Schlagwort: Lungenerkrankungen

  • „Viele Fehlinformationen“

    LONDON // Seit kurzem hat das amerikanische E-Zigaretten-Unternehmen Juul einen Medizinischen Direktor. Auf dem jüngsten „E-Cigarette Summit“ in London haben Marc Reisner, Chefredakteur von DTZ, und Sophie Jean, Korrespondentin in London, Mark Rubinstein getroffen, um über jugendliche Dampfer, Lungenerkrankungen und die Aussichten für sein Unternehmen zu sprechen.

    Doktor Rubinstein, was haben Sie bisher gemacht?
    Mark Rubinstein: Ich bin Mediziner und war bis zu meinem Eintritt bei Juul Labs praktizierender Arzt. Mein Schwerpunkt liegt in der Gesundheitsprävention bei Teenagern. Und mein Ziel ist es, zu verhindern, dass Jugendliche mit dem Rauchen anfangen.

    Und wie sind Sie zu Juul gekommen?
    Rubinstein: Ich bin zu Juul gekommen, um dort über Nikotinsucht zu recherchieren. Viele meiner Kollegen an der Uni haben das Potenzial der E-Zigarette gesehen, waren aber zugleich frustriert über die Fehlinformationen, die auch von unserer Universität kamen. Es gab eine klare Trennung zwischen Pros und Antis. Ich wollte helfen, aufklären, vermitteln.

    Das ist auch notwendig. In den USA gab es schlimme Fälle von Lungenerkrankungen, die offenbar durch Vitamin-E-Acetat verursacht wurden …
    Rubinstein: Lassen Sie mich zunächst klarstellen, dass Juul kein Cannabis, kein Cannabisöl oder THC-Produkte verkauft, so dass es hier keinen unmittelbaren Zusammenhang zu unseren Produkten gibt.


    Okay, aber warum ist dieses Acetat so gefährlich?

    Rubinstein: Weil laut CDC …

    … das ist eine amerikanische Gesundheitsbehörde …
    Rubinstein: … das Öl aus dem Vitamin E-Acetat offenbar die Lunge reizt und Ablagerungen in der Lunge hinterlässt. Das wiederum kann eine sogenannte lipoide Pneumonie verursachen – eine Entzündung der Lunge.

    Können Verbraucher gefährliche Flüssigkeiten erkennen?
    Rubinstein: Eine gute Frage. Aber ich fürchte: leider nicht. Vitamin-E-Acetat hat ziemlich genau die gleiche Farbe und Viskosität wie THC-Öl. Wenn Sie also eine gepantschte THC-Patrone hochhalten und schütteln, sieht der Inhalt genauso aus wie reines THC.

    Das THC-Öl wurde gestreckt?
    Rubinstein: Genau. Es ist wie zu den Hochzeiten des Kokains, als die Leute den Stoff mit Talkumpuder verschnitten, um ihre Gewinne zu maximieren. Das machen diese Kriminellen auch mit illegalem THC. Die CDC empfiehlt daher auch, THC-Öl nur in Apotheken zu kaufen.

    Die US-Gesundheitsbehörde FDA teilte bereits am 5. September mit, dass die Krankheit mit einem Vitamin E-Acetat in Verbindung gebracht werden könne. Glauben Sie, dass die Behörde Fehler begangen hat, als sie die Öffentlichkeit nicht früher warnte?
    Rubinstein: Ich denke, jeder in den Staaten ist ein wenig ratlos darüber, warum es so lange gedauert hat, bis man zur Wurzel dieses Problems gelangt ist. Wenn die betroffenen jungen Männer früher zugegeben hätten, dass sie Cannabis-Produkte konsumiert haben, hätte man da schneller sein können.


    Sie sprechen immer von jungen Männern …

    Rubinstein: Ja, denn es waren fast nur junge Männer. Die Zahlen und das Alter stimmen mit den Daten von Cannabis-Konsumenten überein und unterscheiden sich von denen von E-Zigaretten-Nutzern. E-Zigaretten werden fast zu gleichen Teilen von Männern und Frauen gedampft.

