Schlagwort: Mittelständische Tabakwirtschaft

  • EU-Kommission will regulieren, wo es nichts zu regulieren gibt

    BRÜSSEL / BERLIN // Die EU-Kommission will illegalen Zigarettenhandel bekämpfen. Bei den Anforderungen für ein Rückverfolgbarkeitssystem (Track & Trace) greift sie jedoch nach Überzeugung des Verbands der Rauchtabakindustrie (VdR) zu absurden Mitteln und reguliert dort, wo es nichts zu regulieren gibt. Die Folge: Die mittelständische Tabakwirtschaft wird massiv belastet, warnt der Verband in einer aktuellen Mitteilung an die Medien.

    Durch den illegalen Handel mit Zigaretten entgehen den EU-Mitgliedstaaten jährlich Milliardensummen an Steuereinnahmen. Ein Rückverfolgungssystem für Tabakprodukte, wie es die EU-Kommission unter Federführung der Generaldirektion Santé vorgelegt hat, sei damit auf den ersten Blick als Bekämpfungsinstrument durchaus sinnvoll und nachvollziehbar. In ihrem Regulierungseifer schieße die Kommission allerdings weit übers Ziel hinaus. Denn auch Herstellung und Vertrieb von Pfeifen- und Schnupftabak, Feinschnitt sowie Zigarren und Zigarillos sollen im Rahmen von Track & Trace künftig aufwändig erfasst werden. Einzig: Keines dieser Produkte wird geschmuggelt.

    Track & Trace sieht vor, dass Zigaretten und Feinschnitt ab Mai 2019 durch einen Code auf der Verpackung erfasst werden, fünf Jahre später sind auch Pfeifen- und Schnupftabak sowie Zigarren und Zigarillos von der Regelung betroffen. Denn die Ware soll jederzeit aufgespürt und ihre Herkunft nachvollzogen werden können. Nach Berechnungen des VdR kämen dabei alleine auf den deutschen Tabak-Mittelstand Kosten in dreistelliger Millionenhöhe zu.

    „Gerade für kleine Betriebe seien Teile des von Brüssel ausgedachten Systems völlig praxisfremd“, moniert VdR-Vorsitzender Patrick Engels. Da sie keine Massenprodukte herstellten, sondern individuelle Verpackungsgrößen anböten, sei eine Standardisierung schwierig und mit erheblich steigenden Kosten verbunden. Dazu VdR-Hauptgeschäftsführer Michael von Foerster: „Zigarren werden beispielsweise in Handarbeit hergestellt. Sie müssten also alle einzeln erfasst werden, während das bei Zigarettenpackungen vollautomatisch passiert.“

    Ein weiteres Problem zeigt sich nach Ansicht von VdR-Vorstand und Geschäftsführung hinsichtlich des geplanten Versandwegs, der bereits bis zu zehn Tage vor der Produktion festgelegt werden muss. Von Foerster: „Anders als bei den großen Zigarettenproduzenten wissen kleinere Hersteller bei der Produktion ihrer Ware häufig noch gar nicht, wohin diese geliefert werden soll. Übertragen auf die Landwirtschaft wäre das so, als wenn der Milchbauer schon eineinhalb Wochen vor dem Melken festlegen müsste, in welchem Supermarkt die Milch von Kuh Elsa irgendwann angeboten wird.“

    Zur Farce werde das Ganze, wenn man an Schnupf- und Pfeifentabak denke. Der VdR-Hauptgeschäftsführer: „Wer hätte jemals davon gehört, dass Schnupftabak in neblig-düsteren Nächten, etwa im Bayerischen Wald, über die Grenze geschmuggelt wird? Dennoch scheint in Brüssel nach dem Motto verfahren zu werden: Es muss reguliert werden, wo es nichts zu regulieren gibt.“

    Der VdR fordert daher die General-direktion Santé dazu auf, eine sinnhafte und technisch ausgereifte Lösung auf den Tisch zu legen, die sich darauf konzentriert, den tatsächlichen Schmuggel zu bekämpfen, anstatt kleine und mittelständische Betriebe überzureglementieren und ihnen überflüssige Kosten aufzubürden.

