Schlagwort: Regulierungsmoratorium

  • „Richtungsweisendes Jahr“

    MAINZ // Zum Jahreswechsel hat DTZ wichtige Verbände der Tabakwirtschaft dazu befragt, wie sie das neue Jahr einschätzen. Diese Gastbeiträge druckt die Redaktion in diesen Wochen. Im sechsten Teil der Reihe äußert sich Bodo Mehrlein, Geschäftsführer beim [link|https://www.zigarren-verband.de/bdz/]Bundesverband der Zigarrenindustrie (BdZ)[/link].

    Ausblick für eine Branche
    Man kann den Ausblick für eine Branche sicherlich nicht an einem Stichtag wie dem Jahresanfang festmachen, sondern sollte sich eher die grundsätzlichen Entwicklungen der Zigarrenbranche und die anstehenden Herausforderungen, die sich über die nächsten Jahre erstrecken werden, anschauen.

    Im zurückliegenden Jahr wurden laut amtlicher Statistik 8,9 Prozent weniger Zigarren und Zigarillos versteuert als 2021. Dies ist auch eine Konsequenz aus dem Tabaksteuermodernisierungsgesetz, welches für Zigarren und Zigarillos eine massive Anhebung der Mindeststeuer zum Januar 2022 vorgesehen hatte. Wir gehen davon aus, dass der dadurch verursachte Rückgang in erster Linie niedrigpreisige Zigarillos getroffen hat. Für den Absatzmarkt traditioneller Zigarren und Zigarillos rechnen wir mit einem leicht rückläufigen Markt. Da die Tabaksteuererhöhung auch für Zigarren und Zigarillos Anfang 2023 eine weitere Erhöhung der Mindeststeuer brachte, ist auch für das Jahr 2023 – zumindest bezogen auf niedrigpreisige Zigarillos – mit einem weiteren Rückgang zu rechnen.

    Entwicklung des Zigarren- und Zigarilloabsatzes
    Für die grundsätzliche Entwicklung des Zigarren- und Zigarilloabsatzes schaut der BdZ positiv optimistisch in die Zukunft, denn es zeigt sich, dass das große Thema Genuss, zu dem auch Zigarren und Zigarillos gehören, eine immer wichtigere Rolle in unserer Gesellschaft spielt. Somit glauben wir, dass diese Produkte – wenn auch in der Nische – eine interessante Ergänzung für den Fachhandel, aber auch für die Konsumenten darstellen.

    Bezogen auf Deutschland können wir feststellen, dass der Tabakmarkt ausreguliert ist. Mit der Verabschiedung des Tabakmodernisierungsgesetzes und des Tabakaußenwerbeverbotes, sollte Tabak bei anstehenden Gesetzgebungen in Deutschland keine Rolle mehr spielen.

    BdZ fordert Regulierungsmoratorium
    Grundsätzlich fordert der Bundesverband der Zigarrenindustrie bei seinen politischen Gesprächen ein Regulierungsmoratorium. Die Zigarrenbranche – wie wahrscheinlich auch die meisten anderen Wirtschaftszweige – schaut auf schwierige Jahre zurück und die meisten dieser Probleme werden sich im Jahre 2023 nicht ändern beziehungsweise noch Auswirkungen entfalten. Die letzten Jahre waren geprägt durch die Themen Corona, Lieferkettenprobleme, Inflation, Krieg in der Ukraine und damit verbundene Energieprobleme sowie drastische Preiserhöhungen. Es ist eine Verpflichtung für die Politik, die Unternehmen beim Erhalt ihrer Wirtschaftlichkeit zu unterstützen, statt diese mit immer neuen bürokratischen Herausforderungen und Regulierungen weiter zu belasten. Leider müssen wir feststellen, dass die Regulierungsflut nicht abnimmt, denn immer neue Maßnahmen wie die Themen um Einwegkunststoff, Lieferkettengesetz und weitere Verpackungsregelungen sowie Konsequenzen aus der Taxonomie und weiteren Umweltschutzgesetzgebungen sowohl auf nationaler wie auch europäischer Ebene werden Auswirkungen besonders für mittelständische Unternehmen haben.

    Im Rahmen der Verbandsarbeit muss der Bundesverband der Zigarrenindustrie besonders zwei Gesetzgebungsprozesse in Brüssel mit großer Auswirkung für die Zigarrenindustrie monitoren und entsprechend begleiten.

