Schlagwort: Corona

  • Quo vadis, deutsche Wirtschaft?

    WIESBADEN / NÜRNBERG / MÜNCHEN // Trotz rapide sinkender Inzidenzen und – auf Landes-, Kreis- und zum Teil sogar auf kommunaler Ebene – differenzierten Lockerungen der Corona-Maßnahmen ist die Stimmung in der Wirtschaft weiter verkatert. DTZ nennt aktuelle Zahlen.

    Corona-Krise
    Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank im ersten Quartal 2021 gegenüber dem Vorquartal um 1,8 %. Das teilt das Statistische Bundesamt mit. Nachdem sich die deutsche Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte 2020 zunächst etwas erholt hatte (+8,7 % im 3. Quartal und +0,5 % im 4. Quartal), führte die Corona-Krise zum Jahresbeginn 2021 zu einem erneuten Rückgang der Wirtschaftsleistung. Gegenüber dem vierten Quartal 2019, dem Quartal vor Beginn der Corona-Krise, war die Wirtschaftsleistung 5,0 Prozent geringer.


    Verschärfte Einschränkungen

    Besonders deutlich machten sich die anhaltenden und teilweise verschärften Einschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zum Jahresbeginn bei den privaten Konsumausgaben bemerkbar: Diese lagen 5,4 Prozent niedriger als im Vorquartal. Kein Wunder, dass auch die Bruttowertschöpfung im Handel (inklusive Verkehr und Gastgewerbe) im ersten mit 3,2 Prozent erheblich niedriger lag als im Vorquartal.

    Im Vorjahresvergleich lag das BIP im ersten Quartal 2021 preisbereinigt 3,4 Prozent niedriger als im ersten Quartal 2020. Einer der Gründe: die deutliche Konsumzurückhaltung im privaten Bereich (-9,1%). Der Bereich Handel, Verkehr, Gastgewerbe trug ein Minus von 8,2 Prozent zur Bruttowertschöpfung bei.

    Erfreulicher die Lage am Arbeitsmarkt
    Erfreulicher ist die Lage am Arbeitsmarkt. So ist das IAB-Arbeitsmarktbarometer im Mai gegenüber dem Vormonat deutlich um 2,0 auf 104,6 Punkte gestiegen. Der Frühindikator des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt damit positive Aussichten für die Arbeitsmarktentwicklung an. Zuletzt stand das Arbeitsmarktbarometer im März 2018 so günstig.

    Der Positivtrend des IAB-Arbeitsmarktbarometers setzt sich damit fort. Die Arbeitsagenturen werden in ihren Einschätzungen zur Arbeitsmarktentwicklung optimistischer. „Die Aussicht auf deutliche Lockerungen der Corona-Einschränkungen lässt die Arbeitsmarkterwartungen nach oben springen“, sagt Enzo Weber vom IAB.

    Die Aussichten bei der Beschäftigungsentwicklung haben sich weiter verbessert. Die entsprechende Komponente des IAB-Arbeitsmarktbarometers legte im Mai um 1,2 Punkte zu und liegt nun bei 103,2 Punkten. „Die Zeichen stehen auf Erholung, aber ein Rekordbeschäftigungswachstum wie in den Jahren vor der Krise ist noch nicht in Sicht“, so Weber.

    Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft
    Optimistisch zeigt sich das Münchner Ifo-Institut: Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft habe sich merklich verbessert. Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist im Mai von 96,6 auf 99,2 Punkte gestiegen. Dies ist der höchste Wert seit Mai 2019. Die Unternehmen waren zufriedener mit ihrer aktuellen Geschäftslage. Zudem blicken sie deutlich optimistischer auf die kommenden Monate. Die deutsche Wirtschaft nimmt Fahrt auf.

    Auch im Handel konnte der Index deutlich zulegen. Die Händler waren zufriedener mit ihrer aktuellen Geschäftslage. Zudem kehrte ein vorsichtiger Optimismus bei den Erwartungen zurück. Dabei hoffen die Einzelhändler vor allem auf weitere Lockerungen.

    red

  • Kostenexplosion bei Ware aus Fernost befürchtet

    MAINZ // Als der Supertanker „Ever Given“ tagelang den Suez-Kanal blockierte, machte sich das hierzulande anhand von Lieferengpässen bestimmter Waren und Rohstoffe bemerkbar.

