Schlagwort: Kautabak

  • Vertriebsverbote für neue Kautabakprodukte rechtskräftig

    LEIPZIG // Vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wurde in letzter Instanz die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision abgewiesen. Damit bestätigte sich das Vertriebsverbot auf dem deutschen Markt für die neuartigen Kautabak-Erzeugnisse (Tobacco Chewing Bags) „Thunder Frosted Chewing Bags“ und „Thunder Chewing Tobacco“ des dänischen Herstellers V Tobacco und für dessen deutschen Vertriebspartner, die Günter Hartmann Tabak Vertriebsgesellschaft in Kempten.

    Die Auseinandersetzung beschäftigt die Gerichte seit dem Jahr 2014. Seinerzeit war das Ordnungsamt der Stadt Kempten nach einem Gutachten des Bayrischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Tabakerzeugnisse zum anderweitigen oralen Gebrauch als Rauchen oder Kauen bestimmt sind. Diese Produkte gelten auf Grund ihrer Struktur, ihrer Konsistenz und der Art der Verwendung als verbotene Tabakerzeugnisse. Sie wurden mit schwedischem Snus verglichen, der in Deutschland nicht verkauft werden darf.

    Weitere Etappen
    Gegen diese Auffassung wurde in den Vorinstanzen ohne Erfolg geklagt. Weitere Etappen waren der Bayrische Verwaltungsgerichtshof, der das Verfahren im Juli 2017 aussetzte, um dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg im Zwischenverfahren verschiedene Fragen zur Auslegung der Beschreibung „Tabakerzeugnisse zum oralen Gebrauch, die zum Kauen bestimmt sind“, vorlegte.

    Nach dieser Intervention folgte das Urteil des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofs am 10. Oktober 2019. Demnach sind die Produkte als nicht verkehrsfähige Tabakerzeugnisse bewertet und die Berufung der Klägerin abgewiesen worden. Die Presse titelte damals zu dem Thema „Verbot von Kautabak zum Lutschen bleibt rechtens“ oder „kauen ja, lutschen nein“. Auch eine Zulassung der Revision beim Bundesverwaltungsgericht konnte nicht erwirkt werden. Die Beschwerde wurde nun in der Verwaltungsstreitsache abgewiesen.

    Rechtsmittel
    Damit sind alle Rechtsmittel ausgeschöpft, und es wird jetzt zu klären sein, mit welchem zeitlichen Ablauf und mit welchen Maßnahmen Hersteller, Vertriebspartner und Handel sich darauf einstellen müssen.

    Trotz der rechtlichen Auseinandersetzung über einzelne neuartige Produkte hat der Kautabak-Markt in den vergangenen Jahren eine sehr positive Entwicklung genommen. Gut sortierte Geschäfte verfügen bis zu 50 und mehr verschiedene Artikel der Kategorie Kautabak. Loser Kautabak, gepresste Tabak-Sticks und vor allem Chewing-Bags bestimmen das Sortiment. Da sich in diesem Markt weitere Anbieter, speziell mit Tobacco-Chewing-Bags, erfolgreich etabliert haben, ist nicht auszuschließen, dass sich die Verbote in Bayern für die übrigen Bundesländer auswirken werden. kdp

    26.06.2020

  • Kautabak: Rechtsstreit geht weiter

    ANSBACH // Günter Hartmann Tabakvertrieb hat beim Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Kautabak-Verfahren (DTZ berichtete) eingelegt. Der Bayrischen Verwaltungsgerichtshof hatte in seinem Urteil vom 10. Oktober 2019 die Revision nicht zugelassen. Die Klägerin hatte nach Vorliegen der Urteilsbegründung einen Monat Zeit, gegen diese Entscheidung anzugehen. Die Nichtzulassungsbeschwerde wird in Kürze dem BVerwG vorgelegt.