    Eigentlich hätte der Entwurf für eine neue Tabaksteuerrichtlinie Anfang Dezember 2022 in Brüssel von der EU-Kommission vorgestellt werden müssen. Nach unserem Kenntnisstand wurde der Entwurf nach nationalen Protesten einiger Mitgliedstaaten zurückgezogen, mit einem neuen Entwurf war eigentlich Anfang 2023 zu rechnen. Der BdZ hat frühzeitig vor den Auswirkungen der bekannten Inhalte des Entwurfes gewarnt, denn dieser hätte unter anderem durch eine Steigerung der Mindeststeuer um 900 Prozent von 12,00 auf 120,00 Euro und eine Splittung der Kategorie Zigarren und Zigarillos gravierende und nicht gerechtfertigte Auswirkungen auf die Branche gehabt.

    Überarbeitung der Tabakproduktrichtlinie
    Ein weiteres Thema auf EU-Ebene ist die Überarbeitung der Tabakproduktrichtlinie. Hier war eigentlich für das vierte Vierteljahr 2022 eine öffentliche Konsultation angekündigt worden. Der BdZ beteiligt sich selbstredend daran, wird aber auch den Zigarrenrauchern entsprechende Information und Argumente für eine Teilnahme an die Hand geben. Mit einer Veröffentlichung eines ersten Entwurfes einer neuen Tabakproduktrichtlinie wird erst 2024 – wahrscheinlich auch erst nach der Wahl zum Europaparlament – gerechnet.

    Eine große Herausforderung für die Zigarrenbranche wird die Umsetzung von Track & Trace bis zum 20. Mai 2024 sein. Der Verband hat im Rahmen von Arbeitskreisen mit den Mitgliedsfirmen starke Unterstützung geleistet. Auch wenn es sachgerechte Lösungsmöglichkeiten gibt, ist nicht von der Hand zu weisen, dass dieses System der Rückverfolgbarkeit die Unternehmen in ihrer Wirtschaftlichkeit stark belasten wird. Der BdZ hat und wird immer wieder betonen, dass diese Maßnahme vollkommen unverhältnismäßig ist, da es in dem Bereich der Zigarrenbranche keinen Schmuggel gibt.

    Einzelnen Tabakkategorien berücksichtigen
    Im Rahmen seiner Verbandsarbeit betont der BdZ immer wieder, dass die Gesetzgebung verhältnismäßig und wissenschaftlich belegbar sein muss; außerdem müssen die Besonderheiten der einzelnen Tabakkategorien berücksichtigt werden. Hierbei ist offensichtlich und durch verschiedene Statistiken wie das Eurobarometer belegbar, dass es sich bei Zigarren und Zigarillos um reine Genussartikel für erwachsene Raucher handelt; dies ist auch darin begründet, dass es kein Jugendschutzproblem bei Zigarren und Zigarillos gibt und das Produkt keine Rolle beim Einstieg von Erstkonsumenten von Tabakprodukten spielt.

    Der BdZ kann die Bemühungen der größeren Zigarettenkonzerne nachvollziehen, im Rahmen des sogenannten Konzeptes der Harm Reduction seine Branche neu aufzustellen. Die Zigarrenindustrie möchte aber betonen, dass die beste Lösung für eine solche Idee ist, sich wieder auf die eigentliche Bedeutung des Genusses zu besinnen. Hierbei spielen Zigarren und Zigarillos durch den nur gelegentlichen Genuss eine herausragende Rolle, so dass sie am ehesten dem Konzept einer Neuausrichtung durch die Besinnung auf alte Werte gerecht werden.

    Sehr erfreulich ist für den BdZ, dass sich in letzter Zeit die Zahl der Mitglieder – hierbei handelt es sich um Hersteller sowie um Importeure von Zigarren und Zigarillos – weiter vergrößert hat. So konnten in den vergangenen Jahren insgesamt sieben neue Mitglieder gewonnen werden. Dies ist nicht nur eine Bestätigung für die Verbandsarbeit, sondern auch eine Stärkung der Position des Verbandes nach außen als alleiniges Sprachrohr für die Zigarrenbranche und auch für die mittelständisch geprägten Unternehmen der Tabakbranche.