    Folgenschwere Panne
    Doch nicht nur diese folgenschwere Panne bereitete den Importeuren in Europa Kopfzerbrechen: Seit längerem ist eine Kostenexplosion im Transportwesen aus Fernost zu beobachten. Der Grund: Neben der Verteuerung der Erzeugnisse im chinesischen Herstellungsland selbst sind auch weltweit zu wenig Container im Einsatz, um die Waren von Fernost nach West zu schiffen. Auf der anderen Seite wird vergleichsweise wenig von Europa nach Fernost exportiert, so dass hier kein ausreichender Container-Transfer stattfindet. Zusätzlich sorgt die Corona-Pandemie dafür, dass in den Frachthäfen zu wenig Personal arbeitet, um den bestehenden Güterverkehr zu meistern.

    Frachtkosten explodieren
    Kostet in der Regel die Fracht eines Containers von China nach Deutschland etwa 2000 Euro, sind es jetzt 10 000 Euro. Die Folge: Durch die Erhöhung der Transportkosten von aktuell rund 500 Prozent werden sich auch die Produkte aus Fernost verteuern, wobei sich die Importeure gezwungen sehen, den Preisanstieg an den Handel weiterzugeben, dessen Kunde sich wiederum mit einer für ihn erst mal unerklärlichen Kostensteigerung konfrontiert sieht. Mag die Teuerung bei kleinen Artikeln wie einem Einwegfeuerzeug noch zu verschmerzen sein, da hier große Massen bewegt werden, können es bei einem Humidor schon 30 Prozent Aufschlag sein: Kostete beispielsweise ein Klimaschrank bislang 300 Euro im Laden, werden Konsumenten demnächst fast 400 Euro dafür berappen müssen.

    Fachleute im Speditionsgeschäft prognostizieren, dass der Höhepunkt der Entwicklung noch nicht erreicht sei und diese bis mindestens Ende des Jahres anhalte und sich wahrscheinlich noch bis ins nächste hinziehen könnte.

    jgw

  • Deutsche rauchen weniger

    HAMM // Der Anteil der Raucher ist in Deutschland seit einigen Jahren rückläufig. Im Jahr 2017 rauchten 26 Prozent der Männer und 19 Prozent der Frauen (ab 15 Jahre und älter). Das ist ein Fazit des neuen „Jahrbuchs Sucht“.

    Trend bei Jugendlichen
    Bei Jugendlichen zeichne sich seit rund 15 Jahren ein Trend zum Nichtrauchen ab. Dennoch sei das Rauchen in den Industrienationen das bedeutendste einzelne Gesundheitsrisiko und die führende Ursache vorzeitiger Sterblichkeit. Rund 127 000 Menschen seien im Jahr 2018 allein in Deutschland an den Folgen des Rauchens gestorben. Das wären 13,3 Prozent aller Todesfälle.

    Verbrauche bei Feinschnitt
    Deutlich gestiegen ist im Jahr 2020 der Verbrauch von Feinschnitt: Er lag bei 26 328 Tonnen (plus 10,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr). Das entspricht etwa 39,5 Milliarden selbstgedrehter Zigaretten. Möglicherweise ist dies auf die besonderen Handelsbedingungen und Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zurückzuführen: Da viele Urlaubsreisen in Nachbarländer pandemiebedingt ausfielen, habe ein Teil der Raucher auf der Suche nach Alternativen zu preisgünstigeren Zigaretten aus dem Ausland wohl vermehrt zum Feinschnitt gegriffen, um selbst Zigaretten zu drehen, so die Einschätzung der Experten im „DHS Jahrbuch Sucht 2021“.