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    (DTZ 47/17)

  • „Lückenlose Totalüberwachung“

    DORTMUND // Uli Kotschenreuther, Chef des Großhandels-Unternehmens Akra, freute sich: Dass das Unternehmen Porsche Raucher-Accessoires wie Zigarren-Cutter und Feuerzeuge im Design des Sportwagenbauers lizensiere, zeige, dass die Tabakbranche sich wieder aus dem „Schmuddel-Image“ befreie. Tatsächlich gehen die Konsumenten entspannt mit dem Genussmittel Tabak um. Dafür droht neuer Ärger aus Brüssel und Berlin, wie die wichtigen Branchenverbände auf der InterTabac-Pressekonferenz deutlich machten.

    Stabiler Markt

    Der Markt für Tabakprodukte habe sich im ersten Halbjahr weitgehend stabil entwickelt, hieß es dort. Die deutschen Konsumenten zeigten sich bislang von den neu eingeführten Schockbildern auf den Packungen von Zigaretten und Feinschnitttabak beziehungsweise den neuen Textwarnhinweisen bei Zigarren, Zigarillos und Pfeifen- sowie Schnupftabak kaum beeindruckt. Aber: Insbesondere die mittelständische Tabakwirtschaft wird durch die deutlich gestiegenen bürokratischen Verpflichtungen vor erhebliche Probleme gestellt.

    Risiko für die Konsumgüterindustrie
    Jan Mücke, Geschäftsführer des Deutschen Zigarettenverbands (DZV), formulierte die Erwartungen der Tabakwirtschaft an die nächste Bundesregierung: „Die vergangenen beiden Jahre haben für die Branche mit der Einführung von Schockbildern, umfangreichen Zusatzstoffverboten, fehlenden Produktionsumstellungsfristen und rechtswidrigen Vorschriften für die Warenpräsentation gravierende Markteingriffe gebracht, mit deren Auswirkungen die Unternehmen der deutschen Tabakwirtschaft bis heute zu kämpfen haben. Im Interesse des Wirtschaftsstandorts Deutschland, der 100 000 Beschäftigten in der Wertschöpfungskette Tabakwirtschaft und unserer Kunden ist jetzt ein Innehalten nötig. Wir brauchen dringend ein Regulierungsmoratorium für die kommende Legislaturperiode und keine neuen Verbote und bürokratischen Lasten.“ Die neue Bundesregierung müsse die Folgen des neuen Rechtsrahmens über einen längeren Zeitraum beobachten und überdenken. Andernfalls bestehe nicht nur ein Risiko für die deutsche Tabakwirtschaft, sondern auch für andere Konsumgüterindustrien wie die Hersteller alkoholischer Getränke oder zucker-, salz- oder fetthaltiger Lebensmittel.

    Schlicht nicht finanzierbar

    Die Europäische Kommission bereitet indessen mit einem neuen Gesetzespaket einen weiteren massiven Eingriff mit schwer abschätzbaren Folgen für den Tabakmarkt vor. Am 4. September präsentierte sie ihre Pläne für ein Tracking & Tracing-System für Tabakprodukte, mit dem ab 2019 der Weg jeder einzelnen Packung über die gesamte Lieferkette, vom Hersteller bis zum Handel, erfasst werden soll. Patrick Engels, Vorsitzender des Verbands der deutschen Rauchtabakindustrie (VdR) kommentierte das Vorhaben aus Brüssel: „Das geplante Tracking & Tracing-System für Tabakwaren geht vollständig am Ziel der Schmuggelbekämpfung vorbei: Produkte wie Feinschnitt, Pfeifentabak, Zigarren und Schnupftabak werden nicht illegal gehandelt.“ Ursprüngliches Ziel sei das Bekämpfen des Schwarzmarktes gewesen, nun wolle die Kommission eine lückenlose Totalüberwachung der gesamten legalen Tabakwertschöpfungskette. Die vorgesehenen Maßnahmen reichten von Videoüberwachung in den Fabriken, über bis zu 50-stellige Packungscodes, die auf viele Verpackungsformate wie beim Schnupftabak gar nicht passten, bis hin zur Registrierung aller Herstellungsmaschinen, Lager und Verkaufsstellen einschließlich des „Kiosks um die Ecke“. Engels führte weiter aus, dass die legale Wertschöpfungskette in einem Maße überwacht werden solle, das gerade mittelständische Betriebe vor existenzielle Herausforderungen stelle.