  • „Reflexion erforderlich“

    MAINZ // Wie schon in den vergangenen Jahren hat Die Tabak Zeitung Vertreter der wichtigen Branchenverbände gebeten, für unsere Leser einen Ausblick aufs Jahr 2018 zusammenzustellen. In dieser Ausgabe finden Sie den dritten Teil unserer kleinen Serie. Folge 3: der Deutsche Zigarettenverband (DZV).

    Die vergangenen beiden Jahre haben für die Branche mit der Einführung von Schockbildern, umfangreichen Zusatzstoffverboten, fehlenden Produktionsumstellungsfristen und rechtswidrigen Vorschriften für die Warenpräsentation gravierende Markteingriffe gebracht, mit deren Auswirkungen die Unternehmen der deutschen Tabakwirtschaft bis heute zu kämpfen haben.

    Im Interesse des Wirtschaftsstandorts Deutschland, der einhunderttausend Beschäftigten in der Wertschöpfungskette Tabakwirtschaft und unserer Kunden ist jetzt ein Innehalten nötig. Wir brauchen dringend ein Regulierungsmoratorium für die laufende Legislaturperiode und keine neuen Verbote und bürokratischen Lasten.

    Die neue Bundesregierung, in welcher Zusammensetzung auch immer, muss nun die Folgen des neuen Rechtsrahmens über einen längeren Zeitraum beobachten, eine kritische Reflexion der bisherigen Regelungen ist erforderlich. Andernfalls besteht nicht nur ein Risiko für die deutsche Tabakwirtschaft, sondern auch für andere Konsumgüterindustrien wie die Hersteller alkoholischer Getränke oder zucker-, salz- oder fetthaltiger Lebensmittel. In Deutschland darf es nicht weiter leichtfertig zu Einschränkungen marktwirtschaftlicher Grundregeln kommen.

    Der DZV wird sich darüber hinaus 2018 vor allem mit der Implementierung des ab Mai 2019 geplanten Track & Trace-Systems für Tabakerzeugnisse auf Einzelverpackungsebene befassen. Wir möchten gemeinsam mit den zuständigen Behörden für praktikable und möglichst einfach anzuwendende Lösungen für Industrie, Mittelstand und Handel sorgen. Großes Augenmerk werden wir auf die Wahrung unserer Exportinteressen in Drittmärkte legen. Dazu wird der DZV eine Initiative beim Bundeswirtschaftsministerium, den Botschaften von Drittstaaten und den Außenhandelskammern in diesen Ländern starten. Damit soll die Einbeziehung von Exportware in das europäische T&T-System kompensiert werden, die de facto ein technisches Handelshemmnis darstellt.

    (DTZ 03/18)

  • „Lückenlose Totalüberwachung“

    DORTMUND // Uli Kotschenreuther, Chef des Großhandels-Unternehmens Akra, freute sich: Dass das Unternehmen Porsche Raucher-Accessoires wie Zigarren-Cutter und Feuerzeuge im Design des Sportwagenbauers lizensiere, zeige, dass die Tabakbranche sich wieder aus dem „Schmuddel-Image“ befreie. Tatsächlich gehen die Konsumenten entspannt mit dem Genussmittel Tabak um. Dafür droht neuer Ärger aus Brüssel und Berlin, wie die wichtigen Branchenverbände auf der InterTabac-Pressekonferenz deutlich machten.

    Stabiler Markt

    Der Markt für Tabakprodukte habe sich im ersten Halbjahr weitgehend stabil entwickelt, hieß es dort. Die deutschen Konsumenten zeigten sich bislang von den neu eingeführten Schockbildern auf den Packungen von Zigaretten und Feinschnitttabak beziehungsweise den neuen Textwarnhinweisen bei Zigarren, Zigarillos und Pfeifen- sowie Schnupftabak kaum beeindruckt. Aber: Insbesondere die mittelständische Tabakwirtschaft wird durch die deutlich gestiegenen bürokratischen Verpflichtungen vor erhebliche Probleme gestellt.