    Bilanz
    Insgesamt rund 28,8 Milliarden Euro (plus 5,0 Prozent) hätten Konsumenten im Jahr 2020 für Tabakwaren ausgegeben. Die Nettoeinnahmen aus der Tabaksteuer stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 2,7 Prozent auf 14,6 Milliarden Euro.

    pi

  • Nun übernimmt der Bund das Ruder

    BERLIN // Seit mehr als 13 Monaten werden in Deutschland die Grundrechte als Mittel zur Bekämpfung der Corona-Pandemie eingeschränkt. Dazu zählen auch Zwangsschließungen zahlreicher Betriebe. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Tatsache, dass die Länder die Corona-Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz unterschiedlich ausgelegt haben, will nun der Bund das Kommando in der Corona-Politik übernehmen. Das hat auch für den Einzelhandel weitreichende Konsequenzen.

    Notbremse
    „Die bundeseinheitliche Notbremse ist überfällig,“ sagt Kanzlerin Angela Merkel. Deshalb ergänzt die Bundesregierung das Infektionsschutzgesetz. Wenn ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt eine Sieben-Tage-Inzidenz von 100 pro 100 000 Einwohner überschreitet, sollen dort ab dem übernächsten Tag bundeinheitlich festgelegte, zusätzliche Maßnahmen das Infektionsgeschehen bremsen. Diese Maßnahmen werden im neu eingefügten Paragraf 28 b des Infektionsschutzgesetzes geregelt.

    Kontakbeschränkungen
    Unter anderem sieht der Bund weitere Kontaktbeschränkungen für private Treffen und nächtliche Ausgangssperren vor. Für den Einzelhandel gelten folgende Regelungen:
    Die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln, Verbrauchsgütern des täglichen Bedarfs und existenziellen Dienstleistungen soll sichergestellt bleiben. Deshalb dürfen der Lebensmittelhandel einschließlich der Direktvermarktung, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Stellen des Zeitungsverkaufs, Buchhandlungen, Blumenfachgeschäfte, Tierbedarfsmärkte, Futtermittelmärkte und Gartenmärkte offen bleiben. Das gilt ebenfalls unter anderem auch für Poststellen. Voraussetzung bleiben die Beachtung entsprechender Hygienekonzepte und die Maskenpflicht.

    Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes
    Die am 13. April vom Bundeskabinett beschlossene Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes wird in den nächsten Tagen (nach Redaktionsschluss der DTZ-Prinzausgabe) im Bundestag beraten. Anschließend wird der Bundesrat beteiligt. Allerdings ist der Gesetzentwurf im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig.

    Impfung
    Dass die Bundesregierung nun das Zepter vollends in die Hand nimmt, stößt längst nicht überall auf Zustimmung. Angesichts des von weiten Teilen der Bevölkerung als zu langsam empfundenen Tempos bei den Impfungen hat die Regierung Ansehen im Hinblick auf die Krisenbewältigung verloren.

    Skeptische Stimmen
    So gibt es auch im Einzelhandel einige skeptische Stimmen. Gewarnt wird vor allem vor anhaltenden Lockdowns und noch härteren Einschnitten. „Jede Verschärfung der Maßnahmen bedeutet auch eine Verschärfung der Existenznot im Handel“, gibt Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), zu bedenken. Sollte die Notbremse wie geplant umgesetzt werden, bedürfe es daher angemessener staatlicher Finanzhilfen, die über die aktuellen Wirtschaftshilfen hinausgingen. Im Übrigen gebe es keine plausible Begründung dafür, den Nicht-Lebensmittelhandel ab einer Inzidenz von 100 zu schließen, „Click & Collect“ zu verbieten und strengere Kundenbegrenzungen im Lebensmittelhandel einzuführen. „Der Ansatz der Bundesregierung ist nicht zielführend. Es braucht schnelle und wirksame Maßnahmen für Infektionsherde, keine symbolische Notbremse für den Handel“, so Genth weiter.

    Testpflicht für Unternehmen
    Kritik gibt es auch an der Testpflicht für Unternehmen. Diese wird nicht zuletzt wegen zu hoher Kosten und der damit einhergehenden Bürokratie kritisiert. Zudem seien die Corona-Tests nicht in ausreichend großer Zahl vorhanden.