    Dieses Problem hat den gesamten Markt getroffen. Wird er sich erholen?
    Rubinstein: Wir hoffen es. Viele Menschen sind irritiert, weil immer von Cannabis- oder E-Zigaretten die Rede ist. Diese scheinbare Verbindung macht den Leuten Angst.

    Ist es ein Problem, dass von E-Zigaretten gesprochen wird, statt etwa von ENDS?
    Rubinstein: Eine solche Umbenennung wäre sinnvoll. Bei ENDS handelt es sich um elektronische Geräte zur Nikotinabgabe, Tabakerhitzer werden also auch erfasst.

    Dabei steht ENDS für Electronic Nicotine Delivery Systems.
    Rubinstein: Genau.

    In Deutschland verzeichnen die Fachgeschäfte Umsatzeinbrüche um bis zu 80 Prozent. Wie sieht es in den USA aus?
    Rubinstein: Da gibt es Sorgen vor allem bei den Anbietern offener Systeme, weil diese leicht manipuliert werden können. Auch bei Patronen gibt es keine absolute Sicherheit. Aber auch aus wirtschaftlichen Gründen ist das Befüllen von Pods mit THC-Öl nicht sinnvoll. Das gibt es praktisch nicht.

    Gibt es Ihrer Meinung nach Länder, die der E-Zigarette besonders offen gegenüberstehen?
    Rubinstein: Großbritannien ist sicher das freundlichste Land in Bezug auf E-Zigaretten und Schadensminderung im Allgemeinen. Für mich ist es interessant, dass E-Zigaretten unter Ärzten ein so heißes Thema geworden sind. In mancher Hinsicht ähnelt die Situation der bei Impfstoffen, die oft umstritten sind. Ich bin jedoch der Ansicht, dass alle Ärzte Impfstoffen positiv gegenüberstehen.

    Muss man Ärzte besser über die relativen Risiken von E-Zigaretten im Vergleich zum Rauchen aufklären?
    Rubinstein: Das ist eine schwierige Frage. Je mehr Untersuchungen belegen, dass E-Zigaretten Erwachsenen den Übergang von Tabakzigaretten erleichtern, dass E-Zigaretten einen weitaus geringeren Gehalt an giftigen Dämpfen aufweisen als Zigaretten und dass E-Zigaretten nicht mit den Lungenerkrankungen zusammenhängen, desto größer wird auch die Akzeptanz unter Medizinern sein.

    Noch aber ist Nikotin das Thema vieler Mediziner?
    Rubinstein: Ja, und es gibt viele Fehlinformationen, etwa, dass Nikotin Krebs verursacht oder der Schuldige an vielen Krankheiten ist – und nicht die Nebenstoffe der Tabakverbrennung.

    Wie gefährlich ist denn Nikotin in E-Zigaretten?
    Rubinstein: Ich würde niemals sagen, dass es sicher ist, und es ist definitiv für Jugendliche nicht sicher. Leider experimentieren Jugendliche, wir wissen das, mit allen möglichen Dingen. Sehen Sie: Ich habe in einer Klinik für Teenager gearbeitet, und wir hätten dicht machen können, würden Jugendliche nicht experimentieren, denn wir hätten keine Fälle von sexuell übertragbaren Krankheiten, ungewollten Schwangerschaften und so fort. Aber im Ernst: Ich möchte nicht, dass Jugendliche Nikotin konsumieren. Aber für erwachsene Raucher ist das Nikotin ohne die schädlichen Bestandteile der Verbrennung definitiv weniger gefährlich.

    Juuls Hauptzielgruppe sind Raucher. Was halten Sie vom Dual-Use?
    Rubinstein: Das ist eine gute Frage. Wissen Sie, wir forschen intensiv. In Kürze werden wir eine Studie veröffentlichen, die zeigt, dass Geschmacksrichtungen für Erwachsene wichtig sind, um einen vollständigen Wechsel zu vollziehen. Raucher, die Frucht- und andere Aromen verwenden, werden mit größerer Wahrscheinlichkeit vollständig auf E-Zigaretten umsteigen als Erwachsene, die Tabakaromen verwenden und deshalb eher parallel rauchen und dampfen.

