Schlagwort: Suchtprävention

  • Kippen die Länder das Cannabis-Gesetz?

    BERLIN // Mit deutlicher Kritik haben mehrerer Fachausschüsse des Bundesrat auf den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Cannabis-Legalisierung reagiert. Der Entwurf werde seinem „Anspruch nicht in allen Teilen gerecht“, hieß es in einer Beschlussempfehlung für die Sitzung der Länderkammer (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe am 29. September). Das berichtet die „Ärzte-Zeitung“.

    Änderungswünsche der Länder
    Das Gesetz sei zustimmungspflichtig, hieß es. Sollte sich diese Auffassung durchsetzen, müsste der Bundestag die zahlreichen Änderungswünsche der Länder berücksichtigen. Allerdings: Viele Juristen sehen keine Zustimmungspflicht. So erkennt der Verfassungsrechtler Alexander Thiele im vorliegenden Entwurf „keine fundamentale Veränderung bisheriger zustimmungspflichtiger Gesetze“. Und: Die Bewertung der Zustimmungspflichtigkeit sei vom Innenausschuss des Bundesrat ausgegangen, der fachlich zuständige Rechtsausschuss teile diese Auffassung nicht.

    Generell stoßen sich die Fachpolitiker der Länder an den erwarteten Kosten. Das Konsumcannabisgesetz werde „gravierende Kontroll- und Vollzugsaufgaben“ und „umfassende Präventions- und Interventionsaufgaben zur Folge haben“. Beides sei nur mit „erheblichem personellen Aufwand zu bewältigen“. Es sei vollkommen unrealistisch, diese Kosten über Gebühren und Auslagen vollständig auf die Erlaubnisnehmer abwälzen zu können.

    Geplante Suchtprävention
    Zudem monieren die Länder, dass die geplante Suchtprävention von der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bezahlt werden soll. Dies gehe „zu Lasten anderer und vom Gesetzgeber priorisierter Präventionsbereiche“. Die Länder erwarten laut dem Bericht der Ärzte-Zeitung für die Prävention eine alternative Finanzierung außerhalb der GKV.

    Die Länder rechnen entgegen der Einschätzung der Bundesregierung mit einem deutlich höheren Interesse an Cannabis-Produkten. Die Ampel geht von bundesweit 1000 Anbauvereinigungen („Social Clubs“) im ersten Jahr aus. Diese müssen den Plänen zufolge eine Erlaubnis bei der zuständigen Landesbehörde beantragen. Der Bundesrat hält deren Zahl für „deutlich zu niedrig gegriffen“. Dementsprechend dürfte auch der Verwaltungsaufwand höher ausfallen.

    Schutz von Kindern und Jugendlichen
    Die Erlaubnis für diese Clubs wollen die Länder auf anfänglich zwei Jahre befristen, statt wie geplant auf sieben Jahre. Zudem fordern sie, dass „die Kontroll- und Vollzugsaufgaben für die Länder so geregelt werden, dass diese keinen zusätzlichen Personal- und Finanzbedarf erzeugen“.

    Mit Blick auf den Schutz von Kindern und Jugendlichen sieht der Ausschuss für Familie und Jugend „ein strukturelles Vollzugsdefizit“ in den Gesetzesplänen. Für die geplanten „Schutzzonen“ für den Konsum von 200 Metern etwa zu Kitas oder Schulen wird die Wirkung in der Praxis bezweifelt, ebenso die Kontrollmöglichkeiten in privaten Räumen. Hier erwarten die Länder eine Schutzzone von mindestens 250 Metern und eine Ergänzung um „sonstige Orte, an denen sich Kinder und Jugendliche regelmäßig aufhalten“.

    red

  • Cannabis: Lizensierte Shops gefordert

    BERLIN // Deutschlands Psychotherapeuten haben gefordert, Alkohol teurer zu machen und Cannabis zu legalisieren. Ziel der Bundespsychotherapeutenkammer ist es, den Verkauf aller legalen Drogen erst ab 18 Jahren freizugeben und auf Lizenz-Shops zu beschränken, in denen in Suchtprävention ausgebildetes Fachpersonal für die Abgabe zuständig sein sollen.

    Auch der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert (SPD), äußerte sich in einem Interview mit der „Funke Mediengruppe“ zum Thema Cannabis. Er werde die Koordinierung für das geplante Gesetz zur Legalisierung von Cannabis leiten, teilte das Bundesgesundheitsministerium dazu mit. Erste Gespräche liefen. Die entsprechende Gesetzgebung werde noch in diesem, spätestens im kommenden Jahr abgeschlossen, hieß es.

    Legalisierung von Cannabis
    SPD, Grüne und FDP hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag auf die Legalisierung von Cannabis geeinigt. Dieses soll demnach kontrolliert an Erwachsene in lizenzierten Geschäften abgegeben werden. Kritiker hatten wiederholt unter anderem darauf hingewiesen, dass Deutschland zwei UN-Verträge ratifiziert habe, die eine generelle Strafbarkeit des Anbaus, des Verkaufs und des Besitzes von Cannabis vorsehen.