    Wie die Testpflicht für den deutschen Einzelhandel aussehen könnte, lässt sich in Berlin und Sachsen beobachten, denn in diesen beiden Ländern besteht bereits seit Ende März eine Testpflicht für das Personal. Arbeitgeber des Einzelhandels sind dort verpflichtet, den Beschäftigten, die an ihrem Arbeitsplatz präsent sind zweimal pro Woche ein Testangebot zu machen. Mitarbeiter mit direktem Kontakt zu Kunden müssen das Angebot annehmen und das Ergebnis vier Wochen aufbewahren. Die Kosten für die Tests sind von den Händlern zu tragen, können aber bei Vorliegen der Voraussetzungen im Rahmen der Überbrückungshilfe III erstattet werden.

    Selbstständige, die direkten Kontakt zu Kunden haben, sind verpflichtet mindestens einmal pro Woche, eine Testung mittels eines Point-of-Care (PoC)-Antigen-Tests vornehmen zu lassen. Der Nachweis muss ebenfalls für die Dauer von vier Wochen aufgehoben werden.

    red

  • Corona: Wer testet

    NÜRNBERG // Aktuell bieten knapp zwei Drittel der Betriebe in Deutschland ihren Beschäftigten Corona-Tests an oder planen dies zu tun. Das zeigt eine repräsentative Befragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

    32 Prozent der Firmen bieten ihren Beschäftigten bereits Tests an. 30 Prozent planen das zu tun, überwiegend innerhalb der nächsten vier Wochen.


    Testangebot

    Das Testangebot für Beschäftigte unterscheidet sich dabei je nach Größe des Betriebs. 60 Prozent der Firmen mit 250 und mehr Beschäftigten bieten ihren Mitarbeitern bereits Corona-Tests an, 34 Prozent der Großbetriebe planen es. Mit abnehmender Größe sinkt der Anteil der testwilligen Unternehmen. Aber auch bei Kleinstfirmen mit weniger als zehn Beschäftigten bieten immer noch mehr als die Hälfte (insgesamt 59 Prozent) Tests an oder haben es vor.

    Deutliche Unterschiede
    Auch nach Branchen lassen sich deutliche Unterschiede erkennen: Am meisten verbreitet sind Corona-Tests im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesen, wo bereits 58 Prozent der Firmen Tests anbieten und weitere 22 Prozent das planen. In den Feldern Verkehr und Lagerlogistik liegt das Testangebot mit 17 Prozent deutlich niedriger, weitere 28 Prozent planen aber das Angebot.

    „Es finden sich zudem Anzeichen auf ein mit der Zeit zunehmendes Testangebot der Unternehmen, da sich im Verlauf der Datenerhebung zwischen dem 22. März und dem 8.  April der Anteil der Firmen, die Tests anbieten, erhöht hat“, erläutert IAB-Forscher Jens Stegmaier.

    Mehrmals pro Woche
    Die IAB-Forscher haben auch gefragt, wem Tests bereits angeboten werden. 83 Prozent der Betriebe mit Testangebot wenden sich an alle Beschäftigte. 52 Prozent geben an, Tests mehrmals pro Woche anzubieten. Bei jeder dritten Firma sind sie zumindest für einen Teil der Beschäftigten sogar verpflichtend.

    vi

  • Schluss mit Lockdown

    BERLIN // „Nach einem Jahr mit Lockdowns und Einschränkungen ist der Einzelhandel auf eine schnelle Krisenbewältigung angewiesen.“ Darauf hat HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth hingewiesen. Jetzt seien zielgenaue Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie gefordert. Corona-Maßnahmen müssten dort ansetzen, wo die Infektionsgefahr erhöht ist, das sei im Einzelhandel und beim Einkauf nicht der Fall.

    Zeitliche Befristung
    Sollte die Politik einen weiteren Lockdown beschließen, erwartet der HDE dabei zwingend eine zeitliche Befristung mit einer verbindlichen Öffnungsstrategie. „Ein erneuter Lockdown darf lediglich eine zeitlich eng befristete Übergangslösung sein.“ Zudem müssten die Hilfen endlich dort ankommen, wo sie gebraucht würden. So bekämen etwa Unternehmen mit vielen Filialen keine ausreichende finanzielle Unterstützung.

    vi

  • Liebe Leserinnen, liebe Leser,

    es wird immer toller. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder fordert, dass in den nächsten Wochen auch Politiker unter 60 Jahren geimpft werden. Der Grund: „Nach meiner Überzeugung müssen die Parlamente in dieser Situation absolut handlungsfähig sein.“ Fragt sich, ob sie das sein müssen, denn Bundeskanzlerin Angela Merkel möchte ja am liebsten an den Ländern – und offenbar auch am Bundestag – vorbei regieren. Anders kann ihr Vorstoß in Sachen Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes nicht verstanden werden.

