BERLIN // Nachdem DTZ in der vergangenen Ausgabe einen ersten – teilweise durch Fachabteilungen redigierten – Entwurf eines neuen Tabaksteuermodells vorgestellt hatte, liegt nun ein überarbeiteter Referentenentwurf aus dem Bundesfinanzministerium (BMF) vor. Das „Tabaksteuermodernisierungsgesetz“ soll bereits zum 1. Januar 2022 in Kraft treten.
Vor der Sommerpause
Dabei ist es das Ziel der Bundesregierung, die neuen Vorschriften noch vor der Sommerpause auf den Weg zu bringen. Laut Zeitplan soll es am 24. März einen Kabinettsbeschluss zu der Gesetzesänderung geben. Die erste Lesung im Bundestag ist für den 22. April vorgesehen.
Eines der Ziele, die mit der Reform verfolgt werden sollen: „Erreichen eines Gleichgewichts zwischen dem Ziel konstanter Steuereinnahmen und den Zielen der öffentlichen Gesundheit.“ Ob diese konkurrierenden Größen tatsächlich erreicht werden können, ist jedoch fraglich. Zudem geht das BMF davon aus, dass einerseits zum Beispiel bereits im ersten Jahr des neuen Steuermodells 2022 Mehreinnahmen von 8,8 Prozent auf insgesamt knapp 15,4 Milliarden Euro erzielt werden können. In der Endstufe 2026 könnte der Fiskus dann gut 17,3 Milliarden Euro erzielen – gegenüber der noch gültigen Schätzung ohne Gesetzesänderung ein Plus von 25,7 Prozent.
E-Zigaretten im Fokus
Abschöpfen will der Bund dabei vor allem bei E-Zigaretten. In zwei Stufen soll das in den Liquids enthaltene Nikotin künftig besteuert werden: ab 1. Juli 2022 mit zwei Cent je Milligramm, ab 2024 mit vier Cent je Milligramm. Der Fiskus kalkuliert dabei mit einem Steueraufkommen von 135 Millionen Euro im Rumpfjahr 2022, 2023 mit 311 Millionen, 2024 mit 708 Millionen und schließlich 2026 mit 896 Millionen Euro. Diese Beträge werden die Hersteller und Händler auf die Konsumenten umlegen.
Zehn-Milliliter-Fläschchen
Das bedeutet, dass etwa ein Liquid im Zehn-Milliliter-Fläschchen mit einem durchschnittlichen Nikotingehalt von zwölf Milligramm im ersten Schritt bereits 2,40 Euro teurer wird, ab 2024 dann sogar 4,80 Euro. Unterm Strich bedeutet das innerhalb von eineinhalb Jahren nahezu eine Verdoppelung des Preises von – beispielhaft – 5,00 Euro auf dann 9,80 Euro. Und bei 20 Milligramm Nikotin pro Milliliter stiege der Preis sogar von 5,00 auf dann 13,00 Euro. Angesichts der Tatsache, dass zahlreiche Wissenschaftler immer wieder die Bedeutung der E-Zigarette als Ausstiegshilfe aus dem Tabakrauchen hervorheben, dürfte das weniger ein gesundheitspolitischer als vielmehr ein rein fiskalischer Schritt sein.
Kein Wunder, dass etwa das Bündnis für Tabakfreien Genuss (BfTG) warnt: „Die Mehrkosten für Nutzer der E-Zigarette sind enorm hoch, wenn man die Liquids mit den Preisen für Feinschnitttabak vergleicht.“ Zudem bestehe „kein Handlungszwang, jetzt eine E-Zigarettensteuer einzuführen“. Denn die EU arbeite derzeit an einer Novelle der Tabaksteuerrichtlinie – inklusive E-Zigarettensteuer. Es spreche nichts dagegen, die Ergebnisse abzuwarten.
Tabakerhitzer neu besteuert
Teurer wird es auch für die ebenfalls deutlich risikoreduzierten Tabakerhitzer. Hier soll nach den Vorstellungen des BMF die Steuer an die von Zigaretten angeglichen werden. Bislang werden Heat-not-burn-Produkte wie Pfeifentabak besteuert. Bei einem Preis von 6,00 Euro pro 20 Stück werden zusätzlich zu der bisherigen Steuer von 88 Cent ab 2022 251 Cent, insgesamt also 339 Cent erhoben. Im Jahr 2026 werden es nach dem Entwurf insgesamt 376 Cent pro Packung sein. Nach Berechnungen des BMF führt das zu Mehreinnahmen von letztlich 525 Millionen Euro.
Maßvoll mit Zigaretten und Feinschnitt
Etwas maßvoller will der Fiskus bei Zigaretten und Feinschnitt kassieren: Bei Zigaretten liegt die durchschnittliche Steuererhöhung zwischen 2022 und 2026 bei 2,32 Prozent, das sind pro Jahr zwischen acht und neun Cent, bezogen auf eine Kleinverkaufspackung mit einem Inhalt von 20 Stück. Bei Feinschnitt soll die Steuer demzufolge in jährlichen Schritten um jeweils durchschnittlich knapp 14,5 Cent pro 40-Gramm-Pouch klettern.
DZV warnt vor Steuerschock
Der Deutsche Zigarettenverband (DZV) bezog klar Stellung und warnte vor einer Verschiebung zu nicht in Deutschland versteuerten Tabakwaren: „Deutschland hat mit Steuerschocks bei der Tabaksteuer sehr schlechte Erfahrungen machen müssen. Für die Jahre 2002 bis 2005 beschloss die damalige Bundesregierung mehrere drastische Steuererhöhungen. Damit sollten deutliche Mehreinnahmen durch die Tabaksteuer zur Terrorbekämpfung generiert werden. Damals lagen die Prognosen der Bundesregierung bei zehn Milliarden Euro Mehreinnahmen bis 2007. Diese Hoffnung erfüllte sich nicht, stattdessen gingen die Einnahmen aus der Tabaksteuer sogar zurück. Der Absatz von Zigaretten fiel.“
Umstieg gefährdet
Der DZV kritisierte die Pläne, denen zufolge E-Zigaretten und Tabakerhitzer, deren Konsum mit deutlich geringeren gesundheitlichen Gefahren verbunden sei, deutlich höher als bisher besteuert werden sollen. DZV-Geschäftsführer Jan Mücke mahnte zu einer maßvollen und bürokratiearmen Besteuerung unter Einbeziehung gesundheitspolitischer Erwägungen. Mücke: „Eine Gleichsetzung von Tabakerhitzern und E-Zigaretten mit Tabakzigaretten würde den Umstieg auf diese Produkte mit potenziell geringerem Gesundheitsrisiko verhindern und gleichzeitig dem illegalen Handel eine Sonderkonjunktur bescheren. Dieser Schritt wäre finanzpolitisch riskant und gesundheitspolitisch widersinnig.“
max