Schlagwort: Verfassungsrechtliche Hürden

  • „Bevormundende Symbolpolitik“

    BERLIN // Die CDU / CSU-Bundestagsfraktion hat in ihrer Sitzung am 10. Dezember mehrheitlich für ein faktisch vollständiges Verbot der Werbung für Tabakprodukte und E-Zigaretten gestimmt. Betroffene Verbände zeigten sich enttäuscht über das Votum.

    Verfassungsrechtliche Hürden
    Jan Mücke, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE), verwies auf die hohen verfassungsrechtlichen Hürden, die einem Verbot entgegenstehen: „Das geplante Nutzungsverbot aller medialen Werbeplattformen bedeutet für die betroffenen Unternehmen faktisch ein Kommunikationsverbot in der allgemeinen Öffentlichkeit. Für diese beispiellosen Einschränkungen der Grundrechte der Meinungs- und Berufsfreiheit des Grundgesetzes fehlt eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung.“

    Mücke kritisierte zudem, dass die Außenwerbung für potenziell risikoreduzierte Produkte wie E-Zigaretten und Tabakerhitzer ebenfalls verboten werden solle: „Diese Verbote wären nicht nur ein verfassungsrechtlich fragwürdiger Eingriff in die Grundregeln freier Märkte. Das geplante Außenwerbeverbot für E-Zigaretten und Tabakerhitzer bedeutet zugleich einen gesundheitspolitischen Rückschritt. Die Verbraucher können zukünftig kaum noch über die geringere Schädlichkeit dieser Produkte informiert werden.“


    Verbotspolitik

    Angesichts der Tragweite der Entscheidung müsse nun die Werbe-, Tabak- und E-Zigarettenwirtschaft ihre Argumente gegen die geplanten Verbote vorbringen können. Die Abgeordneten hätten ein Recht darauf, sich vor einer Abstimmung ein umfassendes Bild zu machen. Es sei insbesondere zu befürchten, dass die neue Verbotspolitik nicht bei Tabak und E-Zigaretten halt machen werde und zu weiteren Werberestriktionen führen werde – etwa für alkoholische Getränke.

    Der Beschluss der CDU / CSU-Bundestagsfraktion sieht vor, die Außenwerbung für Tabakprodukte ab 2022 zu verbieten. Für Tabakerhitzer und E-Zigaretten soll das Außenwerbeverbot ein beziehungsweise zwei Jahre später in Kraft treten. Zudem ist ein faktisches Verbot der Kinowerbung und der kostenlosen Abgabe zu Werbezwecken von Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen geplant.

    Symbolpolitik mit falschen Nebenwirkungen
    Kritik kam auch von der FDP. Die Werbeverbote für Tabak und E-Zigaretten in Deutschland seien Folge einer „bevormundenden Symbolpolitik mit falschen Nebenwirkungen“, sagte FDP-Fraktionsvize Frank Sitta. Die Zahl minderjähriger Raucher sei signifikant zurückgegangen. Ein komplettes Werbeverbot erschwere zudem „risikoärmeren Innovationen“ den Zugang zum Markt.

    Die E-Zigaretten-Branche meldete ebenfalls schwere Bedenken an. Bei der Diskussion rund um das Tabakwerbeverbot zeichne sich ab, dass bei der geplanten Ausweitung der Werbeverbote die E-Zigarette unter die Räder der Regulierung geraten solle. Dabei handele es sich um zwei Produktgruppen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, hieß es beim Verband des E-Zigarettenhandels (VdeH).

    Der Gesetzgeber beabsichtige, die Fehlvorstellung der Bevölkerung in Sachen Gesundheitsrisiken von E-Zigaretten zu zementieren, indem er beim Werbeverbot Tabak und E-Zigaretten gleichbehandeln wolle, sagte Michal Dobrajc, Vorsitzender des VdeH.


    Starke Verunsicherung der Verbraucher

    Dustin Dahlmann, Vorsitzender des Bündnisses für Tabakfreien Genuss (BfTG), pflichtete bei: „Unsere jüngst durchgeführte Branchenumfrage ergab, dass 88 Prozent der E-Zigaretten-Händler in Deutschland über teils massive Umsatzeinbrüche aufgrund starker Verunsicherung der Verbraucher klagen. In der Folge kehren Nutzer wieder verstärkt zur Tabakzigarette zurück. Die sachgrundlose Gleichbehandlung der E-Zigarette mit der Tabakzigarette wird diese Verunsicherung und den fatalen Trend nur noch weiter anfachen.“

    „Werbung ermöglicht es, die Öffentlichkeit aufzuklären. Dass dies auf verantwortungsvolle Weise geschehen muss, versteht sich von selbst. Solange öffentliche Stellen nichts unternehmen, um erwachsene Raucher zum Um- und Ausstieg zu motivieren, muss es der Branche möglich bleiben, genau dies zu tun“, ergänzte Dobrajc.

    Trotz aller Kritik bekräftigen beide Verbände ihre Bereitschaft zu einem konstruktiven Dialog und so eine Regulierung mit Augenmaß zum Wohle der Verbrauchergesundheit zu erreichen.

    red

    (DTZ 52/19)