    Die Kosten für Einrichtung und Betrieb der technisch hochkomplexen Überwachung müssten von der Tabakwirtschaft getragen werden. Gerade für kleine und mittelständische Betriebe sei dieser Eingriff aus Brüssel schlicht nicht finanzierbar.

    Verhältnismäßigkeit im Blick

    Bodo Mehrlein, Geschäftsführer des Bundesverbands der Zigarrenindustrie (BdZ), appellierte: „Die Bundesregierung darf nur Regelungen zustimmen, die einer Verhältnismäßigkeitsprüfung standhalten – dies ist bei den durch die EU vorgelegten Entwürfen nicht der Fall. Eigentlich müssten Zigarren und Zigarillos vom System der Rückverfolgbarkeit ausgenommen werden; zumindest müsste ein solches System aber die Besonderheiten der mittelständischen Zigarrenindustrie berücksichtigen und gewisse Ausnahmen enthalten.“

    Für den Handel mahnte Rainer von Bötticher, Präsident des Bundesverbands des Tabakwaren-Einzelhandels (BTWE), ein auf internationalen Standards basierendes System an, mit dem teure Sonderlösungen für das Tabaksortiment auf Handelsebene vermieden werden: „Die zu findende Systemlösung muss für alle Unternehmensgrößen kompatibel sein, um Insellösungen und Parallelstrukturen zu vermeiden. Im Idealfall sollte das offene System nicht nur tabakspezifisch, sondern produkt- und sortimentsübergreifend, national und international einsetzbar sein.“

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    (DTZ 39/17)

  • Eindringlicher Appell an die Hüter des Koalitionsvertrags

    BERLIN // Der Verbandes der deutschen Rauchtabakindustrie (VdR) richtet einen eindringlichen Appell an die Bundesregierung, den Koalitionsvertrag auch für mittelständische Tabakunternehmen einzuhalten.

    Die Äußerungen der Bundeskanzlerin als „Wächterin des Koalitionsvertrags“ anlässlich des gestrigen Arbeitgebertages der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) dürfen nach Ansicht des Verbandes der deutschen Rauchtabakindustrie (VdR) nicht nur auf die Werkverträge beschränkt bleiben, sondern müssen, wie es der Koalitionsvertrag regelt, auch für andere Gesetze in der Umsetzung gelten. Denn: Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag stets auf eine generelle 1 : 1-Umsetzung von EU-Richtlinien verwiesen, um insbesondere mittelständische Unternehmen nicht mit zusätzlichen nationalen Anforderungen zu knebeln.

    „Wir hoffen sehr, dass die Bundesregierung ihren Worten Taten folgen lässt“, sagt Michael von Foerster, Hauptgeschäftsführer im VdR. „Neben der Kanzlerin haben auch führende Politiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion stets auf eine 1 : 1-Umsetzung von EU-Richtlinien hingewiesen. Die mittelständische Tabakwirtschaft erwartet dasselbe im Rahmen der Umsetzung der Tabakproduktrichtlinie!“

    Massive Nachteile gegenüber EU-Wettbewerbern
    In diesen Tagen werden die Referentenentwürfe des Bundeslandwirtschaftsministeriums zur Umsetzung der EU-Tabakproduktrichtlinie diskutiert, die in vielen Punkten über die Brüsseler Vorgaben hinausgehen. Aus Sicht der mittelständischen Tabakfirmen würde das befürchtete „Draufsatteln“ durch die Bundesregierung jene vor massive Umsetzungsprobleme stellen und zu vehementen Nachteilen gegenüber europäischen Wettbewerbern, insbesondere zu großen, internationalen Konzernen, führen.

    Der Appell von Foersters an die Bundesregierung lautet daher: „Bitte nehmen Sie die Sorgen des deutschen Mittelstandes ernst und folgen Sie auch im Rahmen der Tabakregulierung ihren eigenen Worten, um faire und praxistaugliche Rahmenbedingungen für alle Marktteilnehmer zu schaffen.“ vi

    (DTZ 49/15)