Schlagwort: Meinungsfreiheit

  • Werbeverbot rechtswidrig?

    BERLIN // Der Verfassungsrechtler Christof Degenhart von der Universität Leipzig hält die von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) geplanten neuen Tabakwerbeverbote für verfassungswidrig.

    Vor dem Hintergrund der ohnehin bestehenden intensiven Regulierung für Tabakprodukte wären weitere Beschränkungen nach Ansicht des angesehenen Leipziger Juristen verfassungswidrig. Dies gelte insbesondere für die Außenwerbung, die Kinowerbung, die Werbung an und in der Verkaufsstelle und für die kostenlose Abgabe von Tabakerzeugnissen zu Werbezwecken, das sogenannte Sampling. Zudem wäre ein Verbot der Außenwerbung durch Bundesgesetz kompetenzwidrig.

    Degenhart betont in seinem Gutachten, dass die Wirtschaftswerbung den Schutz der Meinungsfreiheit des Artikels 5 des Grundgesetzes genießt. Zudem falle die Werbung in den Schutzbereich des Artikels 12 des Grundgesetzes, der Berufsfreiheit.

    Das vorgesehene Verbot der Außenwerbung sei unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig. Weder könne der Jugendschutz einen generellen Vorrang vor anderen Rechtsgütern beanspruchen, noch erforderten völkerrechtliche Verpflichtungen im Rahmen des Tabakkontrollprotokolls der Weltgesundheitsorganisation WHO ein Verbot der Außenwerbung.

    Zudem fehle es dem Gesetzentwurf wegen nicht erwiesener Wirkungszusammenhänge zwischen der Außenwerbung und der Gefährdung von Kindern und Jugendlichen an der Geeignetheit. Unverhältnismäßig sei auch ein generelles Verbot der Kinowerbung, weil die bestehenden zeitlichen Beschränkungen genügen. Für ein Verbot des Samplings, der Abgabe von Zigarettenkostproben, gebe es keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung.

    Der Deutsche Zigarettenverband (DZV) forderte Schmidt auf, den Gesetzentwurf zurückzuziehen. DZV-Geschäftsführer Jan Mücke erklärte, die Bundesregierung könne nicht einen offensichtlich verfassungswidrigen Gesetzentwurf beschließen. Dies wäre eine eklatante Verletzung des Rechtsstaatsprinzips des Grundgesetzes. Mücke: „Der Neopuritanismus dieser Bundesregierung findet seine Grenzen in den Grundrechten unserer Verfassung.“
    pi

    (DTZ 16/16)

  • Facebook nimmt Zensur gegen E-Zigaretten zurück

    MAINZ // Facebook nimmt Zensur für den E-Zigaretten-Dokumentation „A Billion Lives“ zurück.

    Das soziale Netzwerk hatte Medieninformationen zufolge die Werbung für den Film zensiert und erst nach heftigen öffentlichen Protesten wieder zurückgenommen.
    Zur Begründung für die Ablehnung der Anzeige gab das Unternehmen das Verbot der Förderung von Tabak oder tabakbezogenen Produkten, einschließlich der E-Zigaretten, an.
    Jetzt hätten die Verantwortlichen ihre Meinung geändert und das Verbot zurückgenommen, heißt es.

    Weniger kritisch geht das US-amerikanische Unternehmen mit rassistischen und volksverhetzenden Kommentaren auf seinen Seiten um.
    Aktuell ermittelt die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen Facebook. Ein Würzburger Anwalt hat Anzeige erstattet. Seiner Ansicht nach machen sich die Facebook-Manager „wegen der Verbreitung und Zugänglichmachung volksverhetzender Inhalte strafbar“, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ). Für den Anwalt ist es nicht hinnehmbar, dass in Deutschland die „Community Standards“ (deutsch: Gemeinschaftsstandards) eines Unternehmens mehr gälten als das Grundgesetz.

    Die Firma halte rassistischen Postings (deutsch: Beiträge, z.B. in sozialen Netzwerken) für vereinbar mit ihren Standards, schreibt die SZ. Eine Entfernung verstoße laut Facebook gegen die Meinungsfreiheit.
    red

    (DTZ 43/15)

  • Nach Urteil: BAT legt nach

    HAMBURG // Die Marke Lucky Strike ist seit ihrer Einführung in Deutschland im Jahr 1989 für ihre satirisch-ironische Werbung bekannt. Sie kommentierte in Hunderten von Plakaten und Anzeigen Themen aus Zeitgeschehen und Politik. Stets mit Augenzwinkern und dem bekannten Mechanismus Headline plus Lucky Strike Packung. So auch in zwei Kampagnen aus den Jahren 2000 und 2003.

    Sowohl Prinz Ernst August von Hannover als auch Dieter Bohlen sahen ihre Persönlichkeitsrechte durch diese ironische Werbung verletzt und klagten sich durch verschiedene Instanzen wie das Oberlandesgericht Hamburg über den Bundesgerichtshof, der 2008 ihre Klagen abgewiesen hatte, zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), der vor wenigen Tagen sein Urteil fällte.


    Klagen unbegründet

    Der EGMR hat die Klagen von Dieter Bohlen und Prinz Ernst August von Hannover als nicht begründet zurückgewiesen. Das Gericht ist der Auffassung, dass der Bundesgerichtshof in seinen Entscheidungen in fairer Weise zwischen den Persönlichkeitsrechten einerseits und dem Recht auf Meinungsfreiheit anderseits abgewogen habe. Die Werbung sei satirisch und nicht herabsetzend gewesen. Zudem hatten die Kläger selbst die Anlässe geliefert, die zu einer ausführlichen Presseberichterstattung und zu öffentlichen Diskussion führten. Ihr Schutz auf „Privatheit“ hatte sich damit durch eigenes Zutun eingeschränkt.

    Meinungs- und Werbefreiheit
    „Bekanntlich sollten ja diejenigen, die austeilen, auch einstecken können … Vor allem dann, wenn Deutschlands Werbe-Superstar Lucky Strike mit ironischen Anspielungen Bekanntes aus gesellschaftlichem Leben und Presse kommentiert. Wir teilen die Auffassung des EGMR, dass wir mit unseren damaligen Werbemotiven für die Marke 'Lucky Strike´ über Dieter Bohlen und Prinz Ernst August von Hannover öffentliche Themen aufgegriffen und ironisch verarbeitet haben, ohne ihre Privatsphäre verletzt zu haben. Denn Satire bedeutet ja nicht immanent Herabsetzung. Wir begrüßen diese Entscheidung für Meinungs- und Werbefreiheit“, kommentiert Stephan Rack, Corporate Affairs Manager bei British American Tobacco Germany.
    red

    (DTZ 09/15)