immer eine angenehme Erfahrung: „Aber für die Pfeife schon. Und die belohnt einen dann.“ Ungeduld beim Einrauchen führe hingegen zu einer „schlecht erzogenen Pfeife“.
In guter Gesellschaft
Gleiches gelte auch für andere Bereiche des Pfeiferauchens: die Feinfühligkeit beim Stopfen, das Phänomen der Langsamkeit, der Dialog mit den Dingen, der im Leben zu einem gleichmäßigen Rhythmus führe: „All das kann man beim Pfeiferauchen erlernen“, unterstrich Safranski und betonte den Genuss des meditativen Augenblicks beim Rauchen, das auch stets ein gutes Maß an Achtsamkeit auf die Welt um sich herum verlange: „Pfeifenraucher sind in guter Gesellschaft mit sich selbst.“ Weswegen sie auch zu einem gelassenen Umgang mit dem Produkt fähig seien – im Gegensatz zu den „fanatischen Nichtrauchern, die als selbst ernannte Gutmenschen eine Mission verfolgen, die Welt zu verbessern, indem sie die Raucher ausmerzen wollen“. Zu solchen Zeitgenossen solle man lieber den nötigen Abstand halten, riet Safranski.
(DTZ 48/10)
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