    Wie sehen Sie die Rolle von E-Zigaretten in – sagen wir – fünf Jahren?
    Rubinstein: In den USA liegt der Tabakzigarettenkonsum jetzt auf dem niedrigsten Stand aller Zeiten, auch bei Teenagern. Das ist auch eine Folge der zunehmenden Verbreitung von E-Zigaretten, die sich fortsetzen wird. Es wäre toll, wenn Erwachsene das Rauchen aufgeben würden. Ich selbst mag auch das Passivrauchen nicht.


    Sie haben nie selbst geraucht?

    Rubinstein: Wissen Sie, als ich ein Teenager war, habe ich es versucht. Aber ich mag den Geruch nicht.


    Und dampfen Sie?

    Rubinstein: Ich habe es einmal versucht, als ich zu Juul kam, um zu sehen, wie es schmeckt.


    Herr Rubinstein, herzlichen Dank für dieses Gespräch.

    max

    (DTZ 49/19)

  • Dampfen bleibt unbedenklich

    BERLIN // Dampfer sollten darauf verzichten, das Gemisch für ihre E-Zigaretten selbst herzustellen. Das gilt besonders dann, wenn die Konsumenten keine ausreichenden Kenntnisse und Erfahrungen haben. Darauf hat jetzt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hingewiesen.

    Gefahr beim Selbstmischen
    Beim Selbstmischen bestehe zum Beispiel die Gefahr, dass Mineral- und Pflanzenöle verwendet werden. Öle sollten unter keinen Umständen in Liquids enthalten sein und könnten bei einem Inhalieren zu schweren Atemwegserkrankungen führen. Auch von E-Zigaretten und Gemischen (sogenannten E-Liquids) unklarer Herkunft und Zusammensetzung sei abzuraten. Das Bundesinstitut für Risikobewertung reagiert damit auf Berichte, denen zufolge gehäuft schwere Lungenerkrankungen bei Dampfern in den USA aufgetreten sind und es mehrere Todesfälle gab.

    „Konsumenten von E-Zigaretten in Deutschland drohen nach aktuellem Kenntnisstand keine erhöhten Risiken, sofern sie Produkte verwenden, die europäischen und deutschen Regelungen entsprechen“, sagt BfR-Präsident Andreas Hensel. „Dennoch sollten Dampfer auf Symptome wie Atembeschwerden oder Schmerzen im Brustbereich achten, besonders nach einem Produktwechsel.“

    Problematisch könnten auch nikotinfreie Liquids sein
    In der E-Zigarette wird eine – in der Regel nikotinhaltige – Flüssigkeit erhitzt, so dass sie verdampft und eingeatmet werden kann. Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch sind E-Zigaretten nach heutigem Wissen weniger gesundheitsgefährdend als konventionelle Tabakerzeugnisse. Unzureichend untersuchte Inhaltsstoffe, Verunreinigungen oder neue Liquid- und Verdampferprodukte könnten jedoch die gesundheitlichen Risiken erhöhen, so das BfR. Bei leistungsstarken Sub-Ohm-Modellen gelangten zudem große Mengen des Dampfes direkt in die Lunge. Die Auswirkungen seien noch weitgehend unerforscht. Problematisch könnten auch nikotinfreie Liquids sein. Sie fielen nicht unter das Tabakrecht und müssten daher keine tabakrechtlichen Bestimmungen einhalten, etwa Verwendungsverbote für gesundheitlich bedenklichen Inhaltsstoffe und die geltenden Meldepflichten. Bei Meldungen beziehungsweise Nachfragen an die Giftinformationszentren sind häufig selbstgemischte E-Liquids die Ursache.