    Chaos in den Ländern
    Nun gut, wenn man sich das Chaos in den Ländern anschaut, möchte man ihr fast zustimmen. Zwei Beispiele: Wie „Bild“ genüsslich ausbreitete, dürfen Wohnmobile tagsüber auf rheinland-pfälzische Campingplätze fahren. Um 21 Uhr müssen sie jedoch wieder runter sein. Dann übernachten die Anhänger des mobilen Freizeitens auf öffentlichen Stellplätzen oder auf Waldparkplätzen. Damit sie dort kein Ticket bekommen, sollten sie aber zuvor etwas Alkohol trinken – dann nämlich gilt das Übernachten dort als „Wiederherstellung der Fahrtauglichkeit“. Im Klartext: Rausch ausschlafen und am nächsten Morgen zurück auf den Campingplatz zum Duschen. Zweites Beispiel: In Leipzig durften ab Dienstag nach Ostern der Einzelhandel, Museen und Galerien – unter Auflagen – wieder öffnen. Auch Sport und die sogenannten körpernahen Dienstleistungen sind teils wieder möglich. Zugleich verschärfte die Stadt einen Tag später die Corona-Regeln und verhängte ganztägige Ausgangsbeschränkungen. Vom „Gaga-Lockdown“ sprach „RTL“ treffend.

    Zahlen und spannende Studie
    Und was war sonst? Das Münchner ifo-Institut freut sich über die leichten Lockerungen der Corona-Beschränkungen im März. Sie hätten zu einem Rückgang der Kurzarbeiter von 2,9 auf 2,7 Millionen geführt.

    Spannend fand ich folgende Studie: Corona-Patienten haben demnach häufiger neurologische oder psychische Probleme als Menschen mit anderen Atemwegserkrankungen. Das Risiko für Angststörungen oder Stimmungsschwankungen liege um 44 Prozent höher als nach einer Grippe, hieß es. Welch Wunder! Den Menschen wird seit einem Jahr eingeredet, wird würden hunderttausende Tote allein in Deutschland zählen, und dann zeigt man sich überrascht, wenn jemand, der nach einem positiven Test um sein Leben bangt, mental angeschlagen ist?!

    Politische Schritte
    Noch ein kurzes Wort zu den Zahlen, mit denen derzeit die politischen Schritte begründet werden. Das Robert-Koch-Institut rechnet die Sieben-Tage-Inzidenzen recht großzügig aus. Denn nicht nur positive Testergebnisse der zurückliegenden Woche fließen in die Berechnung ein, sondern eine ganze Menge Daten mehr, die manchmal viele Monate alt sind. Das gilt übrigens auch für die Zahl der Verstorbenen.

    Im Schatten der Pandemie
    Im Schatten der Pandemie geht fast unter, dass die Bundesregierung am Eiltempo in Sachen Tabaksteuer festhält. Offenbar soll das Tabaksteuermodernisierungsgesetz tatsächlich noch in der laufenden Legislaturperiode verabschiedet werden. Das drückt die Stimmung vor allem der Hersteller neuartiger Produkte wie E-Zigaretten und Tabakerhitzer zusätzlich. Aber bestimmt macht Bundesfinanzminister Olaf Scholz noch ein paar Milliarden locker, um auch diese Unternehmen zu retten.

    Ich wünsche Ihnen ein wunderbares Wochenende.

    Herzlich,
    Marc Reisner,
    Chefredakteur DTZ

  • Aufwärtstrend wohl nur von kurzer Dauer

    NÜRNBERG // Das Konsumklima in Deutschland ist laut der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im März wegen erster Corona-Lockerungen gestiegen. Allerdings werde der aktuelle Lockdown der Kauflaune enorm schaden, der aktuelle Aufwärtstrend werde verpuffen, befürchten die Nürnberger Experten.

