„Ein Produkt, das mit Emotionen spielt“

Moderne Grußkarten als rentabler Bereich, der in das Sortiment vieler Fachgeschäfte passt

GRUßKARTEN
MAINZ (DTZ/kh). „Liebe ist … wenn man jeden Tag etwas Schönes gesagt bekommt“, lautet der Spruch auf der bunten Karte mit dem eng umschlungenen Comic-Pärchen. Glückwunschkarten sind begehrt. Allein im Jahr 2007 wurden 635 300 000 Stück verkauft. Es ist ein rentables Geschäftsfeld, das angesichts von Umsatz- und Ertragsrückgängen in anderen Bereichen durchaus Freude bereitet.

Grußkarten gibt es schon lange. Laut Arbeitsgemeinschaft der Hersteller und Verleger von Grußkarten (AVG) ist die älteste, bekannte Glückwunschkarte aus dem deutschsprachigen Raum datiert aus dem Jahr 1493. „Es ist ein Produkt, das mit Emotionen spielt“, sagt Sabine Kleinmann vom Produktmanagement Karten und Leiterin der Abteilung beim Korsch Verlag in Gilching. Doch die Motive haben sich verändert. „Klar gibt es Trends. Auf den Karten ist immer mehr drauf, etwa Lesezeichen, Aufkleber oder ähnliches“, sagt Kleinmann. „Stanzungen sind beliebt, andere Faltungen oder Transparentpapier“, beschreibt die Expertin: „Die Illustrationen, die man früher hatte, gibt es heute höchstens in modernisierter Form. Aktuell überwiegen Fotomotive und glatte Oberflächen.“

Auch das längliche Format scheint gänzlich out zu sein. „DIN lang wird bei uns in Deutschland nur noch wenig nachgefragt. Es gilt als altbacken. In der Schweiz ist dieses Format dagegen sehr beliebt.“ B 6 (125 mm mal 176 mm) hat sich hierzulanden am meisten durchgesetzt, bestätigt Kleinmann. „Diese Größe lässt sich sehr gut in Karten-Truhen aufbewahren und die Ständer sind genormt.“ Selbst das beliebte Quadrat ist da keine echte Konkurrenz.

Kleinmann unterscheidet zwischen zwei Käuferschichten: „Es gibt diejenigen, die günstige Karten kaufen wollen und andere, die die Karte bereits als Teil des Geschenks sehen. Diese Gruppe zahlt gerne auch etwas mehr dafür.“ Aus diesem Grund bietet Korsch eine ganze Serie für jeweils einen Euro an, die anderen Karten kosten bis zu drei Euro pro Stück. „Diese Ein-Euro-Karten werden bei uns sehr stark nachgefragt“, erklärt die Branchenkennerin.

Rot, Grau, Gold und Silber sind beliebte Weihnachtsfarben. „Die Klassiker sind zu dieser Jahreszeit am gefragtesten. Eine Weihnachtskarte soll traditionell bleiben, darf höchstens mal witzig sein“, sagt Kleinmann. „Orange ist seit einigen Jahren beliebt.“ Gut gehen auch schwarz-weiße Karten mit einem knallroten Element.

Die Trendfarben 2009 sind Lila und Hellgrün. „Wir wissen noch nicht, welche Rolle diese beiden Farben für unsere kommende weihnachtliche Glückwunschkarten-Kollektion spielen werden. Für die normale Kollektion sind sie auf jeden Fall wichtig.“

Klassische Weihnachtskarten sind am beliebtesten
Inzwischen gibt es für die allermeisten Situationen im Leben passende Glückwunschkarten. Der Korsch Verlag legt seinen Fokus auf Geburtstag, Allgemeine Wünsche, Geburt, Trauer und Hochzeit. „Die anderen Anlässe werden weniger gekauft“, so Kleinmann. Für alle Glückwunschkarten gelte: „Die Sprüche müssen unbedingt positiv sein.“ Es ist ein Produkt, „das mit Emotionen spielt“.