    Es geht um die Klage des Importeurs gegen Vertriebsverbote auf dem deutschen Markt für die Erzeugnisse „Thunder Frosted Chewing Bags“ und „Thunder Chewing Tobacco“ des dänischen Herstellers V Tobacco. Der Bayrische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hatte die Klage abgewiesen. Beide Produkte stufte der Senat als „Tabakerzeugnis zum oralen Gebrauch“ ein, das nicht zum Kauen im Sinne der europäischen Tabakrichtlinie bestimmt sei. Nach dem Tabakerzeugnisgesetz sind solche Produkte in Deutschland nicht erlaubt.

    Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hatte dazu mitgeteilt, dass diese Produkte nur zum Kauen bestimmt seien, wenn dadurch tatsächlich wesentliche Inhaltsstoffe freigesetzt würden. Der Kläger vertrat die Ansicht, es komme für die Einstufung „zum Kauen bestimmt“ (und damit erlaubt) darauf an, dass durch Kauen erheblich mehr der wesentlichen Inhaltsstoffe gelöst würden, als beim bloßen „im Mund Halten“ des Erzeugnisses. Dieser Argumentation folgten die Richter nicht.

    Bis zur endgültigen Klärung sind Ein- und Verkauf dieser Produkte für Handel und Hersteller zulässig.

    kdp

    (DTZ 03/20)

  • Verkauf geht weiter

    MÜNCHEN // „Kautabak-Verbot rechtens“ – unter dieser Überschrift hat DTZ über ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs berichtet (Ausgabe 43 vom 23. Oktober 2019). Nun hat das Gericht einige Punkte gegenüber DTZ konkretisiert.


    Das Urteil und seine Folgen

    Streitgegenstand waren die Erzeugnisse Thunder Frosted Chewing Bags und Thunder Chewing Tobacco des dänischen Herstellers V2 Tobacco. Das Urteil trifft daher keine Aussage zum Umgang mit anderen, womöglich ähnlichen Produkten mit anderen Namen oder von anderen Herstellern. Auch hat das Urteil nicht zwangsläufig Auswirkungen auf andere Bundesländer. Allerdings könnten sich Verwaltungsgerichte aus anderen Bundesländern daran orientieren, falls sie über ähnliche Streitgegenstände zu entscheiden haben.

    Ab wann die genannten Erzeugnisse nicht mehr vertrieben werden dürfen, richtet sich einerseits nach der Behördenentscheidung und zum anderen danach, ob und wann die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes rechtskräftig werden.

    Auch Hersteller stellten gegenüber DTZ fest, ihre Produkte seien von dem Urteil nicht unmittelbar betroffen, weil sie nicht Gegenstand des Gerichtsverfahrens waren. Der Verkauf und Vertrieb der Produkte werde fortgesetzt.

    Positive Ausblicke
    Aus dem Facheinzelhandel, der das wesentliche Sortiment für Kautabak vorhält und verkauft, gab Franz Fleischmann, Inhaber des Tabakfachgeschäftes Gerd Jansens Pfeifendepot in Hamburg-Eimsbüttel, DTZ Einblicke in den Kautabakmarkt: Mit der positiven Weiterentwicklung hätten Sortimentsbreite und Kundennachfrage erheblich zugenommen. Mehr als 50 Artikel gehörten mit großem Selbstverständnis heute zum Warenangebot. Auch der Vorteil, dass die sogenannten Bags Nikotingenuss auch dort ermöglichten, wo Rauchverbote bestehen, sowie das Interesse jüngerer Erwachsener gäben diesem Warenbereich zunehmende Bedeutung. Fleischmann verfolgt die Entwicklung wie viele andere Händler mit Interesse und hofft auf praxisnahe Lösungen.

    kdp

    (DTZ 45/19)

  • „Für den Handel profitabel“

    HAMBURG // Seit rund einem halben Jahr ist Gerald Tijssen jetzt als Market Manager bei Reemtsma im Amt. Über seine ersten Erfahrungen und seine Ziele sprach DTZ in der Hamburger Unternehmenszentrale mit dem Niederländer.

    Herr Tijssen, Sie waren für Imperial Brands unter anderem in den Niederlanden tätig, sind Holländer – wie war es für Sie, zu Reemtsma nach Deutschland zu kommen?
    Gerald Tijssen: Sehen Sie: Für mich ist es immer noch das gleiche Unternehmen. Was mich besonders gereizt hat, ist die Dynamik im deutschen Markt. Und dieser Markt spielt innerhalb unserer Konzerngruppe eine bedeutende Rolle, ist einer unserer Schlüsselmärkte.