    Blienert forderte zugleich eine neue Debatte über den Umgang mit Alkohol und Cannabis: „Unser Weg muss weg von der Repression, hin zu Schutz und Hilfe führen.“ Im Koalitionsvertrag seien bereits die kontrollierte Cannabis-Abgabe an Erwachsene und gleichzeitig Einschränkungen bei Alkoholwerbung und Sponsoring vereinbart worden.

    „Es geht hier im Kern darum, endlich beide Substanzen als das zu akzeptieren, was sie sind: Rauschmittel, die insbesondere bei übermäßigem und regelmäßigem Konsum gesundheitliche Schäden verursachen.“ Dafür brauche es keine Repression, sondern vor allem Aufklärung und ein besseres Risiko- sowie Gesundheitsbewusstsein der Menschen. „Für beides gilt: Sowohl Cannabis als auch Alkohol sind Rauschmittel, die in den Händen von Kindern und Jugendlichen nichts zu suchen haben“, so Blienert.

    red

  • Neuer Drogenbeauftragter

    BERLIN // Burkhard Blienert ist der neue Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Der SPD-Politiker, der bereits im Bundestag gesessen hat und drogenpolitischer Sprecher seiner Fraktion war, wurde auf Vorschlag von Gesundheitsminister Karl Lauterbach vom Kabinett bestätigt. Der 55-Jährige folgt damit auf Daniela Ludwig (CSU).


    Regulierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene

    Blienert gilt als Verfechter eines neuen Umgangs mit Cannabis. Auf seiner Homepage schreibt er: „Wie Alkohol ist auch Cannabis eine gesellschaftliche Realität, mit der wir einen adäquaten politischen Umgang finden müssen. Verbote und Kriminalisierung haben den Konsum nicht gesenkt, sie stehen einer effektiven Suchtprävention und Jugendschutz entgegen und binden enorme Ressourcen bei Justiz und Polizei. Eine regulierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene soll in Modellprojekten von Ländern und Kommunen erprobt werden können, begleitet durch Maßnahmen der Prävention, Beratung und Behandlung im Jugendsektor. Zudem werden wir bundeseinheitlich regeln, dass der Besitz kleiner Mengen von Cannabis strafrechtlich nicht mehr verfolgt wird. Ziel ist die legale kontrollierte und regulierte Abgabe von Cannabis.“ Dieses Ziel ist auch im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP festgehalten.

    red

  • Olaf Scholz stopft Löcher

    BERLIN // Aus dem Versprechen der Bundesregierung, die Tabaksteuererhöhungen zur Suchtprävention einzusetzen, wird – zumindest vorerst – nichts. Das berichtet das Magazin „Der Spiegel“. Die Regierung hatte eigentlich 500 Millionen Euro der Mehreinnahmen für die Warnung vor Tabakabhängigkeit einsetzen wollen.

    Anfrage der FDP
    Doch nun hat der FDP-Bundestagsabgeordnete Till Mansmann nachgehakt. Aus der Antwort des Finanzministeriums auf seine Anfrage geht hervor, dass Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) die Mehreinnahmen im Gesamthaushalt verplant hat. Das Ministerium wertet die angekündigten Investitionen in die Gesundheitsvorsorge als „Protokollerklärung“. Über deren Umsetzung könne man erst in der kommenden Legislaturperiode entscheiden.

    „Scholz kassiert auf Kosten der Suchtkranken ab“, sagte Mansmann dem „Spiegel“. Ob es zu einer Stärkung der Prävention komme, stehe „in den Sternen“. Besonders betroffen ist dabei die E-Zigarette, die vielen Experten als gute Ausstiegshilfe aus dem Rauchen gilt.

    Gesundheitsschutz spielt keine Rolle
    Verärgert zeigt sich Dustin Dahlmann (Foto), Vorsitzender des Bündnisses für Tabakfreien Genuss (BfTG): „Der Gesundheitsschutz spielt beim Tabaksteuermodernisierungsgesetz entgegen allen Verlautbarungen keine Rolle. Anders ist es nicht zu erklären, dass die erwiesenermaßen deutlich weniger schädliche E-Zigarette nun höher besteuert werden soll als Tabak. Damit wird Rauchern ein wichtiger Anreiz genommen, auf schadensmindernde Produkte zu wechseln. Raucher bleiben Raucher und Dampfer werden motiviert, wieder zurückzukehren zum günstigeren Tabakkonsum. Von Suchtprävention kann keine Rede sein. Und dies scheint sich nun auch offiziell zu bestätigen. Es ging dem Finanzministerium von Anfang an nicht um die Gesundheit der Bürger, sondern um deren Geld.“

    red

  • Werbeverbot für Tabak gefordert

    BERLIN // Findet das Verbot für Tabakwerbung in der laufenden Legislaturperiode eine Mehrheit? DTZ hat den Entwurf von Bündnis 90 / Die Grünen vorliegen und nennt die wichtigsten Eckpunkte.