Zuversichtlich und entspannt blickt die Abteilungsleiterin in die Zukunft. An eine Verdrängung der Karte durch E-Cards – Grüße, die via Internet gesendet werden – glaubt Kleinmann nicht. „Karten sind viel persönlicher“, findet sie. „Kartenschreiber werden auch weiterhin welche schreiben. E-Cards werden vor allem von einer jüngeren Zielgruppe genutzt, die sowieso keine Glückwunschkarten kaufen würde.“
Während Weihnachtskarten in der klassischen Variante nach wie vor am beliebtesten sind, darf es rund um das Jahr kreativ zugehen. „In den anderen Bereichen experimentiert man.“

Neu in der Kollektion des Korsch Verlages sind Duftkarten. Die Vorderseiten mit Wellness-Motiven müssen gerieben werden und riechen dann nach Zitronenmelisse. Sie wurden mit einem Duftlack veredelt. „Diese Karten sind sehr gut angenommen worden“, sagt Kleinmann.
Neben Weihnachtskarten bietet Korsch unter anderem auch Adventskalender-Karten mit verschiedenen Motiven an. Bei diesen Grüßen kann an jedem der 24 Tage bis Weihnachten ein Türchen aufgemacht werden, hinter dem sich ein Bild verbirgt. Auch hier gibt es Karten, bei denen eines der geöffneten Felder duftet.

Mittel- und hochpreisige Karten zwischen 1,60 und 4,90 Euro bietet der Klaus Hanfstingl Verlag in Geretsried-Gelting (Bayern). „Keine Massenware“, wie Geschäftsführer Matthias Hanfstingl betont. „Die Glückwunschkarte hat sich in den letzten Jahren gewandelt und ist moderner geworden.“ Während sich Druck und Applikationen kaum verändert haben, und auch Materialien wie Filz oder Strick nach wie vor gerne aufgeklebt werden, ist die Gestaltung neu. „Das Foto ist wesentlich stärker als noch vor fünf Jahren“, weiß Hanfstingl. „Das kommt immer mal wieder. Jetzt ist es vor allem in schwarz-weiß sehr beliebt.“ Auch ein Arrangement aus mehreren Fotos zu einem Bild erfreue sich großer Beliebtheit bei den Käufern. Wie bei Korsch sind bei Hanfstingl zu Weihnachten gerade die Klassiker gefragt. „Doch die Motive haben sich verändert“, weiß der Fachmann. „Heute gibt es neben Nikolaus und Engeln auch Elche oder Weihnachtsmänner. Die gab es früher nicht.“

Das Angebot für billige Karten ist da, weiß der Geschäftsführer. Sie seien meistens mit abgelegten und wieder neu aufbereiteten Motiven bedruckt. „Doch viele Menschen sehen eine Glückwunschkarte als persönliche Visitenkarte an, die man verschickt. Deshalb ist ihnen die Optik sehr wichtig. Kunden kaufen, was ihnen persönlich gut gefällt.“

Kompetenz durch ein breites Angebot ausstrahlen
Der Klaus Hanfstingl Verlag bietet Fachhändlern passende Präsentationsmöglichkeiten an. „Im Ständer wird meist ein zusammenhängendes Thema präsentiert“, sagt Matthias Hanfstingl. „Je mehr von der Karte gesehen wird, desto besser.“
Generell bietet der Verlag Glückwunschkarten aller Themenbereiche an – „von der Geburt bis zum Tod“, wie Hanfstingl umschreibt. „Will ein Händler Kompetenz ausstrahlen, muss er auch Karten für besondere Anlässe haben“, sagt er. „Sie gehen ja auch nicht in ein Tabakgeschäft, das nur eine Tabak- oder Zigarettensorte anbietet.“

In die Zukunft der Grußkarten-Branche blickt Matthias Hanfstingl gelassen. „Karten gehen immer. Wichtig ist für uns, das geschrieben wird, das Emotionen ausgetauscht werden. Glückwunschkarten vermitteln eine andere Wertigkeit des Wortes als beispielsweise E-Mails oder E-Cards. Es steht für ein anderes Lesen und andere Gedanken. Das Onlineangebot hat dem Glückwunschkarten-Segment nur wenig Umsatz weggenommen“, sagt der Verlags-Geschäftsführer. „Das Internet hat vor allem die Themen eingenommen, in denen die Karte nie stark war, wie beispielsweise das Osterfest. Und das Medium spricht vor allem eine jüngere Zielgruppe an.“ Um aber auch für sie interessant zu sein, versucht der Verlag Motive trendig zu gestalten, etwa durch Symbole.