    Risiko für die Konsumgüterindustrie
    Jan Mücke, Geschäftsführer des Deutschen Zigarettenverbands (DZV), formulierte die Erwartungen der Tabakwirtschaft an die nächste Bundesregierung: „Die vergangenen beiden Jahre haben für die Branche mit der Einführung von Schockbildern, umfangreichen Zusatzstoffverboten, fehlenden Produktionsumstellungsfristen und rechtswidrigen Vorschriften für die Warenpräsentation gravierende Markteingriffe gebracht, mit deren Auswirkungen die Unternehmen der deutschen Tabakwirtschaft bis heute zu kämpfen haben. Im Interesse des Wirtschaftsstandorts Deutschland, der 100 000 Beschäftigten in der Wertschöpfungskette Tabakwirtschaft und unserer Kunden ist jetzt ein Innehalten nötig. Wir brauchen dringend ein Regulierungsmoratorium für die kommende Legislaturperiode und keine neuen Verbote und bürokratischen Lasten.“ Die neue Bundesregierung müsse die Folgen des neuen Rechtsrahmens über einen längeren Zeitraum beobachten und überdenken. Andernfalls bestehe nicht nur ein Risiko für die deutsche Tabakwirtschaft, sondern auch für andere Konsumgüterindustrien wie die Hersteller alkoholischer Getränke oder zucker-, salz- oder fetthaltiger Lebensmittel.

    Schlicht nicht finanzierbar

    Die Europäische Kommission bereitet indessen mit einem neuen Gesetzespaket einen weiteren massiven Eingriff mit schwer abschätzbaren Folgen für den Tabakmarkt vor. Am 4. September präsentierte sie ihre Pläne für ein Tracking & Tracing-System für Tabakprodukte, mit dem ab 2019 der Weg jeder einzelnen Packung über die gesamte Lieferkette, vom Hersteller bis zum Handel, erfasst werden soll. Patrick Engels, Vorsitzender des Verbands der deutschen Rauchtabakindustrie (VdR) kommentierte das Vorhaben aus Brüssel: „Das geplante Tracking & Tracing-System für Tabakwaren geht vollständig am Ziel der Schmuggelbekämpfung vorbei: Produkte wie Feinschnitt, Pfeifentabak, Zigarren und Schnupftabak werden nicht illegal gehandelt.“ Ursprüngliches Ziel sei das Bekämpfen des Schwarzmarktes gewesen, nun wolle die Kommission eine lückenlose Totalüberwachung der gesamten legalen Tabakwertschöpfungskette. Die vorgesehenen Maßnahmen reichten von Videoüberwachung in den Fabriken, über bis zu 50-stellige Packungscodes, die auf viele Verpackungsformate wie beim Schnupftabak gar nicht passten, bis hin zur Registrierung aller Herstellungsmaschinen, Lager und Verkaufsstellen einschließlich des „Kiosks um die Ecke“. Engels führte weiter aus, dass die legale Wertschöpfungskette in einem Maße überwacht werden solle, das gerade mittelständische Betriebe vor existenzielle Herausforderungen stelle.

    Die Kosten für Einrichtung und Betrieb der technisch hochkomplexen Überwachung müssten von der Tabakwirtschaft getragen werden. Gerade für kleine und mittelständische Betriebe sei dieser Eingriff aus Brüssel schlicht nicht finanzierbar.

    Verhältnismäßigkeit im Blick

    Bodo Mehrlein, Geschäftsführer des Bundesverbands der Zigarrenindustrie (BdZ), appellierte: „Die Bundesregierung darf nur Regelungen zustimmen, die einer Verhältnismäßigkeitsprüfung standhalten – dies ist bei den durch die EU vorgelegten Entwürfen nicht der Fall. Eigentlich müssten Zigarren und Zigarillos vom System der Rückverfolgbarkeit ausgenommen werden; zumindest müsste ein solches System aber die Besonderheiten der mittelständischen Zigarrenindustrie berücksichtigen und gewisse Ausnahmen enthalten.“

    Für den Handel mahnte Rainer von Bötticher, Präsident des Bundesverbands des Tabakwaren-Einzelhandels (BTWE), ein auf internationalen Standards basierendes System an, mit dem teure Sonderlösungen für das Tabaksortiment auf Handelsebene vermieden werden: „Die zu findende Systemlösung muss für alle Unternehmensgrößen kompatibel sein, um Insellösungen und Parallelstrukturen zu vermeiden. Im Idealfall sollte das offene System nicht nur tabakspezifisch, sondern produkt- und sortimentsübergreifend, national und international einsetzbar sein.“

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    (DTZ 39/17)