    In den USA wurde innerhalb kurzer Zeit eine Reihe schwerer Lungenerkrankungen mit Atemnot, Husten und Brustschmerzen gemeldet. Es wurde über Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Bauchschmerzen berichtet. Die betroffenen Dampfer sind laut einer Studie im Fachblatt „New England Journal of Medicine“ im Mittel 19 Jahre alt. Sie verwendeten zum überwiegenden Teil Cannabis-Produkte, die nicht aus dem regulären Handel stammten. Welche Substanz oder welche Faktoren die Lungenleiden auslösten, ist noch ungeklärt.

    Dass die Probleme innerhalb eines kurzen Zeitraums auftraten und vor allem junge Menschen betroffen sind, spricht aus Sicht des BfR dafür, dass eher ein begrenztes Problem vorliegt. Eine detaillierte Aufklärung der Ursachen des Geschehens in den USA sei notwendig, um weitere Empfehlungen geben zu können.

    red

    (DTZ 44/19)

  • USA wollen Aromen für E-Zigaretten verbieten

    WASHINGTON // Die US-Regierung plant ein landesweites Verbot von E-Zigaretten mit Aromastoffen.

    Nach Angaben des US-Gesundheitsministers Alex Azar arbeitet die Gesundheitsbehörde der USA, die FDA (Food and Drug Administration) derzeit an Richtlinien, die alle Geschmacksrichtungen mit Ausnahme von Tabak vom Markt verbieten sollen.

    Präsident Donald Trump hatte vor wenigen Tagen erklärt, er sei beunruhigt über die Erkrankungswelle im Zusammenhang mit E-Zigaretten. In den letzten Monaten häuften sich in den USA Meldungen über ungeklärte Lungenerkrankungen nach dem Konsum von E-Zigaretten.

    450 Fälle wurden bekannt, sechs Menschen starben.

    In Deutschland oder Europa ist bislang kein ähnlicher Anstieg solcher Fälle bekannt.

    red

    (DTZ 38/19)

  • FDA warnt vor THC-haltigen illegalen Produkten

    BERLIN // Mittlerweile gibt es verlässliche Beweise dafür, dass der größte Teil der kürzlich aufgetretenen Lungenerkrankungen in den USA auf illegale Schwarzmarktprodukte zurückzuführen sind, die THC-Öl enthalten. Nicht auf E-Zigaretten selbst oder im Fachhandel angebotene E-Liquids.

    Das betont das Bündnis für Tabakfreien Genuss in einer Pressemitteilung. Die Arznei- und Lebensmittelbehörde der USA, die Food and Drug Administration (FDA), habe entsprechend reagiert und eine Mitteilung zu den Vorfällen veröffentlicht. Darin informiert die FDA: „In vielen der von den Bundesstaaten gemeldeten Krankheitsfällen haben die Patienten bei Gesprächen mit dem Gesundheitspersonal oder in Folgeinterviews mit Mitarbeitern der Gesundheitsabteilung die Verwendung von THC-haltigen Produkten bestätigt.“ In diesem Zusammenhang warnt die US-Behörde die Konsumenten vor dem Kauf illegaler Produkte.

    Im US-Bundesstaat Wisconsin wurde vor wenigen Tagen ein Hersteller von illegalen THC haltigen Liquidpatronen angeklagt, der seit Januar 2018 solche Produkte in großer Zahl in Umlauf gebracht haben soll.

    E-Zigaretten sind nicht die Ursache

    Diese Erkenntnisse mache deutlich, dass die Ursache für die Vorfälle in den USA nicht bei der handelsüblichen E-Zigarette und den regulär verkauften Liquids liege, sondern ausschließlich bei unregulierten und mit Drogen versetzten Liquids, die illegal auf dem Schwarzmarkt verkauft werden, betont das BfTG.

    An dieser Stelle appelliert das Bündnis für Tabakfreien Genuss (BfTG) an die Medien künftig auf irreführende Schlagzeilen wie „Tote durch E-Zigarette“ oder ähnliche Formulierungen zu verzichten. „Diese entsprechen nicht den Tatsachen und bringen eine ganze Branche nachhaltig in Misskredit“, betont das BfTG.

    pi

    (DTZ 38/19)