    Da nach dem GfK-Erhebungszeitraum vom 3. bis zum 15 März die Infektionszahlen wieder angestiegen sind und es außerdem zu Irritationen um den Impfstoff von Astrazeneca kam, sei es fraglich, ob die positive Entwicklung des Konsumklimas anhalten werde, teilte man bei der GfK mit. pi

  • Kein Ende in Sicht

    BERLIN // „Bund und Länder agieren nur noch im Tunnelmodus. Die alleinige Fixierung auf die Corona-Inzidenzwerte wird der komplexen Lage nicht gerecht. Die Maßnahmen müssen sich an den wissenschaftlichen Fakten orientieren und die zeigen, dass die Infektionsgefahr beim Einkaufen niedrig ist.“ Mit dieser Kritik reagiert Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), auf die von Bundes- und Länderregierungen beschlossene erneute Verlängerung des Lockdowns bis zum 18. April.

    Der Unmut über die Corona-Politik der Kanzlerin und der Ministerpräsidenten wächst spürbar. Vielen Bürgern und Unternehmern ist kaum noch zu vermitteln, warum ihre Grundrechte nach über einem Jahr Corona-Pandemie nach wie vor eingeschränkt werden, warum ihre Betriebe über Monate hinweg von Zwangsschließungen betroffen sind, während die Politik ihre Hausaufgaben nicht oder nur unzureichend löst.

    Unterdessen hinterlässt der seit über 100 Tagen andauernde Lockdown tiefe Spuren in den Geschäften, die nicht mit Lebensmitteln handeln. Aus der neuesten HDE-Umfrage unter knapp 1000 Händlern geht hervor, dass 54 Prozent der Bekleidungsgeschäfte und 58 Prozent der Läden mit Schuhen und Lederwaren die Insolvenz droht.

    „Künstlich am Leben gehaltene Unternehmen“
    In einer Studie kommen das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und der Verband der Vereine Creditreform zu dem Schluss, dass in der zweiten Jahreshälfte jenen Firmen eine Pleite droht, die aktuell durch staatliche Corona-Hilfen „künstlich am Leben gehalten“ werden. Auf diese Weise habe sich ein Rückstau bei den Insolvenzen in Höhe von etwa 25.000 überwiegend kleinen Betrieben gebildet, so die Autoren der Studie.

    Die Experten haben die Bonitätsdaten von etwa 1,5 Millionen Firmen ausgewertet und daraus abgeleitet, dass besonders kleine, finanziell schwache Betriebe, die unter normalen wirtschaftlichen Umständen sehr wahrscheinlich insolvent gegangen wären, ohne Perspektive auf eine erfolgreiche Sanierung durch staatliche Hilfen am Leben gehalten wurden – – so genannte „Zombie-Unternehmen“.

    Enorme Umsatzverluste
    Der HDE hat außerdem von den Händlern erfahren, dass die Umsatzverluste in der vergangenen Woche im Vergleich zu 2019 weiter enorm sind. Die geschlossenen Geschäfte in den Innenstädten machten 63 Prozent weniger Umsatz als vor zwei Jahren. Die Läden, bei denen ein Einkauf mit Terminvereinbarung möglich war, verzeichneten ein Minus von knapp einem Drittel. Mit knapp einem Fünftel im Minus landeten die Geschäfte, die mit Begrenzung der Kundenzahl geöffnet hatten.

    „Mit den Firmen wanken ganze Innenstädte", warnt Stefan Genth. Beim HDE geht man von Umsatzverlusten durch den Lockdown seit dem 16. Dezember von bis zu 40 Milliarden Euro aus. Und mit jedem geschlossenen Verkaufstag des aktuell bis 18. April verlängerten Lockdowns kämen weitere 700 Millionen Euro Verlust hinzu. In Berlin schätzt man, dass durch die 100 Tage Lockdown bis zu 120.000 Läden in Existenznot geraten könnten.