Warum das Geschäft mit Grußkarten für Händler interessant ist, erklärt Sebastian Winkler vom Seidel Verlag aus Göttingen. Wenn man das Geschäft mit Grußkarten professionell betreibe (Minimum drei Verkaufsständer) könne man je nach Kundenfrequenz etwa 20 bis 60 Karten am Tag verkaufen. Top Geschäfte (ab zirka 20 Verkaufsständer) verkauften mehr als 250 Karten am Tag, umschreibt Winkler seine Erfahrungen.

„Der Umsatz ist sehr rentabel. Der durchschnittliche Aufschlag auf den Einkaufspreis ist aktuell im Schnitt 140 Prozent. Die Grußkarte hat kein Mindesthaltbarkeitsdatum. Abschriften beziehungsweise Abschreibungen sind minimal. Viele unserer Kunden haben rückläufige Umsätze in den Bereichen Tabak und Lotto mit steigenden Umsätzen im Bereich Grußkarten kompensiert.“
Der Händler habe entweder die Möglichkeit, das Grußkarten-Sortiment in Eigenregie zu pflegen oder dies dem Außenhändler des Karten-Herstellers zu überlassen. Letzteres Geschäftsmodell hat sich laut Winkler etabliert.

„In den letzten zehn Jahren hat ein großer Wandel im Markt stattgefunden“, weiß der geschäftsführende Gesellschafter. „Vor zehn Jahren hat Seidel 90 Prozent grafische, das heißt gezeichnete Karten, verkauft. Fotokarten hatten einen Anteil von nur zehn Prozent. Heute sind gezeichnete Karten nur noch im Humorbereich wichtig und haben bei uns einen Umsatzanteil von 20 Prozent. Moderne Fotokarten machen hingegen 80 Prozent des Firmenumsatzes aus.“

„Neuheiten, Neuheiten, Neuheiten“, sagt Winkler und betont, dass dies die wichtigste Erfolgsformel im Grußkartengeschäft sei. „Jeder Verlag und jeder Händler sollte seine Stammkundschaft möglichst häufig mit neuen ausdrucksstarken Motiven überraschen.“
Dabei seien vor allem ausgefallene Motive in: „Nicht nur Blumen und Herzen zum Geburtstag. Renner sind Wellness-Motive beispielsweise mit Steinen.

Kartenangebot in spezifischer Geschäftslage testen
Das wäre vor Jahren undenkbar gewesen. Trauerkarten sind sehr modern geworden. Auch hier sind Steine ein wichtiges Thema.“ Fotogrußkarten mit Sprüchen verkaufen sich zu allen Anlässen rund zwei bis drei Mal so gut wie Karten ohne Sprüche, so Winkler. Glückwunschkarten mit Applikationen oder 3-D-Karten seien dagegen nicht mehr so stark gefragt. Exoten wie beispielsweise Metallschilder könnten nur im Einzelfall erfolgreich sein.
Händlern, die sich dazu entscheiden Grußkarten in ihr Sortiment aufzunehmen, rät Sebastian Winkler, probeweise zwei bis drei Drehständer einzukaufen, diese mit Fotokarten verschiedener Verlage zu bestücken und zu testen, welche in der spezifischen Geschäftslage am besten ankommen (Verkaufspreis der Karten 1,90 bis 2,50 Euro). Mit nur einem Ständer anzufangen, könne man sich sparen.

Der Seidel Verlag beliefert in Deutschland und Österreich zur Zeit 7 000 Kunden mit der aktuellen Kollektion. „Unser Motto lautet ,wir machen die Trends‘“, so Winkler. „Für uns bedeutet das, unsere Kundschaft Monat für Monat mit neuen und ausgefallenen Motiven zu überraschen.“

635 300 000 Karten wurden im Jahr 2007 verkauft – für insgesamt 683 700 000 Euro. Davon laut Marktforschungsdaten, die die AVG auf ihrer Homepage veröffentlicht, 77,7 Prozent mit Text. Am beliebtesten sind mit 83,7 Prozent Karten zum Ausklappen. Vor allem Frauen lieben diese Art des Grußes. Zielgruppe und Käufer ist in Deutschland deshalb mit 63,5 Prozent vor allem das weibliche Geschlecht.

(DTZ 46/08)

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