BERLIN // Die vergangene Woche vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) an die betroffenen Verbände versandten Referentenentwürfe für ein Tabakerzeugnisgesetz und eine Tabakerzeugnisverordnung gehen nach Ansicht der Branchenverbände deutlich über die seitens der EU zur nationalen Umsetzung vorgegebenen Regelungen (TPD 2) hinaus.
Sie stoßen auf harsche Kritik von VdR (Verband der deutschen Rauchtabakindustrie) und DZV (Deutscher Zigarettenverband). Beide fordern eine schnelle 1:1-Umsetzung der EU-Tabakprodukt-Richtlinie und angemessene Fristenverlängerung für die Anpassung der Produktion.
Fehlende Planungs- und Rechtssicherheit
Der DZV kritisiert die bis heute fehlende Planungs- und Rechtssicherheit für alle Unternehmen auf das Schärfste und fordert eine Regulierung mit Augenmaß. „Ziel muss eine 1:1-Umsetzung der EU-Richtlinie sein, um nationale Alleingänge zu Lasten der Wirtschaft, der Verbraucher und des Bundeshaushaltes zu verhindern“, so DZV-Geschäftsführer Jan Mücke.
Die durch das Gesetz notwendig werdenden Umstellungen in der Produktion und bei der Verpackung sind in der Kürze der Zeit nicht zu leisten. Die Umstellungsfrist zum 20. Mai 2016 ist für die deutschen Tabakhersteller nicht zu halten. Ein Gutachten der Technischen Hochschule Leipzig (HTWK) attestiert für Zigaretten eine Umsetzungsfrist von 15 Monaten, bei Feinschnitttabak sind es mindestens 18 Monate. Es droht ein Stillstand der Produktion.
Produktion in Gefahr
Hauptgeschäftsführer Michael von Foerster vom VdR ist daher extrem besorgt: „Ich weiß nicht mehr, was unsere Mitgliedsfirmen ihren Mitarbeitern in der Produktion sagen sollen. Ohne praktikable Übergangsfristen muss ein Produktionsstopp ab Mai 2016 in Erwägung gezogen werden."
Die Nichtbeachtung des vorgelegten Gutachtens einer anerkannten Technischen Hochschule und fehlende Anpassung der Umstellungsfristen mache die Ignoranz der Ministerien gegenüber einer gesamten Branche deutlich. Verschärft wird diese unhaltbare Situation durch angestrebte willkürliche Verbote bestimmter Inhaltsstoffe ohne wissenschaftlichen Nachweis und ohne eine ausreichend lange Frist zur Rezepturanpassung auf Seiten der Hersteller. Diese intransparenten Verbote einer Vielzahl von Zusatzstoffen in Pfeifentabaken, Zigarren, Zigarillos sowie Kau- und Schnupftabaken sowie der Verzicht auf wissenschaftliche Kriterien bei einem Verbot von Tabakerzeugnissen sind für die betroffene Industrie nicht nachvollziehbar.
Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Michael Fuchs sowie der wirtschafts- und energiepolitische Sprecher der Fraktion Joachim Pfeiffer erklärten erst jüngst, dass Europäische Richtlinien nur 1 : 1 umgesetzt werden dürfen. Ein „zusätzliches Draufsatteln“ würde die deutsche Wettbewerbsfähigkeit schädigen.
Genau das macht die Bundesregierung hier. Sowohl VdR als auch DZV halten zudem die geplanten Verbote der Außenwerbung sowie des sogenannten Samplings, der kostenlosen Abgabe von Tabakprodukten zu werblichen Zwecken an erwachsene Konsumenten, für inakzeptabel. Hersteller legaler Produkte müssten mit ihren Kunden kommunizieren können, sonst würden Grundregeln der sozialen Marktwirtschaft verletzt.
pi
(DTZ 47/15)