    Einzelhandel braucht Öffnungsperspektive

    Genth verweist auf eine aktuelle, vom Robert-Koch-Institut bestätigte Studie der TU Berlin, aus der hervorgeht, dass die Wahrscheinlichkeit für Ansteckungen im Einzelhandel eher niedrig sei. „Die Branche darf nicht weiter aus symbolischen Gründen die Hauptlast bei der Bekämpfung der Pandemie tragen.“ Die Händler brauchten eine zeitnahe und realistische Öffnungsperspektive.

    Immerhin waren der Gründonnerstag und der Karsamstag als Ruhetage schnell wieder vom Tisch, was der HDE als ein Signal der Vernunft bewertete. Die kurzfristig vorgesehene Schließung des Lebensmittelhandels am Gründonnerstag hätte letztlich zu erhöhtem Kundenandrang an den Tagen davor und danach geführt. Und in Pandemiezeiten gehe es schließlich darum, die Kundenzahl zu entzerren. Für die Lebensmittellogistik hätten mit der kurzfristigen Anordnung der Osterruhe ebenfalls erstzunehmende Probleme gedroht. Mit der Rücknahme dieses Beschlusses kehre ein Stück Vernunft in die Corona-Politik zurück. vi

  • Liebe Leserinnen, liebe Leser,

    als meine Kinder klein waren, hörten sie auf Autofahrten meist die Geschichten von „Juli und das Monster“. In einer dieser kurzen Erzählungen hat der Titelheld Ärger mit einer Kindergarten-Kameradin. Dummerweise sieht das die Erzieherin und stellt ihn zur Rede. Es endet damit, dass Juli sich entschuldigen muss. Aber er sagt es ganz schnell und ganz leise und die Hand gibt er ihr nicht. Sie ahnen, worauf ich hinauswill:

    Unsere Kanzlerin hat um Verzeihung gebeten, ganz schnell (gerade vier Minuten dauerte der Auftritt) und ziemlich leise. Dabei ist die Bitte um Entschuldigung nur der letzte Schritt einer langen Reihe von kopflosem Agieren. Allein die Art, wie die Entscheidung für die österlichen Ruhetage zustande gekommen ist… Stimmt es, was Bodo Ramelow, immerhin selbst einer der Landesfürsten und Teilnehmer der berüchtigten „MPK“, berichtet, dann ist der Umgang in diesem inoffiziellen Corona-Entscheidungsgremium zumindest gewöhnungsbedürftig: Ramelow sagte, es habe eine Bitte um eine 15-minütige Pause gegeben. Und nach sechs Stunden habe er immer noch darauf gewartet, dass Merkel und einige Länderchefs in die Schalte zurückkehren würden. Ich erspare Ihnen an dieser Stelle jede Anspielung auf neue Highscores in Sachen Candy Crush. Aber wenn es doch im Land brennt – dann habe ich doch nicht die Zeit, stundenlang abzuwarten.

    Erleichterung
    Die aufkeimende Erleichterung nach der Rücknahme der zusätzlichen Feiertage wich schnell neuer Bestürzung – wenn auch mit geringerer Betroffenheit. Offenbar möchte Berlin jetzt Auslandsreisen verbieten. Ein entsprechender Prüfauftrag sei ergangen, hieß es.

    Und jetzt ein kurzer Ausflug in die Yellow Press. Auf T-Online durfte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, unermüdlich von Talkshow zu Talkshow tingelnd und als „Dr. Doom“ in weiten Teilen der Bevölkerung als Heilsbringer verehrt, seine Gefühlswelt ausbreiten. Ich freue mich, berichten zu dürfen, dass es dem Pandemie-Fachmann wirklich gut geht. Während Millionen Bundesbürger um ihre Jobs und ihre Existenz bangen, Kinder und Senioren in Depressionen verfallen und wir unseren Nachfahren gigantische Schuldenberge zusammenschieben, erklärt Lauterbach: „Zum kompletten Glück fehlt mir eine liebevolle Frau.“ Wir freuen uns!

    Lichtblick
    Einziger Lichtblick: Seitens der Arbeitslosenzahlen und der Insolvenzen gibt es (noch) keine allzu üblen Nachrichten. Auf die Gefahr hin, dass ich mich bei den Schwarzsehern einreihe: Ich glaube nicht, dass unsere ökonomische Lage tatsächlich so glimpflich ist, wie es derzeit den Anschein hat. Wir werden das wohl erst nach der Bundestagswahl im September realistisch beurteilen können.