    Die Fraktion hat den Entwurf am 24. April eingereicht, einen Tag später erfolgte die Veröffentlichung als Drucksache 19/1878. Der „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes“ schildert zunächst das aus Sicht der Verfasser bestehende Problem, dass Deutschland das einzige Land der Europäischen Union sei, „in dem großflächige Außenwerbung auf Plakaten oder Tabakwerbung im Kino immer noch erlaubt“ seien. Damit verstoße Deutschland gegen internationale Rahmenabkommen. Außerdem erschwere die Werbung eine wirksame Suchtprävention.

    Mit dem nun vorgelegten Gesetzentwurf soll demnach ein „Verbot der Außenwerbung und der Kinowerbung für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter geschaffen“ werden. Außerdem soll die kostenlose Abgabe von Tabakerzeugnissen untersagt werden. Die Maßnahmen dieses Gesetzes dienten dazu, „den Gesundheitszustand in der Bevölkerung zu verbessern“.

    Außerdem führen die Verfasser des Entwurfes ein Kapitel zu den erwarteten Kosten aus. Darin heißt es, Städte und Gemeinden vermieteten Werbeflächen und erzielten auf diese Weise Einnahmen für die kommunalen Kassen. Da jedoch auch private Unternehmen solche Flächen anböten, sei nicht festzustellen, welche Beträge den Kämmerern als Folge des geplanten Werbeverbotes entgingen.

    Genauer gehen die Autoren auf die volkswirtschaftlichen Kosten durch „Krankheiten und Gesundheitsprobleme im Zusammenhang mit dem Rauchen“ ein, die sie – in Anlehnung an eine Untersuchung des Deutschen Krebsforschungszentrums von 2015 – mit 79,1 Milliarden Euro beziffern.

    Im eigentlichen Gesetzentwurf fällt auf, dass einerseits im Bereich E-Zigarette nicht zwischen nikotinhaltigen und nikotinfreien Liquids unterschieden wird. Bestehen bleibt die Möglichkeit des Fachhandels, an seinen Außenwänden zu werben.

    Im Allgemeinen Teil halten die Verfasser fest, dass der Entwurf als Ergänzung der bestehenden Werbeverbote im Hörfunk, in der Presse und anderen gedruckten Erzeugnissen sowie im Fernsehen und in digitalen Medien gedacht sei. Das neue Verbot solle – nach einer Übergangsfrist – am 1. Juli 2020 in Kraft treten. „Die mit diesen Maßnahmen einhergehenden Eingriffe in die Freiheitsrechte der betroffenen Unternehmen der Tabakwirtschaft und der Werbewirtschaft, insbesondere in die Grundrechte der Meinungsäußerungsfreiheit und der Berufsfreiheit, sind aus Gründen des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt“, schreibt die Fraktion. Zudem seien die Werbeverbote verhältnismäßig, heißt es: „Angesichts einer nur leicht rückläufigen Raucherquote sind Warnhinweise und sonstige bisher getroffene Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsums trotz des hohen Schutzgutes der Pressefreiheit gegenüber der überragenden Bedeutung des Gesundheits- und Jugendschutzes keine geeignete Handlungsalternative.“

    red

    (DTZ 19/18)

  • Tabakcent gefordert

    POTSDAM // Auf der Brandenburger Landessuchtkonferenz in Potsdam hat die Gesundheitsministerin des Bundeslandes Anita Tack ein positives Fazit des „Suchtmonitorings“ gezogen. Seit 2004 habe sich die Zahl der Jugendlichen, die täglich rauchten, von über 30 auf etwa 16 Prozent halbiert. Auch der Alkoholkonsum sei bei dieser beobachteten Gruppe deutlich rückläufig.

    Für ein strikteres Werbeverbot in Sachen Alkohol und Tabak sprach sich Raphael Gaßmann, Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen, aus. Er forderte weitere Tabaksteuererhöhungen. Zudem sollten ein „Tabakcent“ und ein „Alkoholcent“ als Zwangsabgabe erhoben werden, die die Finanzierung der Suchtprävention durch die öffentliche Hand sicherstellten.
    red

    (DTZ 42/14)

  • Höhere Preise und striktes Verbot

    POTSDAM // Die Deutsche Hauptstelle für Suchtgefahren (DHS) fordert höhere Preise für alkoholische Getränke und ein striktes Werbeverbot für Spirituosen und Tabak.

    Diese „legalen Suchtmittel“ dürften nicht frei verfügbar sein, betonte DHS-Geschäftsführer Raphael Gaßmann. Auf dem dreitätigen Kongress sprachen sich 350 DHS-Experten für eine einheitliche Steuer auf Bier, Wein beziehungsweise Schaumwein und Spirituosen sowie eine Tabaksteuererhöhungen aus. Diese Maßnahmen sollen den Jugendschutz und die Suchtprävention unterstützen.

    Mit anderen Präventionsprogrammen, wie dem Eindämmen des Konsums illegaler Drogen tut sich die DHS bislang schwer. Dies scheitere aktuell an der fehlenden finanziellen Ausstattung, heißt es. Deshalb konzentriere man sich auf das Wesentliche: Alkohol und Tabak.
    red

    (DTZ 42/14)