    Wo sehen Sie die Dynamik?
    Tijssen: Vor allem in den neuen Kategorien, in denen wir unterwegs sind. Immerhin sind wir hier schon seit einem Jahr mit MyBlu am Start. Und wir machen jetzt einen großen Schritt mit unserem neuen Kautabak Skruf.

    Spannend.
    Tijssen: Auf jeden Fall. Jedenfalls bedienen wir nicht nur die sich verändernden Konsumentenwünsche nach neuen Alternativen zur Nikotinaufnahme – wir schaffen mit unseren neuen Produkten sowohl uns als auch dem Handel neue Möglichkeiten. Zum Beispiel hat mich vor kurzem ein großer Sportverein angerufen und gefragt, ob wir nicht Sponsor werden wollen. Zwar sponsern wird aufgrund unseres Marketingkodexes keine Sportthemen – aber was ich sagen will: Das wäre nie geschehen, wenn wir noch ein klassisches Tabakunternehmen wären.

    Das bedeutet …
    Tijssen: … dass die Welt uns zunehmend mit anderen Augen sieht und sieht, dass hier ein Wandel passiert.

    Kommen wir zurück zu Ihrem Start in Deutschland.

    Tijssen: Okay. Ein paar Unterschiede in der Mentalität gibt es schon. In Deutschland ist vieles anders. Deutschland ist sehr „gründlich“ und „pünktlich“*. Und ich versuche jetzt, das mit meiner holländischen Hands-on-Mentalität zu verknüpfen.

    Wie sieht das dann aus?
    Tijssen: Gründlich zu sein ist wichtig, aber jetzt müssen wir auch loslegen! Wenn uns diese Kombination gelingt, dann machen wir einen guten Job.


    Und wie war der Schritt nach Hamburg für Sie ganz persönlich?

    Tijssen: Aufregend. Meine Familie lebt in der Nähe von Amsterdam. Die sehe ich jetzt nur am Wochenende – das hat aber auch etwas für sich, weil ich mich unter der Woche voll auf die Arbeit konzentrieren kann. Und Hamburg ist toll – meine Familie besucht mich häufig …

    Mit Reemtsma haben Sie einen Arbeitgeber mit langer Geschichte …
    Tijssen: … und sehr solider Reputation im Markt, ja. Ich finde es sehr wichtig, diese traditionellen Werte zu bewahren, denn auch deshalb vertrauen unsere Partner uns. Das gilt umso mehr, als wir unsere Produktpalette verändern. Die Konsumenten sehen sich immer mehr nach weniger schädlichen Alternativen zum Rauchen um, das Dampfen gewinnt an Bedeutung. Das bedeutet für uns, dass auch wir als Unternehmen uns verändern müssen.

    Aber die Zigarette spielt schon noch eine Rolle?
    Tijssen: (lacht) Sie wollen, dass ich sage, wir brauchen die Zigarette nicht mehr! Nein, nein, nein. Ich sehe das ganz anders als so mancher Wettbewerber. Da hört man nette PR-Statements, aber realistisch ist das nicht. Für unsere Handelspartner macht die Zigarette manchmal 80 oder 90 Prozent ihres Umsatzes aus. Da haben wir eine Verantwortung. Aber auch der Konsument fragt klassische Tabakprodukte noch immer nach. Warum sollten wir so tun, als würden wir keinen Tabak mehr verkaufen wollen? Ich sehe das eher als Übergangsphase. Wir bei Reemtsma möchten das Tabakgeschäft in seiner bestehenden Form so lange erhalten, wie der Konsument die Produkte nachfragt. Und dadurch, dass wir uns bei den neuen Kategorien engagieren, stellen wir sicher, dass wir auch künftig die Wünsche der Konsumenten erfüllen können.