    Ostern ist ja traditionell die Zeit der Friedensmärsche. Wofür werden die Teilnehmer in diesem Jahr auf die Straße gehen? Große Konflikte sehen wir derzeit doch vor allem im eigenen Land. Die Spaltung zwischen den Anhängern der Corona-Maßnahmen und den angeblichen Covid-Leugnern wird unermüdlich von beiden Seiten geschürt und damit immer tiefer. Ich bin schockiert, wenn ich lese, dass in Kassel eine Frau aus dem dritten Stock Wassereimer auf die Demonstranten bei einem gerichtlich erlaubten Umzug leert. Ich bin auch schockiert, wenn Prominente – oft ohne Hintergründe zu kennen – gegen auf Fotos dargestellten Situationen wettern, etwa der bereits erwähnte Bodo Ramelow über eine Polizistin, die am Rande einer Demo mit den Händen ein Herz formt; Ramelow twittert: „ein verstörendes Foto!“ Und ich bin schockiert, wenn jeder Versuch einer inhaltlichen Auseinandersetzung in kürzester Zeit in Beschimpfungen endet. Ersparen Sie es sich, auf Twitter, Facebook oder Instagram die entsprechenden Kommentare zu verfolgen.

    Diskussion
    Lesen Sie doch stattdessen – über die Feiertage, an denen wir uns, statt jeden Tag stundenlang an der frischen Luft zu sein, nach dem Willen unserer Politiker und vieler Mediziner in die eigenen vier Wände zurückziehen sollen – mal etwas Gutes. Ich empfehle zum Beispiel die Seite freitag.de unter der Ägide von Jakob Augstein, dem Sohn des Spiegel-Gründers. Dort beteiligen sich kluge Köpfe an einer Diskussion „Für die offene Gesellschaft“. Dort heißt es einleitend: „Die Diskussionen in dieser Pandemie sind vergiftet. Tauschen wir uns endlich ruhig und angstfrei aus.“ Genau!

    Kein gutes Signal
    Kurz nach dem Redaktionsschluss der Druckauflage von DTZ erreichte uns die Nachricht, die wir befürchtet haben: Die InterTabac und die InterSupply 2021 fallen aus. Ich halte das für kein gutes Signal für die Branche, denke zudem, in einem halben Jahr wäre vieles möglich gewesen, verstehe aber auch die Bedenken der Verantwortlichen. Im laufenden Jahr wird es also keine Fachmesse in Deutschland geben – auch eine hybride oder komplett virtuelle Ausstellung ist nicht vorgesehen. Das finde ich ausgesprochen schade, denn damit werden die Marktteilnehmer 2022 auf drei Jahre ohne ein Zusammenkommen im Messerahmen zurückblicken. Hoffen wir, dass diese Leitmessen 2022 tatsächlich stattfinden werden.

    Tabaksteuermodernisierungsgesetz
    Über aller Aufregung um die pandemische Krise soll nicht vergessen werden, dass das Kabinett im Eilschritt dem Entwurf zum Tabaksteuermodernisierungsgesetz zugestimmt hat. Ich fürchte, daran wird sich auch im parlamentarischen Verfahren und in den Ausschüssen nicht mehr viel ändern. Zigarette und Feinschnitt, Zigarre/Zigarillo und Pfeifentabak können ganz gut damit leben. Für Tabakerhitzer und E-Zigarette bedeutet das dramatische Verschlechterungen. Viele Unternehmer werden sich jetzt überlegen, ob sie weiter in diesem Markt aktiv sein wollen. Eine ganze Reihe von Anbietern dürften in den kommenden Monaten und Jahren die Segel streichen. Für die Branche, die Wirtschaft und die Konsumenten, die eine weniger risikoreiche Alternative zur klassischen Zigarette suchen, ist das auch gesundheitspolitisch eine Katastrophe. Aber auch das passt ja ins Bild.

    Ich wünsche Ihnen dennoch ein frohes und friedliches Osterfest.

    Herzlich,
    Marc Reisner,
    Chefredakteur DTZ