    Sie sprechen von E-Zigaretten?
    Tijssen: Genau. Diese ist für die Zukunft sehr wichtig. Und ich spreche von Kautabak, der auch sehr wichtig werden wird. Das ist alles kein „Entweder-oder“, sondern ein „Sowohl-als-auch“. Es gibt für den erwachsenen Raucher mehrere Optionen, Nikotin zu sich zu nehmen – unsere Aufgabe ist es, die Konsumentennachfrage verantwortungsvoll zu bedienen.

    Das wird den Handel freuen.
    Tijssen: Wenn Sie sich heute ein typisches Geschäft anschauen, dann nimmt der Umsatz mit Zeitungen und Zeitschriften, mit Tabak, mit vielen Produkten ab. Also müssen wir den Handel unterstützen. Das tun wir zum Beispiel, indem wir ihm die Chance bieten, mit neuen Produkten neue Kunden zu gewinnen.

    Diese Botschaft kommt im Handel an?
    Tijssen: Meine ersten sechs Monate hier habe ich nicht zuletzt dafür genutzt, den Händlern zuzuhören. Da habe ich klares Feedback bekommen. Die Erwartungen und Anforderungen des Handels sind sehr klar.

    Stehen die Bedürfnisse der Konsumenten dem entgegen?
    Tijssen: Nein. Die Konsumenten wollen smarte Lösungen. Die müssen wir bieten, damit das Geschäft auch für den Handel profitabel bleibt. So haben wir gerade drei neue Davidoff-Produkte auf den Markt gebracht – hochwertiger Tabak, wertige Verpackung, verbesserte Filter und Papier, das für eine geringere Rauchentwicklung sorgt. Also: Wir fokussieren nicht nur auf die neuen Kategorien.

    Ihren Hauptumsatz machen Sie mit Tabakwaren?
    Tijssen: Absolut, ja. Wenn wir allerdings einen Blick auf Myblu werfen, stellen wir fest, dass sich die Zahlen im ersten Halbjahr ausgezeichnet entwickeln. Kurze Zeit nach dem bundesweiten Start in 2018 haben wir laut Nielsen die Marktführerschaft übernommen. Und wir haben diese Position laut den aktuellen Zahlen immer noch inne, obwohl ja neue Wettbewerber in den Markt eingetreten sind.


    Konkurrenz belebt ja bekanntlich das Geschäft.

    Tijssen: Tatsächlich halte ich das für positiv. Dadurch wird das Spiel spannender. Aber im Ernst: Der zunehmende Wettbewerb sorgt natürlich für mehr Aufmerksamkeit. Und der Markt ist so groß, dass alle Player wachsen können. Aber wir wollen die Nummer 1 bleiben.

    Wie hoch ist denn Ihr Marktanteil derzeit?
    Tijssen: Fast 27 Prozent.

    max

    Lesen Sie das vollständige Interview in unserer Printausgabe DTZ 24/19.

  • Lutschen oder kauen?

    MÜNCHEN // Mit einer Vorlage des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes in Sachen Kautabak hat sich jetzt der Europäische Gerichtshof (EuGH) auseinandergesetzt. Das Urteil der Luxemburger: Als Kautabak gilt nur der Tabak, bei dem die Inhaltsstoffe durch Kauen freigesetzt werden. Ein Lutschen sei nicht ausreichend.

    Hintergrund: Die Stadt Kempten hatte einem Tabakvertrieb verboten, zwei bestimmte Produkte zu verkaufen. Das Unternehmen klagte. Und da es sich um eine Frage europäischen Rechts handelt, landete der Fall schließlich vor dem EuGH.

    Nach europäischem Recht ist Kautabak erlaubt; andere Tabakformen zum oralen Gebrauch sind dagegen verboten. Typisches Beispiel: Snus. Die Tabakpäckchen werden meist zwischen Zahnfleisch und Wange gedrückt und entwickeln dort ihre Wirkung. Snus darf in Schweden vertrieben werden, in der Europäischen Union nicht.

    Der Streit, in dem die höchsten europäischen Richter jetzt entschieden haben, muss nun in Bayern weiter verhandelt werden. Dort muss die Justiz klären, ob es sich bei den fraglichen Produkten tatsächlich um – erlaubten – Kautabak handelt.

    red

    (DTZ 43/18)